„Prints of the People“ startet: Das Kollektiv-Unternehmen setzt auf das Bedrucken von nachhaltigen Textilien

Die Testproduktion ist beim Druck-Kollektiv „Prints for the People“ bereits erfolgreich angelaufen.
Die Testproduktion ist beim Druck-Kollektiv „Prints for the People“ bereits erfolgreich angelaufen. Fotos: Alex Völkel

Ein interessantes Projekt ist in Dortmund angelaufen: Das Kollektiv-Unternehmen „Prints of the People“ möchte nachhaltige Kleidung bedrucken und somit auch Künstler*innen und Kreative in ein transparentes und nachhaltiges Projekt einbeziehen. Es will alle Beteiligten am Mehrwert teilhaben lassen. Jetzt ist der Startschuss gefallen. Sie wollen zeigen, dass ein anderes Wirtschaften, Nachhaltigkeit und Umweltschutz möglich sind.

Nachhaltigkeit umfasst mehr als Ökostrom und Biobaumwolle

„Wenn du bei uns ein Textil kaufst, ist das nur der letzte Schritt einer langen Reise. Viele Menschen sind Teil der Geschichte eines Textils. Vom Baumwollfeld bis zur die Näherei, von den Künstler*innen bis zu uns und dir, die wir gerade diesen Text hier schreiben und lesen: Alle beteiligten Menschen sollen von der Existenz von Prints of the People profitieren“, skizzieren sie auf ihrer Crowdfunding-Seite (Achtung: am heutigen Sonntag ist der letzte Kampagnen-Tag!) ihre Idee. 

Für die Macher*innen aus Dortmund geht es dabei im ganzen Prozess um Transparenz – das betrifft die Entscheidungen ebenso wie die jeweiligen Kosten, die die einzelnen Projektschritte haben. Außerdem ist für die Macher*innen Nachhaltigkeit mehr als nur ein Schlagwort.

„Nachhaltigkeit umfasst mehr als Ökostrom und Biobaumwolle  – was wir natürlich trotzdem beides nutzen). Nachhaltigkeit bedeutet für uns, von Anfang an Strukturen aufzubauen, die ein umweltbewusstes Handeln in jeder Situation ermöglichen“ beschreibt Lukas Böhm die Idee. 

„Wir wollen uns nicht in eine Situation bringen, in der wir plötzlich aus finanziellen Gründen Kompromisse eingehen müssen“, macht Böhm, einer der Initiatoren des Projekts, deutlich. „Egal wie umweltbewusst und fair wir handeln: Wir leben in einem ungerechten System und nichts, was wir tun, ist perfekt. Aber wir dürfen nie aufhören, uns und unsere Praktiken zu hinterfragen und zu verbessern.“

Neue Betätigung und Standbeine für Künstler*innen in Zeiten des Corona-Lockdowns

Das sehen auch die Mitstreiter*innen aus den unterschiedlichsten Bereichen so. Sie sind dabei, weil sie die Idee eines Kollektiv-Unternehmens reizvoll finden – oder weil sie sich in Zeiten des Corona-Lockdowns neue Betätigungsfelder und zusätzliche Standbeine erschließen wollen.

Dazu gehört auch Melina Di Febo: „Ich bin Tätowiererin und erleide durch Corona jetzt immer wieder Zwangspausen. Es ist schön diese Zeit nutzen zu können, um mit Prints of the People eine Plattform aufzubauen, die ich auch nutzen kann, um meine Motive zu vertreiben.“

Denn ein Herzstück von „Prints of the People“ ist, dass Künstler*innen, Bands und Kreative die Plattform nutzen können, um sich einen eigenen Webshop aufzubauen. Sie können ihre Motive dort bereitstellen und auf den unterschiedlichsten Textilien und auch als Kunstdruck produzieren und vertreiben lassen. Um das ganze Handling kümmert sich das Druckkollektiv.

Beschaffung der Materialien und Technik mit Blick auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz

Dass das derzeit auch räumlich möglich ist, liegt an Dimitrios Weiß. In seiner Firma „Made in Dortmund“ ist das Projekt derzeit räumlich untergekommen, um überhaupt mit dem Druck starten zu können. Weiß reizt das Projekt, weil dies nicht auf Masse, sondern auf fein und hochwertig setzt. Das gilt für alle Facetten der Produktion. So kommt die Technik nicht aus China, sondern von einem kleinen Unternehmen in Griechenland. 

Das ist zwar teurer, aber hier wissen sie, wie die Geräte produziert werden und welche Materialien auch beim Druck eingesetzt werden. Beispielsweise sind die Farben wasserbasiert und nicht voller Chemie. Sie könnten direkt in den Ausguss gegossen werden – dennoch bringt das Kollektiv die Reste zum Wertstoffhof, betont Dimitrios Weiß.

„Ich beschäftige mich schon länger durch mein Studium mit Drucktechnik und finde diesen Aspekt bei Prints of the People sehr spannend. Außerdem habe ich ein Auge auf Aspekte wie plastikfreies Verpacken und werde meine Masterarbeit im Zusammenhang mit Prints of the People schreiben“, erklärt Frieda Orths. „Ich will untersuchen, wie auch abseits von den großen Social Media Plattformen ein Netzwerk und eine Kommunikation zwischen uns und unseren Kund*innen aufgebaut werden kann.”

