Hommage und neues Leben für einen Ort aus Zeitalter von Kohle und Koks

Kokerei Hansa baut auf Geschichte und Zukunft…

Die Kokerei ist Lieblingsort und Ausstellungsort zugleich. Foto: Foto: Lucas Kaufmann
Für die Kokerei Hansa bricht mit den Baugenehmigungen zur Umnutzung der Gastiefkühlanlage und des Salzlagers ein neues Kapitel ihrer traditionsreichen Geschichte an. Im Zuge der Umnutzung soll eine gehobene Gastronomie und eine multifunktionale Veranstaltungshalle für bis zu 1200 Menschen entstehen.  Archivfoto: Lucas Kaufmann

Von Sonja Neuenfeldt

Seit 1998 saniert die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur Schritt für Schritt das bedeutende Industriedenkmal der Dortmunder Verbundwirtschaft von Kohle, Eisen und Stahl. Das waren bisher nutzungsneutrale Instandsetzungsarbeiten. Jetzt beginnt mit den Baugenehmigungen zur Umnutzung denkmalgeschützter Gebäude ein neues Kapitel in der Geschichte des Industriedenkmals Kokerei Hansa.

Baugenehmigungen für Projekte auf Kokerei Hansa sind erteilt

Zum Pressegespräch mit Baustellenbegehung trafen sich der Dortmunder Dezernatsleiter für Umwelt, Planen, Wohnen, Ludger Wilde, Dirk Schaufelberger, Vorstandvorsitzender der Sparkasse Dortmund und die Geschäftsführerin der Industriedenkmalstiftung, Ursula Mehrfeld, sowie Sascha Nies, Geschäftsführer der dinner&co GmbH, mit Pressevertreter:innen vor Ort auf der Kokerei Hansa. ___STEADY_PAYWALL___

Vor Ort auf der Baustelle in der Gastiefkühlanlage: hier wird eine Gastronomie entstehen. (v.li.) Dirk Schaufelberger, Vorstandvorsitzender der Sparkasse Dortmund; Ludger Wilde, Dezernatsleiter für Umwelt, Planen, Wohnen der Stadt Dortmund; Ursula Mehrfeld, Vorsitzende der Geschäftsführung der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, Sascha Nies, Geschäftsführer dinner&co GmbH. Foto: Klaus-Peter Schneider

Nach der Begrüßung und Projektinfos durch Ludger Wilde in der ehemaligen Waschkaue der Kokerei erläuterte dort auch Ursula Mehrfeld die allgemeine Bedeutung der Kokerei Hansa als Industriedenkmal mit spezieller Blickrichtung auf den baldigen Beginn der beiden zukunftsträchtigen Bauprojekte. Die Ausschreibungen laufen schon und gemäß Bauzeitenplanung ist die Fertigstellung bis Herbst 2023 vorgesehen.

Als eine der ersten Groß-Kokereien wurde die Kokerei Hansa in Huckarde im Zuge eines Neubau- und Rationalisierungsprogramms der Vereinigten Stahlwerke AG ab 1927/28 errichtet. Sie produzierte aus Steinkohle Koks und lieferte diesen zusammen mit anfallendem Kokereigas an die Dortmunder Hüttenwerke zur Stahlerzeugung.

Ursula Mehrfeld: „Der denkmalgeschützten historischen Industrieanlage kommt einzigartige Bedeutung zu: Sie ist die letzte nahezu vollständig erhaltene Kokerei dieser Zeit im Ruhrgebiet.“

Erlebnis-Gastronomie, Veranstaltungs-Halle und Biergarten sollen bald entstehen

Die Umnutzungen der Gastiefkühlanlage mit benachbarter Antracenölanlage nebst Neubau und für das Salzlager mit der angrenzenden Salzfabrik markieren für die ehrwürdige Industrieanlage den Startpunkt zum Aufbruch in ein neues Leben mit Gastronomie und Eventmöglichkeiten.

Das Salzlager der Kokerei Hansa wird zu einer Veranstaltungshalle umgenutzt. Foto: Klaus-Peter Schneider

Als erstes Projekt ist für die historische Gastiefkühlanlage eine gastronomische Nutzung auf zwei Etagen geplant. Im Obergeschoss soll ein Treffpunkt mit Sofa-Landschaften und Fleez-Möbeln für bis zu 60 Personen entstehen, in denen man Ramen, Bowls und Kaffee und Kuchen konsumieren kann. Das untere Geschoss ist einem Restaurant der gehobenen Klasse reserviert.

