Neonazis der „Heimat Dortmund“ sorgten zwei Mal für grobe Störungen

Protest vor Wahlkreisbüro von Matthias Helferich: Prominente Rechtsextreme zu Gast in Dortmund

400 Antifaschist:innen protestierten in Oberdorstfeld gegen die AfD. Leopold Achilles | Nordstadtblogger

An diesem Wochenende fanden gleich zwei Treffen der AfD und ihrer Jugendorganisation im Wahlkreisbüro des Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich in Dortmund statt. Sowohl am Freitagabend, als auch am Samstagnachmittag organisierte die „Autonome Antifa 170“ Protestdemonstrationen. Am heutigen Samstag kam es zu zwei groben Störungen durch Dorstfelder Neonazis der „Heimat Dortmund“, ehemals „Die Rechte“.

Geheimtreffen: Rechtsextremer „Vordenker“ Götz Kubitschek zu Besuch in Dortmund

Dienstagmittag leakte die „Rechercheplattform zur Identitären Bewegung“ (IB Doku) auf „X“ (ehem. Twitter) ein geheimes Treffen der „Jungen Alternative“ und Matthias Helferich mit dem neurechten Publizisten Götz Kubitschek am Freitagabend (19. Januar 2024). Kubitschek ist Gründer des vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften „Institut für Staatspolitik“, das enge Verbindungen zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“ (IB) hat. Laut „IB Doku“ sollte es bei dem Treffen in Dortmund ebenfalls um „Umsturz- und Deportationspläne für und nach einer ,Wende’“ gehen.

Nils Hartwig begrüßte die ankommenden Gäste persönlich. Foto: Paulina Bermúdez

Verfasser der Einladung zu der Veranstaltung soll einem Medienbericht zufolge der Stellvertretende Bundessprecher der „Jungen Alternative“, Nils Hartwig sein. Er war seit mindestens 2016 Mitglied der schlagenden rechten Burschenschaft „Normannia-Nibelungen“ in Bielefeld, bei denen laut t-online Informationen der Leiter der österreichischen „Identitären Bewegung“ Martin Sellner zu Lesungen zu Gast gewesen sein soll. Sellner nahm am von „Correctiv“ enthüllten Geheimtreffen im November 2023 in Potsdam teil und plante dort Deportationen von Millionen Deutschen mit Migrationshintergrund.

Hartwig reagierte auf das Treffen in Potsdam mit einem Post auf „X“. Er schrieb: „Wir werden abschieben. Millionenfach. Ich freue mich darauf“. Zudem sieht er sich als Teil des „#TeamRemigration“, dem auch Matthias Helferich und die rechte und „IB“-nahe „Revolte Rheinland“ angehört, die Helferich trotz Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD öffentlich unterstützt.

Das Wahlkreisbüro Matthias Helferichs: „Dreh- und Angelpunkt rechter Bestrebungen in Dortmund“

Der mutmaßlichen Einladung Nils Hartwigs folgten etwa fünfzig Personen, die sich bis 20 Uhr in dem Wahlkreisbüro des Bundestagsabgeordneten einfanden. Matthias Helferich selbst traf kurz vorher gemeinsam mit Götz Kubitschek ein, der zügig hinter der verschlossenen Tür des backsteinfarbigen Mehrfamilienhauses verschwand. Auf die Frage eines Journalisten, worum es bei dem Treffen gehe, antwortete Helferich mit einem süffisanten Lächeln: „Na um Deutschland natürlich!“

Götz Kubitschek (rechts) und Matthias Helferich (links) beim Eintreffen. Foto: Paulina Bermúdez

