Vergessene Katastrophe: Ein Jahr nach dem Beben in der Türkei und Syrien

Dortmund baut in türkischen Hatay ein Reha-Zentrum für die Opfer des Erdbebens

Klaus Wegener, Martin van der Pütten und Volkan Baran am Grab von Mehmet Kubasik
Klaus Wegener, Martin van der Pütten und Volkan Baran am wiederhergestellten Grab des Dortmunder NSU-Opfers Mehmet Kubaşık. Es wurde ebenfalls durch das Erdbeben zerstört und durch Spenden aus Dortmund wieder hergestellt.

Am heutigen Tag (6. Februar) jährt sich das verheerende Erdbeben im Südosten der Türkei und im angrenzenden Syrien. Mehr als 50.000 Menschen haben damals ihr Leben verloren. 2.000 Tote werden bis heute immer noch unter den Trümmern vermisst. Hunderttausende haben ihre Häuser und ihr Hab und Gut verloren. Inzwischen haben die anderen Kriege, Krisen und Katastrophen dieser Welt dieses Menschheitsdrama vergessen lassen. Die Not ist aber immer noch allgegenwärtig und Hilfe wird dringend gebraucht.

Spendenaktion in Dortmund bringt mehr als 300.000 Euro für ein Rehazentrum

Empfang der Dortmunder Delegation in der Grundschule Hatay. 2. von links Klaus Wegener (Präsident Auslandsgesellschaft), 6. von links Martin van der Pütten (Leiter Internationales Stadt Dortmund) und 8. von links Volkan Baran (MdL) mit weiteren Vertretern der Stadt Hatay.
Empfang der Dortmunder Delegation in der Grundschule Hatay mit Cüneyt Karadas (li.), Klaus Wegener (2.v.li., Präsident Auslandsgesellschaft), Martin van der Pütten (6.v.li., Leiter Internationales Stadt Dortmund) und Volkan Baran (re. SPD-MdL) mit weiteren Vertreter:innen der Stadt Hatay.

Die Stadt Dortmund, die Auslandsgesellschaft und Volkan Baran (SPD-MdL) haben direkt nach dem Erdbeben eine gemeinsame Spendenaktion gestartet. Mehr als 300.000 Euro sind dabei zusammen gekommen. Mit dem Geld wird jetzt in der besonders betroffenen Stadt Hatay ein Reha-Zentrum für die Schwerverletzten gebaut.

Bei einem Besuch der Dortmunder Delegation in Hatay Ende vergangenen Jahres mit Volkan Baran (MdL), Martin van der Pütten (Leiter Internationales Stadt Dortmund) und Klaus Wegener (Präsident der Auslandsgesellschaft) wurden für die Kinder der Grundschule in Hatay aus Spendenmitteln kurzfristig Schuhe und Wintermäntel besorgt. Zur Fertigstellung des Reha Zentrums wird die Delegation erneut nach Hatay reisen. Der Bürgermeister von Hatay, Dr. Lütfü Savas bedankte sich bei den Besuchern aus Dortmund für die Hilfe.

Den Besuch in der Region nutzte die Delegation auch für einen Besuch am Grab von Mehmet Kubaşık, der vom NSU 2006 (Nationalsozialistischer Untergrund) in Dortmund erschossen wurde. Das durch das Beben zerstörte Grab von Mehmet Kubaşık wurde ebenfalls durch Spenden aus Dortmund hergerichtet.

OB: „Es ist ganz wichtig, dass die betroffenen Menschen das Erlebte bewältigen können.“

„Unsere Mittel sind begrenzt, aber wir werden weiter helfen“, unterstreicht auch Oberbürgermeister Thomas Westphal das Dortmunder Engagement in der Region. Insbesondere versuche man dort zu helfen, wo es familiäre Bezüge zu und aus Dortmund gibt. „In Dortmund sind viele Menschen betroffen und involviert, weil sie viele Freunde und Verwandte in den betroffenen Regionen haben“, so der OB. So habe auch ihn persönlich die Nachricht des zerstörten Grabes sehr bewegt.

Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal. Archivfoto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Gerne unterstütze man seitens der Stadt das geplante Reha-Zentrum in Hatay: „Wir wollen hier bei der Ausstattung des Traumahauses helfen. Es ist ganz wichtig, dass die betroffenen Menschen das Erlebte bewältigen können.“ So habe man aus den tragischen Ereignissen des letzten Jahres seine Lehren gezogen. Im Dortmunder Hafen würde seither eine 450 Quadratmeter große Halle für Hilfsgüter vorbehalten, denn man wolle für die Zukunft gerüstet sein.

