„Wut im Bauch, Trauer im Herzen“ – Nach Terror in Hanau muss der Kampf gegen Rechts entschlossen weitergehen

Zum Gedenken an die Tat in Hanau versammelten sich Hunderte am Donnerstagabend vor dem Dortmunder Rathaus auf dem Friedensplatz. Die Route führte vorbei am Hauptbahnhof bis zum Nordmarkt. Fotos: Leopold Achilles

Von Leopold Achilles

Mehrere hundert Menschen sind am Donnerstagabend in Dortmund auf die Straße gegangen, um gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu demonstrieren. Es waren nach Polizeiangaben 800 Menschen, die nach dem Terroranschlag in Hanau (Hessen) auf den Straßen ihre Solidarität, Mitgefühl, Trauer und Wut ausdrückten.

Weitere Demonstration startet heute um 17 Uhr an den Katharinentreppen gegenüber dem Hauptbahnhof

Die Demonstration zog schließlich in die Dortmunder Nordstadt.

Vom Friedensplatz vor dem Rathaus in Dortmund zogen die Demonstrant*innen über den Wall vorbei am U, dem Hauptbahnhof und schließlich bis in die Nordstadt, wo die Demonstration auf dem Nordmarkt mit einer Schweigeminute zu Ende ging.

Viele junge Menschen, darunter auch viele aus der migrantischen Community, schlossen sich dem Protest an. Für den heutigen Freitag, 21.Februar, ist eine weitere Demonstration an den Katharinentreppen in Dortmund für 17 Uhr geplant.

Am Mittwochabend hatte ein 43-jähriger Deutscher in Hanau in Hessen aus mutmaßlich rechtsradikalen und rassistischen Motiven neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen. Ziel seiner zwei Angriffe waren eine Shisha-Bar und ein Kiosk. Später tötete er offenbar seine Mutter und sich selbst. In ganz Deutschland gab es am Donnerstagabend Kundgebungen und Demonstrationen. Darunter in Hanau, Bremen, Bielefeld und eben in Dortmund.

Fotostrecke zur gestrigen Demo:

 

Stellungnahme des RMGD

Trauer, Wut und Fassungslosigkeit beim Rat Muslimischer Gemeinden (RMGD) in Dortmund

Die Mitglieder des Rates Muslimischer Gemeinden Dortmund (RMGD) sprechen den Familien der Opfer und der Stadt Hanau ihr tiefstes Mitgefühl und Beileid aus. Sie wünschen den Verletzten eine rasche und vollständige Genesung. „Möge Allah ihnen in dieser schweren Stunde zur Seite stehen“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme.

Einblicke in den Moscheealltag bekamen die Teilnehmenden beim Mittagsgebet.
Die muslimischen Gemeinden in Dortmund trauern und rufen die Menschen auf, gemeinsam ein Zeichen gegen Hass und Gewalt zu setzen. Foto: Alex Völkel

Die Muslime in Dortmund, aber auch die in ganz Deutschland seien nach an NRWs Moscheen gerichtete Bombendrohungen sowie dem gestrigen Anschlag in Hanau höchst verunsichert.

Angesichts der Kontinuität rechtsterroristischer Strukturen und rassistischer Gewalt in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands überrasche sie die Tat nicht wirklich, aber die Dimension sei eine andere.

Der Terroranschlag in Hanau verdeutliche einmal mehr, dass es sich bei rechten Morden zwar um die Taten von Einzelnen handele, aber nicht um die Tat eines Einzeltäters.

Was die Muslime in Dortmund aber am meisten verunsichere, sei diese Gleichgültigkeit, mit der solche Schreckensmeldungen eben nicht kommentiert würden in der Gesellschaft. Man sei traurig und, ja, auch wütend, aber entschlossen, sich von diesen hasserfüllten Menschen keine Angst machen zu lassen. Der Rat Muslimischer Gemeinde in Dortmund ruft alle Akteure der Gesellschaft auf, ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern rechter Hetze und rechten Terrors.

 

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Reaktionen

  1. Dialogkreis der Abrahamsreligionen Dortmund (Pressemitteilung)

    Der Dialogkreis der Abrahamsreligionen Dortmund beklagt die Opfer von Hanau. Als Evangelischer Kirchenkreis, Katholische Stadtkirche, Rat der Muslimischen Gemeinden und Jüdische Kultusgemeinde sind wir entsetzt über diesen neuerlichen Ausbruch menschenfeindlicher Gewalt. Zielte der Täter von Halle vornehmlich gegen Menschen jüdischen Glaubens, so richtete sich die Tat von Hanau vor allem gegen Menschen muslimischen Glaubens.

    Der Hass verblendet die Herzen und die Vernunft. Wir trauern mit den Angehörigen, beten für die Verstorbenen und hoffen auf Genesung für die Verletzten. Hier in Dortmund halten wir fest am Dialog der Religionen. Das Bekenntnis zur Toleranz ist wichtiger denn je.

    Darum bekräftigen wir unsere Worte nach den Anschlägen von Paris:

    „Terrorattentate und Gewaltdrohungen bedrohen uns. Hassparolen provozieren Unfrieden. Aber: Wir Dortmunderinnen und Dortmunder lassen uns nicht auseinanderdividieren! Wir treten gemeinsam ein für Respekt und Toleranz, für Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt, ein solidarisches Miteinander in einer offenen und pluralen Gesellschaft. Ob Christen, Muslime, Juden oder ob wir einer anderen Religion oder Weltanschauung anhängen, unabhängig von Herkunft und kulturellem Hintergrund: Wir stehen zusammen gegen Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie und Antisemitismus! Religionsgemeinschaften für Frieden und Dialog! Dortmund bleibt weltoffen und tolerant!“

    Wir setzen gemeinsam ein Zeichen gegen Hass und Gewalt:
    MAHNWACHE – Gegen Rassismus, Hass und Gewalt – für Toleranz und Dialog der Religionen
    Treffpunkt heute Freitag den 21.2.2020, 17 Uhr auf dem Platz Kampstraße/Katharinentreppe.

