Diskussion zu „Die Renten rauf!“ im Wilhelm-Hansmann-Haus

Der DGB sagt „Ja“ zu einer umlagefinanzierten Rente – aber bitte auf einem höheren Niveau

Foto: Klaus Waschulewski für den DGB Dortmund

Von Susanne Schulte

Grundsätzlich zufrieden mit dem deutschen Rentensystem sind die Gastgeber:innen der Veranstaltung, zu der rund 30 Zuhörer:innen ins Wilhelm-Hansmann-Haus kamen. Die Aktiven im Rentennetzwerk des DGB Dortmund hatten eingeladen, um über Wege zur stabilen Rente, zur höheren Rente und über Rentenmodelle in anderen Ländern zu informieren und zu diskutieren. Selbstverständlich gebe es einiges zu verbessern, wie die Anspruchsgrundlage für die Grundrente und die Erwerbsminderungsrente, so die Auffassung auf dem echten und dem virtuellen Podium. Aber dem umlagefinanzierten System können alle zustimmen.

„Inflationsausgleich ist ein Dauerstreit in der Rentendiskussion“

Alle waren in diesem Fall Moderator Manfred Sträter, ehemaliger und langjähriger Sekretär der NGG in Dortmund; Florian Blank, beim WSI (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut) der Hans-Böckler-Stiftung der Fachmann für Sozialpolitik, sowie Ingo Schäfer, per Video aus Berlin zugeschaltet, wo er als Experte für Alterssicherung beim DGB-Bundesvorstand arbeitet. Die Begrüßung übernahm Jutta Reiter, die Vorsitzende des Dortmunder DGB.

Ingo Schäfer musste wegen des Bahnstreiks per Video aus Berlin zugeschaltet werden.Er ist Experte für Alterssicherung beim DGB-Bundesvorstand.
Ingo Schäfer musste wegen des Bahnstreiks per Video aus Berlin zugeschaltet werden.Er ist Experte für Alterssicherung beim DGB-Bundesvorstand. Foto: Klaus Waschulewski für den DGB Dortmund

Anlass zu diesem Abend gab den Organisator:innen die Forderung nach einem Inflationsausgleich auch für Rentner:innen. Denn sie können nicht, anders als Erwerbstätige, darauf hoffen, von ihren Arbeitgeber:innen bis zu 3000 Euro steuerfrei zu erhalten.

Auch die Vorschläge der so genannten Wirtschaftsweisen, die Renten unter den Empfänger:innen umzuverteilen, was heißt: hohe Renten werden gekappt zugunsten der niedrigen und alle Menschen arbeiten dafür noch länger, sei im Ergebnis eine Rentenkürzung.

„Der Inflationsausgleich ist ein Dauerstreit in der Rentendiskussion“, so Ingo Schäfer. Die Rente in Deutschland orientiere sich an den Löhnen. Steigen diese, steigen auch die Renten. Würden die Lohnerhöhungen nicht die Inflation ausgleichen, gelte das auch für die Rentenerhöhung. Es habe Jahre gegeben, wie ab 2007, da seien die Erhöhungen größer als die Inflation gewesen, in den drei Jahren 2021, 2022 und 2023 jedoch habe es erneut Reallohn- und Rentenverluste gegeben.

Die Rente muss den Lebensstandard absichern

Florian Blank erläuterte den Unterschied der Rentenhöhe zu anderen Ländern wie Österreich. In Deutschland sei die Rentenanpassung lohnbasiert, in Österreich an die Inflation angepasst. Die Frage sei nun, „Von welchem Level aus wird angepasst?“

Florian Blank, ist Fachmann für Sozialpolitik beim Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung.
Florian Blank, ist Fachmann für Sozialpolitik beim Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung. Foto: Klaus Waschulewski für den DGB Dortmund

Die Rente müsse Lebensstandard sichernd sein. Ja, die Renten in Österreich seien höher als in Deutschland. Der Beitragssatz betrage dort 22,8 Prozent, wovon die Arbeitgeber:innen 12,55 Prozent zahlten, die Arbeitnehmer:innen 10,25 Prozent. Ja, aber in Österreich sei auch die private Vorsorge kaum ein Thema.

Rechne man in Deutschland dazu, was die Menschen monatlich in Riesterrentenverträge zahlten, käme man auf die gleiche Beitragssumme wie im Nachbarland. Blank weiß wo von er spricht: 2018 hat er zusammen mit anderen eine Analyse des Österreichischen Rentensystems veröffentlicht und damit ein Plädoyer für eine umlagefinanzierte Rente vorgelegt.

„Generationenkapital ist nicht hilfreich, ist aber unschädlich für Rentensystem“

DGB-Chefin Jutta Reiter begrüßte Teilnehme und Gäste.
Die Dortmunder DGB-Chefin Jutta Reiter begrüßte die Teilnehmenden und die Gäste. Foto: Klaus Waschulewski für den DGB Dortmund

Das von Bundeswirtschaftsminister Christian Lindner vorgestellte Generationenkapital zur Sicherung der Rente halten Blank und Schäfer nicht für hilfreich, „aber es wäre unschädlich für das gesetzliche Rentensystem“. Geklärt werden müsse, wo das über die Stiftung gesammelte Geld hingehen solle und wer für das Geld verantwortlich sein werde.

Für den DGB dagegen wären mittelfristig zu erreichende Ziele, das Rentenniveau auf 53 Prozent anzuheben und für den Anspruch auf Grundrente unter anderen die Zeiten der Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. Nach gut anderthalb Stunden war noch längst nicht alles gefragt und gesagt. Aber der angekündigte Streik der GDL machte es nötig, diese Gewerkschaftsveranstaltung zeitlich zu begrenzen, damit noch alle, die Bahn fahren wollten oder mussten, nach Hause kommen konnten. 

Unterstütze uns auf Steady

Mehr zum Thema auf nordstadtblogger.de:

Arm im Alter in Dortmund: Mehr als 21.000 Menschen über 65 Jahre sind armutsgefährdet

 

Print Friendly, PDF & Email

Reaktionen

  1. Till Strucksberg

    Die Benutzung des von Lindner erfundenen Begriffs „Generationenkapital“ für die geplante Aktienrente und die moderate Stellungnahme dazu („unschädlich“) in der Veranstaltung finde ich bedauerlich. Hierzu müsste deutlich Widerstand von den Gewerkschaften aufgebaut werden. Die Ablehnung auf den IGM-Gewerkschaftstag spricht dazu eine deutlichere Sprache: „Nein zur Einführung einer Aktienrente in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Verwendung von Rentenversicherungsbeiträgen für kapitalgedeckte Finanzierungswege“. Jeder Schritt hin zu einer Daseinsvorsorge über Spekulationsobjekte des Finanzwesens bedeutet eine weitere Gefährdung der Lage der Beschäftigten.

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert