Von Marian Thöne
„Dortmund ist die Herzkammer der SPD.“ An diesen Klassiker erinnerte am Freitagabend zwar weder Scholz noch Norbert Walter-Borjans, sondern Dortmunds OB-Kandidat Thomas Westphal – trotzdem hatten sich beide SPD-Schwergewichte im Dortmunder U eingefunden. Dadurch unterstützten sie Westphal bei seiner Kandidatur. Es ging aber u. a. auch um das Verhältnis von Bundes- und Kommunalpolitik, die Corona-Krise oder Klimapolitik.
Das Dortmunder U ist „die gute Stube des Strukturwandels“ – oder auch die Kathedrale
Zu Beginn der Veranstaltung erläutert Moderatorin Katja Leistenschneider zunächst die üblichen Corona-Regeln, dann geht es auch schon los. Der Dortmunder OB-Kandidat Thomas Westphal ist sichtlich zufrieden, die Gäste des Abends im View, in der obersten Etage vom Dortmunder U, begrüßen zu dürfen.
Dies sei, als ehemalige Brauerei und inzwischen gefragter Kulturbetrieb, die „gute Stube des Strukturwandels im Ruhrgebiet“. Im späteren Verlauf war sogar von der Kathedrale die Rede.
Hier treffe man sich nun, um den „Steilpass“, das SPD-Ergebnis bei der Kommunalwahl in Hamburg, zum „Tor in Dortmund“ zu verwandeln, bevor Scholz dann im kommenden Jahr „die Bundesliga gewinnen“, also Kanzler werden möge.
Als Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Scholz sowie der SPD-Bundesvorsitzende Walter-Borjans dann auf dem Podium Platz nehmen, geht es zunächst um das Verhältnis von Bundes- und Kommunalpolitik. Erwartungsgemäß betonen beide, wie wichtig Kommunen seien.
Rolle der Kommunen „außerordentlich wichtig“- SPD möchte in Menschen investieren, nicht in die Wirtschaft
„Viele Kommunen leiden unter Altschulden, müssen sich aber um den Wohnraum, die Ausbildung, gute Nachbarschaft, den ÖPNV und vieles mehr kümmern.“ so Walter-Borjans. Scholz sieht das ähnlich: „Wenn es nicht klappt mit bezahlbarem Wohnen, mit Schulen, Straßen, ärztlicher Versorgung usw., dann ist das ein Problem.“
Und Walter-Borjans schließt: „Darum kommt den Kommunen eine entscheidende Rolle zu. Sie müssen handlungsfähig sein, gerade in der Corona-Krise.“ So oder ähnlich äußern sich diverse Gäste über den ganzen Abend verteilt. Wenig überraschend, stehen doch demnächst Kommunalwahlen an.
Auch Spitzen gegen den Bundeskoalitionspartner bleiben nicht aus. Laut Walter-Borjans sei immer Credo, „den Markt zu entfesseln. CDU und CSU sind schnell bereit, Hilfen für die Wirtschaft auf die Beine zu stellen. Hilfen für den Menschen sind dann etwas anderes. Da wird es gleich schwierig.“
Darum wolle man für die Menschen langfristige Arbeitsplätze schaffen, anstatt sie nur zu retten. Das lässt aufhorchen – werfen doch gerade NGOs der SPD z. B. immer wieder vor, zu stur an der Kohleindustrie festzuhalten. Aber Klimaschutz kommt kurz darauf noch zur Sprache.
Monika Griefahn möchte öffentliche Verkehrsmittel und das Radfahren fördern
Moderatorin Katja Leistenschneider bittet schließlich noch Monika Griefahn, OB-Kandidatin in Mühlheim, Marion Weike, Landratskandidatin in Gütersloh und abermals Thomas Westphal zur Diskussion hinzu. Und Griefhahn äußert gleich konkrete Punkte.
„Neulich bin ich im Ruhrgebiet von einer Stadt in die andere gefahren – und habe von Tür zu Tür 1,5 Stunden gebraucht. Mit dem Auto wären es 40 Minuten gewesen. Das zeigt: wir brauchen einen besseren, mobileren ÖPNV. Genauso möchte ich den Bau vom Radschnellweg Ruhr, des RS1, schneller vorantreiben. Nur so können unsere Kommunen klimatauglich werden.“
Scholz weißt an der Stelle darauf hin, dass man den Bundeshaushalt für Öffentliche Verkehrsmittel von 333 Millionen auf zwei Milliarden Euro erweitert habe: „Der deutsche ÖPNV ist teilweise ein Witz im Vergleich zum Metrosystem anderer Länder.“ Später verweist er nochmals auf den ambitionierten Plan, Deutschland bis zum Jahr 2050 CO₂-neutral zu machen.
