Dringender Appell: Nicht ohne Ausbildungsplatz in die Ferien

Arbeitslosenquote sinkt im Mai 2022 auf 10,4 % – Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften steigt

Die Arbeitslosigkeit in Dortmund im Jahresvergleich - jeweils Mai.
Die Zahl der offiziell in Dortmund gezählt Menschen ohne Arbeit im Jahresvergleich – jeweils Mai. Grafik: Agentur für Arbeit Dortmund

Trotz vieler Unwägbarkeiten, die derzeit die Wirtschaft bewegen, hat sich der Arbeitsmarkt in Dortmund im Mai positiv entwickelt und befindet sich weiter auf Erholungskurs. Die Arbeitslosenquote sinkt weiter und liegt aktuell bei 10,4 Prozent. Die Arbeitsmarktentwicklung lässt sich zunehmend weniger durch die Folgen der Corona-Pandemie beschreiben und wird aber nun unter anderem durch Materialengpässe sowie Folgen der wirtschaftlichen Sanktionen in Folge des Ukraine-Kriegs überlagert.

Die Frühjahrserholung am Arbeitsmarkt zeigt sich in Dortmund sehr deutlich

„Der Arbeitsmarkt beweist gute Stabilität und entwickelt sich überraschend gut. Wie schon im Vormonat fallen die Zahlen vom aktuellen Arbeitsmarkt besser aus, als man mit Blick auf die Nachrichten insbesondere aus der Ukraine befürchten könnte. Die für das Frühjahr typische Erholung am Arbeitsmarkt zeigt sich in Dortmund sehr deutlich. Rund 400 Menschen weniger im Vergleich zum Vormonat sind bei der Agentur im Mai arbeitslos gemeldet“, kommentiert Melanie Flusche, Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit Dortmund, die Situation auf dem Dortmunder Arbeitsmarkt.

Melanie Flusche ist Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit Dortmund. Foto: Arbeitsagentur Dortmund

„Auffällig ist, dass trotz des Rückgangs der Arbeitslosigkeit die Zahl der unbesetzten Arbeitsstellen weiter angestiegen ist. Ursächlich hierfür sind sowohl die Engpässe am Arbeitsmarkt bei den qualifizierten Fachkräften, als auch die spürbare Zurückhaltung in einigen Unternehmen bei der Besetzung offener Stellen“, so Flusche.

„Die große Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften, kann der Markt nicht mehr bedienen. Die Stellen können vielfach nicht so einfach besetzt werden, da entsprechend qualifiziertes Personal nicht zur Verfügung steht. Ein wichtiger Schlüssel zur Auflösung dieser Polarität liegt in der Qualifizierung der Menschen. Dieser Herausforderung stellen wir uns mit guten individuellen Beratungs- und Förderangeboten“, erklärt die Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit..

Langzeitarbeitslosigkeit erholt sich damit immer mehr von dem Corona-Hoch

Beate Bachmann ist stellvertretende Geschäftsführerin des Jobcenters Dortmund.
Beate Bachmann ist stellvertretende Geschäftsführerin des Jobcenters Dortmund. Foto: Jobcenter Dortmund

„Auch in der Grundsicherung setzt sich der Erholungskurs der vergangenen Monate im Mai weiter fort. 286 Arbeitslose weniger verzeichnet das Jobcenter Dortmund als im April, von denen mit 197 Personen die Mehrheit zuvor langzeitarbeitslos war. Die Langzeitarbeitslosigkeit erholt sich damit immer mehr von dem Corona-Hoch und ist im Vergleich zum Mai 2021 um ganze zehn Prozentpunkte gesunken. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung“, erläutert Beate Bachmann, stellvertretende Geschäftsführerin des Jobcenters Dortmund.

Momentan bereitet sich das Jobcenter in enger Abstimmung mit dem Sozialamt und dem Ordnungsamt – Ausländer- und Staatsangehörigkeitsangelegenheiten – darauf vor, ab 1. Juni die Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine zu übernehmen. dadurch werden formal die Arbeitslosenzahlen ab dem kommenden Monat steigen werden.

„Wir begrüßen die Entscheidung und sehen darin einen großen Vorteil für die Menschen: wir bieten ihnen Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts sowie Beratungs- und Förderangebote zur Integration auf dem Arbeitsmarkt gebündelt aus einer Hand“, so Bachmann.

Arbeitslosigkeit geht weiter zurück – auch die Jugendarbeitslosigkeit

Im Mai wurden 33.505 Menschen in Dortmund arbeitslos gezählt. Damit ist die Gesamtzahl im Vergleich zum Vormonat um 393 Personen oder 1,2 Prozent zurückgegangen. Die Arbeitslosenquote sinkt auf 10,4 Prozent (Mai 2021: 11,6 Prozent).

Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Arbeitslosigkeit ist kein starrer Block. Vielmehr herrscht durch die Zu- und Abgänge in bzw. aus Arbeitslosigkeit viel Bewegung. In der Stadt Dortmund wurden im März 4.785 Männer und Frauen erstmals oder erneut arbeitslos registriert. 1.327 Personen davon kamen aus einer Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt. Das sind 161 Personen weniger als im Vormonat.

5.200 meldeten sich im März bei der Arbeitsagentur und dem Jobcenter aus der Arbeitslosigkeit ab. Von ihnen beendeten 1.298 Menschen ihre Arbeitslosigkeit wegen der Aufnahme einer Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt. Das sind 91 Personen weniger als im Vormonat.

Die Jugendarbeitslosenquote ist im Vergleich zum Vormonat um 0,3 Prozentpunkte auf 8,2 Prozent gesunken. Im Mai waren damit 2.731 junge Menschen unter 25 Jahren arbeitslos gemeldet. Das sind 99 Personen oder 3,5 Prozent weniger als im Vormonat. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt damit erstmalig auf Vorkrisenniveau. Im Mai 2019 waren 2.706 Jugendliche unter 25 Jahren in Dortmund arbeitslos gemeldet, dies entspricht einer Quote von 8,3 Prozent.

Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften wächst – Unterbeschäftigung geht zurück

Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften bei der Agentur für Arbeit ist im Mai erneut angestiegen, auch der Stellenbestand ist angewachsen. Das Pandemiegeschehen, Lieferkettenprobleme und große Unwägbarkeiten aufgrund des Krieges in der Ukraine hinterlassen aber Spuren, Unternehmen sind verunsichert, und zögern bei Neueinstellungen aufgrund der großen Herausforderungen.

Die Sonne scheint und die Straßencafés füllen sich - das ruft auch Taschendiebe auf den Plan.
Den höchsten Stellenbestand verzeichnen Unternehmen aus den Bereichen der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen, gefolgt vom Handel und dem Gesundheits- und Sozialwesen. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

So meldeten die Dortmunder Unternehmen und Verwaltungen im aktuellen Berichtsmonat 1.335 neue Stellen. Das sind 274 Stellen mehr als im April. Der aktuelle Stellenbestand liegt mit 5.670 Stellen 13,5 Prozent über dem Vormonat.

Im Jahresvergleich liegt er mit einem Plus von rund 2.400 Stellen deutlich höher als im Krisenjahr 2021. Den höchsten Stellenbestand verzeichnen Unternehmen aus den Bereichen der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen, gefolgt vom Handel und dem Gesundheits- und Sozialwesen.

In der Unterbeschäftigung werden zusätzlich zu den registrierten Arbeitslosen auch die Personen erfasst, die nicht als arbeitslos im Sinne der Sozialgesetzbücher (SGB III und SGB II) gelten, weil sie beispielsweise wegen der Teilnahme an Qualifizierungs-, Trainings- oder Beschäftigungsmaßnahmen, wegen Krankheit oder vorruhestandsähnlicher Regelungen nicht als arbeitslos gezählt werden.

Die Unterbeschäftigung ist in diesem Monat erneut gesunken. Insgesamt sind im Mai 45.286 Personen in der Unterbeschäftigung registriert. Das sind im Vergleich zum Vormonat 292 Personen weniger. Der Anteil der Arbeitslosigkeit an der Unterbeschäftigung sinkt im Mai auf 74,0 Prozent. Die Unterbeschäftigungsquote sinkt im Vergleich zum Vormonat auf 13,7 Prozent.

Da geht noch was: Nicht ohne Ausbildung in die Ferien

Im Jugendberufshaus arbeiten Arbeitsagentur, Jobcenter und Stadt Dortmund Hand in Hand.
Im Jugendberufshaus arbeiten Arbeitsagentur, Jobcenter und Stadt Dortmund Hand in Hand. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Auf dem Ausbildungsmarkt herrscht aktuell hohe Dynamik. Viele junge Menschen sind noch unentschlossen oder auf der Suche und von Unternehmensseite sind noch zahlreiche offene Ausbildungsplätze gemeldet – Aktuell stehen 1.897 Ausbildungsstellen zur Besetzung offen.

