Große Anteilnahme - kein Zeichen gegen Hamas - Verstöße gegen Auflagen

Zwei pro-palästinensische Demos in Dortmund: „Gegen Krieg, Gewalt und Aggression in Gaza“

Mehr als 2500 Menschen demonstrierten gegen israelischen Angriffe auf den Gazastreifen und die Blockade – die Gräuel der Hamas gegen die israelische Zivilbevölkerung wurde weitgehend ignoriert. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Zwei pro-palästinensische Demonstrationen zogen am heutigen Samstag (28. Oktober 2023) durch die Dortmunder Innenstadt. Eine wurde von der islamistischen Furkan-Bewegung organisiert, die andere von der Palästinensischen Allianz NRW. Sie forderten ein Ende der israelischen Blockade und der Luftangriffe auf den Gazastreifen. Sie warfen Israel Menschenrechtsverstöße und Mord vor. Die Gräuel der Hamas und die Angriffe auf die israelische Zivilgesellschaft wurden weitgehend ausgespart. Beide Demos verliefen größtenteils friedlich und störungsfrei – die Polizei verzeichnete allerdings mehrere Verstöße gegen die Auflagen, mit denen antisemitische Vorfälle verhindert werden sollten.

Polizei verfügte über umfangreichen Auflagenkatalog um Antisemitismus zu unterbinden

Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Die erste Demonstration, veranstaltet von der Gemeinde der Palästinenser:innen, startete um 14 Uhr am Platz der deutschen Einheit vor dem Fußballmuseum.

Zu Beginn wurde der Auflagenkatalog der Dortmunder Polizei verlesen, der Symbole und Fahnen, die Terrororganisationen wie den „Islamischen Staat“ (IS) und die „Islamische Widerstandsbewegung“ (Hamas) darstellen, verbot, ebenso wie das Rufen von Parolen mit volksverletzendem Inhalt. Auch Israel das Existenzrechts abzusprechen und einen Genozid oder Völkermord zu unterstellen wurde im Zuge dessen untersagt.

Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

„Angstmache, Einschüchterung, Hass, Gewaltaufrufe und Sympathie-Bekundungen für terroristische Vereinigungen sind Ausdrück eines gefährlichen Antisemitismus. Dies gefährdet die öffentliche Sicherheit und Ordnung und damit den sozialen Frieden hier in Dortmund.

Parolen, die zu Hass und Gewalt anstacheln, sind nicht vom Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geschützt. Daher nutzen wir das Polizei-, das Versammlungs- und das Strafrecht konsequent, um Verstöße zu verhindern oder zu verfolgen“, sagte Polizeipräsident Gregor Lange bereits im Vorfeld der Demonstrationen. Um Verstöße schnellstmöglich zu erkennen und zu ahnden, setzte die Dortmunder Polizei Dolmetscher:innen ein.

Trotz der Auflagen wurden auch verbotene Parolen wie diese gezeigt. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Gleich zu Beginn der Demonstration stellte die Polizei einige Banner sicher, die gegen die Auflage verstießen. Dazu stoppte die Polizei den Demonstrationszug bereits auf dem Königswall gegen 14.30 Uhr. „Bitte packt Plakate ein, auf denen die Wörter Genozid, Kindermörder, Völkermord oder Massaker stehen, damit wir weiter laufen können“, appellierten die Organisator:innen.

Sie forderten die Teilnehmenden an der Demo zudem auf, sich die Plakate in ihrem Umfeld anzusehen und im Fall von verbotenen Symbolen oder Parolen die anderen Teilnehmer:innen aufzufordern, die Plakate herunterzunehmen. Nach fünfzehn Minuten konnte die Demonstration weiterlaufen.

2.500 Menschen nahmen an der Demo der Gemeinde der Palästinenser:innen teil

Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Gegen 15 Uhr fand dann die Zwischenkundgebung in einer Nebenstraße der Reinoldikirche statt. Dort nutzte ein Redner die Formulierung „Endlösung der Palästinafrage“ im Zusammenhang mit Israels Verteidigungspolitik. Die Polizei prüfte die Aussage umgehend. Von dort aus zog der Demonstrationszug über den Ostwall in südwestliche Richtung.

Die rund 2.500 Demonstraionsteilnehmer:innen skandierten Parolen wie „Free palestine“, „Israel hör auf – Wir geben nie auf“, „Deutschland finanziert – Israel bombardiert“ und „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Heimat klaut“.

Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Auf dem Friedensplatz endete die Demonstration gegen 16.30 Uhr. Zuvor waren noch mehrere Redebeiträge gehalten worden. Ein Redner unterstellte, die Medien und Nachrichten – deren Intendant:innen Politiker:innen seien – wären gleichgeschaltet. Er betonte auch, dass in Deutschland jegliche Kritik an Israel mit Antisemitismus gleichgesetzt würde.

Zudem sei die Hamas von Israel selbst gegründet worden. Wichtig sei ihm persönlich aber auch, dass zwischen Israel und dem Judentum differenziert würde, denn auch Jüd:innen kritisierten den Umgang Israels mit den Palästinenser:innen.

Im Vorfeld hatte die nicht mehr existente Partei „Die Rechte“ in ihrem bundesweiten Telegram-Kanal zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen. Dem Aufruf folgten zwei Personen, die der Neonazi-Szene zuzuordnen sind. Die beiden Männer liefen beinahe die gesamte Demonstrationsroute auf dem Bürgersteig neben dem eigentlichen Demonstrationszug her.

Polizei zieht positive Bilanz: Beide Demonstrationen verliefen größtenteils störungsfrei

Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

„Wir haben die Aufgaben der Polizei bei diesen Versammlungen sehr präzise vorbereitet und mit unseren beschränkenden Verfügungen klare Regeln aufgestellt. Von Anfang an war klar, dass wir bei Verstößen gegen die Auflagen sofort mit den Versammlungsleitern Kontakt aufnehmen oder selbst einschreiten werden“, resümierte Polizeipräsident Gregor Lange, der selbst auch vor Ort war.

„Unser Konzept ist aufgegangen. Wir haben die Wahrnehmung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit ermöglicht und gleichzeitig den Schutz der Dortmunder Bevölkerung vor antisemitischem Hass und Hetze sichergestellt“, so Lange.

Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Auch Polizeidirektor und Einsatzleiter Thomas Pierenkämper zog eine positive Bilanz: „Der Anmelder der Versammlung verhielt sich der Polizei gegenüber durchgehend kooperativ. Auch Ordner der Versammlung wirkten aktiv auf Versammlungsteilnehmer ein, um Verstöße gegen Auflagen zu unterbinden.“

Insgesamt leitete die Polizei sechs Strafverfahren ein. Weitere Erkenntnisse werden weiterhin geprüft.

Ein regelrechtes Schauspiel führten diese Demoteilnehmer:innen auf. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

An der zweiten Kundgebung, die von der vom Verfassungsschutz beobachteten und als islamistisch eingestuften Furkan-Bewegung organisiert wurde, nahmen ab 15.30 Uhr bis zu 350 Personen teil.

Bei dieser Versammlung auf dem Platz von Buffalo „bestand aufgrund der extremistischen Ausrichtung dieser Organisation die Gefahr, dass zu antisemitischem Hass und Gewalt angestachelt wird“, informiert die Polizei. Doch auch dort setzte die Polizei die in einer beschränkenden Verfügung genannten Auflagen durch.

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Reaktionen

  1. Spontanversammlung in der Dortmunder Innenstadt verlief störungsfrei (PM)

    Gegen 22:00 Uhr versammelten sich in der Spitze ungefähr 55 Personen an der Katharinentreppe in der Dortmunder Innenstadt. Hintergrund dieser Versammlung waren die aktuellen Ereignisse im Nahen Osten. Wie bei den Versammlungen vom vergangenen Wochenende achtete die Polizei auch am heutigen Tag mit strengen Maßstäben auf die Einhaltungen der beschränkenden Verfügungen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Versammlungen wurde dadurch jegliche Anstachelung zu Hass und Gewalt gegen Israel und jüdisches Leben untersagt. In diesem Zusammenhang war es zum Beispiel untersagt, Israel das Existenzrecht abzusprechen oder einen „Genozid“ zu unterstellen. Der Versammlungsanmelder und -leiter verhielt sich gegenüber der Polizei durchgehend kooperativ und beendete die störungsfreie verlaufende Standkundgebung am 01.11.2023, gegen 00:05 Uhr.

  2. Vier Strafanzeigen nach Kundgebung mit volksverhetzenden Aussagen (PM)

    Als Versammlungsbehörde erteilt das Polizeipräsidium Dortmund vor Versammlungen unter freiem Himmel den Anmelderinnen und Anmeldern an das jeweilige Motto angepasste „beschränkende Verfügungen“. Rechtliche Grundlage für diese Auflagen ist das nordrhein-westfälische Versammlungsgesetz.

    Eine beschränkende Verfügung erhielt auch die Anmelderin einer Versammlung, die am Montagabend (6.11.2023, 18:00 bis 19:08 Uhr) an der Katharinentreppe in Dortmund stattfand. Die Versammlung hatte einen Bezug zu dem terroristischen Angriff auf Israel und der Situation in Gaza.

    An der Versammlung nahmen 38 Personen teil. Die Polizei beobachtete die Kundgebung und überprüfte Symbole und Lautsprecherdurchsagen niedrigschwellig auf strafbare Inhalte. Neben einem Auflagen-Verstoß erkannte die Polizei in drei Aussagen den Anfangsverdacht einer Straftat, stellte Personalien fest und leitete Ermittlungsverfahren ein. Bei den Tatvorwürfen geht es um Volksverhetzung und die Billigung von Straftaten.

    Die Polizei Dortmund stellt bei Versammlungen klare Regeln auf und wird diese auch in Zukunft konsequent durchsetzen.

  3. „Undemokratisches und unrechtmäßiges Vorgehen der Dortmunder Polizei – Presseerklärung zur Kundgebung am 6.11. „Stopp den Krieg in Gaza“ (PM Internationalistische Bündnis Dortmund)

    Unter dem Motto „Nein zum Terror der Hamas! Nein zum Staatsterror der israelischen Regierung! und Ja zur Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf“ fand diese Kundgebung auf antifaschistischer Grundlage statt, wie es für das internationalistische Bündnis selbstverständlich ist.

    Die Kundgebung hatte mit einer Schweigeminute für die zivilen Opfern in Israel und in Gaza begonnen. Zu der Kundgebung waren auch Mitglieder der Dortmunder Montagsdemo, der neuen Friedensbewegung, des Frauenverbands Courage, der MLPD und ihres Jugendverbandes REBELL, verschiedene Gewerkschaftskollegen und vom kurdischen Zentrum gekommen. Viele Passanten blieben stehen und einige beteiligten sich am offenen Mikrofon, bedankten sich ausdrücklich für diese Kundgebung und den sehr differenzierten Standpunkt. Einhellig war die Meinung, dass dieser Krieg sofort aufhören muss.

    Umso mehr empörte es die Demonstranten und Passanten, dass Polizei und der anwesende Staatsschutz nach kurzer Zeit massiv einschritten, nacheinander mit Greiftrupps insgesamt 3 Personen aus der Demo holten, Personalien aufnahmen und Strafanzeigen androhten. Sie sahen auf zwei Plakaten den Anfangsverdacht für eine Straftat der Volksverhetzung nach § 130 Strafgesetzbuch erfüllt. Konkreter Anlass war u.a. die Parole „Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf“. Das Einziehen der Plakate war umso befremdlicher, da beiden Plakate die faschistische Hamas bzw. den islamistischen Dschihad klar verurteilten. Von einem Teilnehmer wurden ebenfalls die Personalien aufgenommen, weil er Angesichts des Bombardements der reaktionären israelischen Regierung, durch den im Gaza Streifen, durch den schon über 9000 Menschen, darunter über 3000 Kinder ermordet worden in seinem Beitrag das Wort „Genozid, was man nach Auflagen der Polizei nicht sagen darf“, verwendet hatte. Die Polizei beschlagnahmte ebenfalls die Flyer der aktuellen Erklärung der MLPD zum Krieg im Nahen Osten.

    Wir lassen nicht zu, dass damit versucht wird das internationalistische Bündnis in Dortmund zu kriminalisieren. Wir sind solidarisch mit allen Angegriffenen Kolleginnen und Kollegen und der MLPD und werden keine mögliche Anzeige stehen lassen. Des Weiteren werden wir selbst rechtliche Schritte gegen die Dortmunder Polizei einleiten. Solch eine Verletzung der demokratischen Rechte kann nicht hingenommen werden! Ein Passant beschwerte sich am offenen Mikro berechtigt: „Während in Essen 3000 Islamisten und Faschisten ungestört durch die Polizei durch die Straßen ziehen und ein Kalifat fordern dürfen, wird hier in Dortmund massiv die Meinungsfreiheit eingeschränkt“!

