Dortmund soll einen großen Weihnachtsmarkt bekommen – Hochzeiten entwickeln sich zu Corona-Hotspots

Dortmund soll auch trotz Corona einen Weihnachtsmarkt bekommen. Archivfoto: Frank Heldt
Dortmund soll 2020 auch trotz Corona einen Weihnachtsmarkt bekommen. Archivfoto: Frank Heldt

Die Unvernunft nimmt zu, die Infektionszahlen steigen. Kann man in dieser Situation überhaupt über einen Weihnachtsmarkt in Dortmund nachdenken? Man kann nicht nur – man muss. Wenn es keinerlei öffentliche Angebote gibt, die infektions- und hygienerechtlich unbedenklich sind, werden sich die Menschen eigene und unkontrollierte Weihnachtsfeiern schaffen. Daher setzt die Stadt auf einen geordneten Betrieb in der City – und sieht die Dortmunder Schausteller landesweit als Vorreiter. Sie planen einen Weihnachtsmarkt – und der soll flächenmäßig sogar größer werden als bisher.

Der Weihnachtsmarkt soll zusätzliche Flächen bekommen – keine überregionale Werbung

Absperrungen dienen der Sicherheit des Weihnachtsmarktes. Foto: Alex Völkel
Ging es früher um Absperrungen wegen der Terrorgefahr, geht es heute um Zugangsbeschränkungen wegen eines unsichtbaren Feindes namens Corona.

Natürlich wird man weiter das Infektionsgeschehen im Blick behalten. Doch auf einen Weihnachtsmarkt mit großen Baum brauchen die Dortmunder*innen nach jetzigem Stand nicht verzichten. Die Schausteller haben gemeinsam mit der Stadt ein Konzept vorgelegt, wie trotz Corona ein Weihnachtsmarkt-Geschehen in der Innenstadt funktionieren soll. 

Anfang Oktober wird final über den Baum entschieden und mit dem Aufbau begonnen – Anfang November über den Weihnachtsmarkt. Dabei werden die jeweils aktuellen Bedingungen der Corona-Schutzverordnung berücksichtigt, sagte Schausteller Patrick Arens im Gespräch mit Nordstadtblogger. 

Anders als beim temporären Freizeitpark „FunDOmio“ wird der Weihnachtsmarkt nicht an den Westfalenhallen, sondern weiter in der City stattfinden. Nicht von den Besucher*innen-Zahlen, aber von der Fläche soll er größer werden, um das Ganze zu entzerren und das Gedränge zu vermeiden. Daher wird auch auf die überregionale wie auch internationale Werbung für den Dortmunder Weihnachtsmarkt verzichtet. 

Kampstraße kommt hinzu – stark frequentierte Plätze werden zugangsbeschränkt

80 Sänger*innen auf der Bühne und möglichst viele weitere vor der Bühne werden singen. Fotos: Sandra Spitzner
So ein dichtes Gedränge wie beim Weihnachtssingen wird es 2020 nicht geben (können). Archivfoto: Sandra Spitzner

„Back to the roots“ sagte Arens – es soll ein Weihnachtsmarkt für die Region werden – ohne ausländische oder weit angereiste Gäste. Die sollen sich auch in Dortmund sicher fühlen können. Daher will man das Marktgeschehen entzerren und regulieren. Schausteller und Stadt arbeiten da auch weiterhin Hand in Hand. Dafür sollen in diesem Jahr zusätzliche Flächen genutzt werden – daher soll auch die Kampstraße hinzukommen. 

Engstellen wie die Kleppingstraße werden entzerrt. Die Wege werden breiter und die Abstände zwischen den Buden größer. Diese werden anders aussehen als früher: Plexiglasscheiben als Spuckschutz, Desinfektionsspender, der Einsatz von Masken beim Personal… Die Liste der Veränderungen ist lang.

Die besonders stark frequentierten Plätze – der Alte Markt und der Hansaplatz – werden eine Zugangsbeschränkung bekommen. Aber nicht mit hohen Bauzäunen, sondern mit optisch einladenderen Zäunen am Hansamarkt  bzw. am Alten Markt und durch eine Abschirmung nach außen durch die Buden und Stände, die nach innen geöffnet sind. 

Keine Stehtische, sondern nur Sitzplätze – es wird erstmals eine Tischreservierung geben

Anfang Oktober wird final entscheiden, ob der Baum aufgebaut wird. Foto: Frank Heldt
Anfang Oktober wird final entscheiden, ob der Baum aufgebaut wird. Foto: Frank Heldt

Der Zugang wird kontrolliert. Stehtische wird es in der Gastronomie in diesem Jahr nicht geben. Gäste müssen sich setzen und auch ihre Kontaktdaten hinterlassen – wie auch in der Gastronomie, kündigte Ordnungsdezernent Norbert Dahmen an. 

Außerdem sollen Gäste Plätze reservieren können. „Auf dem Oktoberfest in München ist das seit Jahren gang und gäbe“, so Dahmen. Doch auch Kurzentschlossene können sich setzen, wenn es freie Plätze sind. „Wir planen ein Hybridsystem“, ergänzt Arens. Zur Registrierung arbeiten die Schausteller noch an einem eigenen System. In den nächsten 14 Tagen sollen die Details klar sein.