Die Zahl der insgesamt gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen seit Beginn des Berichtsjahres liegt Ende Mai bei 3.256. Dies sind im Vorjahresvergleich 89 Stellen weniger. Seit Oktober 2021 meldeten sich 3.014 Jugendliche bei der Berufsberatung als Bewerber oder Bewerberin. Das sind 212 Jugendliche oder 6,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Auf 100 unbesetzte Berufsausbildungsstellen kommen in Dortmund 60 unversorgte Bewerber:innen.

„Die Zeit des Abwartens ist vorbei. Jetzt ist es wichtig, sich um die berufliche Anschlussperspektive zu kümmern und aktiv zu werden. Die Chancen noch in diesem Sommer mit einer Ausbildung zu beginnen sind ausgesprochen gut. Unser Appell lautet: Nicht ohne Ausbildung in die Sommerferien! Wer noch unsicher ist, sollte jetzt unbedingt unsere Berufsberaterinnen und Berufsberater ansprechen, so Melanie Flusche.

Denn es gebe viele gute Gründe in eine Ausbildung zu starten. Entscheidungshilfe könnte die Erlebniswelt Ausbildung bieten: Am 3. Juni von 9 bis 14 Uhr können auf dem Gelände der Zeche Hansemann alle interessierten Schüler:innen, Eltern/ Erziehungsberechtigte, Lehrkräfte und Unternehmen Ausbildungsberufe erleben, mit Ausbildungs- und Beratungsfachkräften sprechen und in Workshops vieles über Ausbildungsberufe und Unterstützungsmöglichkeiten erfahren. Alle Infos zur Veranstaltung unter www.jugendberufshaus-dortmund.de

Mehr Informationen gibt es als PDF zum Download:  Arbeitsmarktreport Mai 2022

 

 

 

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Reaktionen

  1. Zurück in den Beruf: Das BiZ informiert auf digitalem Weg zur Berufswahl (PM)

    In der kommenden Woche informiert das BiZ auf digitalem Weg zur Berufswahl. Eine Teilnahme ist mit PC, Tablet oder Smartphone mit stabiler Internetverbindung problemlos möglich. „Zurück in den Beruf“ heißt es am Dienstag, 21. Juni 2022 – Beginn ist um 10 Uhr.

    Diese Veranstaltung ist interessant für diejenigen, die ihre berufliche Tätigkeit wegen der Betreuung und Erziehung von Kindern oder der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger unterbrochen haben und überlegen, nun wieder in das Berufsleben einzusteigen. Bei dieser Herausforderung gibt es ggf. Unsicherheiten und spezielle Fragen zur eigenen Einschätzung der beruflichen Kenntnisse und Kompetenzen sowie zum Arbeitsmarkt oder den Möglichkeiten eines beruflichen Neustarts.

    Sarah Hinz, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Arbeitsagentur Dortmund, vermittelt wichtige Informationen und Tipps für den Wiedereinstieg oder eine berufliche Neuorientierung. Die Veranstaltung dauert ca. 1,5 Stunden.

    Um den Einwahllink zu erhalten, ist eine Anmeldung erforderlich per E-Mail an Dortmund.BiZ@arbeitsagentur.de, bitte dabei angeben: Vor- und Nachname sowie die eigene Telefonnummer. Wir versenden per Mail zeitnah zum Veranstaltungstermin den Link zur Teilnahme sowie die nötigen technischen Details.

  2. SPD-Fraktion will junge Dortmunder Erwachsene bei ihrem Schritt in Ausbildungsberufe fördern (PM)

    „Gerne wollen wir als SPD-Ratsfraktion den Jahresüberschuss der Wirtschaftsförderung aus dem Jahr 2021 sinnvoll nutzen und junge Menschen auf dem Weg in eine Ausbildung unterstützen“, erklärt die wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion Dortmund, Silvya Ixkes-Henkemeier.

    Der ausgewiesene Jahresüberschuss der des Jahresabschlusses 2021 der Dortmunder Wirtschaftsförderung in Höhe von 641.516,86 € soll nach den Vorstellungen der SPD-Fraktion nach der Abführung an den städtischen Haushalt dafür genutzt werden, junge Dortmunder Erwachsene bei ihrem Schritt in Ausbildungsberufe zu fördern und sie damit ggfs. auch bei dem Schritt aus ihren Bedarfsgemeinschaften zu unterstützen. Orientiert an den Bedarfen der jungen Menschen sollen hierbei Gemeinschaftseinrichtungen, z.B. auch mit Wohnmöglichkeiten eingerichtet und zielführend begleitet werden.

