Von Körperverletzung bis Hitlergruß: Erneuter Prozess gegen den Co-Vorsitzenden der Partei „Die Rechte“ in Dortmund

Sascha Krolzig (re. mit P.Z.) ist Co-Bundesvorsitzender der Partei „Die Rechte“.
Sascha Krolzig ist Co-Bundesvorsitzender der Partei „Die Rechte“. Ihm werden verschiedene Taten vorgeworfen.

Rund 2,5 Jahre nach der Tat gibt es vor dem Amtsgericht in Dortmund einen neuen Anlauf im Verfahren gegen den Co-Bundesvorsitzenden der Neonazi-Splitterpartei „Die Rechte“, Sascha Krolzig, und zwei seiner Kameraden. Ihnen werden eine Reihe von Vergehen vorgeworfen. Weil einer der beiden Mitangeklagten jedoch keinen Anwalt hatte, wurde das Verfahren im Juli 2018 vertagt und ein Pflichtverteidiger bestellt. Jetzt fand der erste Verhandlungstag statt. Dem Trio wird u.a. die Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen, (versuchte) gefährliche Körperverletzung und Volksverhetzung vorgeworfen.

Parolen: „Heil Hitler“, „Scheiß Ausländer“, „Du Halbjude, ich mach Dich fertig“ und „Niggerschwein“

Gemeinsam mit zwei Kameraden soll Krolzig am 9. Dezember 2016 um 2 Uhr morgens in der Gaststätte Gänsemarkt in Dortmund mehrere Straftaten begangen haben. So sollen Krolzig und seine Mitstreiter M.D. aus Dorstfeld und P.Z. aus Bielefeld den zunächst friedlichen und bierseligen Knobelabend mit einem gegenseitigen „Heil Hitler“ beendet haben.

Beim Aufstehen soll Krolzig mit einem Gast mit Migrationshintergrund zusammengestoßen und ihn mit Parolen wie „Scheiß Ausländer“, „Du Halbjude, ich mach dich fertig“ und „Niggerschwein“ beleidigt haben.  Zudem soll er noch versucht haben, ihm ein Bierglas ins Gesicht zu schlagen – er habe jedoch nur die Kappe des Opfers getroffen, weil ein Freund des Migranten Krolzig zuvor weggestoßen habe, heißt es in der Anklage.

Der Dortmunder Aktivist M.D. – er machte zuletzt als Hauskäufer in Dorstfeld auf sich aufmerksam – soll daraufhin eine Zeugin von hinten geschlagen haben. Er soll ihr dann noch aufs Bein getreten haben, so dass dort ein Schuhabdruck zurückblieb.

Die inzwischen alarmierte Polizei nahm die Personalien auf und erteilte Krolzig und P.Z. anschließend Platzverweise. Da diese dem nicht nachkamen und immer weiter provozierten, wollten die Beamten die beiden zur Durchsetzung des Platzverweises in Gewahrsam nehmen. Das wollte P.Z. verhindern und griff ein. Damit leistete P.Z. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, die er auch noch auf dem Weg zur Wache beleidigte. M. D. muss sich wegen Körperverletzung verantworten.

„Sie haben im Brustton der Überzeugung kundgetan, dass sie Nationalsozialisten sind“

Staatsanwaltschaft Dortmund
Vor dem Dortmunder Amtsgericht wird der Fall 2,5 Jahre nach der Tat verhandelt. Fotos: Alex Völkel

Eine ganze Reihe von ZeugInnen sind für die Verhandlung geladen – darunter auch die drei Gäste, die zunächst friedlich mit den Neonazis in der Kneipe gesessen haben. Die drei Freunde schilderten den Abend sehr anschaulich und detailreich. Sie seien nach dem Basketballtraining in die Gaststätte gekommen und hätten gefragt, ob sie sich an den freien Tisch neben dem Neonazi-Trio setzen könnten. Anfänglich knobelte man auch friedlich. Doch im Verlauf des Gesprächs kristallisierte sich die politische Gesinnung der drei Gäste aus Dorstfeld heraus. 

„Man konnte nach und nach deren Positionen raushören“, berichtete einer der Zeugen. Auf konkrete Nachfrage wurde dann von Sascha Krolzig Klartext gesprochen: „Sie haben im Brustton der Überzeugung kundgetan, dass sie Nationalsozialisten sind. Das habe ich bisher so noch nicht erlebt“, gab der Zeuge zu Protokoll. Natürlich seien ihm schon früher Nazi-Standpunkte untergekommen. Doch die seien immer mit „Ich bin kein Nazi, aber…“ vorgetragen worden. Hier sei dies aber völlig anders gewesen. 

Wegen dieser Kontroverse wurde die Stimmung immer aggressiver und vor allem dem einzigen Migranten in der Runde wurde dies zu viel – er wollte gehen. In dieser Situation soll Krolzig versucht haben, dem Migranten ein Bierglas ins Gesicht zu schlagen. Weil einer seiner Freunde dies sah, stieß er den Neonazi an, so dass der Schlag den Migranten verfehlte. Der Schlag traf nur die Baseball-Kappe des Geschädigten. 

