Aktionswoche für Kultur und Nachhaltigkeit im Konzerthaus gestartet

„Green Culture“: Nachhaltigkeit als kulturrelevante Querschnittsaufgabe

Nicht nur symbolisch: Die Akteur:innen der Green Culture Woche 2024 sind angetreten, um die Kultur zu stärken und resilient für die veränderten ökologischen Rahmenbedingungen zu gestalten. Patrick Essex

Was können Kunst und Kultur zu Nachhaltigkeit und Kilmaschutz beitragen? Seit mehr als einem Jahr arbeiten Dortmunder Kulturinstitutionen gemeinsam daran, diese Frage zu beantworten und organisieren bereits zum zweiten Mal die „Green Culture Woche“. Sie wurde am 18. März im Konzerthaus eröffnet – bis zur Earth Hour am Samstag, den 23. März gibt es ein abwechslungsreiches Programm.

Die Kunst als verbindendes Element nutzen, um Menschen zu bewegen

Den Auftakt der Woche bildete das Konzert von Alexej Gerassimez & Friends. Unter dem Titel „Elements of Nature“ brachte der Percussionist Wasser, Holz oder auch mal Metall zum Klingen. Ein faszinierendes und berührendes Konzerterlebnis – und eines, bei dem das Thema Nachhaltigkeit in mehrfacher Hinsicht mitschwingt.

Eröffnung im Konzerthaus mit Talk und Konzert (v.l.): Raphael von Hoensbroech (Intendant Konzerthaus Dortmund), Ina Brandes (NRW Ministerin für Kultur und Wissenschaft), Stephan Muschick (Geschäftsführer E.ON Stiftung), Alexej Gerassimez (Percussionist) Daniela Berglehn | Nordstadtblogger

Gerassimez baut seine Instrumente häufig aus „Schrott“ – eine Art Upcyling, verrät er im Talk nach dem Konzert. Es geht in der Runde um Nachhaltigkeit und Kultur und neben ihm, dem Künstler, sind auch die Perspektiven von Politik, Intendanz und Förderung gefragt.___STEADY_PAYWALL___

Für den Privatmenschen Gerassimez ist Klimaschutz wichtig und er versucht das auch in seinem Reiseverhalten auf Tour zu berücksichtigen. Den größeren Beitrag sieht er aber in seiner Rolle als Künstler, der die Musik als „verbindendes Element“ nutzt, um das Thema beim Publikum ins Bewusstsein zu bringen.

Das ist auch eine Intention der E.ON Stiftung, die das Konzerthaus und den Abend fördert. Inhalte auf die Bühne bringen, Kommunikation unterstützen, notfalls auch Mittel für Kompensationsmaßnahmen zur Verfügung stellen – „die Stiftung begleitet Kulturbetriebe seit Jahren auf dem Weg zur Klimaneutralität“, so Geschäftsführer Stephan Muschick.

„Der ästhetische und kulturelle Beitrag ist zu wertvoll, um ihn aufs Spiel setzen“

Ministerin Ina Brandes begrüßt dieses Engagement – für sie ist Nachhaltigkeit eine Querschnittsaufgabe und daher auch kulturrelevant. Gerade für Kultureinrichtungen sei es aber auch eine Frage der Glaubwürdigkeit.

NRW Ministerin Ina Brandes (l.) im Gespräch mit dem Musiker Alexej Gerassimez – Moderation Marlies Schaum. Daniela Berglehn | Nordstadtblogger

Doch wie kann das gehen? Die Sanierung der Infrastruktur und der Gebäude ist teuer. Woher soll das Geld kommen? Drohen Schließungen, wenn es der Kultur nicht gelingt die Klimaziele zu erreichen?

„Der ästhetische und kulturelle Beitrag ist zu wertvoll, um ihn aufs Spiel zu setzen“, so die Ministerin, und CO2-Einsparungen ließen sich woanders schneller erzielen. Aber dass das Thema Energiebilanz einmal ein Argument für oder auch gegen die Förderung einer Institution sein wird, das steht für sie fest. Sie will darum bereits jetzt Wissen aufbauen und Vorbildprojekte fördern und lobt die Dortmunder Green Culture Aktuer:innen für ihre Initiative.

„Die Publikumsmobilität stellt den größten Anteil an den Gesamtemissionen dar“

Das Konzerthaus ist so ein Vorbildprojekt, denn dort arbeitet man bereits seit fast zwei Jahren an einer Klimabilanz und hat beispielsweise eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach installiert. Auch in Sachen LEDs hat das Haus nahezu komplett umgerüstet.

Energie für die Kultur: Photovoltaikanlage auf dem Dach des Konzerthauses in Dortmund. Patrick Essex

Aber was viele nicht wissen: „In Kulturbetrieben stellt die Publikumsmobilität den größten Anteil an den Gesamtemissionen dar“, erklärt Raphael von Hoensbroech, Konzerthaus-Intendant.

