Kosten für Landesabschnitte werden zu 100 Prozent erstattet

Radschnellweg Ruhr 1 aus einer Hand geplant – Stadt übernimmt Aufgabe fürs Land

Der Radschnellweg Ruhr (RS1) ist für die Stadt ein Dekadenprojekt – bis 2030 will man ihn befahrbar haben. Karsten Wickern | Nordstadtblogger

Der Radschnellweg Ruhr 1 (RS1) steht nicht nur symbolisch für die Verkehrswende, sondern ist auch eine wichtige neue Hauptverkehrsachse. Der 24 Kilometer lange RS1 auf Dortmunder Stadtgebiet unterteilt sich aufgrund des Baulastträgerwechsels in zehn Abschnitte. Dabei wird zwischen freier Strecke in der Baulast des Landes und Ortsdurchfahrten in der Baulast der Stadt unterschieden. Diese sollen in einer Hand bearbeitet werden – von der Stadt Dortmund. „Es macht echt keinen Sinn, zwei planende Stellen damit zu befassen und wir haben bessere Ortskenntnisse“, sagte Planungsdezernent Ludger Wilde mit Blick auf den Landesbetrieb Straßen.NRW. „Und wir haben ein hohes Eigeninteresse, den RS1 umzusetzen.“

Allein Dortmunder Planungskosten liegen bei 13 Millionen Euro

Dabei hat das Land deutlich mehr Streckenlänge auf Dortmunder Gebiet: 17 Kilometer davon liegen in Landeszuständigkeit. Der städtische Anteil verteilt sich auf zehn Abschnitte mit sechs Kilometern Gesamtlänge. Diese zu planen, dafür braucht es 13 Millionen Euro. Die 9,75 Millionen Euro für die Landesstrecken wird das Land der Stadt erstatten – ebenso wie die noch nicht seriös zu beziffernden Baukosten. ___STEADY_PAYWALL___

Klar ist nur, was Planungs- und Tiefbauamt zusätzlich an Personal benötigen werden. Dafür hatte der Rat im vergangenen Dezember grünes Licht gegeben. Die Ämter haben sich bzw. werden sich nun personell verstärken. Wegen des Fachkräftemangels ist dies aber schwierig. Dadurch wird sich das Vorhaben nicht gerade beschleunigen. 

„Es ist keine Maßnahme, die innerhalb von zwei, drei Jahren erledigt ist, sondern uns bis 2030 beschäftigen wird“, dämpft Wilde überzogene Erwartungen. Schnell geht es offensichtlich nicht. Denn Zeiten und Planungen, die nun dem Rat vorgelegt und in diesem Jahr begonnen werden sollen, waren eigentlich schon fürs vergangene Jahr anvisiert.

Noch gibt es keine Aussagen zum Baustart der verschiedenen Abschnitte

Foto: Karsten Wickern

Die Vorentwurfsplanungen der Ortsdurchfahrten werden in der Zuständigkeit des Stadtplanungs- und Bauordnungsamtes mit eigenem Personal bearbeitet. Das Tiefbauamt übernimmt die Federführung der weiteren Planungs- und Bauphasen. Die Arbeiten werden extern vergeben. Ein erster, ca. ein Kilometer langer Abschnitt war am 1. Dezember 2021 im Kreuzviertel eröffnet worden – von Große Heimstraße bis Sonnenstraße, Ecke Arneckestraße. 

Im Jahr 2022 sollen die Vorentwurfsplanungen westlich bis zum östlichen Widerlager der Schnettkerbrücke und östlich bis zur Ruhrallee bearbeitet werden, sodass darauf aufbauend ein Grundsatzbeschluss folgen kann. Auch die Bearbeitung der weiteren Teilstücke in der Baulast der Stadt sollen in der Planungsverwaltung möglichst noch in 2022 begonnen werden. 

„Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch keine Aussage für einen möglichen Baustart der beiden nächsten Abschnitte getroffen werden. Für die weiterführenden Planungsschritte bis zum Bau ist zusätzliches Personal im Tiefbauamt notwendig“, heißt es dazu von der Stadtverwaltung.  

