Kritik an neuer Bertelsmann-Studie: „Dortmunder Bündnis“ fordert mehr Personal statt weniger Krankenhäuser

Zahlenmäßig gibt es viele Krankenhäuser. Doch eine Reduzierung macht die Patientenversorgung nicht besser.

Scharfe Kritik an den Schließungsvorschlägen von Krankenhäusern gibt es vom „Dortmunder Bündnis für mehr Personal im Gesundheitswesen“. Sie glauben nicht an eine Verbesserung, sondern fürchten Personalabbau und weitere Verschlechterungen.

Sorge vor weiterer Rationalisierung, Druck zu kürzeren Verweildauern und schnelleren Entlassungen

Warnstreik der Krankenhausbeschäftigten
Schon jetzt ist Situation in vielen Krankenhäusern schwierig. Darauf wiesen Beschäftigte auch während der Warnstreiks hin. Archivbild: Klaus Hartmann

Nach der von der Bertelsmann-Stiftung und dem IGES-Institut veröffentlichten Studie gebe es zu viele Krankenhäuser in Deutschland. Die Schließung von mehr als 800 der 1400 Krankenhäuser würde „… die Qualität der Versorgung für Patienten verbessern und bestehende Engpässe bei Ärzten und Pflegepersonal mildern.“

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Die „überlebenden“ Kliniken müssten sich auf eine Zunahme der Patientenzahlen von bis zu 400 Prozent einstellen. Prozesse müssten dann weiter rationalisiert werden, der Druck zu kürzeren Verweildauern und schnelleren Entlassungen werde weiter zunehmen. „Es muss insgesamt von einem Verlust an Arbeitsplätzen in Pflege, Verwaltung und den übrigen Bereichen ausgegangen werden, doch dies wird in der Studie nicht behandelt“, kritisiert das Dortmunder Bündnis.

Auch die Frage der zeitnahen Erreichbarkeit bei einer derart ausgedünnten Klinikdichte durch die Rettungsdienste bliebe unbeantwortet. Gerade in ländlichen Gegenden würde ein derartiger Kahlschlag zu Engpässen führen.

Das „Dortmunder Bündnis für mehr Personal im Gesundheitswesen“ stellte im Rahmen der Filmvorführung „Der marktgerechte Patient“ fest, dass die „Reformen“ der letzten Jahrzehnte aus den Krankenhäusern Fabriken gemacht hätten. „Dies hat keineswegs zu einer Verbesserung für Patienten oder Beschäftigte geführt, sondern ganz im Gegenteil!“

Allerdings seien im gleichen Zeitraum Krankenhäuser für private Investoren lukrativer geworden, die mit Einsparungen vor allem beim Personal gutes Geld hätten verdienen können, betonen die Bündnis-Vertreter Dr. Bernd Tenbensel  und Jochen Killing.

Forderung: Mehr qualifiziertes Personal im Gesundheitswesen durch gesetzliche Personalbemessungen

„Diese Studie reiht sich nun ein in die Versuche, die Kliniklandschaft auszudünnen und in große Einheiten umzugestalten. Hier drängt sich der Gedanke auf, dass dabei die großen und finanzstarken privaten Klinikketten im Vorteil sind und auf der Gewinnerseite stehen. Die kleineren öffentlichen und kirchlichen Träger, die für eine flächendeckende Versorgung wichtig sind, könnten jedoch dabei auf der Strecke bleiben“, heißt es vom Dortmunder Bündnis. 

Die Politik wäre gut darin beraten, nun tatsächlich an spürbar besseren Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern zu arbeiten – die Bertelsmann-Studie könne sie getrost „links liegen lassen“. Dies würde letztlich auch uns allen als Patienten zugute kommen, glauben die Dortmunder. 

„Die zum Jahresanfang eingeführten Pflegepersonal-Untergrenzen brachten uns auf diesem Weg nicht weiter, weil sie sich am Standard der schlechtesten Häuser orientierten“, kritisiert das überparteiliche Bündnis.

„Notwendig ist mehr qualifiziertes Personal im Gesundheitswesen durch gesetzliche Personalbemessungen. Gute Pflege und Versorgung hat ihren Preis. Die Finanzierung der Behandlungen über DRG-Fallpauschalen lehnen wir ab, weil sie sich nicht am Bedarf der Patientinnen und Patienten orientiert“, heißt es abschließend.

Weitere Informationen:

  • Die Studie der Bertelsmann-Stiftung zum Download; hier:

 

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