Seit September 2023 werden vor den Konzerten Daten zum Anreiseverhalten der Besuchenden erhoben. Wer kommt von wo? Kommen die Gäste mit dem Auto, der Bahn, dem ÖPNV oder auch mal mit dem Rad?

Fragen, die auch andere Kulturschaffende wie zum Beispiel den Dortmunder Kunstverein oder das Stadtteilzentrum Balou beschäftigen. Auch hier wurden Mobilitätsbefragungen durchgeführt, und obwohl beide Institutionen bestens durch die U43 angebunden sind, bleibt es für viele Menschen bequemer mit dem Auto anzureisen. „Hier gilt es Anreize zu schaffen, um Veränderungen herbeizuführen, aber das ist nicht nur Sache der Kultur“, findet Nicola van der Wal, Vorstand vom balou e.V.. Und auch Hoensbroech weiß: „Wir können ÖPNV-Tickets anbieten, aber wenn nach Ende des Konzerts keine Bahn mehr fährt, nutzt das nicht viel.“ Ina Brandes nickt – sie war ja auch mal Verkehrsministerin.

Trotzdem: Eine Woche voller nachhaltiger Kulturangebote

Allen Widrigkeiten zum Trotz, wird es aber nun die ganze Woche Programm und Gespräche zum Thema geben. Bereits eröffnet ist die Ausstellung „Auf die Straße“ im HANS A auf der Hansastraße. Hier beschäftigen sich Studierende der FH Dortmund mit Formen des Klima-Protests.

Anica Jacobsen (FH Dortmund) und Taisiya Starostina (FH Dortmund) „Auf die Straße"
Ausstellung „Auf die Straße“ von Studierenden der FH Dortmund. Im Bild: Anica Jacobsen und Taisiya Starostina. Leonie Karas | Nordstadtblogger

Am Mittwoch (20. März) wäre der Besuch im Kino im U möglich, denn um 18:00 Uhr zeigt das Museum Ostwall die Filme „Untitled Abisko“ und „É Noite na América“, die sich auf besondere Weise mit der von Menschen geprägten Landschaft beschäftigen.

Auch die Fotografen Daniel Sadrowski, Thomas Wrede, das Docks Colletive und Jan Richard Heinicke schauen auf Landschaften, auf Relikte des Protestes und auf das, was passiert, wenn Flüsse zu reißenden Fluten werden. Die Eröffnung der Ausstellung „Die Konsequenz“ findet Donnerstag (21. März) ab 18:30 Uhr im SUPERRAUM in der Brückstraße 64 statt.

Von Ausstellung über Feierabendmarkt bis Workshops

Eine Solo-Ausstellung von Jan Richard Heinicke zum „Klimawandel im historischen Kontext“ ist bis zum 13. Juli im Depot zu sehen und auch die Ausstellung von Niklas Goldbach „The Paradise Machine“ im Hartware MedienKunstVerein ist gerade erst eröffnet worden – sie läuft noch bis zum 11. August 2024.

Green Culture Aktionstage 2024
„Am 1. Weihnachtstag 2022 habe ich den besetzten Weiler Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier besucht. Die Räumung war für Anfang Januar 2023 geplant. Viele Aktivist*innen waren in den Weihnachtsferien, so konnte ich die Strukturen und die Protest-Architektur im kühlen Winterlicht menschenleer fotografieren.“ (Daniel Sadrowski) Daniel Sadrowski

Wer also die einmalige Chance nutzen will selbst kreativ zu werden, kann am 20. März um 17 Uhr ins MKK zum Upcycling Workshop gehen. Oder wie wäre es am Donnerstag, den 21. März mit der Green Culture Ausgabe des Feierabendmarkts auf dem Theatervorplatz?

Und wer einmal die Grenzen des eigenen Selbst infrage stellen will, ergreift am Freitag, um 18.00 Uhr die besondere Gelegenheit einer Führung mit Kuratorin Rebekka Seubert durch die Ausstellung „Unselfing“ im Dortmunder Kunstverein.

Das komplette Programm der Woche findet sich unter: green-culture-dortmund.de.

Finale in der Pauluskirche – Talk mit Ratsvertreter:innen

Zum Ende der Woche wird es dann wieder politisch. „Fällt der letzte Vorhang mit der Klimakrise?“ fragen sich die Kulturakteur:innen Dortmunds und Mitglieder der Ratsfraktionen wurden eingeladen Stellung zu beziehen. Die CDU-Vertreter:innen standen nicht zur Verfügungen, aber zugesagt für das Podium in der Pauluskirche am Samstag, 23. März ab 18:30 Uhr haben Katrin Lögering von den Grünen, Dominik de Marco von der SPD sowie Vertreter:innen der Partei Linke+ und der FDP.

Das Finale der Green Culture Woche findet zur WWF Earth Hour in der Pauluskirche statt. Oliver Schaper

„Bereits während der Coronapandemie wurden Kultureinrichtungen für übergeordnete Ziele geschlossen. Sollte die Stadt Dortmund ihr Ziel der Klimaneutralität 2035 verfehlen, könnte dies in ähnlicher Weise durch Betriebsschließungen zu einer Reduzierung des Kulturangebots führen“, formuliert Pfarrer Friedrich Laker die Sorgen der Kulturschaffenden.

