Dortmund bündelt seine übernationalen Aktivitäten im „Büro für internationale Beziehungen und nachhaltige Entwicklung“

Die Länderfahnen von allen Dortmunder Partnerstädten wehen vor dem Rathaus.
Länderfahnen von Dortmunder Partnerstädten wehen vor dem Rathaus. Archivbild: Alex Völkel

Von Gerd Wüsthoff

Seit ihrer Gründung ist die Stadt Dortmund eine vielfältige, internationale und weltoffene Stadt an der Kreuzung zweier wichtiger Nord-Süd und Ost-West Handelswege. „Bei archäologischen Ausgrabungen fand man einen fränkischen Krieger neben einer Frau aus Italien im gleichen Grab“, erklärt Oberbürgermeister Ullrich Sierau. Vor dem Hintergrund weltweiter Krisen und Konflikte wird die Arbeit auch in Dortmund stärker europäisch, international und global ausgerichtet. Spätestens seit der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (Rio de Janeiro 1992) sind die Kommunen dabei, die globalen Entwicklungsziele umzusetzen.

Dortmund hat eine lange Tradition, global zu denken und lokal zu handeln

Kommunale Entwicklungsarbeit ist daher Ausdruck einer globalen Verantwortung, der auch Dortmund gerecht werden will. Bislang hat Dortmund hier – wie das Ruhrgebiet insgesamt – schon immer Pionierarbeit (besonders nach 1815 bis in die 1970er Jahre) geleistet. Das lokale Handeln, die Umsetzung von Klima- und soziokulturellen Zielen, dient heute in und für Dortmund als Blaupause im globalen Netzwerk der Stadt. Dabei können Städte des globalen Südens beim Aufbau nicht nur der lokalen Selbstverwaltung oder zu Fragen der Integration von den Erfahrungen Dortmunds profitieren.

Städtepartnerschaft Leeds
Städtepartnerschaft Dortmund – Leeds

Im Amt des Oberbürgermeisters und des Rates ist der Bereich Europa und Internationales jetzt mit dem Agenda-Büro zum „Büro für internationale Beziehungen und nachhaltige Entwicklung“ zusammengelegt worden. Durch die Zusammenführung der Themen Internationales, Europa, Agenda 21 und kommunale Entwicklungszusammenarbeit werden Ressourcen gebündelt und Synergien geschaffen.

Bernhard Rapkay, ehemaliger Europaparlament-Abgeordneter, steht als Berater zur Verfügung. Mit seinem Netzwerk stellt Rapkay einen Gewinn für das dem OB direkt unterstellte Büro dar. In dem neuen Arbeitsbereich soll Bildungsarbeit für eine proeuropäische und global gerechtere Politik an konkreten Beispielen und Projekten durchgeführt werden.

Diese bezieht sich auch auf die Außendarstellung, wie eine neue Internetpräsenz. Partnerschaftsprojekte in Europa und in Entwicklungsländern sollen entwickelt und verwirklicht werden. Dabei wird die Expertise kommunaler Daseinsvorsorge mit Hilfe geeigneter Partner einbezogen.

Der kommunale Nachhaltigkeitsbericht zeigt die Entwicklungen in Dortmund

Die Fair Friends-Messe findet vom 6. bis zum 9. September in den Westfalenhalle statt. Foto: Anja Cord
Die Fair Friends-Messe in den Westfalenhalle erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Foto: Anja Cord

Das Büro wird Dortmunder Gruppen und Initiativen mit Partnerschaftsprojekten beraten und unterstützen und somit die politische Arbeit vor Ort festigen.

Die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Bereich „Bildung für Nachhaltige Entwicklung – BNE“ wird ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit sein. So lernen Kindergartenkinder, altersgerecht aufbereitet, wie eine globale Wirtschaft funktioniert und welche sozialen Auswirkungen diese hat.

