Nach Ausschreitungen von Hertha-Ultras rechtfertigt die Polizei den Einsatz: „Wir werden den Rechtsstaat verteidigen!“

In der Pause randalierten die Ultras und attackierten mit den Trümmern Polizeibeamte.
In der Pause randalierten die Berliner Ultras und attackierten mit den Trümmern Polizeibeamte. Foto: Polizei DO

Von Gerd Wüsthoff

Auch drei Tage nach den Ausschreitungen von sogenannten „Fans“ von Hertha BSC Berlin während des Spiels beim BVB in Dortmund am vergangenen Samstag ebben die Diskussionen darüber nicht ab. Außerdem wird es zu juristischen Aufarbeitung der Vorfälle kommen, bei denen 45 Menschen im Stadion verletzt wurden. Die Polizei will sich aber nicht den „schwarzen Peter“ zuschieben lassen. In einer Pressekonferenz betonte Polizeipräsident Gregor Lange, dass es auch im Stadion keinen rechtsfreien Raum geben dürfe: „Wir werden mit den uns gegeben Mitteln den Rechtsstaat verteidigen!“

Lange weist die Kritik am Einsatz der Polizei als tendenziös zurück – Polizei sichert die Rechtsstaatlichkeit

Auch mit diesen Fahnenstangen gingen die Ultras auf die Polizeikräfte los. Foto: Polizei DO
Auch mit diesen Fahnenstangen gingen die Ultras auf die Polizeikräfte los. Foto: Polizei DO

Lange geht in seiner Erklärung auf die in den Social Media kursierende Kritik an den „ungerechtfertigten“ Maßnahmen der Polizei gegenüber den Ultras von Hertha BSC ein. „Diese Kritik ist tendenziös und entbehrt jeglicher Grundlage“, so Lange. Die eingesetzten Polizeikräfte zur Sicherung des Spieles BVB – Hertha beliefen sich auf 150 Polizisten, da das Spiel als „grün“ eingestuft wurde. Trotzdem gab es 45 Verletzte.

„Wir als Polizei müssen die Rechtsstaatlichkeit sichern“, betont Lange und vermutet Ursprünge der Kritik am Polizeieinsatz am rechten Rand: „Es sind die gleichen, die die Nordstadt als Hort der Kriminalität bezeichnen, die Kleinkriminalität hochstilisieren und den Ultras ideologisch nahe stehen.“ Für Lange steht fest, dass sich die Ultras eindeutig kriminell und gefährdend für die unbeteiligten Fußballfans im Stadion verhalten haben.

„Die Zuschauer haben zu recht erwartet, dass sie sich am Spiel in Sicherheit erfreuen können.“ Die Polizei habe nach der Zündung von Pyro-Technik einschreiten müssen, die unter der Ultra-Fahne entfacht worden war. Die Fahne selber – zuvor vor dem Block platziert – wurde hochgezogen und mit bis zum 5cm Durchmesser Rohren hochgedrückt.

Die von den Pyros ausgehende Rauchfahne hüllte den gesamten Block bis unter das Stadiondach mit Rauch ein. Um dieses zu unterbinden, versuchten die Einsatzkräfte die Fahne herunterzuziehen, „um so auch weitere Pyro-Zündungen zu verhindern“, betont Edzard Freyhoff, Leiter Polizeiinspektion 1 und Einsatzleiter im Stadion. „Dabei wurde die, für die Ultras ,heilige‘ Fahne zerrissen“. Dies führte zur Aufheizung der aggressiven Stimmung unter den Ultras aus Berlin.

Ultras aus Berlin gefährdeten friedliche Fußball Fans im Stadion und randalierten

Polizei Pressekonferenz zu den Vorfällen am 27. Oktober
Dr. Roland Aßmus, Edzard Freyhoff, Gregor Lange und Oliver Peiler nahmen Stellung. Foto: Gerd Wüsthoff

Umstehende Stadiongäste seien durch die Berliner Ultras gefährdet worden. Diese hätten der Polizei ihre Mobiltelefon-Video-Aufnahmen der Polizei zur Verfügung gestellt. Diese dienen nun zur Ermittlung der Täter. Was in der Halbzeitpause geschah, sei schiere Gewaltrandale gewesen, betont die Polizei und ruft auf, das weitere Zeugen ihre Videos zur Aufklärung zur Verfügung stellen sollten.