Wie in den Vorjahren arbeiten Stadt und Schausteller*innen kooperativ zusammen – wie schon nach dem Loveparade-Unglück in Duisburg oder den Terroranschlägen auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin sitzt man erneut zusammen – dieses Mal wegen Corona. „Diese Krankheit verdient den vollen Respekt, dass wir uns damit auseinandersetzen“, so Arens. 

Die Schausteller*innen verdienten die gleichen Chancen wie andere Wirtschaftsbetriebe und Gastronomen. „Für uns war wichtig, dass wir eine Grundsatzentscheidung haben. Für uns geht es jetzt nicht mehr um das ob, sondern nur noch um das wie“, betont Arens. Immer natürlich unter dem Vorbehalt, dass die Infektionszahlen nicht in die Höhe schnellen. 

BVB-Spiele vor Zuschauer*innen hängen von Infektionszahlen ab – sie steigen durch Leichtsinn

Wegen der Gefahren durch den Coronavirus soll das Derby im Signal-Iduna-Park als Geisterspiel ohne Zuschauer*innen stattfinden. Foto: Alex Völkel
Im Signal-Iduna-Park soll es möglichst keine Geisterspiele des BVB ohne Zuschauer*innen mehr geben.

Davon hängen natürlich auch andere Veranstaltungen ab – beispielsweise die Heimspiele des BVB vor bis zu 10.000 Zuschauer*innen im Stadion. Für das nächste Heimspiel am 4. Oktober wird die Entscheidung Anfang nächster Woche fallen. Verein und Stadt setzen sich in dieser Woche zusammen, um die Erfahrungen des ersten Spieltags auszuwerten. 

Doch ob solche Spiele mit Besucher*innen auch in Zukunft möglich sind, hängt elementar vom Verhalten der Menschen ab. Dort, wo es geordnet zugeht, gibt es bislang keine Probleme. So ist dem Gesundheitsamt in Dortmund noch kein positiver Fall untergekommen, der auf einen Besuch in der Gastronomie zurückzuführen ist.

Die ansteigenden Infektionszahlen lassen sich insbesondere auf Sorglosigkeit und auch Fahrlässigkeit im privaten Bereich zurückführen. Dazu zählen Reiserückkehrer*innen, die sich nicht haben testen lassen bzw. die sich nicht in Quarantäne begeben haben, aber vor allem auch private Feiern, machte Dr. Frank Renken, Leiter des Gesundheitsamtes deutlich.

Hochzeiten und Familienfeiern als Hotspot – Ordnungsamt kontrolliert Hochzeitssäle

Das Dortmunder Ordnungsamt hat zunehmend auch private Hochzeiten im Blick. Archivfotos: Alex Völkel

Insbesondere Hochzeiten und andere Familienfeiern stellen für die Behörden ein massives Problem dar. Zu solchen Feiern sind in den vergangenen Wochen jeweils mehrere hundert Menschen zusammengekommen. 150 hatte die Landesregierung bereits erlaubt. Doch nicht wenige Feiern lagen darüber. 

In der Spitze ging es um 1000 Gäste. „Das wird dann aus Infektionsschutzsicht schon zu einem regionalen Ereignis“, macht Dortmunds OB Ullrich Sierau klar und verweist auf Nachbarstädte, wo die Infektionszahlen durch solche Feiern durch die Decke geschossen sind. 

Denn während auf dem Standesamt noch Abstand gehalten wird, wird vor der Tür und oder auch bei der anschließenden Feier das Brautpaar noch von jedem Gast in den Arm genommen – ohne Maske versteht sich. 

Daher hat die Stadt die Anbieter von Hochzeitshallen angeschrieben und auf die Schutzbestimmungen hingewiesen. Am Wochenende wurden auch drei große Hochzeiten vom Ordnungs- und Gesundheitsamt kontrolliert – in einem Fall „gab es eine klare Ansage“ – deren Einhaltung wurde am späteren Abend erneut kontrolliert. 

Gästelisten werden auf Korrektheit überprüft – auch und gerade in Bordellbetrieben 

Legale Prostitution: Die Bordelle in der Linienstraße in der Nordstadt haben wieder ihren Betrieb aufgenommen.

Im Blick hatten die Behörden dabei auch die Gästelisten, nachdem bei Infektionen auf vorangegangenen Feiern Superman, Spiderman und andere Superhelden-Charaktere auf der Gästeliste standen, was eine Nachverfolgung für das Gesundheitsamt unmöglich machte. Daher nehmen die Behörden auch die Listen in den Blick und überprüfen die Plausibilität der Angaben.

Das machen sie auch in den Bordellen und Bordell-ähnlichen Betrieben, die nach einem OVG-Urteil vor wenigen Tagen ebenfalls wieder öffnen durften. Hier waren Kontrolleure zufrieden mit den Listen, die sie vorgefunden hatten. Superhelden gab es hier nicht – trotz dass die Angaben hier besonders sensibel sind. 