Als nachhaltigste Großstadt Deutschlands, europaaktive Kommune in NRW, Fair Trade Town seit 2009 und Träger der Sonderauszeichnung „Education and Community Participation“ (Bildung und Bürgerbeteiligung) im Rahmen des ersten EU-Trade Award, hat Dortmund bereits einige Preise erhalten. Die Messe FAIR FRIENDS oder die Projektwochen Europa – beide haben gerade im laufenden Jahr stattgefunden – sind nur zwei der jährlich stattfindenden Veranstaltungen.

Der seit 15 Jahren stattfindende Wettbewerb um das Agenda-Siegel soll zu einem Nachhaltigkeitswettbewerb und der bisherige Zwischenbericht des Agenda-Büros zu einem kommunalen Nachhaltigkeitsbericht weiterentwickelt werden. So lernen Kinder in den Kindertagesstätten altersgerecht verantwortungsvoll mit der Umwelt und Rescourcen umzugehen – Frei nach: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nur sehr schwer; oder nicht.

Einer der kommenden und vordringlichen Themenschwerpunkte ist die Europawahl 2019

Präsentation des Büro für int. Beziehungen u nachh. Entwicklung. Foto: Anja Kador Stadt Dortmund
Präsentation des Büro für int. Beziehungen und nachh. Entwicklung. Foto: Anja Kador/ Stadt Dortmund

Das Büro befindet sich derzeit im Aufbau. Cornelia Irle, bisher für internationale Beziehungen zuständig und Europabeauftragte der Stadt, wird das Team leiten.

Helga Jänsch und Christoph Struß, bisher beide im Agenda-Büro tätig, kümmern sich weiterhin um Nachhaltigkeitsthemen. Der Bereich Europa wird durch einen Bachelorstudierenden verstärkt, der gerade sein Studium bei der Stadt Dortmund abgeschlossen hat und zum 1. November 2018 wird Felicia Schenkelberg als Trainee das Team ergänzen.

Bei der Europaarbeit steht in 2019 die Wahl für das Europaparlament im Mittelpunkt. Durch vielfältige Veranstaltungen und Bürgerdialoge sollen möglichst viele Dortmunder Bürgerinnen und Bürger aufgefordert werden, wählen zu gehen. Insbesondere Jugendliche und Erstwähler sollen erfahren, wie sie selbst an der Gestaltung Europas mitwirken können. Denn im Parlament für Europa werden wichtige Weichen gestellt – Wegfall der Roaming Gebühren in der EU, Arbeitnehmerrechte, Arbeitsschutz- und Sicherheitsrichtlinien, Tierschutzgesetze – 80 Prozent der Britischen Tierschutzrechte stammten aus Brüssel, um nur einige Beispiel zu nennen.

Das neu geschaffene Büro arbeitet eng mit Kooperationspartnern wie dem Europe Direct Dortmund in der Auslandsgesellschaft zusammen. Während des Festivals DORTBUNT! wird zum dritten Mal das Europaquiz mit Schulen durchgeführt. Schüleraustauschprogramme sollen ebenso über das neue Büro koordiniert werden.

Büro koordiniert existierende und informiert potentielle Projektpartnerschaften

Bürgermeisterin Birgit Jörder empfing die deutschen und israelischen SchülerInnen im Rathaus.
Bürgermeisterin Birgit Jörder empfing die deutschen und israelischen SchülerInnen im Rathaus.

Das neue Büro koordiniert und betreut die zahlreichen Anfragen von europäischen und internationalen Partnern, die sich über den erfolgreichen Strukturwandel in Dortmund informieren wollen oder Projekte mit Dortmunder Partnern durchführen möchten. „Es ist immer gut vor Ort mit allen Sinnen ein Projekt zu erleben, das man ebenfalls zu Hause durchführen möchte“, sagt Sierau.

Die bestehende Partnerschaft mit der Stadt Dura in Palästina wurde durch die Unterzeichnung eines „Memorandum of Understanding“ mit Engagement Global gestärkt, um weitere Projekte zu entwickeln, nicht nur die Versendung eines Müllwagens. So kam vor einiger Zeit eine Kooperation mit Kumasi, Ghana, nicht zustande, weil die Projekte nicht der von Dortmund verfolgten Nachhaltigkeit entsprachen. Mit dem neuen, der Nachhaltigkeit verpflichteten Bürgermeister, werden nun neue Projekte in der ehemaligen Hauptstadt des Königreiches der Asante diskutiert.

