Stilles Gedenken an Dortmunder Karfreitagsmorde der Nationalsozialisten in Rombergpark und Bittermark

Dr. Stefan Mühlhofer Bürgermeister Norbert Schilff, Bürgermeisterin Ute Mais und Bürgermeisterin Barbara Brunsing (v.l.). Foto: Gaye Suse Kromer
Dr. Stefan Mühlhofer, Norbert Schilff, Ute Mais und Barbara Brunsing (v.l.). Foto: Gaye Suse Kromer

Am heutigen Karfreitag (2. April 2021) haben Bürgermeister Norbert Schilff und die Bürgermeisterinnen Ute Mais und Barbara Brunsing einen Kranz am Mahnmal in der Bittermark niedergelegt, um jener Menschen zu gedenken, die noch in den letzten Wochen und Tagen vor Ende des Zweiten Weltkriegs dem nationalsozialistischen Terror in der Bittermark, im Rombergpark und in Hörde zum Opfer gefallen sind.  Sie waren nicht allein: Zahlreiche Menschen kamen – auch ohne Gedenkveranstaltung – im Lauf des Tages zum stillen Gedenken in die Bittermark.

„Gegen das Vergessen – Für Demokratie e.V.“ und Heinrich-Czerkus-Gedächtnislauf vertreten

Begleitet wurden die Bürgermeister*innen von Dr. Stefan Mühlhofer, Direktor des Stadtarchivs und in seiner Funktion als Vorsitzender der Regionalen Arbeitsgemeinschaft „Gegen das Vergessen – Für Demokratie e.V.“.  Kurz danach legte auch Wolfgang Gurowietz als Vertreter des traditionellen Heinrich-Czerkus-Laufs einen Kranz nieder.

Seit April 1950 findet das Karfreitagsgedenken in der Bittermark statt. Dabei kommen jährlich nicht nur Dortmunderinnen und Dortmunder, sondern auch zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland zusammen und geben ein beeindruckendes Zeichen für eine lebendige Erinnerungskultur.

Vor dem Hintergrund der Corona-Situation war – wie schon im letzten Jahr – eine öffentliche Veranstaltung leider nicht möglich. „Wie in jedem Jahr wollen wir aber auch in diesen Zeiten am Karfreitag jener Menschen gedenken, die 1945 kurz vor Kriegsende ermordeten wurden“, so Bürgermeister Nobert Schilff.

Schilff: „Der sinnlose Tod dieser Menschen wird uns
immer begleiten. Sie dürfen nicht vergessen werden“

Über 200 Menschen – vor allem ausländische Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangene, aber auch deutsche Widerstandskämpfer*innen, Kritiker*innen des Regimes und andere wurden auf grausame Weise umgebracht.

„Der sinnlose Tod dieser Menschen wird uns immer begleiten. Sie dürfen nicht vergessen werden. Für uns gilt, die Erinnerung an sie wachzuhalten“, so Schilff.

Ausdruck der lebendigen Erinnerungsarbeit und des Widerstands gegen aktuelle rechtsextremistische Umtriebe ist auch der „Heinrich-Czerkus-Gedächtnislauf“, der Karfreitag eigentlich in der Bittermark endet und mit den Naturfreunden Dortmund-Kreuzviertel, dem Fan-Projekt Dortmund, dem BVB-Fanclub Heinrich Czerkus, Borussia Dortmund und dem Förderverein Gedenkstätte Steinwache/Internationales Rombergpark-Komitee auf einer breiten Basis steht.

Er ist wichtiger Ausdruck der breit angelegten Erinnerungskultur in Dortmund, zu der auch die Arbeit der jugendlichen Botschafter und Botschafterinnen der Erinnerung gehört. „Auch wenn die Pandemie das öffentliche Gedenken nicht möglich macht, so erinnern wir uns heute alle im privaten und kleinen Kreis. Wir halten inne und gedenken der Opfer“, so Bürgermeister Norbert Schilff.

Die Botschafter*innen der Erinnerung haben einen digitalen „Weg der Erinnerung“ erstellt

Neben einem Video Projekt erinnerten die Botschafter*innen auch mit kleinen Täfelchen am Mahnmal. Foto: Lara Schimmeregge
Die Botschafter*innen erinnern auch mit kleinen Täfelchen am Mahnmal. Foto: Lara Schimmeregge

Auch die Botschafter*innen der Erinnerung des Jugendrings Dortmund wollten das Gedenken nicht ausfallen lassen.

Wie schon im vergangenen Jahr erinnerten die jungen Menschen digital an die Opfer der Karfreitagsmorde. Das Format ist angelehnt an den „Weg der Erinnerung“, den die Gruppe normalerweise auf dem Weg zum Mahnmal aufstellt.

An fünfzehn Orten haben die Botschafter*innen dafür kurze Videos aufgenommen. Meist vor den ehemaligen Wohnhäusern der Ermordeten. In den Videos werden die Biographien von Opfern vorgetragen und zentrale Orte der Geschichte erklärt. Zu sehen sind alle Videos in einem Erinnerungsstadtplan, der im Youtube-Video erkundet wird.

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„Wir hoffen, dass unser digitaler Beitrag genauso erfolgreich zum Aufrechterhalten der Erinnerung an die Opfer der Nationalsozialisten beigetragen hat, als hätten wir uns heute persönlich getroffen“, sagt Laurin Muschter von den Botschafter*innen. Dennoch hoffe man, dass man sich im nächsten Jahr wieder zusammen in der Bittermark treffen könne, um den Opfern zu gedenken.