In der Halbzeitpause verabredeten sich die Hertha und BVB-Ultras zu einer gemeinsamen Aktion gegen die Polizei. Die Ultras des BVB seien dabei aber „hervorragend von den BVB Ordnern zurückgehalten“ worden, betonte Freyhoff. Die Ultras aus Berlin zerschlugen Toiletten und benutzten die Scherben und scharfkantigen Trümmer als Waffen gegenüber der Polizei. Dabei kamen ebenfalls auch die schweren Stangen, mit denen die Ultras ihre Fahne über ihrem Blog hochgezogen und gehalten hatten, zum Einsatz.

Es sei für die Einsatzleitung eine schwere Entscheidung gewesen, nicht direkt in den Fanblock hinzugehen. „Schon aus Sicherheitsüberlegungen für meine Beamten kann ich sie nicht so ohne weiteres in den Block schicken“, verdeutlichte Freyhoff. Die trotzdem erfolgte Konfrontation außerhalb des Fanblocks sorgte für 35 durch Pfefferspray verletzte Berliner Ultras. Zehn Personen erlitten durch Gewaltanwendung Verletzungen, darunter auch einen Ordner und fünf Polizeibeamte. Mehrere Personen erlitten zudem Rauchvergiftungen durch die illegal im Stadion abgefackelten Bengalos.

Ermittlungen nicht nur wegen Körperverletzungen, sondern auch wegen schweren Landfriedensbruchs

In der Pause randalierten die Ultras und attackierten mit den Trümmern Polizeibeamte.
In der Pause randalierten die Ultras und attackierten mit den Trümmern Polizeibeamte.

Mit jetzigen Erkenntnisstand werden Strafanzeigen bzgl. Landfriedenbruchs, Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte, tätlichen Angriffs auf Polizeivollzugsbeamte und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz gefertigt, machte Dr. Roland Aßmus, Leiter der EK Bär, deutlich. Denn die beteiligten Straftäter wurden umfangreich videografiert. Die Polizei Dortmund hat eine Ermittlungskommission eingesetzt. Die Ermittlungen werden dazu eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.

Doch wer sind diese Ultras? „Darunter sind nicht nur dumme Schläger, sondern zum Teil auch gebildete aus dem mittleren und gehobenen Mittelstand“, erklärte Oliver Peiler, Leiter der Pressestelle der Polizei Dortmund. „Es kann sich um Frustrationsabbau handeln, aber mehr noch, um sich einen rechtswidrigen freien Raum zu schaffen.“

Die Ausschreitungen (Gewaltrandale) hatte ein breites Medienecho und löste Entsetzen aus. Anhand der gezeigten Polizeivideos sowie Videos von anderen StadionbesucherInnen Zuschauervideos kann keine Unverhältnismäßigkeit des polizeilichen Einsatzes gesehen werden. Deutlich zu sehen ist stattdessen eine gezielte Aktion der Berliner Ultras gegen die Ordnungskräfte der Polizei.

Hertha BSC und der BVB wollen bei der Aufklärung aktiv mitwirken. Auch Hertha-Manager Michael Preetz zeigte sich von den Ausschreitungen schockiert: „Eine Katastrophe. Das ist eine ganz bittere Stunde für den Fußball und für Hertha BSC“, sagte er nach dem Spiel. Dessen Ergebnis verkam fast zur Randnotiz: Das Spiel endete 2:2.

Weitere Informationen:

 

https://www.facebook.com/mariechristin.naujok/videos/1829922843723665/

 

Kommentar

Von Gerd Wüsthoff

Was die sogenannten Fans – die Ultras – zur Gewalt antreibt, ist nicht ins Letzte geklärt. Tatsache ist aber, dass sie friedliche Fans – Familien mit Kinder, SeniorInnen sowie fußball-begeisterte Frauen und Männer in Gefahr bringen. Die zunehmende Gewaltbereitschaft und sinkende Hemmschwelle ist besorgniserregend und deckt sich mit einer allgemeinen Verrohung der Gesellschaft im täglichen Umgang miteinander. Die Kosten, um die sogenannten Fans vor, während und nach einem Spiel „unter Kontrolle zu halten“, steigen. Vielleicht müssten die Millionen Euro verdienenden Fußball-Vereine am Ende doch die Kosten zu 100 Prozent tragen, und nicht der Steuerzahler, damit sich etwas grundlegend ändert. 