„Die Betriebe haben selbst ein großes Interesse daran, die Vorgaben einzuhalten, weil sie wissen, dass ihnen schnell eine Schließung droht“, sagte Norbert Dahmen. Denn die Kontrollen wird es auch zukünftig geben. „Sie wissen nicht wann – aber wir werden kommen“, so der zuständige Dezernent.

Dortmund soll auch trotz Corona einen Weihnachtsmarkt bekommen. Archivfoto: Frank Heldt
Dortmund soll 2020 auch trotz Corona einen Weihnachtsmarkt bekommen. Archivfoto: Frank Heldt
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Reaktionen

  1. CDU wünscht sich Konzept für Einzelhändler mit kleineren Ladenlokalen
 (PM)

    CDU wünscht sich Konzept für Einzelhändler mit kleineren Ladenlokalen


    Dass es auch in diesem Jahr einen Weihnachtsmarkt unter Corona-Bedingungen geben soll, ist beschlossen. Mit der nahenden Weihnachtszeit hat bisher auch immer eins sehr stark zugenommen: das Aufkommen im Einzelhandel. Für Friedrich-Wilhelm Weber, ordnungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, Grund genug, sich jetzt auch hier Gedanken zu machen, wie man Einzelhändler mit kleineren Verkaufsflächen Corona-Zeiten unterstützen kann.

    „Viele kleine Fachgeschäfte in der Innenstadt und auf Einkaufsstraßen, wie der Kaiserstraße, kommen durch die Coronavirus-Krise und aufgrund von sinkenden Kundenfrequenzen und Nachfrage in Bedrängnis. Gerade in diesem Jahr hat ein gut laufendes Weihnachtsgeschäft für den Umsatz des Einzelhandels eine ganz besondere Bedeutung. Wie aber können kleinere Geschäfte unter Corona-Bedingungen dennoch ein „ordentliches“ Weihnachtsgeschäft machen? Durch die Coronaschutz-Verordnung darf die Anzahl von gleichzeitig im Geschäftslokal anwesenden Kunden eine Person pro sieben Quadratmeter der Verkaufsfläche im Sinne des Einzelhandelserlasses NRW nicht übersteigen. Denkt man nun an die Vorweihnachtszeit, wäre das für die kleinen Ladenlokale eine eher „geschäftsschädigende“ Zeit. Wir werden die Verwaltung auffordern zu prüfen, inwieweit ein Verkauf vor dem eigentlichen Ladenlokal möglich ist, so Weber.“

    Weber erinnert sich, dass beispielsweise bei Stadtfesten oft Geschäfte vor ihrem Laden einen Verkaufsstand aufbauen, an dem man auch seine Waren einkaufen kann.

    „Gerade in der Vorweihnachtszeit kann es eine Innenstadt oder Einkaufsstraßen beleben und eine besondere Atmosphäre schaffen, wenn schön geschmückte Stände vor Einkaufsläden ihre Waren bzw. eine kleine Auswahl dort präsentieren und verkaufen. Natürlich kann es sein, dass einige Einzelhändler nicht die Möglichkeit oder das notwendige Personal dafür haben. Aber dennoch sollte ihnen die Chance geboten werden, ihre eigentliche Verkaufsfläche um ein paar Quadratmeter zu erweitern. Von einer temporären Erweiterung von Verkaufsflächen in der Weihnachtszeit würden also alle profitieren“, so Weber abschließend.

  2. Bernd Kampmann

    Ich hoffe, dass die Turmbläser auf St Reinoldi auch wieder spielen. Corona hat vielen Posaunenchöre die Möglichkeiten genommen. Sie müssen aufgrund geschlossener Gemeindehäuser oder zu wenig Platz in Kirchen draussen üben.
    Es wäre schön wenn sie wieder spielen dürften.

  3. Fraktion FDP/Bürgerliste begrüßt Konzept für Dortmunder Weihnachtsmarkt und beantragt Gebühren-Aussetzung (PM)

    Fraktion FDP/Bürgerliste begrüßt Konzept für Dortmunder Weihnachtsmarkt und beantragt Gebühren-Aussetzung

    „Wir begrüßen die Tatsache, dass es ein Konzept für den Dortmunder Weihnachtsmarkt unter Corona-Bedinungen gibt“, sagt Antje Joest(FDP), sachkundige Bürgerin im Ausschuss für Bürgerdienste und öffentliche Ordnung, „Damit allein ist es jedoch nicht getan!“

    Die Fraktion FDP/Bürgerliste hat für die kommende Sitzung des ABÖAB einen Antrag eingereicht, der fordert, die Gebühren für die Schausteller auf dem Weihnachtsmarkt in diesem Jahr zu erlassen.

    „Die SchaustellerInnen trifft die Corona-Krise mit voller Wucht. Mit kreativen Angeboten konnten sie zwar überzeugen, jedoch entstandene Verluste nur bruchstückhaft auffangen. Es ist daher nötig, durch den Erlass der Gebühren, die SchaustellerInnen in diesen schwierigen Zeiten zu stärken!“, fasst Antje Joest zusammen.

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