In diesem Jahr sollen die ersten Auftragsvergaben erfolgen

Für die Teilstücke in der Baulast des Landes ist der Aufwand wesentlich höher, weshalb die Vorentwurfsplanung mit Variantenabwägung extern vergeben werden wird. Insbesondere die geplanten Ingenieurbauwerke sind arbeits- und zeitaufwendig. Die Vergabeverfahren für erste Teilstücke in Wambel, Brackel und Wickede sollen im Sommer 2022 gestartet werden. 

Karsten Wickern | Nordstadtblogger

Vor einer Vorentwurfsplanung müssen allerdings noch die Umweltbelange berücksichtigt werden, die direkten Einfluss auf den möglichen Trassenverlauf haben können. Das Stadtgebiet wird zur Übersichtlichkeit der unterschiedlichen Anforderungen und Bearbeitungsstände in einen östlichen und westlichen Teil unterteilt. 

Für das östliche Stadtgebiet ist bereits ein externes Gutachterbüro beauftragt worden, um zu klären, ob zur Erlangung des Planungs- und Baurechts eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist oder nicht. Zusammen mit einem notwendigen Planfeststellungsverfahren müsste mit einem zeitlichen Verzug der weiteren Arbeitsschritte um ca. zwei Jahre gerechnet werden. 

Die Ergebnisse für das östliche Stadtgebiet liegen im 2. Quartal 2022 vor. Die Vergabe zur Prüfung des westlichen Stadtgebietes soll ebenfalls in 2022 erfolgen, um auch hier die weiteren Planungsschritte zur Erlangung des Baurechts einzuleiten. 

Stadt bezeichnet Erreichen der Befahrbarkeit des RS1 bis 2030 als ehrgeizig

Das Logo für den geplanten Radschnellweg Ruhr
Das Logo für den Radschnellweg Ruhr

Aufgrund der beschriebenen Komplexität der Aufgabe müssten Planung und Bau von rund 24 Kilometern Radschnellweg durch ein größtenteils dicht bebautes, innerstädtisches Gebiet unter Einbeziehung von teils aufwendigen Ingenieurbauwerken mindestens als Dekadenprojekt bezeichnet werden. Durch die Erfordernisse des Planungsrechtes ergibt sich ein dynamischer Arbeitsprozess des Gesamtvorhabens. 

„Die Stadt Dortmund hat sich dennoch das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 in möglichst vielen Bereichen eine Befahrbarkeit des RS1 auf Dortmunder Stadtgebiet – ggf. auch mit provisorischen Lösungen – zu ermöglichen“, heißt es von der Verwaltung. 

„Dieses Ziel ist wohlwissend vieler noch offenen Fragen und Unwägbarkeiten gesetzt worden, um der Bedeutung des Projekts Rechnung zu tragen. Voraussetzung, um dieses Ziel zu erreichen, ist u.a. eine entsprechende Personal- und Finanzausstattung“, heißt es weiter. Dafür muss die Stadt Dortmund aber in Vorleistung treten – die Kosten für die Landesabschnitte werden dann halbjährlich vom Land erstattet.

Durchschnittliche Kosten in Höhe von circa drei Millionen Euro pro RS1-Kilometer

Klar ist: „Die Kostenansätze der Machbarkeitsstudie haben sich in der Praxiserfahrung zu Radschnellwegen als nicht realistisch herausgestellt. Das ist zum größten Teil auf die enorm gestiegenen Baukosten der letzten Jahre zurückzuführen. Dies gilt insbesondere für Brückenbauwerke, die bereits in den Kostenansätzen der Machbarkeitsstudie aus 2014 für fast die Hälfte aller anfallenden Kosten verantwortlich sind“, teilt die Planungsverwaltung mit. 

Die Verwaltung hat nach Erfahrungswerten beteiligter Kommunen eine neue Auftragswertschätzung für die Teilstücke in der Baulast des Landes und in der Baulast der Stadt aufgestellt. Die Erfahrungswerte anderer Kommunen gehen von durchschnittlichen Kosten in Höhe von circa drei Millionen Euro pro Kilometer aus – ohne eventuell erforderlichen Grunderwerb. 

Dieser Wert wird als Grundlage zur Neuberechnung angelegt. Entsprechend der üblichen Vorgehensweise wird ein Zuschlag von 20 Prozent für unvorhersehbare und unkalkulierbare Sondersituationen, zukünftige Preissteigerungen und mögliche zusätzliche Gutachten, wie z.B. Baugrundgutachten, zugerechnet. In Teilstücken mit aufwendigen Brückenbauwerken wird der Zuschlag auf 50 Prozent gesetzt, um auf der sicheren Seite zu sein. 

