Nach dem Aus für die Planungen des Neubaus für die Fachhochschule auf dem ehemaligen HSP-Gelände – mittlerweile wird ein Umzug an die Speicherstraße favorisiert – ist die Diskussion über die Zukunft der mehr 50 Hektar großen Industriebrache an der Rheinischen Straße in vollem Gange. Einen entsprechenden Antrag, dies im Rat zu diskutieren, hatten Grüne, „Die Linke+“ und FDP/Bürgerliste eingebracht. Sie wollten die Eckpunkte festklopfen. Die CDU hatte einen eigenen Antrag, in dem sie die Verwaltung zu Gesprächen mit dem Eigentümer auffordert.
Reuter: „Wir dürfen jetzt nicht sieben weitere Jahre warten“
„Das 52 Hektar große Gelände in Nähe zur City liegt seit sieben Jahren brach. 52 Hektar, die dringend gebraucht werden“, betonte Grünen-Sprecherin Ingrid Reuter. Lange hätten sie gehofft, dass dort die FH einen neuen Campus erhalte – lange habe Land gewartet. „Wir dürfen jetzt nicht sieben weitere Jahre warten“, sagte sie mit Blick darauf, dass es die Planungen für „Smart Rhino“ schon gab, bevor der Vorschlag für die Fachhochschule auf den Tisch kam.___STEADY_PAYWALL___
Entstehen sollte ein modernes urbanes Quartier mit Wohnen und Arbeiten. „Dazu müssen die Gespräche wieder aufgenommen werden. Aber dafür müssen wir uns im Rat über die Ziele verständigen“, so Reuter. „Auf dieser Grundlage wollen wir in den Ausschüssen gemeinsam diskutieren, welche Entwicklung wir an dieser wichtigen stadtplanerischen Stelle wollen. Eine so wichtige Fläche darf nicht als Brache verkommen“, so die Grünen-Sprecherin.
Die HSP-Fläche habe das Potenzial, bei einer „gehaltvollen Entwicklung“ zu einem „Zukunftsquartier“ zu werden. „Das kann Strahlkraft über Dortmund hinaus entwickeln – und das ist im ureigensten Interesse des Investors“, glaubte sie an erfolgsversprechende Gespräche zwischen Stadt und Thelen-Gruppe, die das Areal von ThyssenKrupp gekauft hatte.
Kauch: „Smart Rhino ist nicht tot“ – Chancen engagiert nutzen
„Aus unserer Sicht ist Smart Rhino nicht tot: ein innovatives, modernes und klimaneutrales Quartier mit Wohnen und Flächen für wachsende Technologieunternehmen – das ist unsere Vision“, so der Fraktionsvorsitzende von FDP/ Bürgerliste, Michael Kauch. Er sparte nicht an Kritik an der schwarz-grünen Landesregierung und insbesondere der aus Dortmund stammenden CDU-Wissenschaftsministerin Ina Brandes.
Kern der Kritik: Warum kläre das Minsterium erst am Ende und nicht zum Beginn eines Prozesses, ob der Kauf einer Fläche Grundbedingung sei. Dadurch seien Jahre verloren gegangen. Allerdings wolle er keine Vergangenheitsbewältigung betreiben, sondern jetzt über die Zukunft des Areals sprechen.
Den CDU-Antrag, die Verwaltung zu Gesprächen mit dem Eigentümer aufzufordern, wies Kauch zurück. „Sie sollen mal reden ist ja gut gemeint. Das tut sie schon. Entscheidend ist aber, worüber und mit welcher Zielsetzung sie mit dem Eigentümer redet“, so Kauch.
CDU kritisiert „zu enges Korsett“, wo der Wille des Eigentümers keine Roll mehr spiele
Auch die CDU wollte eigentlich nach vorne schauen. Doch deren Planungssprecher Uwe Waßmann konnte sich die Replik nicht verkneifen, dass der frühere FDP-Minister Pinkwart auch lange „auf den Akten gesessen“ und somit eine Entscheidung verzögert habe.
