Dortmunder Islamseminar: gemeinsames Fastenbrechen zur Begegnung verschiedener Religionen und Kulturen

Das Dortmunder Islamseminar hat zum traditionellen gemeinsamen Fastenbrechen eingeladen. Fotos: Lisa König.

Von Lisa König

Das Dortmunder Islamseminar hat Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen zum muslimischen Fastenbrechen eingeladen. Die Veranstaltung fand in der VIKZ-Moschee in der Bachstraße in der Nordstadt statt. Die Initiative gibt es seit 26 Jahren – und das gemeinsame Fastenbrechen ist mittlerweile Tradition geworden.

Fastenmonat Ramadan: Eine Zeit der Besinnung und Begegnung

Das gemeinsame Essen wurde mit mehreren Vorträgen über die Bedeutung von Ramadan eingeleitet.

Die Einladung zum Fastenbrechen ging an alle Menschen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen möchten. Das Islamseminar ist ein Zusammenschluss des Evangelischen Kirchenkreises, des Katholischen Forums und der Dortmunder Moscheevereine. Im Mittelpunkt aller Veranstaltungen steht die Begegnung zwischen unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Menschen.

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Bevor das Fasten nach Sonnenuntergang gebrochen wurde, haben die VeranstalterInnen die Gäste über den Fastenmonat Ramadan aufgeklärt. Zunächst gab es Lesungen aus der Bibel und dem Koran, sowohl auf deutsch als auch auf arabisch.

Durch den Abend geleitet hat Ulrike Hoppe vom Islamseminar: „Wir wollen einen Ort der Begegnung und des gegenseitigen Lernens schaffen und freuen uns, wenn wir die Rückmeldung bekommen, dass uns das gelungen ist. Leider müssen wir immer wieder merken: Manche Leute haben kein Interesse daran oder gehen sogar dagegen an.“ Das Islamseminar wurde nach den rechtsextremen Anschlägen in Mölln und Solingen gegründet.

Eine Schweigeminute erinnerte an Anschläge, die auf Grund von religiösen Ansichten begangen wurden

Die Vortragenden wiesen auf Missstände besonders im Austausch zwischen den Religionen hin.

In einer Schweigeminute wurde an Anschläge erinnert, die seit dem letzten gemeinsamen Fastenbrechen geschehen sind. Besonders hervorgehoben wurden der Anschlag auf die Tree-of-Life-Synagoge in Pittsburgh (USA), die Anschläge auf die Moscheen in Christchurch (Neuseeland) und die Bombenanschläge in Sri Lanka. Der Sprecher betonte, dass dies „leider nur Beispiele dafür sind, was Menschen einander wegen ihrer Religion antun.“

Vor dem längeren Vortrag, der das Fastenbrechen einläutete, gab es Grußworte von sieben VertreterInnen verschiedener Organisationen. Diese waren so unterschiedlich wie die BesucherInnen auch: die Jüdische Kultusgemeinde, die Stadt Dortmund, die Auslandsgesellschaft NRW, das Katholische Forum Dortmund, die evangelische Kirche Westfalen und der Rat der muslimischen Gemeinden Dortmund. Sie alle hoben die Bedeutung des Fastens – nicht nur im Islam, sondern auch für das Juden- und Christentum hervor.

Friedhelm Sohn, der Vorsitzende des Ausschusses Kinder, Jugend und Familie in Dortmund, sprach sich für die Vielfalt der Stadt aus: „Dass wir alle hier sind, zeigt doch, wie viel uns auch zwischen den Religionen verbindet: Respekt, Toleranz, Offenheit und wertschätzender Umgang. Egal ob mit sogenanntem Migrationshintergrund oder ohne – wir alle repräsentieren diese Stadt und dieses Land.“ Damit habe jeder auch die Pflicht, mitzugestalten, wohin es zukünftig gehen solle.

Das Klima in der Politik und in der Gesellschaft verbessern – eine Verantwortung für jeden

Die Veranstaltung fand in der festlichen VIKZ- Moschee in der Bachstraße in Dortmund statt.

