Positive Nachrichten für Dortmund: „Der Arbeitsmarkt atmet durch“ – aber in Handel und Gastronomie fehlt Personal

Die Zahlen der offiziell als arbeitslos gezählten Menschen in Dortmund im Juni-Vergleich. Grafik: Arbeitsagentur
Die Zahlen der offiziell als arbeitslos gezählten Menschen in Dortmund im Juni-Vergleich. Grafik: Arbeitsagentur

Nachdem sich bereits in den Vormonaten April und Mai eine Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt deutlich gezeigt hat, setzte sich dieser positive Trend auch im Juni weiter fort. Die Arbeitslosigkeit ist saisonüblich zurückgegangen und liegt aktuell in Dortmund bei rund 37.000 Menschen. Die Arbeitslosenquote verharrt unverändert bei 11,6 Prozent. Für eine spürbare Erholung spricht nach Ansicht von Arbeitsagentur und Jobcenter, dass – anders als in den beiden Vorjahren im Juni – mehr Menschen aus der Arbeitslosigkeit in eine Erwerbstätigkeit wechseln konnten, als arbeitslos gemeldet wurden. – Doch es zeigt sich auch: der Markt allein regelt vieles nicht.

Viele ehemals in Gastronomie oder Veranstaltungsbranche Beschäftigte mussten sich beruflich umorientieren

Gastronomie und Hotellerie hatten mit dem Gastro-Stillsterben auf die Probleme hingewiesen. Foto: Karsten Wickern
Der Markt macht es eben nicht möglich: Nach langen Monaten des Stillstands mussten sich Beschäftigte beruflich umorientieren und fehlen jetzt in der Gastro. Foto: Karsten Wickern

Nach 16 Monaten Pandemie und Inzidenzen auf Tiefstand hellt sich die Stimmung in der Bevölkerung nun wieder auf“, so Arbeitsagenturchefin Heike Bettermann. Auch der Arbeitsmarkt mache mit und nehme Fahrt auf. Da sei mehr Zuversicht bei Unternehmen, Beschränkungen fielen zunehmend weg, die Auftragsbücher füllten sich. „Der Einzelhandel und die Gastronomie können ihren Service nahezu vollumfänglich wieder anbieten“, stellt Heike Bettermann zur aktuelle Lage auf dem Dortmunder Arbeitsmarkt fest. ___STEADY_PAYWALL___

Doch es fehle an vielen Stellen das Personal. Nicht wenige ehemals in der Gastronomie oder Veranstaltungsbranche Beschäftigte haben sich in den langen Monaten der Pandemie beruflich umorientiert. Jetzt fehlen sie. Andere Unternehmen hingegen bleiben nach an Ansicht von Bettermann nach wie vor hinsichtlich Personalneueinstellungen sehr verhalten. – Es sind typische Beispiele von Marktversagen, die Arbeitsagenturchefin Bettermann anspricht.

Doch was hilft’s: „Im ersten Schritt holen sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurück. Der Blick auf das erste Halbjahr 2021 macht aber Mut. Wir verzeichnen gut 500 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr. Ich hoffe, die sich ausbreitende Zuversicht trägt uns auch gut durch die anstehenden Sommermonate“, so Heike Bettermann.

Im Juni 2021 wurden 37.084 Menschen in Dortmund offiziell als arbeitslos gezählt

„Positive Signale am Arbeitsmarkt sind erkennbar. Auch wenn in der Zuständigkeit des Jobcenters im Saldo nur ein moderater Rückgang von 39 Personen zu verzeichnen ist, die im Vergleich zum Vormonat nicht mehr arbeitslos sind, ist insgesamt zu beobachten, dass mit einer nachvollziehbaren Vorsicht die Arbeitskraftnachfrage wieder ansteigt und die Zahl der Langzeitarbeitslosen mit 23 Personen ebenfalls rückläufig ist“, interpretiert Jörg Danneberg, stellvertretender Geschäftsführer des Jobcenters Dortmund, verständlich wohlwollend.

Der stellvertretende Geschäftsführer des Jobcenter Dortmund, Jörg Dannenberg. Foto: Frauke Schumann

„Insbesondere von der enormen Arbeitskraftnachfrage im gastronomischen Bereich erhoffen wir uns für unsere Kundinnen und Kunden positive Effekte, sofern die Inzidenzwerte weiterhin niedrig bleiben.“ – Trotz „Delta“?

Im Juni wurden 37.084 Menschen in Dortmund arbeitslos gezählt. Damit ist die Gesamtzahl der Arbeitslosen in der Stadt im Vergleich zum Vormonat um 165 Personen oder 0,4 Prozent gesunken. Die Arbeitslosenquote stagniert bei 11,6 Prozent (Juni 2020: 11,8 Prozent).