    Junge Menschen nach ihrem Schulabschluss für Ausbildungsberufe zu begeistern, ist vor dem Hintergrund der Schaffung zukunftsfähiger und dauerhafter Beschäftigung sowie fehlender Fachkräfte ein wichtiges Ziel. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Vorteile und Zukunftschancen einer Ausbildung klarer herausgestellt und den jungen Menschen auch außerhalb ihrer familiären Verbünde vermittelt werden.

    Es ist sinnvoll, junge Menschen in Gemeinschaften entsprechend ihrer Bedarfe zusammenzubringen, um gemeinsame Lern- und Erfahrungsorte sowie ggfs. auch Wohnmöglichkeiten zielgenau anbieten zu können. Dies kann dann besonders wichtig werden, wenn die eigenen Lebensumstände diesen Schritt für die jungen Menschen erschweren.

    „Ziel ist es, auf die Schaffung eines Azubi-Wohnheimes, das in einem weiteren Schritt auch für Nicht-Dortmunder*innen in Ausbildung ein Angebot sein kann, hinzuwirken. Über die Trägerschaft bzw. Struktur oder organisatorische Form dieses Wohnheimes soll nach ersten Erfahrungen und einer Evaluation der zunächst installierten Gemeinschaftseinrichtungen entschieden werden. Dabei kann es sich sowohl um eine Stiftung, wie auch um eine städtische, eine privatwirtschaftliche Einrichtung oder auch um eine städtisch-private Kooperation handeln. Der nun anlaufende Prozess soll als Grundlage für die Entwicklung der Verstetigung verwandt werden“, erklärt Silvya Ixkes-Henkemeier abschließend.

  3. „Ohne sie geht nichts mehr“ – Migrant*innen und Geflüchtete als Fachkräfte (PM Multikulturelles Forum e.V.)

    Ein gemeinsamer Stakeholder-Workshop „Arbeitsmarkt und Migration“ des Multikulturellen Forums mit der Friedrich-Naumann-Stiftung hat im Rahmen eines europäischen Projekts Handlungsempfehlungen für eine bessere Synchronisierung der Qualifikationen von Migrant*innen und Geflüchteten mit den Bedarfen des deutschen Arbeitsmarktes erarbeitet.

    Rund zwanzig Fachleute kamen auf Einladung des Multikulturellen Forums und der Friedrich-Naumann-Stiftung virtuell zusammen, um das Verhältnis von Arbeitsmarkt und Migration zu beleuchten. Zwei Fachvorträge schafften die Grundlage für die Diskussion: Zunächst stellte Sarah Pierenkämper eine Studie des Instituts für deutsche Wirtschaft vor, die den Beitrag von Migrant*innen und Geflüchteten zur Sicherung der Arbeitskräftebedarfe in Fachkraftberufen deutlich macht: „Ohne sie geht nichts mehr“ lautet der Titel und das Resümee der Studie.

    Laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit seien immer mehr Migrant*innen und Geflüchtete insbesondere in so genannten Engpassberufen wie der Alten-, Gesundheits- und Krankenpflege, der Bauelektrik oder der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik tätig. Auch begännen sie überdurchschnittlich oft Ausbildungen in diesen Fachrichtungen und seien somit ein unverzichtbarer Faktor in der Fachkräftegewinnung.

    Dass dieses Potenzial noch nicht ausreichend genutzt wird, betont nicht nur Pierenkämper – auch Dr. Thorsten Schlee von der Universität Duisburg-Essen ist überzeugt, dass Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte ein wertvoller Teil des Erwerbspotenzials in Deutschland ist. Nur hapere es an vielen Stellen an adäquater Unterstützung – und vor allem an Strukturen, die einer stetigen Einwanderung gewachsen seien. Als Beispiele führte er die personelle Unterbesetzung von Ausländerbehörden, die regional unzureichenden Schulplätze oder auch restriktive Auslegungen behördlicher Entscheidungen an.

    In der anschließenden Diskussion mit verschiedenen Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis war der Tenor klar: Damit die dringend benötigten Fachkräfte gewonnen werden können, brauche es eine stärkere Potenzialorientierung in der Steuerung von Migration und Integration. Ein Perspektivwechsel, weg von der häufig anzutreffenden Defizitbetonung, sowie eine Abkehr von einer reinen Anreizpolitik hin zu einer echten, individuellen Förderung von Stärken und Neigungen könne eine Chance sein, so ein Fazit der Diskussion.

    Als konkrete Handlungsempfehlungen wurden unter anderem eine stärkere Vernetzung von arbeitsmarktpolitischen Akteuren, die aktive Einbeziehung von Unternehmen und Migrantenorganisationen, Anlaufstellen vor Ort für Unternehmen, die Migrant*innen und Geflüchtete beschäftigen möchten, sowie die adäquate Anerkennung formeller wie informeller Qualifikationen aller Migrant*innen und Geflüchteter unabhängig von ihrem Herkunftsland.

