Ausstellung zur Weimarer Republik im MKK – Die modernste Verfassung der Welt in einer politisch turbulenten Gesellschaft

Die Wanderausstellung „Weimar und der Westen“ gastiert noch bis zum 23. Juni im MKK. Der Eintritt ist kostenfrei.

Die Weimarer Republik ist eine Republik der Gegensätze: Politische Aufbrüche, soziale Fortschritte und kultureller Aufbruch gehen mit sozialen Konflikten und extremer Gewalt einher. Die erste Demokratie Deutschlands entsteht nach der Urkatastrophe des Ersten Weltkriegs, dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, der Revolution und während der Besetzung des Ruhrgebiets und des Rheinlands durch alliierte Truppen aus einer Situation größter politischer wie gesellschaftlicher Orientierungslosigkeit und Ungewissheit. Gleichzeitig gilt die Verfassung der Weimarer Republik als die modernste der Welt.

Ausstellung präsentiert unter anderem bislang unbekannte Fotos und Filme

Blick in die Ausstellung. Fotos: LWL

Die Wanderausstellung „Weimar im Westen: Republik der Gegensätze“ präsentiert in vier begehbaren Würfeln und an 16 Medienstationen ein vielfältiges multimediales Angebot. Bislang unbekannte Fotos und Filme stehen im Mittelpunkt der Schau, die erstmals einen umfassenden Blick auf „Weimar im Westen“ eröffnet. 

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Ergänzt wird diese regionale Perspektive durch eine umfangreiche Einführung in die allgemeine Geschichte Deutschlands zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus mit ihren vielfachen Bezügen zum Rheinland und Westfalen-Lippe.

Erarbeitet wurden die Ausstellung sowie Unterrichtsmaterial für Schulen dazu vom LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte in Kooperation mit dem LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte und dem LWL-Medienzentrum für Westfalen sowie dem Weimarer Republik e.V.

Historische Aufbrüche auch in Technik, Kultur, Bildung und Sozialem

Die multimediale Ausstellung, die bis zum 23. Juni im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte in Dortmund gastiert, nimmt die widersprüchlichen Entwicklungen und Ereignisse dieser Zeit für das Rheinland und Westfalen-Lippe unter die Lupe.

(v.li.): Projektleiter Dr. Christian Walda (MKK), Alexandra Hilleke (Geschäftsstelle 100 Jahre Bauhaus im Westen), MKK-Direktor Dr. Jens Stöcker und Dr. Julia Paulus (LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte). Foto: Torsten Tullius, Dortmund Agentur

Nirgends sonst werden die Gegensätze der Weimarer Republik auf engstem Raum verdichtet so gut sichtbar wie in dieser Region. Die Ausstellung ist ein Projekt des LWL und des LVR im Verbund mit „100 Jahre Bauhaus im Westen“.

Die Weimarer Republik steht ebenso für eine Zeit sozialer und politischer Aufbrüche wie für technische und kulturelle Experimente, wie sie etwa in den Bauhausgebäuden des Rheinlands und Westfalens, in sozialen Reformprojekten oder im Wandel von Lebensstilen auch in der „Provinz“ sichtbar werden.

Das Vereinswesen boomt, und die Lebensreformbewegung befeuert neue Experimente in allen Bereichen der Bildung. Neue Künstlerinnen- und Künstlergruppen setzen sich mit dem Fortschritt und alternativen Weltanschauungen auseinander.

Darüber hinaus entwickeln die Westprovinzen einen ausgeprägten politischen Eigensinn. Die sogenannte Weimarer Koalition aus Sozialdemokraten, Zentrum und Liberalen kommt hier zu sehr viel höheren Wahlergebnissen als im übrigen Reich. Besonders die katholische Zentrumspartei feiert im Westen ihre größten Wahlerfolge.

Zeit der Ausgrenzung und Abschottung und Aufstieg des Nationalsozialismus

Zur gleichen Zeit sind Abschottung, Antisemitismus und Ausgrenzungen von Andersdenkenden sowie Gewalt fester Bestandteil der politischen Kultur. Das Rheinland und Westfalen-Lippe sind Zentrum reichsweiter Auseinandersetzungen. 