Allein, Arbeitslosigkeit ist kein starrer Block. Vielmehr ist durch die Zu- und Abgänge in bzw. aus Arbeitslosigkeit viel Bewegung. In Dortmund wurden im Juni 4.560 Männer und Frauen erstmals oder erneut arbeitslos registriert. 1.344 Personen davon kamen aus einer Beschäftigung am Ersten Arbeitsmarkt. Das sind 24 Personen weniger als im Vormonat.

4.764 meldeten sich im Juni bei der Arbeitsagentur und dem Jobcenter aus der Arbeitslosigkeit ab. Von ihnen beendeten 1.405 Menschen ihre Arbeitslosigkeit wegen der Aufnahme einer Beschäftigung am Ersten Arbeitsmarkt. Das sind zwei mehr als im Vormonat. Damit übersteigt die Zahl der Arbeitsaufnahmen die Zahl derjenigen, die sich im Berichtsmonat arbeitslos meldeten. Gleichwohl: nicht gerade üppig.

Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit schwächt sich ab – Arbeitskräftenachfrage leicht im Aufwind

Arbeitslos sind noch mehr Menschen: In der Unterbeschäftigung werden zusätzlich zu registrierten Arbeitslosen auch jene Personen erfasst, die nicht als arbeitslos im Sinne der Sozialgesetzbücher (SGB III und SGB II) gelten, weil sie beispielsweise wegen der Teilnahme an Qualifizierungs-, Trainings- oder Beschäftigungsmaßnahmen, wegen Krankheit oder vorruhestandsähnlicher Regelungen nicht als arbeitslos gezählt werden.

Wie die Arbeitslosigkeit ist auch die Unterbeschäftigung in diesem Monat leicht gesunken. Insgesamt sind im Juni 48.198 Personen in der Unterbeschäftigung registriert. Das sind im Vergleich zum Vormonat 187 Personen weniger. Der Anteil der Arbeitslosigkeit an der Unterbeschäftigung ist im Juni um 0,1 Prozent auf 76,9 Prozent gesunken. Ähnlich verhält es sich mit der Unterbeschäftigungsquote: sie sank im Berichtsmonat ebenfalls um 0,1 Prozent auf 14,6 Prozent.

Die Jugendarbeitslosenquote beträgt wie schon im Mai dieses Jahres 9,3 Prozent. Im Juni waren 3.089 junge Menschen unter 25 Jahren arbeitslos gemeldet. Das ist ein Rückgang um 24 Personen oder 0,8 Prozent gegenüber dem Vormonat. Damit hat sich der Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit zum Sommerstart verlangsamt: Im Mai waren es noch 91 Personen – was einem Rückgang von 2,8 Prozent entspricht.

Stellenmeldungen sind im Juni insbesondere in der Gastronomie und im Handel zu verzeichnen

Die leichte Belebung auf dem Stellenmarkt setzt sich im Juni fort; mit 942 neu gemeldeten Stellen bewegt sich dieser Wert nahezu auf Vormonatsniveau (Mai: 947). Der Stellenbestand ist im Jahresvergleich zwar weiterhin niedrig, steigt aber mit 304 gemeldeten Stellen um 9,3 Prozent kontinuierlich auf jetzt 3.566. Zum Vergleich: 2019 waren in Dortmund 6.356 offene Stellen gemeldet und selbst im Corona-Jahr 2020 waren es noch 4.605.

Gähnende Leere in der Thier-Galerie: Viele Geschäfte haben geschlossen. Fotos: Alex Völkel
Über Monate herrschte gähnende Leere in der Thier-Galerie: Viele Geschäfte hatten geschlossen – doch das ist vorbei.

Die Stellenmeldungen in der Arbeitnehmerüberlassung gelten als ein Frühindikator für die konjunkturelle Stimmung auf dem Arbeitsmarkt. In der Frühphase eines Aufschwungs steigt in der Regel die Nachfrage nach Zeitarbeitnehmer*innen an – in Abschwungphasen nimmt sie ab. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung folgt in der Regel diesem Trend. Aktuell liegt der Bestand offener Stellen in der Zeitarbeit weiterhin auf niedrigem Niveau, ist nach April und Mai aber auch im Juni weiter leicht gestiegen.