Im Rahmen der vorhandenen Städtepartnerschaften sind in letzter Zeit viele Projekte initiiert worden. Für die Zusammenarbeit mit Rostow ist Dortmund gerade vom Deutsch-Russischen Forum – insbesondere für die Zusammenarbeit im Vorfeld und während der WM 2018 – ausgezeichnet worden. In der letzten Woche hat ein Fachkräfteaustausch des Jugendamtes in Rostow stattgefunden. Ziel ist der Aufbau eines „Zentrums für russisch-deutschen Austausch“, das den persönlichen Austausch und die fachliche Kooperation vertiefen soll.

OB Ullrich Sierau: „Wir stellen uns der globalen Verantwortung.“

In der Zeit vom 15. bis zum 18. Juni 2017 finden in Dortmund die RuhrGames statt. Zu diesem Anlass werden Jugendliche aus unseren Partnerstädten Amiens, Novi Sad, Rostow am Don und Zwickau in Dortmund sein. Diese jungen Sportler wurden am Mittwoch durch Bürgermeisterin Birgit Jörder begrüßt. Foto: Stadt Dortmund/Anja Kador
Jugendliche aus unseren Partnerstädten
Amiens, Novi Sad, Rostow am Don und Zwickau. Foto: Anja Kador

Das „Büro für internationale Beziehungen und nachhaltige Entwicklung“ arbeitet auch eng mit dem Bereich der Städtepartnerschaften zusammen, um die bereits bestehenden Projekte weiter zu entwickeln und neue Projekte anzustoßen. Dafür ist eine neue Stelle eingerichtet worden, die im Herbst besetzt wird.

„Wir wissen, das Dortmund eine internationale und nachhaltige Stadt ist. Dafür sind wir mehrfach ausgezeichnet worden“, berichtet Sierau. „Wir erhalten viele internationale Besuche, die sich in Dortmund über den erfolgreichen Strukturwandel informieren oder Projekte mit uns durchführen möchten.“

„Andererseits wird unser Expertenwissen – insbesondere im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge – auch von Ländern des globalen Südens angefragt“, erklärt Sierau weiter. „Durch die Unterstützung dieser Länder und deren Kommunen leisten wir einen Beitrag zur Umsetzung der internationalen Nachhaltigkeitsziele auf kommunaler Ebene und stellen uns der globalen Verantwortung.“

Bernhard Rapkay als Beauftragter des Oberbürgermeisters

Bernhard Rapkay
Bernhard Rapkay. Foto: Gerd Wüsthoff

Die Stadt Dortmund engagiert sich seit vielen Jahren gemeinsam mit einem breiten Bündnis zivilgesellschaftlicher Akteure in den Themenfeldern fairer Handel, faire Beschaffung und kommunale Entwicklungszusammenarbeit. Dieses Thema soll jetzt dauerhaft etabliert werden.

Für diese Aufgabe wird noch in diesem Jahr die Stelle „Koordination kommunaler Entwicklungszusammenarbeit“ besetzt, die im Rahmen einer Initiative von Engagement Global im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) für zwei Jahre gefördert wird.

Anhand konkreter Projektpartnerschaften, z.B. mit Kolumbien und Südafrika, sowie durch den Transfer von kommunalem know-how im Bereich der Daseinsvorsorge soll kommunale Entwicklungsarbeit konkret vor Ort durchgeführt werden. Im Rahmen der internationalen kommunalen Zusammenarbeit werden zukünftig Projekte umgesetzt, die zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) beitragen.

Gemeinsam mit der Verwaltung und der Zivilgesellschaft wird eine „Eine-Welt-Strategie Dortmund“ erarbeitet. Als Beauftragter des Oberbürgermeisters für Internationales und Europa unterstützt Rapkay, ehemaliger Europaabgeordneter, als externer Berater den Bereich durch seine europäischen und internationalen Erfahrungen und seinem Netzwerk.

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