Dem Aufruf der „Autonomen Antifa 170“, gegen das Geheimtreffen zu protestieren, kamen laut Polizeischätzungen etwa 110 Personen nach. Der Protest verlief friedlich, Redebeiträge kritisierten das Vorgehen der anwesenden Polizeikräfte, das den linken Protest kriminalisiere: „Die Polizei filmt hier und nicht da, wo der rechte Umsturz geplant wird.“ Kim Schmidt, Pressesprecherin der „Autonomen Antifa 170″, ordnet den Ort des Treffens ein: „Das Büro von Matthias Helferich ist aktuell der Dreh- und Angelpunkt rechter Bestrebungen in Dortmund – es gehört dicht gemacht!“

Gegen 20.30 Uhr reiste der Gegenprotest mit der U-Bahn-Linie U44 ab. Auf Höhe des Wilhelmplatzes an der Wittener Straße soll laut antifaschistischen Kollektiven ein versuchter Angriff stattgefunden haben. Zehn bis fünfzehn Neonazis sollen dabei gegen die Bahn geschlagen haben, einer soll der U-Bahn eine Kopfnuss verpasst haben. Körperliche Auseinandersetzungen gab es jedoch nicht.

400 Antifaschist:innen protestierten gegen den Neujahrsempfang der Dortmunder AfD

Am Samstagnachmittag demonstrierten laut Polizeiangaben etwa 400 Antifaschist:innen friedlich gegen den Neujahrsempfang der AfD, der ebenfalls im Wahlkreisbüro Matthias Helferichs stattfand. Eingeladen war die AfD-Politikerin Katrin Ebner-Steiner, die einen Sitz im bayrischen Landtag innehat und dem rechten Flügel um Björn Höcke angehört.

Die Antifaschist:innen zogen unmittelbar an Helferichs Wahlkreisbüro vorbei. Foto: Leopold Achilles

„Wir freuen uns über die hunderttausenden Menschen, die in den letzten Tagen auf den Straßen waren. Uns ist wichtig, diese Empörung in Handeln zu übersetzen. Ob gegen das gestrige Geheimtreffen mit Götz Kubitschek oder den Neujahrsempfang heute: Wir stören, wenn die Nazis der AfD sich versammeln“, teilt die Pressesprecherin der „Autonomen Antifa 170“ mit.

Ein paar Kilometer weiter, in der Innenstadt Dortmunds, gingen an diesem Samstag mehr als 30 000 Menschen auf die Straße um „sich der braunen Suppe zu widersetzen“.

Trotz des positiven Fazits blickt sie mit gemischten Gefühlen in die Zukunft: „Die AfD sieht sich durch ihre Umfragewerte für die anstehenden Wahlen beflügelt in ihrer Hoffnung auf einen nationalistischen und völkischen Umsturz. Es liegt an allen Antifaschist:innen, dafür zu sorgen, dass diese Träume nie wahr werden. Dazu bleibt viel zu tun – auf der Straße, in den Parlamenten, im Alltag: Nationalismus ist keine Alternative.“

„Der Nationale Widerstand Dortmund hat fertig“ – Drei Neonazis in Polizeigewahrsam

Grobe Störungen verursachten Rechtsextreme, die der „Heimat Dortmund“ zuzuordnen sind. Gleich zu Beginn der Demonstration am Startpunkt S-Bahnhof Dorstfeld-Süd kam es zu einer Auseinandersetzung. „Mindestens eine Person aus der Gruppe der Rechten setzte dabei Pfefferspray ein. Dieses wurde beschlagnahmt. Die Polizei Dortmund war unverzüglich vor Ort, stellte die Personalien fest und leitete ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung ein. Drei Personen aus dem rechten Spektrum wurden anschließend ins Polizeigewahrsam gebracht“, informiert die Polizei.

Junge Neonazis störten den linken Protest. Foto: Leopold Achilles

Kurz vor dem Eintreffen des Demonstrationszuges am Wahlkreisbüro Helferichs kam es dann zu einem weiteren Vorfall: Im Kortental, kurz vor dem Martener Hellweg, versammelten sich zehn junge Rechtsextreme aus dem Umfeld des untergetauchten rechten Gewalttäters Steven Feldmann und zeigten ein Transparent mit der Aufschrift „Steven erreicht mit jedem Live (Anm. der Redaktion: Instagram-Live) mehr als ihr mit eurer Demo“. Einer von ihnen hob den rechten Arm, vermutlich um einen Hitlergruß zu zeigen. Als er einen anwesenden Pressevertreter erblickte, zog er den Arm schnell zurück.