Das Kollektiv-Unternehmen möchte „nicht-kapitalistische Alternativen“ aufzubauen

So hat jeder der Aktiven – derzeit sind neben Böhm, Weiß, Orths und Di Febo auch Alexander Schillack, Olaf Lexen, Susann Vetter, Fabia Tauerschmidt, William Dountio und Basti Vollmar mit von der Partie – eigene Gründe, warum sie beim Kollektiv dabei sind. „Mir gefällt die Idee, dass wir auch in der kapitalistischen Gesellschaft, in der wir nun mal leben, schon anfangen können, nicht-kapitalistische Alternativen aufzubauen”, betont Basti Vollmar.

Dieses Thema trieb Lukas Böhm ebenso um wie der Gedanke, mehr – um nicht zu sagen totale – Transparenz in die Lieferkette zu bringen. Der Künstler will den Kanal nutzen, um seine Motive zu vertreiben. Den Grundgedanken von „Prints of the People“ hatte er schon beim „Feinwasser“-Projekt in der Nordstadt. Dort ging es auch um faire und umweltfreundliche Textilien mit künstlerischen Motiven. Doch es fehlten wichtige Bausteine. „Wir hatten keine Kontrolle über den Druckprozess“, macht Böhm deutlich. 

Außerdem war die Lagerhaltung schwierig – dort mussten sie die unterschiedlichsten Textilien, Größen und Farben bevorraten, was teuer und aufwändig war. Dies war einer der Konstruktionsfehler. Jetzt arbeiten sie mit einem „politisch korrekten“ Großhändler in der Nordstadt zusammen. Sie können da auf die komplette Kollektion von „Neutral“ zurückgreifen und so viele benötigten Textilien in Dortmund quasi „just in time“ beziehen. 

Die Textilien kommen von „Neutral“ und einer Frauenkooperative in Kroatien

Zweiter Kooperationspartner und Lieferant ist „DNA Merch“ aus Berlin. Sie sind anerkannter Lieferant des „Weltladen“-Dachverbands und – das ist fast noch spannender – Kooperationspartner von vielen Verbänden, Bands und Künstler*innen. Ihre Kundenliste reicht von Feine Sahne Fischfilet über Turbostaat, Friedemann, Springstoff bis zur IG Metall-Jugend.

Das kleine Unternehmen aus Berlin arbeitet beispielsweise mit einer selbstverwalteten Näherei in Kroatien zusammen. „Humana Nova“ – eine selbstorganisierte Arbeiterinnen-Kooperative – fertigt die Shirts aus Materialien, die ebenfalls fair und nachhaltig produziert wurden.

„DNA Merch wollen wir supporten, bis sie selbst über Crowdfunding eine komplett transparente Lieferkette auf die Beine gestellt haben“, betont Lukas Böhm.  Mit ihnen haben sie einen Kooperationsvertrag gemacht. Man will sich so gegenseitig unterstützen und auch die Kontakte in die Künstler*innen-Szene sind beim eigenen Crowdfunding hilfreich. 

Bereits im Dezember liefert „Prints of the People“ die ersten Textilien aus

Obwohl die eigene „Prints of the People“-Kampagne erst am heutigen Sonntag (29. November) endet, hat man in Dortmund einen Frühstart hingelegt, um schon für das Weihnachtsgeschäft Dinge anbieten zu können. Anfang Dezember – nach Abschluss des Crowdfundings – werden die ersten Textilien gestaltet, bedruckt und ausgeliefert.

Jede Organisation, Künstler*in oder Band kann sich ihren eigenen Webshop einrichten. Das Kollektiv-Unternehmen kümmert sich dann um die gesamte Abwicklung. Das ist ein zentraler Baustein im Geschäftsmodell. Doch die Dortmunder Initiative will perspektivisch auch im Bereich Kunstdruck Fuß fassen. Das ist für viele Künstler*innen ebenso interessant wie das Bedrucken von Textilien. Dabei können und müssen die Kund*innen und Unterstützer*innen mitwirken. 

Die Idee von „Prints of the People“: Alle Preise und Preisbestandteile sind transparent: Also was eine Textilie im Einkauf kostet, welchen Anteil die Künstler*innen bekommen, was Druck und Versand kosten. Und – das ist mehr als gewünscht – was man noch extra drauflegen will, um den Gedanken eines solidarischen Druckkollektivs zu unterstützen. 

Das Projekt will Signalwirkung haben und zeigen: Ein anderes Wirtschaften ist möglich“

Noch machen sie es allein mit viel Herzblut und Ehrenamt. Doch perspektivisch sollen auch die Menschen angemessen bezahlt werden, die die Dinge in Dortmund produzieren. Das gehört zum Nachhaltigkeitsdenken dazu. 

„Wir wollen eine Signalwirkung haben und zeigen: Ein anderes Wirtschaften ist möglich“, betont Lukas Böhm. „Ohne die riesige Ungerechtigkeit, die Gier und die grenzenlose Ausbeutung.“ Die Botschaft ist deutlich.

„Deswegen haben wir einfach begonnen, die Dinge anders anzugehen. Und nach und nach änderte sich etwas“, heißt es zum Abschluss der Crowdfunding-Kampagne. „Wenn du uns helfen willst, diesen Traum zu verwirklichen: Willkommen bei Prints of the People.“

Hier geht es zur Crowdfunding-Kampagne:  www.startnext.com/printsofthepeople

Hier geht es zur Homepage: https://printsofthepeople.com

 

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