Hier sollen die Gäste den Köch:innen in Zukunft bei der Zubereitung frischer Speisen zuschauen können. Geplant ist eine Art Showküche in historischem Ambiente. Der Anbau wird der Gastroküche Platz bieten. Durch Möblierung und ein spezielles Lichtkonzept soll hier eine Hommage an den Ort der Arbeit, an Kohle und Koks, entstehen. 

Als zweites Projekt ist für das Salzlager mit angrenzender Salzfabrik eine neue Nutzung geplant. Schon im Laufe des nächsten Jahres soll hier eine barrierefreie und multifunktionale Veranstaltungshalle für bis zu 1200 Menschen entstehen.

Seit Jahren arbeitet die Stiftung im Rahmen von Veranstaltungen unter anderem in der Kompressorenhalle und der Waschkaue (beide Locations mit Platz für je 199 Personen) mit der dinner&co GmbH erfolgreich zusammen. Die dinner&co ist seit über 20 Jahren im Dortmunder Osten ansässig. Laut Geschäftsführer Sascha Nies wird das Unternehmen seinen gesamten Sitz mit Verwaltung in das Gebäude der Antracenölanlage verlegen. Voraussichtlich schon Ende dieses Jahres wird die Kokerei Hansa im Dortmunder Westen zur neuen Firmenadresse.

Denkmalbezogene Kosten und private Investitionen

Die denkmalbezogenen Kosten bei der Sanierung der Gastiefkühlanlage sowie die Umnutzung des Salzlagers mit angrenzender Salzfabrik werden mit Städtebaufördermitteln des Landes NRW und des Bundes gefördert.

Harald Hudy
Harald Hudy ist Bezirksbürgermeister in Huckarde. Archivfoto: Nordstadtblogger-Redaktion

Die wirtschaftlichen Investitionen finanzieren der zukünftige Nutzer dinner&co und die Eigentümerin über Bankkredite. Bei einem Investitionsvolumen von 15 Millionen Euro wird ein Drittel der Kosten über private Investitionen finanziert, so Ursula Mehrfeld.

Große Entwicklungspotenziale sieht auch Dirk Schaufelberger, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dortmund. „Die Kokerei Hansa besitzt ein immenses Potential für die Zukunft, sie zählt derzeit zu den spannendsten Entwicklungsflächen in Dortmund. Hier entstehen neue gewerbliche Nutzungen und damit neue Arbeitsplätze. Diese Tatsache und die erfolgversprechenden Umnutzungs- und Betriebskonzepte haben uns überzeugt, die notwendigen Kredite für die wirtschaftliche Entwicklung auf Hansa bereitzustellen.“

Der Huckarder Bezirksbürgermeister Harald Hudy konnte bei dem Termin nicht anwesend sein. Er hält eine Gastronomie an dieser Stelle für enorm wichtig. Davon profitieren nicht nur Besucher:innen des Denkmals, so Hudy, sondern auch die Bürger:innen im Stadtteil. Er sieht darüber hinaus große Perspektiven für diesen besonderen Ort: „Die Kokerei Hansa besitzt Strahlkraft von Huckarde aus bis weit in die Region.“

Statt Abriss und Verfall – Entwicklung von kultureller und wirtschaftlicher Identität

Das Salzlager vor und nach der Sanierung.
Das Salzlager vor und nach der Sanierung Archivfotos: Markus Bollen

Die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur wurde 1995 vom Land Nordrhein-Westfalen und der RAG Aktiengesellschaft gegründet, um bedeutende Zeugnisse des Industriezeitalters durch Erwerb vor dem Abriss zu bewahren. Seit diesem Jahr ist sie auch Eigentümerin der Kokerei Hansa.

Bundesweit handelt es sich um die erste und bisher einzige Stiftung, die sich ausdrücklich für den Erhalt vom Abriss bedrohter Industriedenkmäler unterschiedlicher Wirtschaftszweige einsetzt. Die Anlagen werden durch Bausicherung und Instandsetzungsarbeiten vor dem Verfall und somit vor dem Verschwinden bewahrt.

Das gibt Anlagen wie der Kokerei Hansa die Zeit, sich zu entwickeln – zu neu belebten Orten, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Identität stiften. Durch spannende Nutzungskonzepte für Einzelgebäude bzw. die ganze Anlage und mit der nötigen Öffentlichkeitsarbeit wird auch die Akzeptanz für Belange der Denkmalpflege verstärkt.