Vor Vergabe wird die Verwaltung die Auftragswertschätzung im Detail prüfen und gezielt auf mögliche Sondersituationen anpassen. Somit kann die tatsächliche Auftragswertschätzung für die einzelnen Vergaben noch vom angegebenen Betrag abweichen. Nach Beschluss durch den Rat der Stadt Dortmund zur Einstellung von Haushaltsmitteln kann mit dem Vergabeverfahren eines ersten Teilstücks durch die Planungsverwaltung begonnen werden. 

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Reaktionen

  1. Bebbi

    Da der RS 1 (Radverkehr muss billig sein) eh hauptsächlich über bestehende Wege führen wird, ist der provisorisch befahrbar, wenn die Stadt endlich mal weiß, wo der lang führen soll. Was machen die Mitarbeiter und Dezernenten eigentlich, wenn sie sich nicht um Radverkehr kümmern?

  2. Bounty

    „Die Stadt Dortmund hat sich dennoch das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 in möglichst vielen Bereichen eine Befahrbarkeit des RS1 auf Dortmunder Stadtgebiet – ggf. auch mit provisorischen Lösungen – zu ermöglichen“, heißt es von der Verwaltung.

    Das ist ist in 8 Jahren! Warum dauert das nur so lange?
    Bitte setzen Sie die Prioritäten anders, Herr Wilde.

  3. Mehr Fahrradstraßen = mehr Radverkehr – Die Rechnung geht auf und motiviert (PM)

    Die Investitionen der Stadt Dortmund in den Radverkehr zeigen Wirkung: Die Zahl der Radfahrer*innen auf der Großen Heimstraße hat sich vervierfacht, seit der Radschnellweg Ruhr (RS1) im Dezember 2021 dort eröffnet wurde. Auch die Einrichtung der Fahrradstraßen Arndtstraße und Lange Reihe im Dezember 2021 sowie der Radwall entlang des Schwanen- und Ostwalls, der im August 2022 eröffnet wurde, erhöhen nachweisbar den Anteil der Fahrräder im Straßenverkehr. Das belegen Zählungen auf den Fahrradstraßen:

    Radschnellweg Ruhr (RS1): 400% mehr Radverkehr

    Immer mehr Radfahrer*innen nehmen den Radschnellweg Ruhr (RS1) durch das Kreuzviertel an und nutzen die komfortable innerstädtische Schnellverbindung zwischen Wittekindstraße und Fachhochschule. Auf der Großen Heimstraße sind laut Zählung im August 2022 südlich der Kreuzstraße sowie an der Kreuzung mit dem Neuen Graben inzwischen mehr Fahrräder unterwegs als Autos. Nördlich der Kreuzstraße ist der Radverkehr um fast 400% (+1.326 Radfahrende pro Tag) im Vergleich zu Zählungen im Mai 2016 gestiegen.

    Arndtstraße und Lange Reihe: mehr Fahrräder, weniger Autos

    Auch auf den Fahrradstraßen Arndtstraße und Lange Reihe sind immer mehr Fahrräder unterwegs: Dort wurden im Juni 2022 mehr als 60% mehr Radfahrer*innen gezählt als im Juni 2021 vor Einrichtung der Fahrradstraße – bei gleichzeitig deutlich weniger Kfz. Das ist das Ergebnis von Verkehrszählungen an drei Zählpunkten vor und nach Einrichtung der Fahrradstraßen:

    · Die meisten Radfahrenden auf den neu errichteten Fahrradstraßen in der östlichen Innenstadt wurden mit 1.421 Radfahrer*innen pro Tag auf der Langen Reihe Höhe Warburger Straße gezählt. Während der Radverkehr um 44% gestiegen ist, wurde ein Rückgang des Kfz-Verkehrs um 14% ermittelt. Dort machen Fahrräder inzwischen 44% des Verkehrsaufkommens aus.

    · Am höchsten ist die Steigerung des Radverkehrs auf den neuen Fahrradstraßen auf der Langen Reihe in Höhe der Brücke über den Bananenradweg. Dort stieg die Zahl der täglichen Radfahrer*innen um 62% auf 1.420. Bei gleichzeitigem Rückgang des Kfz-Verkehrs machen Fahrräder dort inzwischen 33% des Verkehrsaufkommens aus.