Besonders die aktuelle politische Entwicklung wurde mehrfach hervorgehoben. Viele SprecherInnen fanden es beunruhigend, wie stark nationalistische Parteien in manchen Mitgliedsstaaten der EU geworden sind. Pater Jürgen Heite vom Katholischen Forum sprach die Europawahlen vergangene Woche an: „Ich finde es bezeichnend, dass so viele Leute überrascht waren, was für ein großes Thema die Klimapolitik bei der Wahl gespielt hat. Dabei steht schon auf der ersten Seite in der Bibel, dass der Mensch die Erde bebauen und beschützen soll.“

Jeder Einzelne trage Verantwortung für die Welt, auch im Interesse der zukünftigen Generationen. „Wir sind eine Menschheitsfamilie. Wir müssen sowohl an der Klimapolitik, als auch an dem Klima in der Gesellschaft noch einiges verbessern.“

„Das Event heute zeigt, wie sehr der interkulturelle Austausch in Dortmund schon Alltag ist“, sagte Birgit Zoerner, Dezernentin für Arbeit, Gesundheit und Soziales von der Stadt Dortmund. „Dortmund ist sehr vielfältig und das ist unsere Stärke. Aber das kann sich nur entfalten, wenn wir immer weiter daran arbeiten und das Zusammenleben neu gestalten. Wir haben noch viel vor uns. Für ein friedliches Zusammenleben müssen wir kämpfen. “

Fastenbrechen als soziales Event auch mit anderen Religionen feiern

Für das Fastenbrechen nach Sonnenuntergang stand ein reich gefülltes Buffet bereit.

Bevor es um 21:40 Uhr ans Essen ging, hielt Imam Ahmad Aweimer noch einen Vortrag zum Thema „Ramadan – Monat der Begegnung“.  Im muslimischen Glauben spiele das Fasten eine große Rolle. Es bringe mehr Selbstbeherrschung und Konzentration auf das Wesentliche. „Alle guten Taten und jedes Gebet macht der Mensch für sich selbst, nur das Fasten ist für Gott. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Gottesdienst. Und der muss frei von jeder Heuchelei sein.“

Außerdem sei Ramadan die Zeit, in der man sich um Arme und Bedürftige kümmern soll. Jeder Moslem soll in dieser Zeit eine Spende abgeben. Das Geld dürfe aber nicht an eine Moschee gehen, sondern sei für Krankenhäuser oder Schulen gedacht. Für die Spende gebe es einen Richtwert, der an dem Lebensstandard an dem jeweiligen Wohnort gemessen wird. „In Deutschland sind das sieben bis zehn Euro pro Person. Wir können uns nur glücklich schätzen, dass der Wert bei uns so hoch ist. In anderen Ländern liegt er wahrscheinlich bei unter 70 Cent.“

Das Fastenbrechen habe immer einen großen sozialen Aspekt. Ob nur mit der Familie oder im größeren Kreis: Begegnung tue uns gut. Deshalb laden Moslems oft auch nicht muslimische Freunde und Nachbarn ein. „Bei den Veranstaltungen vom Islamseminar habe ich mehr gelernt als ich allein in meiner Moschee je hätte lernen können. Begegnung ist Reichtum und Wissen – du kannst nur Gewinner dabei sein.“ Vor dem Essen wurde das Gebet zum Fastenbrechen gesprochen. Dabei stand es jedem frei, ob er dabei sein wollte oder schon mal runter in den Essenssaal geht. Dort erwartete die BesucherInnen Suppe und ein Buffet mit Reis, Hähnchenkeulen, unterschiedlichen Salaten und Fladenbrot.

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Reaktionen

  1. Islamseminar Dortmund (Pressemitteilung)

    Eine andere Geschichte des Islams

    Mit dem Vortrag über „Die Kultur der Ambiguität“ zeigt Prof. Dr. Thomas Bauer, Islamwissenschaftler und Arabist, auf Einladung des Trägerkreises Islamseminar eine andere Geschichte des Islams auf. Die Veranstaltung findet am Dienstag, 29. Oktober, 19.30 Uhr, im Al-Fath-Bildungszentrum, Iggelhorst 26-28, statt. Das Islamseminar ist eine Initiative des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund, des Katholischen Forums und der Dortmunder Moscheevereine.

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