Die Zukunftsgärten Emscher Nordwärts zur IGA 2027 - so stellt sich der Siegerentwurf die Kokerei Hansa vor.
Die Zukunftsgärten Emscher Nordwärts zur IGA 2027 – so stellt sich der Siegerentwurf die Kokerei Hansa vor. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

„Mit den beiden aktuellen Vorhaben werden neue, zukunftsweisende Verbünde geschaffen, die das Denkmal unter anderem für seine große Rolle im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung (IGA) der Metropole Ruhr 2027 qualifizieren“, betont Ursula Mehrfeld Geschäftsführerin der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur.

„Beide Projekte zahlen bereits heute auf die Internationale Gartenausstellung Metropole Ruhr IGA 2027 ein“, ist auch Ludger Wilde überzeugt. „Auch mit Blick auf den geplanten Energiecampus hat dieses Gebäude-Ensemble auf dem Kokereigelände eine wichtige Verbindungsfunktion, denn die Nutzungskonzepte sind aufeinander abgestimmt und werden sich gegenseitig befördern. Dies stärkt im besonderen Maße die heimische Wirtschaft.“

Als Kernbereich im Dortmunder Zukunftsgarten soll sich die Kokerei Hansa jetzt neu (er-)finden lassen. Für viele Menschen und unterschiedliche Interessen will man hier (Frei-)Räume anbieten – als ein lebendiger Ort für Gartenkunst und Naturerlebnis, Bewegung, Spiel, Erholung und Freizeitaktivität, Kultur und Industriegeschichte – über den Zeitraum der IGA hinaus.

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Reaktionen

  1. Stadterneuerung Huckarde-Nord soll im Kontext der Internationalen Gartenausstellung 2027 fortgeführt werden n(M)

    Das Amt für Stadterneuerung hat für die politischen Gremien einen Sachstandsbericht erarbeitet, der einerseits den Stand der Planungen für die Internationale Gartenausstellung (IGA) Metropole Ruhr 2027 in Dortmund zusammenfasst und zum anderen einen Überblick liefert über die bisherigen Maßnahmen zur Stadterneuerung in Huckarde-Nord. Das sogenannte „Integrierte Handlungskonzept“ für den Stadtteil soll nun im Kontext der IGA 2027 fortgeführt werden.

    In Huckarde-Nord ist die Stadterneuerung bereits seit 2017 aktiv: Mit Hilfe der Städtebauförderung möchte das Amt für Stadterneuerung die Wohn- und Lebensqualität der Bürger*innen steigern und die vorhandenen Entwicklungspotenziale im Quartier heben. Im Integrierten Handlungskonzept sind zur Erreichung dieser Ziele konkrete Maßnahmen formuliert, die in den vergangenen Jahren begonnen wurden.

    Zu diesen Maßnahmen zählen beispielsweise die drei Spielplätze „Mailoh“, „Varziner Straße“ und „In der Mulde“ zu erneuern und zu einer Spielachse zu verbinden oder den Deusenberg fit für die Zukunft zu machen. Die Arbeiten an der Umsetzung dieser Maßnahmen laufen auf Hochtouren. Die Umsetzung erfolgt in Kooperation mit dem Grünflächenamt.

    Finanziert werden diese Maßnahmen des Stadtumbaus sowie der IGA 2027 mit Geldern des Bundes und Landes, vorrangig der Städtebauförderung und der IGA-Festbetragsförderung, sowie Mitteln der Stadt Dortmund. Das Integrierte Handlungskonzept bildet die Grundlage für die Beantragung der Städtebaufördergelder und hat eine festgelegte Laufzeit. Da die Maßnahmen aus dem Handlungskonzept im Quartier Huckarde-Nord noch nicht abgeschlossen sind und im Stadtteil weiterhin Entwicklungsbedarf besteht, hat das Amt für Stadterneuerung das auslaufende Handlungskonzept im Kontext der IGA 2027 überarbeitet und dem Verwaltungsvorstand vorgestellt.

    Stadterneuerung Huckarde mit Bezug zur IGA 2027

    Viele der im neuen Konzept formulierten Handlungsempfehlungen beziehen sich auf Orte in Huckarde, die auch im Rahmen der IGA 2027 eine Rolle spielen. Die Teilnahme der Stadt an diesem Großevent soll für ganz Dortmund und insbesondere den Stadtteil Huckarde positive Entwicklungen mit sich bringen. Da die Gartenschauen heutzutage vielmehr Stadtentwicklungsprojekte als reine Gartenausstellungen sind, wird auch dem Dortmunder Beitrag zur IGA 2027 weit mehr Bedeutung zugeschrieben.