Wachsende Stellenmeldungen im Juni sind insbesondere in der Gastronomie und im Handel zu verzeichnen. Vor einem Jahr war der Stellenmarkt stark in diesen Bereichen eingebrochen, ein Jahr später hat sich die Lage spürbar verbessert, die Stellenmeldungen sind deutlich angestiegen.  So meldete die Gastronomie der Agentur für Arbeit im Juni 105 freie Stellen, zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr waren es lediglich 15. Der aktuelle Stellenbestand liegt bei 161 freien Arbeitsstellen (2019: 106). Auch der Handel sendet positive Signale. Der aktuelle Stellenbestand liegt bei 468 Stellen, vor einem Jahr waren es 369.

Es gibt noch 1.500 Chancen auf dem Dortmunder Ausbildungsmarkt – gut 1250 Jugendliche suchen noch

Im Jugendberufshaus arbeiten Arbeitsagentur, Jobcenter und Stadt Dortmund Hand in Hand.
Im Jugendberufshaus arbeiten Arbeitsagentur, Jobcenter und Stadt Dortmund Hand in Hand.

Der Ausbildungsmarkt biegt auf die Zielgerade ein, doch sind in Dortmund gut vier Wochen vor dem ersten großen Starttermin noch 1.549 gemeldete Ausbildungsstellen offen. Dem stehen 1.257 Jugendliche gegenüber, die noch keinen Ausbildungsplatz oder eine Alternative gefunden haben.

Insgesamt haben sich seit Beginn des Berichtsjahres im Oktober 2020 3.355 Bewerberinnen und Bewerber bei der Berufsberatung im Jugendberufshaus gemeldet. Das sind 49 oder 1,4 Prozent weniger als im Vorjahr. 3.478 freie Ausbildungsstellen wurden der Agentur für Arbeit von Dortmunder Unternehmen bis Ende Juni gemeldet. Das sind 31 mehr als im vergangenen Jahr.

„Die Unternehmen setzen trotz erschwerter Rahmenbedingungen durch die Pandemie weiter auf Ausbildung und damit auf den eigenen Fachkräftenachwuchs. Doch ist sowohl die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen als auch die Anzahl der unversorgten Jugendlichen aktuell noch deutlich zu hoch. Uns bleiben bis Ausbildungsbeginn nur noch wenige Wochen, um junge Menschen und Betriebe zusammenzubringen“, so Heike Bettermann.

„Aus der allgemein spürbaren Verunsicherung hat sich bei den Jugendlichen eine erhebliche Unentschlossenheit ergeben. Aber gerade jetzt ist es wichtig, sich um die berufliche Anschlussperspektive zu kümmern und Entscheidungen zu treffen. Mut zur Ausbildung ist gefragt. Es ist noch nicht zu spät. Es bieten sich noch über 1.500 Chancen. Jeder der möchte, bekommt ein individuell passendes Angebot. Die Berufsberatung steht bereit und unterstützt gerne – einfach anrufen“, so Chefin der Agentur für Arbeit.  Alle Infos unter www.jugendberufshaus-dortmund.de

Die Anzeigen von Kurzarbeitergeld in Dortmund sinken weiter – Zahlen kommen aber zeitversetzt

Heike Bettermann ist neue Chefin der Agentur für Arbeit in Dortmund. Foto: Alex Völkel
Heike Bettermann ist Chefin der Agentur für Arbeit in Dortmund. Archivfotos (4): Alex Völkel

Vor Beginn der Kurzarbeit müssen Betriebe Anzeige über den voraussichtlichen Arbeitsausfall erstatten. Nach aktuellen Hochrechnungen zu geprüften Anzeigen im Juni haben 30 Betriebe konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt. Im Mai lag die Zahl noch bei 35 Anzeigen. Auch die Anzahl der Beschäftigten, für die Kurzarbeit angezeigt wurde, ging im Vergleich zum Vormonat von 270 auf 222 weiter zurück. Im Vergleich: Im Juni vor einem Jahr wurde für 2.159 Männer und Frauen Kurzarbeit angezeigt.

Die Daten über die tatsächlich realisierte, d.h. in Anspruch genommene Kurzarbeit, werden mit einer Wartezeit von fünf Monaten veröffentlicht, da hiermit eine sichere Statistik auf vollzähliger Basis mit hoher Datenqualität gewährleistet ist. Aktuelle Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme stehen bis Dezember 2020 zur Verfügung. So nahmen im Dezember 2.231 Betriebe für 13.995 Dortmunderinnen und Dortmunder konjunkturelles Kurzarbeitergeld in Anspruch.

Damit sind die Zahlen im Vergleich zum Vormonat leicht gestiegen. Im November 2020 wurde an 12.278 Personen in 1.906 Betrieben Kurzarbeit ausgezahlt. Den vorläufigen Höchststand erreichte die Kurzarbeit in Dortmund bisher im April 2020, als knapp 37.816 Menschen in Kurzarbeit beschäftigt waren.

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