Nun wolle man über die Zukunft des Geländes sprechen. Aber der Antrag von Grünen, Linke+ und FDP/Bürgerliste wies er entschieden zurück: „Den Antrag können wir so nicht teilen. Er gibt ein Korsett vor, wo die Eigentümerseite keine Rolle spielt“, kritisierte Waßmann. „Man hat hier fast ein Diktat aufgeschrieben, wie man mit Flächen umgeht.“
Er bezeichnete das Papier zudem als „vergiftet, wenn auch pfiffig gemacht“. Den die Vorgabe, dort ein „urbanes Quartier“ zu entwickeln, bedeute Restriktionen und Vorgaben, aus denen man später nicht mehr ohne weiteres aussteigen könnte. Seine Fraktion habe den Antrag dagegen „ganz bewusst schlicht gehalten“, weil die mit dem zu diskutierenden Themen bekannt seien.
Grüne und Linke+ sehen die Wünsche des Investors berücksichtigt
Den Vorwurf, ein „vergiftetes Papier“ vorgelegt zu haben, wiesen Grüne und „Linke+“ zurück: Was die CDU als vergiftet bezeichnet, ordnete Katrin Lögering (Grüne) mit Zitaten aus dem eigenen Antrag ein: Es gehe um Quartierentwicklung, Aufenthaltsqualität und Grünflächen, um Technologie und Innovation im Quartier, um leistungsfähigen ÖPNV, Radwege, sowie die Einbeziehung der vorhandenen Bausubstanz.
„Eigentlich Dinge, die in städtebaubaulichen Entwicklungen heutzutage eine Selbstverständlichkeit sein sollten“, stellte sie klar. „Das als vergiftet zu bezeichnen, finde ich drüber“, so Lögering.
Auch Utz Kowalewski (Die Linke+) wieß zurück, dass es weder ein zu enges Korsett gebe noch dass der Investor kein Mitspracherecht mehr habe: „Der Antrag sagt ja deutlich, dass die Grundlage die damals erstellte Machbarkeitsstudie ist – und die Studie wurde zusammen mit dem Investor auf den Weg gebracht.“
„Das heißt, der Investor hat sich mit seinen Vorstellungen in dieser Machbarkeitsstudie durchaus wiedergefunden, sonst wäre er auch nicht so häufig im Ausschuss gewesen, um dazu Stellung zu nehmen und dafür auch zu werben. Und auf der Grundlage kann man dann natürlich auch munter weiterentwickeln“, so der Fraktionsvorsitzende von „Die Linke+“.
Die Fachausschüsse wollen die Parameter für Flächenentwicklung diskutieren
Auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Carla Neumann-Lieven machte aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl. Nun müsse man aber nach vorne schauen. „Dieses Gelände muss, soll und ich glaube, wird auch entwickelt. Die Parameter dafür müssen wir ein Stück mit bearbeiten. Aber ich finde auch, das müssen wir in den Fachausschüssen tun“, drängte sie auf eine Überweisung in die Fachgremien.
Das begrüßte auch Michael Kauch: „Ich glaube, es wäre angemessen, beide Anträge in die Ausschüsse zu verweisen. Und ich vertraue auf den Oberbürgermeister, dass er die Steuerungsgruppe weiterhin tagen lässt, die er selber initiiert hat. Deswegen halte ich das an dieser Stelle jetzt nicht für erforderlich, darüber abzustimmen“, so der FDP-Politiker.
„Bei den beiden Worten Vertrauen und Oberbürgermeister hat Herr Mader gleich die Stirn kraus gezogen. Das habe ich nicht verstanden“, kommentierte OB Thomas Westphal die Mimik des CDU-Parteivorsitzenden und zeigte sich amüsiert über den Streit zwischen Grünen und CDU: „Ja, es geht da ganz schön giftig zu“, sagte er mit Blick auf die Projektpartnerschaft der zweit- udn der drittgrößten Fraktion, die in den vergangenen zwei Jahren der SPD als der größten Fraktion das Leben schwer und die Mehrheiten streitig gemacht hatte.