Zeugen brachten Krolzig nach eigener Aussage zu Boden und entwaffneten ihn

Aus Wut soll dann Krolzig angefangen haben, wild um sich zu schlagen. „Aus Reflex habe ich dann Herrn Krolzig mit einem Judo-Reflex zu Boden befördert, nachdem er stark um sich geschlagen hatte“, machte der zweite Begleiter des Migranten deutlich. Weitere Anwesende mischten sich ein und zerrten die beiden Männer auseinander. 

Daraufhin soll Krolzig nach einem Barhocker gegriffen haben, um ihn gegen den Zeugen einzusetzen. Doch dieser schaffte es, Krolzig den Hocker zu entreißen, bevor dieser zuschlagen konnte.  „Ich konnte ihn rausbefördern“, so der Zeuge. In den Ausgang bzw. vor die Tür gedrängt, richtete Krolzig seine Hasstiraden weiter in Richtung des Migranten, der in der Zwischenzeit mit dem Handy die Polizei gerufen hatte. 

„Scheiß Ausländer“, „Du Halbjude, ich mach Dich fertig“ und „Niggerschwein“ soll Krolzig gerufen haben. Außerdem habe er den Hitlergruß gezeigt und „Heil Hitler“ gerufen. Diese Äußerungen hatten mehrere Zeugen bestätigt – auch der Mitangeklagte P.Z. war verbal auffällig geworden.

Verteidigung: Starke Alkoholisierung oder Schuldzuweisung auf Zeugen als Strategie

Sascha Krolzig (re), M.D. (li) und P.Z. (mi) - mit Rechtsanwalt Picker - stehen in Dortmund vor Gericht.
Sascha Krolzig (re), M.D. (li) und P.Z. (mi) – mit Rechtsanwalt Picker – stehen in Dortmund vor Gericht.

Sascha Krolzig Verteidiger verfolgt zwei unterschiedliche Strategien – so zumindest die Wahrnehmung nach dem ersten Prozesstag. Zum einen geht es offenbar darum, eine starke Alkoholisierung als Verteidigung ins Feld zu führen. Allerdings sprachen die Zeugen, die mit den Neonazis in der Kneipe saßen und diskutierten, von klarer Artikulation und keinen Ausfallerscheinungen. 

Die herbeigerufenen Polizisten sprachen hingegen von unterschiedlich starken Graden der möglichen Alkoholisierung. Klar scheint bisher nur, dass die Ingewahrsamnahme nicht zum Ausnüchtern angeordnet wurde, sondern zur Durchsetzung des Platzverweises gegen P.Z. und Krolzig. Eine Blutprobe wurde nicht angeordnet, freiwillig „Blasen“ wollten die beiden nicht. Zur genaueren Klärung sollen daher beim zweiten Verhandlungstag weitere PolizistInnen gehört werden.

Die zweite Verteidigungsstrategie scheint zu sein, einem der Zeugen die Schuld für die Eskalation zuzuschieben. Dieser könnte durch das Wegschubsen von Sascha Krolzig verantwortlich für den Beginn der Eskalation sein, so offensichtlich die Lesart der Verteidigung des Neonazis. Der eigentliche Anlass des Wegstoßens – den Schlag mit dem Bierglas zu verhindern – würde damit negiert. Hilfreich könnten da widersprüchliche Angaben zur Reihenfolge in den Polizeiakten sein, auch wenn die Zeugen übereinstimmend darstellten, dass die Aggression und Eskalation von Krolzig ausging. 

Krolzig: „Bald haben wir die braunen Uniformen an und haben dann das Sagen.“

Wie dieser sich die Zukunft vorstellt, machte Krolzig gegenüber einem Beamten deutlich, als er den Platzverweis ignorierte: „Noch habt ihr die Uniformen an. Bald aber haben wir die braunen Uniformen an und haben dann das Sagen. Und jetzt gehen wir ein Bier trinken“, entgegnete Krolzig einem der Beamten – und ignorierte dessen Platzverweis.

Als die Beamten Krolzig ergriffen, um den Platzverweis durchzusetzen, hatte nach Zeugenaussagen P.Z. versucht einzugreifen – dies wurde als versuchte Gefangenenbefreiung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gewertet. Zudem soll er die Beamten beleidigt haben. Krolzig konnte er nicht befreien. Dieser wurde – dieses Mal von einem Beamten – erneut zu Boden gebracht. Dabei erlitt er Schürfwunden an den Knien.

Zum nächsten Termin sollen weitere PolizistInnen gehört werden. Zudem soll dann auch die geschädigte Frau vernommen werden, die bei dem Kneipenstreit nach einem Schlag bewusstlos zu Boden ging – diese Tat wird zumindest bisher M.D. angelastet. Wann die Verhandlung fortgesetzt wird, steht noch nicht fest. Bei der Ladung zum zweiten Verhandlungstag gab es Probleme. Ob es eine gemeinsame Fortsetzung gibt oder das Verfahren gegen M.D. abgetrennt wird, ist noch völlig offen.

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Reaktionen

  1. Barbara Walter

    Wir werden unser Grundgesetz und Verfassung verteidigen. Friedlich und mit Bildung. Was für eine Kinderstube hatten diese armen „rechten“ Mitbürger!!!? Helft ihnen auf den geraden Weg zurück!!!!

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