Dennoch macht Westphal sich keine Illusionen: „Der Wiederaufbau wird Milliarden kosten und noch Jahre dauern. Man sieht noch immer völlig zerstörte Städte.“ Doch auf die Unterstützung aus Dortmund könne man sich weiterhin verlassen.

Rehabilitationszentrum für Menschen mit Traumatisierung

Unter anderem wurde die Verwaltung damit beauftragt, eine Aufbaupatenschaft mit der Region Hatay zu etablieren. Gemeinsam mit den Städten Kiel und Aalen, die langjährige Partnerschaften zu Hatay pflegen, soll dort ein Rehabilitationszentrum gebaut werden.

Die Ausstattung dafür übernehmen zu großen Teilen die Stadt Dortmund und weitere Spender*innen. In dem Reha-Zentrum sollen Menschen mit Traumatisierungen ambulant behandelt werden. Das Haus hat Platz für 1.000 Menschen, die pro Monat in die Nachsorge gehen.

Verwaltung hat Gesamtpaket für Krisen in der Welt geschnürt

Große Dortmunder Anteilnahme am Schicksal der Betroffenen in der Erdbebenregion bei einer Solidaritätsveranstaltung auf dem Friedensplatz im Jahr 2023. Archivfoto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Auch in Zukunft möchte die Stadtverwaltung Dortmunder:innen und mit der Stadt verbundene Regionen in aller Welt im Krisen- oder Katastrophenfall schnell unterstützen können.

Daher hat die Stadtverwaltung Dortmund inzwischen einiges auf den Weg gebracht: ein Ad-hoc-Hilfe-Paket für den weltweiten Einsatz, eine Koordinierungsstelle „Dortmund hilft“ sowie ein „Dortmund hilft“-Netzwerk und die bereits genannte Lagerhalle für Hilfsgüter im Hafen.

Das Ad-hoc-Hilfe-Paket stellt ab sofort schnell, flexibel und unbürokratisch Materialien bei überregionalen Schadensereignissen bereit. Es kann global eingesetzt werden und besteht aus

  • 250 Feldbetten
  • 250 Bettwäschesets oder Schlafsäcken
  • 250 Hygienesets für Erwachsene und 50 für Kinder
  • 250 Handtüchern
  • 100 Wasserfaltbehältern (15 Liter)

Koordinierungsstelle „Dortmund hilft“ nimmt ihre Arbeit auf

Die „Koordinierungsstelle Dortmund hilft“ wird ihre Arbeit im ersten Quartal 2024 aufnehmen. Ihre Aufgabe ist es, die Soforthilfe der Stadt Dortmund in Krisen-, Kriegs- und Flüchtlingsgebiete zu koordinieren und die Beschaffung und den Transport von Gütern abzustimmen.

Die Stadt spendete mit Unterstützung des Vereins Freie Deutsch-Syrische Gesellschaft Drehleiterkorbfahrzeuge, Kleintransporter sowie medizinisches Material für die syrische Erdbebenregion. Archivfoto: Stadt Dortmund / Laura Koscholke

Zusätzlich soll ein Hilfsnetzwerk aus Vereinen, Behörden, internationalen Hilfsorganisationen, Kirchen, Wirtschaft und Stadttöchtern etabliert werden, das von dieser Einheit koordiniert wird und im Krisenfall zügig um Unterstützung gebeten werden kann.

Die Koordinierungseinheit soll in enger Zusammenarbeit mit dem Lagezentrum der Dortmunder Feuerwehr Beobachtungen und Analysen diverser Lagen im In- und Ausland vornehmen und auch Ansprechpartnerin für Netzwerke, Organisationen sowie Bund, Land, EU und Partnerkommunen sein. Angesiedelt ist die Koordinierungseinheit „Dortmund hilft“ im Büro für Internationale Beziehungen im Amt für Angelegenheiten des Oberbürgermeisters und des Rates.

Die von der Einheit koordinierte Hilfe soll unter anderem zum Einsatz in Ländern kommen, in denen Dortmund Städte- und Projektpartnerschaften hat sowie in jenen Ländern, zu denen eine hohe Anzahl von Dortmunder Bürger:innen familiäre Bezüge haben. Einzelschicksale von Dortmunder:innen sollen in der Arbeit der Einheit ebenfalls berücksichtig werden. Dafür wird die Stadt mit dem Verein „Grenzenlose Wärme“ kooperieren, der sich in Dortmund in der humanitären Hilfe engagiert.

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