    Dort treffen sich auch andere Akteure aus der Stadtgesellschaft. Wir versammeln uns hinter dem Banner „ WIR ALLE SIND DORTMUND!“ Bitte unterstützen Sie uns.

    Dialogkreis der Abrahamsreligionen Dortmund
    Ev. Kirchenkreis (Superintendentin Proske, Pfr. Stiller [ViSdP]) ,
    Kath. Stadtkirche (Propst Coersmeier, Pfr. Schocke)
    Rat der muslimischen Gemeinden (Imam Aweimer, Vorsitzender)
    Jüdische Kultusgemeinde (Rabbiner Babaev)

  2. Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus (Pressemitteilung)

    Gewalt erwächst aus Hass – Hass erwächst aus Hetze
    Aufruf des Dortmunder Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus zur Mahnwache wegen des Attentats in Hanau

    Wieder ist es geschehen. Wieder hat ein radikalisierter „Einzeltäter“ unschuldige Menschen getötet. Wieder wurden die Sicherheitsbehörden überrascht. Die Tat von Hanau hat einen eindeutig rassistischen und rechtsextremen Hintergrund, genau wie vorher in Halle.

    Der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus ist entsetzt angesichts der Bluttat. Wir trauern um die Toten und sind in Gedanken bei den Verletzten und Angehörigen. Wir fordern lückenlose Aufklärung. Wir begrüßen, dass der Generalstaatsanwalt die Ermittlungen übernommen hat. Wir misstrauen aber der These vom Einzeltäter.

    Auch in Halle zeigte sich bald anderes. Vor allem stellen wir fest, dass der Tabubruch Wirkung hat. Wenn ständig und ungestraft gegen Zugewanderte, Migrant*innen, Geflüchtete und Muslime gehetzt werden darf, sogar in Parlamenten, entsteht ein Klima des Hasses, das solche Täter ermutigt.

    Gewalt erwächst aus Hass – Hass erwächst aus Hetze. Was muss noch geschehen, damit es ein Umdenken gibt?
    Wir fordern:

    – Schluss mit rassistischer Hetze, egal ob in den Parlamenten, im Netz oder auf der Straße

    – Verbot rechtsextremer Parteien wie DIE RECHTE


    – Verfolgung von Rassismus und menschenverachtenden Äußerungen in den sozialen Netzwerken

    – Gemeinsamer Kampf gegen den hetzerischen Rechtspopulismus

    Wir dürfen nicht nachlassen. Unsere Gesellschaft muss bunt statt braun bleiben. Wir rufen auf zur Mahnwache „Bunt statt Braun – Gegen Hetze und Gewalt“ – Freitag, 21. Februar 2020 um 17 Uhr auf dem Platz Kampstraße/Katharinentreppe gegenüber des Hauptbahnhofs Dortmund.Wir versammeln uns hinter dem Banner „Dortmund – Bunt statt Braun“.

  3. Cornelia Wimmer

    „Gerade noch rechtzeitig“ mag sich manche/r gedacht haben, als er/sie vor wenigen Tagen von der Festnahme von 12 Personen erfuhr, die als rechtsterroristische Vereinigung durch Anschläge auf Moscheen, Muslime und unliebsame Politiker „bürgerkriegsähnliche Zustände“ hatten herbeiführen wollen.
    Als wären diese Pläne teilweise verwirklicht worden, hat nun in Hanau ein rechtsextremer Täter gemordet: Die Gäste einer Shisha-Bar, Mitarbeiter eines Kioskes, fünf türkische Staatsbürger, 4 weitere Menschen mit Migrationshintergrund, alle in der ersten Hälfte ihres Lebens.
    Auf schreckliche Weise lässt die Tat an Dortmund denken: An Mehmet Kubasik, der vor nunmehr 14 Jahren an seinem Kiosk in der Mallinckrodtstraße von Tätern des NSU ermordet wurde und an die Dortmunder Nordstadt, Hassobjekt der hiesigen Rechten.
    Dem Täter von Hanau vergleichbar äußern rechte Hetzer auch hier in Dortmund immer wieder jede Form von Rassismus und Feindlichkeit gegenüber Minderheiten, sie leugnen deutsche Verbrechen der Nazizeit, provozieren, bedrohen schüchtern ein und werden tätlich. Immer wieder bestätigen ihnen Gerichte, dass zumindest ihre Propaganda im Rahmen der Meinungsfreiheit rechtens sei.
    Von Seiten der etablierten Politik vernehmen wir entsetzte und teilnahmsvolle Worte. Etlichen von ihnen sei gesagt, dass sie zu dem „vergifteten gesellschaftlichen Klima“, das Wolfgang Schäuble beklagt, Entscheidendes beigetragen haben. Nur wenige Tage ist es her, dass CDU und FDP sich anschickten, mit dem Nazi Höcke gemeinsame Politik zu machen. So wirkt man mit an der Etablierung rechtsradikalen Denkens in der Mitte der Gesellschaft!
    Der verbrecherischen Tat, dem Morden, geht das Verbrechen in Gedanken und Worten voraus. Rechtsradikale, rassistische und faschistische Argumentationen stehen am Anfang der Taten. Sie zu unterbinden ist Aufgabe aller Demokrat*innen und aller mit dem Bewahren von Demokratie beauftragten gesellschaftlichen Organe. Es gibt keine Zeit mehr zu verlieren.

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