    · In der Arndtstraße wurden 562 Radfahrer*innen pro Tag gezählt. Dort machen Fahrräder inzwischen 41% des Verkehrsaufkommens aus. Nach Einführung der Fahrradstraße hat sich die Zahl der Radfahrenden pro Tag dort um 53% (196 Radfahrer*innen) erhöht. Gleichzeitig hat sich der Kfz-Verkehr um 19% (183 Kfz) auf 796 Kfz verringert.

    „Die Zunahme des Radverkehrs bestätigt unsere Arbeit an der Verkehrswende und gibt uns Rückenwind für die weiteren Aufgaben, den Radverkehr mit Verbesserungen der Infrastruktur weiter zu stärken“, bilanziert Andreas Meißner, Leiter der städtischen Mobilitätsplanung. „Gerade Fahrradstraßen werden ein wesentlicher Bestandteil der neuen Velorouten sein.“

    Metropolrad Ruhr: Dortmund an der Spitze im Ruhrgebiet

    Ergänzend baut die Stadt Dortmund das Angebot an Leihrädern des Verleihsystems Metropolrad Ruhr als Ergänzung zum ÖPNV immer weiter aus: 2010 an sechs Stationen in Dortmund gestartet, stehen inzwischen stadtweit 500 Räder an 91 Stationen zum Ausleihen bereit. Dieses weit verzweigte Angebot bis in die Vororte wird angenommen: Dortmund macht mit knapp 402.957 Ausleihen in 2022 etwa 40% der Ausleihen im gesamten Ruhrgebiet aus und liegt damit seit Jahren ruhrgebietsweit an der Spitze.

    Fahrradzählstelle Schnettkerbrücke: 11% mehr Fahrräder

    Auch die Zähldaten der Dauerzählstelle Schnettkerbrücke auf dem Fuß- und Radweg zwischen Wittekindstraße und Dorstfelder Allee belegen, dass der Radverkehr in den letzten Jahren zugenommen hat: 377.693 Fahrräder im Jahr, das sind durchschnittlich 1.035 Radfahrer*innen am Tag, hat die Zählstelle 2022 dokumentiert. Mit 2.412 waren dort am 10.5.2022 die meisten Radler*innen an einem Tag unterwegs.

    Damit haben im vergangenen Jahr 11% mehr Radfahrer*innen als im ersten Gesamtjahr der Zählstelle 2019 (340.429) diese passiert. Die Zahlen sind auf der städtischen Website öffentlich einsehbar, so dass jede*r die Entwicklung verfolgen kann unter: Dauerzählstelle Radverkehr – Radverkehr – Verkehr – Leben in Dortmund – Stadtportal dortmund.de

    Für Stefan Thabe, Leiter des Stadtplanungs- und Bauordnungsamtes der Stadt Dortmund, bleiben die Herausforderung bestehen: „Auch wenn die Zahlen in die richtige Richtung weisen so bleibt doch klar, dass es noch ein weiter Weg zur Fahrradstadt Dortmund ist.“
    EU-Förderprojekt Emissionsfreie Innenstadt

    Die Fahrradstraßen Arndtstraße und Lange Reihe sowie der Radwall waren Maßnahmen des Förderprojektes Emissionsfreie Innenstadt. Die Europäische Union und das Land Nordrhein-Westfalen haben das Förderprojekt Emissionsfreie Innenstadt aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung unterstützt.

    – Aktuelle Informationen zu den Fahrradstraßen Arndtstraße und Lange Reihe mit Antworten auf häufige Fragen unter Zwei Fahrradstraßen in der östlichen Innenstadt – Maßnahmen – Emissionsfreie Innenstadt – Verkehr – Leben in Dortmund – Stadtportal dortmund.de (Direktlink: https://www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/verkehr/emissionsfreie_innenstadt/massnahmen/zwei_fahrradstrassen_in_der_oestlichen_innenstadt/index.html)

    – Aktuelle Informationen über den Radschnellweg Ruhr (RS1) auf Dortmunder Stadtgebiet sind veröffentlicht auf der städtischen Website rs1.dortmund.de (Radschnellweg Ruhr (RS1) – Radverkehrsprojekte – Radverkehr – Verkehr – Leben in Dortmund – Stadtportal dortmund.de)

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