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Reaktionen

  1. Fanprojekt Dortmund (via Homepage)

    Stellungnahme des Fanprojekts Dortmund zu den Vorkommnissen im Rahmen des Bundesligaspiels Borussia Dortmund gegen Hertha BSC Berlin am 27.10.2018

    Vor dem Spiel und zum Einlauf der Mannschaften wurden im Gästeblock mehrere Fahnen geschwenkt. In der ersten Reihe des Blocks wurde außerdem ein großes Banner zum fünfzehnjährigen Bestehen einer Berliner Fangruppe vertikal hochgehalten. Das Banner wurde vorher offiziell beim gastgebenden Verein Borussia Dortmund angemeldet und durch diesen genehmigt. Weiter wurden massiv pyrotechnische Gegenstände in Form von sogenannten „bengalischen Lichtern“, „Rauchtöpfen“ und „Blinkern“ abgebrannt.

    Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass das Abbrennen solcher Pyrotechnik in deutschen Stadien verboten ist. Wenn dabei Menschen – insbesondere unbeteiligte Dritte – verletzt werden, ist dies aus unserer Sicht unverantwortlich, nicht zu tolerieren und nicht hinnehmbar. Es ist in diesem Zusammenhang auch irrelevant, ob es sich beim Abbrennen dieser Materialien um eine Straftat oder lediglich um eine Ordnungswidrigkeit handelt.
    Nach Beendigung der Choreografie wurde das Banner vor dem Gästeblock abgelegt und blieb dort auch zunächst liegen. In den ersten Minuten des Spiels wurde weiter vereinzelt Pyrotechnik im Gästeblock gezündet.

    Vorgehen und Verhalten der Polizei

    Normalerweise versucht die Polizei bei derartigen Vorfällen, im Nachgang mit Hilfe von angefertigten Videoaufzeichnungen die Täter zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen. In Dortmund steht dafür modernste (Video-)Technik zur Verfügung. Neben der Verfolgung durch die Polizei sanktioniert Borussia Dortmund ein solches Verhalten außerdem mit Einschränkungen von Fanmaterialien beim nächsten Gastspiel in Dortmund. Darüber hinaus folgen Verbandsstrafen des Deutschen Fußball-Bundes.
    In diesem Fall entschied sich die Polizei allerdings für eine aktive Maßnahme. Ziel war es offenbar, das vor dem Gästeblock abgelegte Banner zu entfernen.

    Bedeutung von Bannern und Fahnen – mangelhafte Kommunikation

    Banner und Fahnen haben bei Fußballfans eine elementare Bedeutung. Ein Verlust selbiger führt in der Regel sogar zur Auflösung ganzer Fangruppen. Allen erfahrenen und langjährig im Fußballkontext handelnden Personen ist dies bewusst. Daher mussten die Entscheider davon ausgehen, dass ihre Maßnahme zu einer Eskalation im Fanblock führen würde.

    Im Rahmen des Einsatzes der Polizei fand keine Kommunikation mit der Fanbetreuung in Form der Fanbeauftragten und den Fanprojekten beider Vereine statt. Fraglich ist auch, welche Relevanz dem Banner von der Polizei zum Zeitpunkt ihres Einschreitens noch zugesprochen wurde. Denn es lag eine Viertelstunde ungenutzt vor dem Gästeblock. Den Auswärtsfans war es aufgrund der baulichen Gegebenheiten im Stadion ohnehin nicht mehr zugänglich. Die von der Polizei geäußerte Intention, mit der Entfernung des Banners weitere Straftaten vorbeugen zu wollen, erschließt sich uns daher nicht.