    Er steht unter dem Motto „Wie wollen wir morgen WOHNEN, LEBEN und ARBEITEN?“. Von der Kokerei Hansa in Huckarde soll sich der Dortmunder Zukunftsgarten in den Norden bis zum Bahnbetriebswerk Mooskamp erstrecken und Teile des Deusenbergs mit einschließen. Den Bürger*innen soll im Dortmunder Norden auch nach der IGA durch den zukünftigen Kokereipark eine attraktive grüne Lunge für Spiel, Sport, Freizeit und Erholung erhalten bleiben. Durch die Verbesserung von Wegeverbindungen in die benachbarten Quartiere wird er langfristig auch über seine eigenen Grenzen hinaus wirken.

    „Die Fläche des zukünftigen Kokereiparks zwischen der Kokerei Hansa und dem Bahnbetriebswerk Mooskamp bietet viel Raum zur kreativen Ausgestaltung. Sie beherbergt nicht nur wesentliche Ausstellungsinhalte im Präsentationsjahr 2027 sondern soll auch dauerhaft, über die IGA 2027 hinaus, in eine attraktive Parkanlage umgewandelt werden“, sagt Ludger Wilde, Dezernent für Umwelt, Planen und Wohnen.

    Die Planungen für die zentralen baulichen Elemente im Zukunftsgarten Dortmund schreiten immer weiter voran. Auch die Anregungen aus der Öffentlichkeit, wie der Deusenberg für Freizeit und Naherholung attraktiver gestaltet werden könnte, sind im Zuge der weiteren Konkretisierungen diskutiert worden. Der Zugang zum Deusenberg wird über eine neue Brücke – über den „Haldensprung“ – hergestellt, die in Kooperation mit dem Tiefbauamt geplant und umgesetzt wird. Die Aufteilung und Gestaltung der Gartenschauflächen und temporären Ausstellungsinhalte erfolgt hierbei im Auftrag der IGA Metropole Ruhr gGmbH.

    Aufbauend auf dem überarbeiteten Integrierten Handlungskonzept bereitet das Amt für Stadterneuerung aktuell die Beantragung weiterer Fördermittel für Huckarde aus dem Städtebauförderprogramm 2023 von Land und Bund vor. Voraussetzung für das Inkrafttreten des Integrierten Handlungskonzeptes wie auch die Beantragung von Städtebaufördermitteln ist die Zustimmung der politischen Gremien.

    „Mit dem Stadterneuerungskonzept haben wir unsere Hausaufgaben gemacht“, betont Susanne Linnebach, die Leiterin des Amtes für Stadterneuerung. „Unsere Agenda für die nächsten Jahre steht und die Grundlage, um Fördermittel zu beantragen, ist geschaffen.“

    Hintergrund: die IGA 2027 im Ruhrgebiet

    Die Metropole Ruhr wird 2027 die „Internationale Gartenausstellung“ (IGA) ausrichten. Als regionales Großereignis bietet die IGA 2027 enorme Chancen, die 53 Kommunen, die vier Kreise, die regionale Wirtschaft und Verbände ebenso wie bürgerschaftliches Engagement wieder für einen großen Wurf zu vereinen.

    Rund um den traditionellen Kern der Leistungsschauen des Garten- und Landschaftsbaus, dient sie als Impuls- und Ideengeberin für eine ganze Region. Sie soll vor allem erreichen, dass die hier lebenden Menschen sich stärker mit ihrer Region identifizieren und sich dafür engagieren, ihre Heimat noch lebenswerter zu gestalten.

    Den Schwerpunkt der IGA 2027 bilden fünf sogenannte Zukunftsgärten: Die Stadt Dortmund wird neben den Städten Gelsenkirchen und Duisburg einen eintrittspflichtigen Ausstellungsbereich als Zukunftsgarten gestalten. Die renaturierte Emscher bildet dabei das Rückgrat eines grünen und ökologischen, innovativen Wohn-, Gewerbe- und Freizeitbandes, das unter dem Titel „Emscher nordwärts“ Tradition mit Moderne und bergbauindustrielle Geschichte mit zukunftsweisenden neuen Lebensräumen verbindet. Zwei weitere nicht eintrittspflichtige Zukunftsgärten werden in Bergkamen / Lünen und im Kreis Recklinghausen entstehen.

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