    Die Ergebnisse des Stakeholder-Workshops werden, gemeinsam mit Ergebnissen aus vergleichbaren Veranstaltungen in Spanien, Griechenland und der Türkei, dokumentiert und von der Friedrich-Naumann-Stiftung für politische Entscheidungsprozesse aufgearbeitet. Das vom European Liberal Forum (ELF) organisierte Projekt wird unter anderem durch das Europäische Parlament gefördert.

  4. Deutsche Männer bevorzugt? Geförderte Beschäftigung muss allen Menschen gleiche Chancen bieten (PM der AG der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW)

    Der aktuelle Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW zeigt, dass die geförderte Beschäftigung nach § 16i SGB II aktuell nur einen Bruchteil der arbeitslosen Langzeitleistungsbeziehenden erreicht. Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit sind dies nur vier Prozent. Aus Sicht von Christian Woltering, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW, ist das deutlich zu wenig. Vor allem bei Frauen und Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit besteht Luft nach oben. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW fordert zudem eine Verkürzung der im Gesetz verankerten zeitlichen Zugangsvoraussetzungen: Warum muss sich Arbeitslosigkeit erst verfestigen, bevor Fördermaßnahmen greifen?

    Wer vom Jobcenter zugewiesene Langzeitarbeitslose in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis einstellt, kann über den § 16i SGB II Förderung erhalten. „Eigentlich ein gutes Instrument, von dem beide Seiten profitieren. Aber es hakt in der Umsetzung“, so Woltering. Ohnehin werden nur 4 Prozent der Langzeitleistungsbeziehenden überhaupt erreicht. Und wer ist das? Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit belegt, dass deutsche Männer am meisten von dem Förderinstrument § 16 I SGB II profitieren. Mehr als die Hälfte der Langzeitleistungs¬beziehenden sind jedoch Frauen (52,4 %). In der Gruppe der Geförderten wird deutlich, dass es hier im Jahr 2021 lediglich 36,7% waren, also nur rund ein Drittel.

    „Woran liegt das? Warum bekommen überwiegend deutsche Männer eine Förderung, die auf Grund ihrer Voraussetzungen ohnehin eine bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt haben?“, fragt Woltering. Denn der Blick in die Statistik zeigt: Bei Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ist die Diskrepanz noch verheerender als bei den Frauen. Ihr Anteil unter den Leistungsbeziehenden liegt bei 42 %. Unter den vom Jobcenter den Unternehmen zugewiesenen Menschen, sind sie mit einem Anteil von 15,7 % in der Förderung deutlich unterrepräsentiert.

    Teilzeit, Kinderbetreuung oder Sprachförderung müssen mitgedacht und Teil des Programms werden, so die Forderung der Freien Wohlfahrtspflege NRW. „Es gibt Nachbesserungsbedarf! Ein Förderprogramm mit so viel Potential muss alle Menschen mitnehmen, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft“, fordert Woltering. Kritisch sieht der Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege NRW auch die Dauer der Arbeitslosigkeit von mindestens sechs Jahren innerhalb der letzten sieben Jahre als Grundvoraussetzung. Dies müsse dringend deutlich verkürzt werden, zumal Zeiten wie Inhaftierung, Arbeitslosengeld I-Bezug oder Beschäftigung im Bundesfreiwilligendienst nicht einmal mitzählen.

    “Je länger Arbeitslosigkeit dauert, desto schwieriger ist es, den Weg herauszufinden. Warum müssen Menschen erst sechs Jahre arbeitslos sein, damit sie eine Förderung erhalten können, die eine wirkliche Chance bietet, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen“, so Woltering. „Es ist gesellschaftlich sinnvoller und volkswirtschaftlich auch günstiger, die Förderung viel früher einzusetzen, damit über Jahre verfestigte Arbeits- und Hoffnungslosigkeit erst gar nicht entsteht und im Umkehrschluss vorhandene berufliche Kenntnisse nicht gänzlich verloren gehen.“

    Hintergrundinformationen

    Der Arbeitslosenreport NRW: Regionale Zahlen online verfügbar

    Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Er erscheint mehrmals jährlich. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet heruntergeladen werden.

    http://www.arbeitslosenreport-nrw.de

    Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW

    In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich die Arbeiterwohlfahrt, Caritas, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonischen Werke und Jüdischen Gemeinden mit ihren 16 Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bieten sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Sicherung bestehender Angebote.

    http://www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de

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