Die Green Culture Dortmund Initiative sei angetreten Kultur zu stärken und resilient für die veränderten ökologischen Rahmenbedingungen zu gestalten. Aber wie könnte das gelingen und welche Unterstützung gibt es dazu von politischer Seite? Diese Fragen gilt es zu beantworten und Lösungen zu entwickeln.

Umrahmt wird die Diskussion durch musikalische Beiträge vom Singer-Songwriter Hans Blücher von den Nordmarkt Records. Um 20:30 Uhr geht es dann bei Kerzenschein weiter – bis 21.30 Uhr sind dann rund um den Globus die Lichter ausgeschaltet, um ein Zeichen für mehr Klima- und Umweltschutz zu setzen. Wenn das Licht wieder angeht, endet die Woche, aber die Herausforderung bleiben bestehen.


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Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:

Wanderausstellung im „Hans A“ Dortmund: „Auf die Straße: Wie weit darf Klimaprotest gehen?“

Ausstellung von Jan Richard Heinickes zum Klimawandel im historischen Kontext im Depot

Pilotprojekt: Kulturinstitutionen aus Dortmund veranstalten erstmalig „Grüne Kulturtage“

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Reaktionen

  1. 23.3.2024, 18:30 Uhr: „EARTH HOUR“ – Fällt der letzte Vorhang mit der Klimakrise? – Diskussion u. Kerzenschein-Konzert mit der Nic-Koray-Band (PM)

    Eine politische Podiumsdiskussion um die Bedeutung der Kultur in der Klimakrise und ein Konzert bei Kerzenschein mit der Nic Koray Band. Zur weltweiten WWF-Aktion EARTH HOUR findet auch in diesem Jahr eine Veranstaltung in der Pauluskirche statt. Die Veranstaltung ist Teil der GREEN- CULTURE-Initiative Dortmunder Kultureinrichtungen.

    Am 23. März 2024 findet die Earth Hour statt. Bereits zum 18. Mal werden an diesem Tag von 20.30 Uhr bis 21.30 Uhr rund um den Globus die Lichter ausgeschaltet, um bei der weltweit größten Aktion für mehr Klima- und Umweltschutz ein Zeichen zu setzen. Auch die Stadt Dortmund ist hieran beteiligt und schaltet die Beleuchtung ihrer Gebäude (Rathaus, Verwaltung, u.a.) in dieser Stunde aus. In der Pauluskirche findet dann ein Konzert nur bei Kerzenschein statt.

    Der erste Teil (ab 18:30 Uhr) der EARTH HOUR – Veranstaltung ist durch eine politische Podiumsdiskussion mit dem Titel „Fällt der letzte Vorhang für die Erde mit der Klimakrise?“ bestimmt. Am Bühnendiskurs über die Bedeutung von Kunst und Kultur in der Klimakrise nehmen Vertreter*innen der demokratischen Parteien im Rat und des Kulturausschusses der Stadt Dortmund teil.

    Umrahmt wird die Diskussion durch musikalische Beiträge vom Singer-Songwriter Hans Blücher von den Nordmarkt Records, Independent Label aus der Dortmunder Nordstadt. In seinen Songs greift Hans Blücher gesellschaftliche Probleme und die Klimakrise auf, vermittelt dabei aber immer Hoffnung und trotz allem Lebensfreude. Echte Nordstadt-Kultur aus Liebe zum Leben. Hans Blücher auf Instagram ; Hans Blücher auf Facebook

    Im zweiten Teil (20:30 Uhr) spielt die NIC-KORAY-Band ein Konzert in einzigartiger Atmosphäre eines nur von Kerzenschein erleuchteten Kirchenraums. Nic Koray ist eine bekannte Singer-Songwriterin mit besonderem Herz für die Natur und die Tiere. In ihren einfühlsamen, meist englischsprachigen Songs drückt sie ihre Sehnsucht nach einem friedlichen Zusammenleben auf der einen Erde aus. Mit ihrer 5-köpfigen Band spielt sie bei der Earth Hour einfühlsame Songs mit Aufforderungscharakter-mehr unter http://www.nickoray.de.

    Die leidenschaftliche Künstlerin arbeitet zudem als Illustratorin, Autorin und Schäferin mit ihrer geschätzten Schafherde (schlachtfrei) mit Menschen und Tieren, wo Nic Koray die Inspiration für ihre künstlerische Arbeit findet. Siehe auch Begegnungshof HerzBerg Herdecke http://www.herzberg-herdecke.de.

    Mehr über das Netzwerk GREEN CULTURE DORTMUND, zu dem auch die Pauluskirche gehört, und die Aktionswoche vom 18. – 24. März 2024 mit vielen Veranstaltungen erfahren Sie auf https://green-culture-dortmund.de.

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