    Die Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf ist kein Antisemitismus oder Israelhass. Wir treten für das Existenzrecht Israels ein. Das gleiche Recht hat aber auch das palästinensische Volk. Dieses Recht wird ihm seit über 70 Jahren von den verschiedenen Regierungen des inzwischen imperialistischen Staates Israel mit Waffengewalt verwehrt. Deshalb unterstützen wir auch die von der breiten Mehrheit der Weltbevölkerung getragene Forderung nach einer Zweistaatenlösung. Die MLPD brachte ein, dass es eine Lösung nur im Kampf gegen die imperialistischen Mächte Israel und USA und Iran, Türkei und Katar, die die Faschisten von Hamas und den islamischen Dschihad finanziell und politisch unterstützen, geben kann und zwar mit der Perspektive eines einheitlichen sozialistischen Staates.

    Dies wird nicht die letzte Kundgebung zur Solidarität mit dem palästinensischen Volk in Dortmund gewesen sein!

  4. Andreas Kossack

    „Erfolg im Kampf gegen Polizeiunterdrückung von Palästina-Solidarität

    In Dortmund beschlagnahmte die Polizei bei einer Demonstration gegen den Gaza-Krieg ein Plakat mit der Aufschrift „Gegen die Aggression Israels! Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf! Kein Fußbreit der faschistischen Hamas! – IG-Metall-Kollegen Dortmund“

    Auf der Rückseite des Plakats stand: „Aktiver Widerstand gegen die akute Weltkriegsgefahr! Nein zur Aufrüstung der Bundeswehr! IG Metall-Kollegen Dortmund“. Mittlerweile wurde das Ermittlungsverfahren (Aktenzeichen 600Js635/23) eingestellt und dabei ausdrücklich festgestellt, dass das Tragen des Plakats noch nicht einmal einen Anfangsverdacht einer Straftat begründet hat. Der Betroffene, Gerhard Pfisterer, erhält das beschlagnahmte Plakat zurück!

    Seine Anwälte werden der Staatsanwaltschaft mitteilen, dass das Amtsgericht Dortmund auf jeden Fall noch eine ausdrückliche Feststellung zur Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme treffen soll. Auch das Verfahren gegen Klara Kossack wurde mit gleicher Begründung eingestellt.

    Das ist auf jeden Fall ein Erfolg gegen die Kriminalisierung der Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf, der auch für weitere Versammlungen dieser Art von Bedeutung ist.“ (Diese Korrespondenz wurde bei http://www.rf-news.de am 20.11.2023 veröffentlicht) Das zeigt, dass der Einsatz für demokratische Rechte und gegen Polizeiwillkür gegen die Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf erfolgreich sein kann!

  5. Vortrag in der Auslandsgesellschaft: Gaza, ein Friedhof der „universellen“ Werte? (PM Deutsch-Palästinensischer Länderkreis)

    Zu Gast: Özlem Alev Demirel (Mitglied im Europäischen Parlament, Die Linke)

    Dienstag, 05. März, 18:30 Uhr
    Eintritt frei
    Ort: Auslandsgesellschaft.de, Steinstr. 48, DO
    ­
    Seit über 128 Tage wird Gaza zerbombt. 50% aller Häuser sind zerstört, darunter Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Bäckereien usw. Der Zugang zu Wasser, Nahrungsmittel und Strom ist unterbrochen. Hunderte Ärzte, Medizinpersonal, Krankenwagen und Apotheken können ihre Arbeit nicht mehr fortsetzen. Die Bilanz: Über 30.000 Menschen wurden in Gaza getötet. Fast 70.000 Menschen sind verwundet, mehrere tausend Körper liegen unter Trümmern und können nicht bestattet werden. Menschen die schon mehrmals in den letzten 75 Jahren aus ihren Dörfern oder Flüchtlingslagern vertrieben wurden, sind wieder auf der Flucht. Es wurde viel Leid, Zerstörung, Angst und Hass gesät. Bis jetzt sind mehr als 17.000 Kinder zu Waisenkindern geworden.

    Es wäre an der Zeit, dass die Weltgemeinschaft dem Leid ein Ende setzt. Dafür trägt die EU eine besondere Verantwortung. Die Menschen in Palästina und Israel, vor allem Kinder und Neugeborenen haben ein besseres Leben verdient. Leben in Frieden und Gerechtigkeit muss möglich sein. So sollte es auch in Deutschland sein. Juden, Moslems und Christen sollen in Frieden und gegenseitigem Respekt leben können. Kriege, Besatzung und Gewalt sind keine Alternative.

    Anmeldung erbeten unter veranstaltungen@auslandsgesellschaft.de, Tel. 02318380019

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