Handwerk: Wir sind stabilisierender Wirtschaftsfaktor in der Krise! – HWK Dortmund zieht erste Bilanz für das Jahr 2020

Vor allem Frauen und AusländerInnen haben im ersten Halbjahr 2018 den Weg in die Selbstständigkeit gewagt. Fotos: HWK Dortmund
Das Handwerk kam bisher relativ gut durch die Krise. Doch da sind auch Sorgen. Foto (3): HWK Dortmund

Die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise sind überall spürbar. Nur wenige Branchen – wie der Versandhandel – profitieren von den Kontaktbeschränkungen. Viele darben, trotz bundesweiter Hilfspakete. Vor allem dort, wo Produktion oder Verkauf Menschenansammlungen implizieren. – Bislang aus diesem Grund weniger stark betroffen: das Handwerk. Die Auftragslage ist dort noch – verhältnismäßig – günstig, aber die Polster schwinden zunehmend. Daneben steigt – auch durch die wegen der Pandemie forcierten Digitalisierung – der Veränderungsdruck. Vom notorischen und sich gegenwärtig deshalb weiter verschärfenden Mangel an Fachkräften ganz zu schweigen. – Die Handwerkskammer (HWK) Dortmund hat für 2020 ein Resümee gezogen und in die Zukunft geschaut: es fehlt nicht an Herausforderungen. Doch da ist auch Optimismus.

Wegen der Pandemie: Handwerk in der Bundesrepublik erstmalig seit 2013 mit einem Umsatzminus

„Das Jahr 2020 war für das Handwerk in großen Teilen von der Corona-Pandemie geprägt“, erklärt Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer (HWK) Dortmund. „Während sich die Stimmung im Kammerbezirk Anfang des Jahres noch auf einem Hoch befunden hat, offenbart die Herbst-Umfrage der HWK Dortmund deutliche Konjunktur-Einbrüche.“

Dortmunder Kammer-Präsident und Unternehmer aus Hamm: Berthold Schröder

Nur noch 84 Prozent (Herbst 2019: 92 Prozent) der befragten Unternehmen hätten ihre aktuelle Geschäftslage mit gut oder zufriedenstellend bewertet. Lediglich 82 Prozent rechneten mit einer guten Entwicklung in den kommenden sechs Monaten (Herbst 2019: 91 Prozent).

„Viele Handwerksunternehmen mussten schwere Verluste hinnehmen. Bundesweit wird das Handwerk erstmals seit 2013 mit einem Umsatzminus abschließen. Besonders hart hat es die Betriebe der personenbezogenen Dienstleistungen und die Nahrungsmittelhandwerke getroffen. Vergleichsweise gut ist das Bau- und Ausbaugewerk über die letzten Monate gekommen. Aber auch hier schwinden die Auftragspolster langsam“, so der Handwerksunternehmer aus Hamm. ___STEADY_PAYWALL___

Dank der guten Konjunktur, die vor dem Corona-Einbruch geherrscht habe, sei eine Insolvenzwelle bisher glücklicherweise ausgeblieben. „Das Handwerk hat sich in der Krise wieder einmal als stabilisierendes Element erwiesen“, konstatiert der Kammer-Präsident. In den letzten Monaten sei die Bedeutung des Handwerks als wohnortnaher Dienstleister und Arbeitgeber besonders deutlich hervorgetreten. Zahlreiche Handwerke besäßen zudem eine erhebliche Systemrelevanz, die sie in der Krise unverzichtbar machten.

Hilfsprogramme von Bund und Land große Stütze – aber sämtliche Ausfälle können sie nicht kompensieren

Schröder betont jedoch, dass die Betriebe langsam an Grenzen ihrer Belastbarkeit kämen. „Die Hilfsprogramme von Bund und Land sind eine große Stütze gewesen, aber auch sie können nicht sämtliche Ausfälle kompensieren. Die verschärften Beschränkungen sind eine harte Bewährungsprobe für das Handwerk.“ Viele Betriebe hätten keine Reserven mehr und seien daher auf die Unterstützung der öffentlichen Hand angewiesen.

„Andernfalls könnte es sie ihre Existenz kosten. Wir brauchen in den kommenden Monaten klare Konzepte, die auf den Gesundheitsschutz abzielen, gleichzeitig aber auch die Unternehmen nicht weiter belasten. Vor allem muss vermieden werden, dass sich die jetzt beschlossenen Beschränkungen noch Monate hinziehen“, sorgt er sich um die konstatierte Stabilisierungsfunktion des Handwerks, sollten Subventionen ausbleiben. Und die Politik sollte vermeiden, sich nach rein epidemiologischen Gesichtspunkten denn auch wirtschaftlichen Interessen aufzustellen.