    Bewertung der Folgen

    Die aus dem Eingreifen der Polizei resultierenden gewalttätigen Ausschreitungen und massiven Sachbeschädigungen der Hertha-Fans verurteilen wir aufs Schärfste. Unserer Meinung nach hätte aber eine auf Deeskalation setzende Polizei-Einsatzstrategie eine so brisante Situation gar nicht erst entstehen lassen.
    Wir teilen die Ansicht der Polizei, dass Stadien keine rechtsfreien Räume sind und sein dürfen, sehen im konkreten Fall die Verhältnismäßigkeit allerdings nicht gewahrt.

  2. Markus Bartel (Vorsitzender CDU-Ortsunion West)

    Stellungnahme der CDU-Ortsunion Dortmund-West zu den Ausschreitungen der Bundesliga-Begegnung, BVB vs. Hertha-BSC am 27.10.2018

    Leider stellt meine CDU-Ortsunion fest, dass die Gesellschaft zunehmend nicht begreift, Fußball ist ein Sport. Sport soll verbinden, nicht aber Fronten schaffen, ebenso Gewalt ausleben. Hauptsächlich finden immer mehr Gewaltprozesse im Fußball wie in keiner anderen Sportart statt.

    Fußball sollte Leidenschaft sein, um Menschen zusammen zu bringen, nicht aber kollektive Gewaltbereitschaft auszuleben. Hier wird gegen geltende Sitten, Respekt, aber auch gegen geltende Gesetze verstoßen. Dieses lassen wir als CDU-Ortsunion nicht zu und übernehmen daher nicht nur politische, sondern auch moralische Verantwortung bewusst wahr, wenn gegen demokratische Grundwerte verstoßen wird.

    Vorab danken wir den eingesetzten Einsatzkräften von Polizei und Rettungsdienst für ihren Einsatz unter Gefahr ihrer persönlichen Gesundheit. Diesen Einsatzkräften zollt unser hoher Respekt und Anerkennung, der auch von den Bürgerinnen und Bürgern selbstverständlich sein sollte.

    Es ist nicht duldbar, dass speziell bei dieser Fußball-Partie, BVB-Anhänger gleichzeitig mit Hertha- Hooligans und Chaoten solidarisieren, aber auch sympathisieren, um Sprechchöre gegen eingesetzte Polizeikräfte starten, und ausführen.

    Wir unterstützen das Vorgehen der Polizei um Straftäter zu ermitteln, um entsprechende Chaoten den Strafbehörden für die Gerichtsbarkeit zu überstellen. Um die öffentliche Sicherheit und Ordnung wieder herzustellen, ist auch ein konsequentes und hartes Handeln der Polizei notwendig. Diese Einsicht wird von Vereinen und Fanclubs wegen mangelnder Verantwortung oftmals nicht geteilt. Deutlich wird hier am aktuellen Beispiel, Sicherheitskonzepte der Vereine versagen erneut. Daher ist ein solches Handeln der Polizeitaktik unabdingbar.

    Ferner ist es nicht hinnehmbar, dass bei einer privatrechtlichen Veranstaltung eines Bundesliga-Spieles, die einen hohen Personalaufwand der Polizei bedarf, und daher mit enormer Kostennote verbunden ist, die entstandenen Kosten durch die Vereine nicht getragen aber auch erstattet werden. Dies kann nicht Angelegenheit der Bürgerinnen und Bürger sein, mit öffentlichen Steuergeldern, Polizeieinsätze für privatrechtliche Veranstaltungen zu belasten, wenn hingegen Fußballvereine bereit sind, utopische Transfersummen für Spieler aufbringen und zahlen, aber auch Dividenden an Aktionäre ausschütten.

    Sicherheit ist ein hohes Gut, die Gesundheit das höchste Gut. Primär muss bei Ausschreitungen nachgedacht werden, wenn die Sicherheit von Beteiligten (hier Polizei), und noch viel wichtiger, unbeteiligten Personen für Leib und Leben in Gefahr gerät, entsprechende Spiele auch konsequent abzubrechen. Hier ist die Hand der Politik als Gesetzgeber gefordert, notwendige Gesetze zu erlassen, sodass eine Eskalation in Zukunft eingedämmt wird und nicht stattfindet, damit jede Bürgerin und jeder Bürger gar mit seinem Kind friedlich eine Sportveranstaltung besuchen und genießen kann.

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