Die Polizei Dortmund wertete die anwesenden Neonazis als nicht angezeigte Versammlung und fertigte dazu eine Anzeige wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Kim Schmidt von der „Autonomen Antifa 170“ zeigt sich jedoch gelassen: „Die Auftritte der Nazis heute waren ein müder Abklatsch dessen, was noch vor einigen Jahren eine der aktivsten neonazistischen Szenen in Westdeutschland war. Der NWDO hat fertig.“


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Reaktionen

  1. Internet-Blogger angegriffen: Polizei Dortmund nimmt 13 Rechtsextremisten fest (PM POL-DO)

    Nachdem ein 24-jähriger Internet-Blogger von Rechtsextremisten ausgeraubt worden war, nahm die Polizei unmittelbar danach 13 Tatverdächtige fest.

    Heute (21.01.2024) um 15.32 Uhr wurde eine Auseinandersetzung im Bereich der Thusneldastraße in Dortmund-Dorstfeld gemeldet. Ein 24-jähriger Dortmunder, der als Internet-Blogger aktiv ist, wurde von einer Gruppe von vermummten Männern körperlich angegriffen. Seine Action-Cam wurde anschließend von einem der Täter entwendet. Der 24-jährige wurde hierbei leicht verletzt.

    Die Polizei war kurze Zeit später mit starken Kräften vor Ort. Die Einsatzkräfte konnten in einem naheliegenden Wohnhaus mehrere konkret verdächtige Personen antreffen. Insgesamt wurden 13 Tatverdächtige festgenommen (Stand: 21.01.2024, 19.00 Uhr).

    Der polizeiliche Staatsschutz hat die Bearbeitung dieses Raubdeliktes bereits übernommen. Die Ermittlungen hierzu dauern noch an.

    • Nordstadtblogger-Redaktion

      Aufgrund diverser Nachfragen: bei dem „Internet-Blogger“ handelt es sich nicht um ein Mitglied der Nordstadtblogger-Redaktion. Dennoch Danke wegen der vielen besorgten Nachrichten.

  2. Robert

    Es ist gut und wichtig, dass ihr dokumentiert und ich danke euch dafür. Warum allerdings so ein Foto wie das im Header mit Gesichtern veröffentlicht wird, halte ich gerade wegen der aktuellen Situation für verantwortungslos.

    Solidarische Grüße Korallenherz.

  3. Ulrich Sander

    Die Leugnung des Holocaust ist strafbar, – und was ist mit einer neuen Vorbereitung des Holocaust? Die Planung von Massendeportationen muss endlich die Justiz beschäftigen. Die Remigrationsplaner gehören eingesperrt! Denn wenn sich junge Ausländer Chemikalien – womöglich zum Bau von Waffen – besorgen, dann steht ein strafbarer Terrorismus angeblich bevor, aber Pläne zur Deportation nach bekanntem deutschen Muster bleiben straffrei. Artikel 16 und 116 des Grundgesetzes zum Staatsbürgerrecht und zum Verbot von Ausweisungen müssen angewendet werden. Was ein AfD-Verbot anbelangt, so muss auf Artikel 139 GG Bezug genommen werden: „Die zur ‚Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus‘ erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.“ Dese Rechtsvorschriften gegen NSDAP-Nachfolger sind also gültig und müssen im Fall der AfD angewendet werden. Gewiss, ein Verbot der AfD würde faschistische Gesinnung nicht ausmerzen. Es würde jedoch ein Signal setzen zugunsten antifaschistisch-demokratischer Grundsetze des Grundgesetzes.

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