Am besten könnte das lokale Handwerk durch Aufträge unterstützt werden, so Schröder. Sofern alle Schutzmaßnahmen vor Ort eingehalten würden, sei Zuverlässigkeit garantiert.

Sorgenfalten werden durch Corona nicht kleiner: qualifizierter Nachwuchs – das Problem im Handwerk

Einen starken Einbruch habe es auch bei den Ausbildungszahlen gegeben (wir berichteten): „Ende November hatten wir ein Minus von 12,1 Prozent bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen“, so der Kammer-Präsident.

Philipp Seiffert (16) hat sich nach seinem Realschulabschluss für eine Ausbildung zum Industriemechaniker begonnen.
Beispiel Fachkräftemangel: Ausbildung zum Industriemechaniker – die jungen Leute fehlen.

„Gleichzeitig suchen unsere Betriebe weiterhin händeringend nach neuen Auszubildenden. Aktuell haben wir noch 132 freie Lehrstellen in unserer Lehrstellenbörse gemeldet.“

Hauptgrund für dieses Minus seien die Auswirkungen der Corona-Pandemie wie der Ausfall von Infoveranstaltungen und Karrieremessen. Dies führe dazu, dass Betriebe und Jugendliche schwerer zueinander fänden und mehr Ausbildungsplätze leer blieben. Die Handwerkskammer Dortmund steuere dieser Entwicklung bereits mit Online-Veranstaltungen und digitalen Beratungsangeboten – wie einem WhatsApp-Service, LiveChats und Online-Seminaren – entgegen.

Mit Blick auf die Fachkräftesicherung gibt der Präsident zu bedenken, dass schon vor der Corona-Pandemie im Handwerk eine große Nachfrage nach qualifizierten Mitarbeitern bestand, die teilweise nicht gedeckt werden konnte. Die Krise verschärfe diese Situation. „Wir werden im kommenden Jahr einen Fokus auf die Fachkräfte- und Nachwuchssicherung legen und auch unsere digitalen Angebote in diesem Bereich weiter ausbauen. Denn ohne ausreichend Fachkräfte fehlen auch die Unternehmer von morgen.“

Digitalisierung erzeugt Veränderungsdruck, Corona verschärft ihn – und gibt zugleich Raum für Kreativität

Auch im kommenden Jahr werde die Corona-Pandemie das Handwerk der Region weiterhin beschäftigen. „Darüber hinaus werden die Themen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Fachkräftesicherung auf unserer Agenda stehen“. Die Krise habe einmal mehr gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung im Verwaltungsbereich sei. „Eine funktionierende digitale öffentliche Verwaltung zusammen mit dem „Once-only-Prinzip“ ist in unseren Augen ein zentraler Hebel für wirksamen Bürokratieabbau.“

Gleichzeitig nehme der Veränderungsdruck für die Betriebe des Handwerks immer mehr zu. „Daher werden wir die Beratungsleistungen für unsere Mitgliedsbetriebe auf diesem Gebiet noch einmal intensivieren. Wir hoffen, im kommenden Jahr auch wieder unsere Veranstaltung ‚Handwerk digital‘ durchführen zu können, die wir diesmal aufgrund der Hygieneschutz-Maßnahmen leider absagen mussten.“

Reagieren konnte die HWK bereits für die im kommenden März anstehende Meisterfeier – die werde digital abgehalten. „Wir freuen uns, dass wir unseren Meisterinnen und Meistern diese Möglichkeit bieten können“, so Schröder. „Sie haben es verdient, für ihre Leistungen gebührend gefeiert zu werden. Wir haben uns dafür einiges einfallen lassen.“

Ermutigende Worte des HWK-Präsidenten an die Mitglieder zum Neuen Jahr: Wir schaffen das!

Der HWK-Präsident spricht abschließend allen Handwerksbetrieben im Kammerbezirk Dortmund seine Anerkennung aus:

„Die letzten Monate waren eine enorme Kraftanstrengung, viele von Ihnen mussten um ihre Existenz fürchten. Aber Sie haben Großartiges geleistet. Nur gemeinsam werden wir den weiteren Herausforderungen dieser Pandemie begegnen können. Das Handwerk war schon immer anpassungsfähig. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch diese Krise meistern werden.“

Wer Unterstützung brauche, könne sich jederzeit an die Handwerkskammer wenden. „Unsere Beratungshotline ist auch zwischen den Jahren vom 28. bis zum 30. Dezember geschaltet.“

 

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