Der Ruhraufstand linker Arbeiterinnen und Arbeiter zur Abwehr des Kapp-Putsches 1920 und der Ruhrkampf 1923 gegen die französische Militärbesatzung erregen weit über die Region hinaus die Gemüter aller Deutschen. Nicht zuletzt bestimmt der ökonomische Mangel den Alltag vieler Menschen in Rheinland und Westfalen. 

Wenngleich die Wahlergebnisse der NSDAP hier lange Zeit weit hinter dem reichsweiten Durchschnitt zurückliegen, erhalten nationalistisch-völkische Vereine auch im Rheinland und Westfalen-Lippe einen immer größeren Zulauf. Die Wahlerfolge der NSDAP in Lippe Anfang 1933 werden von den Nationalsozialisten schließlich als Startschuss einer „Machtergreifung“ im Reich inszeniert.

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Weitere Informationen:

Weimar im Westen: Republik der Gegensätze. Multimediale Wanderausstellung über die erste Demokratie Deutschlands und ihre Geschichte in Rheinland und Westfalen

19. Mai – 23. Juni 2019, täglich von 10 bis 17 Uhr, montags geschlossen
Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastr. 3, 44137 Dortmund
Eintritt frei

Die Ausstellung ist Teil des Bauhaus-Jubiläums in NRW: „100 jahre bauhaus im westen“, ein Projekt des NRW-Ministeriums für Kultur und Wissenschaft und der Landschaftsverbände Westfalen-Lippe und Rheinland. Schirmherrin ist hier Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Umsetzung und Gestaltung der Ausstellung „Weimar im Westen: Republik der Gegensätze“ erfolgte durch die Weimarer Ausstellungsagentur musealis.

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Reaktionen

  1. Vortrag erläutert Studie zur sozialdemokratischen Antisemitismus-Abwehr Im Schatten August Bebels – Vortrag von Christian Dietrich in der Steinwache (PM)

    Der Kulturwissenschaftler Christian Dietrich beschäftigt sich in einem Vortrag mit dem Verhältnis der SPD zum Antisemitismus in der Weimarer Republik. Er stellt eine Studie dazu am Donnerstag, 25. April, in der Steinwache Dortmund vor.

    Die Studie rekonstruiert erstmals die Auseinandersetzungen der deutschen Sozialdemokratie mit dem Antisemitismus in der Weimarer Republik. Sie beschreibt die sozialdemokratischen Maßnahmen gegen den Judenhass und zeigt, warum der Antizionismus in der SPD im Laufe der 1920er-Jahre brüchig wurde.

    Studie beschäftigt sich mit der Geschichte des Antisemitismus

    August Bebel betrachtete den Antisemitismus als Erscheinungsform eines fortschrittsfeindlichen, primitiven Antikapitalismus. An dieser Analyse orientierte sich die deutsche Sozialdemokratie bis in die 1930er-Jahre. Doch antijüdische Angriffe deutschnationaler und völkischer Akteure auf die junge Republik erforderten ein Umdenken. Nach November 1918 erkannte die Sozialdemokratie im politischen Antisemitismus auch ein antirepublikanisches Instrument reaktionärer Parteien. Aber die Erkenntnis, die im Kampf gegen die DNVP nutzte, behinderte sie in der Abwehr des Nationalsozialismus.

    Kulturwissenschaftler Dietrich ist Experte

    Dr. Christian Dietrich ist Privatdozent an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina und akademischer Mitarbeiter am Axel Springer-Lehrstuhl für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration. Er habilitierte sich 2020 mit einer Arbeit über Positionen der deutschen Sozialdemokratie zu Antisemitismus und Zionismus in der Weimarer Republik.

    Der Vortrag beginnt am Donnerstag, 25. April um 19 Uhr in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Steinstraße 50. Die Veranstaltung ist eine Kooperation mit dem Förderverein Steinwache/Internationales Rombergpark-Komitee e.V.

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