Video der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache erinnert an die Morde durch die Gestapo

Die Massenerschießungen in der Bittermark und die Kultur des Gedenkens und Erinnerns sind Thema eines aktuellen Videos der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache:

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Reaktionen

  1. Elke Tullney

    Nach dem heutigen Spaziergang zum Mahnmal in der Bittermark, wo ich viele Gleichgesinnte traf, die, wie auch ich, auch in Coronazeiten nicht auf das Gedenken an die von der Gestapo Ermordeten verzichten wollten, hab ich mir gerade das hier eingestellte Video der Botschafter*innen angesehen. Herzlichen Dank an sie alle für diese anrührende, wichtige Botschaft, für die viele Arbeit und das Engagement. Eine großartige Initiative von jungen Leuten zur Fortführung der Erinnerung und das nun im 10. Jahr.

  2. Carsten Klink

    Karfreitagsgedenken auf dem Internationalen Friedhof: „Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus“

    Seit Jahrzehnten wird am Karfreitag gegen 10.30 Uhr auf dem Internationalen Friedhof in Dortmund-Brackel am Rennweg an die Opfer des von Nazi-Deutschland begonnenen zweiten Weltkrieges (1. September 1939 – 8. Mai 1945) erinnert. Besonders in Osteuropa waren die deutschen Kriegshandlungen gegen die slawischen Völker von Anfang an als rassenideologischer Vernichtungskrieg angelegt, der mit der Ermordung von Zwangsarbeiter*innen, Kriegsgefangenen und Widerstandskämpfer*innen letztlich bis Dortmund reichte.

    Zusammen mit Mitgliedern der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BdA), des Internationalen Rombergpark-Komitees sowie des historischen Vereines Ar.kod.M (Allrussische Kriegsopferdaten Memorial) legte der Bürgermeister der Stadt Dortmund, Norbert Schilff (SPD), Kränze an den vier Gedenkstätten auf dem Internationalen Friedhof nieder.

    Ganz traditionell führte der kleine Gedenkgang der -coronabedingt- überschaubaren Gruppe von Einzelpersonen, bei dem die Coronamaßnahmen eingehalten wurden, zuerst zu dem Denkmal der jüdischen Opfer und danach zum großen Ehrenmal für die Menschen aus der Sowjetunion. Anschließend führte der Gedenkgang dann zum polnischen und serbischen Ehrenmal. „Auch wenn die Pandemie das öffentliche Gedenken nicht möglich macht, so erinnern wir uns heute alle im privaten und kleinen Kreis. Wir halten inne und gedenken der Opfer.“, erklärte Bürgermeister Norbert Schilff.

    Schatten der Vergangenheit
    Dmitriy Kostovarov, der Vorsitzende des Vereines Ar.kod.M, der sich um die Sicherung von russischen Kriegsopferdaten verdient macht, hatte das sowjetische Ehrenmal links und rechts jeweils mit einem Transparent „Der Mensch ist erst vergessen, wenn keiner mehr an ihn denkt“ eingerahmt. Das Transparent mit 12 Portraits soll einigen der Menschen, die auf dem Internationalen Friedhof meist anonym begraben wurden, ein Gesicht und einen Name (wieder) geben.

    Während rund sechs Millionen Menschen jüdischen Glaubens während der Nazi-Tyrannei in ganz Europa durch eine selbst für die brutale Menschheitsgeschichte wohl einmalige industrielle Vernichtung von Menschen ermordet wurden, mussten die Völker der Sowjetunion mit rund 27 Millionen Toten den größten Blutzoll aller am zweiten Weltkrieg beteiligten Nationen leisten.

    „Fast jede kleine Kommune hat mindestens einen Friedhof mit Gräbern sowjetischer Bürger*innen. In Dortmund habe ich insgesamt 27 Friedhöfe gefunden.“, berichtet Dmitriy Kostovarov in der aktuell erschienenen Dokumentation „Schatten der Vergangenheit“, die er zusammen mit Hannelore Tölke herausgegeben hat. Die Dokumentation über den Arbeitseinsatz von sowjetischen Zivilarbeiter*innen und Kriegsgefangenen kann über den Verein Ar.kod.M bezogen werden.

    Bereits am Gründonnerstag hatte die Bezirksgruppe-Ost der Partei DIE LINKE an den zehn kleinen Obelisken, die sich auch auf dem Internationalen Friedhof befinden, jeweils mit einer roten Rose an die Weltkriegsopfer aus den Republiken der ehemaligen Sowjetunion erinnert. Den kyrillischen Inschriften der Obelisken kann man entnehmen, dass diese für 6.738 sowjetische Opfer errichtet wurden, die bis heute auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg ruhen.

    Während des Tages nutzten immer wieder Dortmunder Bürger*innen die kostenlose Informations-App über die Geschichte des Internationalen Friedhofes, die aus einer Zusammenarbeit der Europa-Gesamtschule und des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V entstanden ist. Mit der Nutzung dieser App würde jeder einen kleinen, aber unglaublich wertvollen Beitrag dazu leisten, dass die Geschichte dieser Menschen nicht vergessen wird. Der Zugangscode kann am Eingang des Internationalen Friedhofes auf der offiziellen Informationstafel gefunden werden.

    „Der Frieden kann nicht durch Gewalt bewahrt werden. Er kann nur durch Verständigung erwachsen!“ Albert Einstein (1879-1955)

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