Fpür die SPD sind die Arbeitsbedingungen bei Tönnies „ein Skandal“ – aber nicht nur dort
Bürgermeisterin Marion Weike möchte den CDU-Landrat im Kreis Gütersloh beerben. Sie wird natürlich auf das Corona-Desaster in der Fleischfabrik von Tönnies angesprochen.
„Der zweite Lockdown, zu dem wir gezwungen waren, hat die ohnehin angespannte Situation für unsere Gastronomie und viele weitere Bereiche nochmal verschlechtert“ weiß sie zu berichten. Auch sie erhält Unterstützung von Scholz. Man müsse sich das Wegschauen abgewöhnen.
„Viele denken wohl immer noch, Arbeitsbedingungen wie bei Tönnies sind in Deutschland undenkbar. Aber sie sind bittere Realität. Das ist ein Skandal.“ Dieses Gefühl „so etwas gibt es bei uns nicht“ müsse Realität werden.
Westphal: Karstadt gerettet – Karstadt Sport noch in der Schwebe – Mieten für den Einzelhandel oft zu hoch
Bezüglich der kommunalen Entwicklung in Dortmund fragt Moderatorin Katja Leistenschneider bei Westphal noch zum Thema Karstadt nach. Das Haupthaus sei ja bekanntlich gerettet, wie sehe es mit Karstadt Sport aus? „Hätten wir das geschafft, hätten sie davon gehört“ stapelt Wirtschaftsförderer Thomas Westphal.
Man arbeite weiter daran, aber es gäbe auch ein strukturelles Problem. So könnten nicht nur Kaufhäuser, sondern gerade auch kleinere Geschäfte, schlicht die Mieten in den jeweiligen Immobilien nicht bezahlen. Speziell in den Erdgeschossen nähmen die Eigentümer oft horrende Mieten.
„So können es sich allenfalls große Konzerne leisten, in guter Lage Geschäfte zu eröffnen. In anderen Ländern gibt es teilweise einen viel individuelleren Einzelhandel. An dieser Stelle wollen wir ansetzen.“
Zum Ende der Podiumsdiskussion kamen also noch ein paar konkrete Themen auf den Tisch. Das tat dem Abend sicherlich gut. Soll ja nicht alles nur PR sein.
Reaktionen
Carsten Klink
Die SPD will sich in ihrer Herzinfarktkammer Dortmund also an Hamburg orientieren. Bedeutet dies, dass man bei der nächsten Großdemonstration in Dortmund ebenso skrupellos wie ihr SPD-Vizekanzlerkandidat Scholz als damaliger Oberbürgermeister bei den G20-Protesten Bürger- und Freiheitsrechte mit Polizeistiefeln treten lässt?
Das Schweinesystem-Tönnies ist letztlich doch nur durch genau das Arbeitsrecht möglich, welches die SPD nicht zuletzt mit der Agenda2010 und dem größten Niedriglohnsektor Europas geschaffen hat. Auch stellt die SPD mit dem Politikwissenschaftler Hubertus Heil, von dem böse Zungen behaupten, dass er sein Berufsleben komplett außerhalb der freien Wirtschaft als Abgeordneter oder als Mitarbeiter von Abgeordneten im Raumschiff Bundestag verbracht hat und somit gar keine Ahnung von der Arbeitswelt der normalen Menschen hat, den Bundesarbeitsminister. Heils Vorgängerin war seit 2013 die Politikwissenschaftlerin Andrea Nahles, die ebenso viel Erfahrung außerhalb der freien Wirtschaft hat wie Heil und die sogar wegen anhaltender Kritik des linken SPD-Flügelchens an den Ausnahmeregelungen des Mindestlohns aus dem Forum Demokratische Linke 21 der SPD ausgetreten war. Verflixte sieben Jahre wurde in diesem SPD-Ministerium nichts gegen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen getan. Für Nahles eigene Arbeitsbedingungen wurde aber gesorgt. A.Nahles ist nun bar jeglicher Qualifikation Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation.
Ebenso grotesk sind die Krokodilstränen der SPD bei den kommunalen Altschulden. Die SPD ist seit 1998 (!) mit lediglich vier Jahren Unterbrechung Teil der Bundesregierungen, die offensichtlich all die schönen Jahre nicht in der Lage waren, die katastrophale Altschuldenproblematik der Städte und Gemeinden zu lösen.
Bei der Lektüre des Nordstadtblogger-Beitrages hat man plötzlich und natürlich völlig unwillkürlich einen Song von Marc-Uwe Kling und seinem Känguru im Ohr:
„Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!
Wer hat keinen vernünftigen Kanzlerkandidaten?“
https://www.youtube.com/watch?v=giRgf-A1xa4
AndiN
An den Vorposter. Die Altschuldenproblematik liegt nicht am Bund bzw. der SPD. Die CDU blockiert permanent. Derzeit ist sogar Bund CDU dafür, aber die Landesregierung sperrt sich ihren Teil der Lösung zu leisten.