OB erwartet keine schnelle Lösung und Entscheidung für HSP
Dann stellte Westphal klar, dass es natürlich eine Grundlage für die Gespräche mit der Thelen-Gruppe gebe: „Also es ist erst mal völlig zutreffend, dass wir zu früheren Zeiten, noch bevor die Fachhochschule-Idee geboren wurde, ein Konzept verfolgt haben, dass eine Mischnutzung für diesen Standort dargestellt hat.“
Das Grundkonzept, „aus diesem Standort einen gemischten Standort zu machen, der Innovation, Technologie und Wohnen miteinander verbindet, ist älter als die Idee der Fachhochschule und nehmen wir wieder auf. Das ist, glaube ich, großer Konsens hier in der Diskussion“, so Westphal. „Das ist ja wichtig, das noch mal festzuhalten, weil in der Tat führen wir die Gespräche weiter.“
„Das schwierige Umfeld“ – Inflation, Baukostensteigerungen, Zinsanstieg – mache derzeit die Planungen für Investoren schwierig. „Deswegen erwarte ich jetzt auch nicht eine schnelle Lösung, sondern eine Hineinarbeiten in eine gemeinsame Sichtweise. Aber dafür ist es auch wichtig, dass die Stadt weiß, was sie will“, so Westphal. „Das ist schon richtig und insofern glaube ich, sind wir da alle gar nicht voneinander entfernt, das so zu tun.“
Beide Anträge werden nun in den Fachgremien diskutiert. Die Arbeit der Steuerungsgruppen für die Entwicklung des FH-Standortes an der Speicherstraße und der Entwicklung der HSP-Fläche werde fortgesetzt: „Das wird weitergehen, weil das einfach zwei wichtige Entwicklungsprojekte sind, über die wir uns laufend austauschen müssen.“
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Reaktionen
Norbert
Hat man in Dortmund eigentlich völlig vergessen, wofür ein Hafen da ist?
Nordstadtblogger-Redaktion
Und was hat das mit HSP zu tun?!
Norbert
Bezug war
Planungen für Unterdorstfeld und Union West: Stadt drückt vorerst auf die Pause-Taste (PM)
Die FH wird sich dort nicht ansiedeln – wie geht es nun weiter mit dem ehemaligen Hoesch-Spundwand-Gelände in Dorstfeld? Bis das klar ist, pausiert auch die Planung für die angrenzende Quartiere Unterdorstfeld und Union West.
Das bedeutet konkret: Die vorbereitenden Untersuchungen für eine sogenannte Städtebauliche Sanierung liegen vorerst auf Eis. Gleiches gilt für die Entwicklung eines Integrierten Handlungskonzepts für Unterdorstfeld und Union West. Beides hatte der Rat im Sommer 2021 beschlossen.
In Integrierten Handlungskonzepten werden gemeinsam mit Bewohner*innen Ideen und Projekte entwickelt, um Stadtteile lebenswerter zu machen. Sie sind auch die Grundlage für Fördermittel. Eine Städtebauliche Sanierungsmaßnahme ist ein Instrument aus dem Baugesetzbuch, das einer Stadt zusätzliche Möglichkeiten gibt, die Entwicklung eines Gebiets zu steuern.
Nach dem entsprechenden Ratsbeschluss 2021 hatten die Untersuchungen bereits begonnen. Der Gebäudebestand, die Grün- und Freiräume und die Bevölkerungsstruktur wurden intensiv untersucht. Bewohner*innen, Gewerbetreibende und Immobilieneigentümer*innen wurden informiert, brachten sich bei mehreren Veranstaltungen aktiv ein und nahmen an einer schriftlichen Befragung teil. Ergebnis ist eine umfassende Analyse der Quartiere.
Auf dieser Grundlage würde jetzt üblicherweise ein Leitbild entwickelt. Gleichzeitig wäre zu entscheiden, ob und wo eine sogenannte Städtebauliche Sanierungsmaßnahme sinnvoll ist. Doch diese nächsten Schritte sind nach Einschätzung der Stadtverwaltung zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll und nicht rechtssicher umzusetzen. Denn die bisherigen Planungen für die HSP-Fläche sind hinfällig, seit das Land Nordrhein-Westfalen im vergangenen Sommer beschlossen hat, die Fachhochschule Dortmund nicht auf dem HSP-Gelände anzusiedeln.
Das städtische Vorkaufsrecht im untersuchten Gebiet bleibt jedoch in Kraft.