Beispielhafte und plakative Vorschläge für alle zwölf Stadtbezirke

„Grüne Visionen gegen graue Realitäten“ und ein „Upgrade“ für die Straßen in Dortmund

Der Radweg endet in einer Sackgasse - Realität in Dortmund. Dagegen setzen diese Politiker:innen „Grüne Visionen für graue Realitäten“.
Der Radweg endet in einer Sackgasse – Realität in Dortmund. Dagegen setzen diese Politiker:innen „Grüne Visionen für graue Realitäten“. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

„Grüne Visionen gegen graue Realitäten“ haben die Grünen-Fraktionen im Rat und den Bezirksvertretungen ihre Überlegungen für Dortmunds Straßen benannt – sie fordern ein „Upgrade“ für Dortmunds Straßen. „Der Alltag auf Dortmunds Straßen ist oftmals grau: Es gibt wenig Grünflächen und viel Verkehr. Es ist Zeit, dass sich das ändert“, fordert die Sprecherin der Ratsfraktion, Ingrid Reuter.

Ideen und Veränderungsvorschläge für alle zwölf Stadtbezirke

Fahrradstraßen, Radschnellweg 1 und Velorouten - dem Radverkehr wird häufiger Vorrang eingeräumt.
Fahrradstraßen, Radschnellweg 1 und Velorouten – dem Radverkehr wird häufiger Vorrang eingeräumt. Foto: Leopold Achilles für Nordstadtblogger.de

Sie stellte gemeinsam mit den drei Bezirksbürgermeister:innen Hannah Rosenbaum (Innenstadt-Nord), Christiane Gruyters (Innenstadt-Ost) und Axel Kunstmann (Mengede) im Rahmen eines Pressegesprächs ihre „Visionen“ für alle zwölf Stadtbezirke vor. ___STEADY_PAYWALL___

Diese Ideen sind das Ergebnis von Anregungen und Beschwerden von Bürger:innen, Eltern von Schulkindern, Radfahrenden und Fußgänger:innen sowie von Aktiven aus der Partei und den Ortsfraktionen. Sie zeigen Dortmunds Straßen, wie man sie (noch) nicht kennt.

So wird die Kleine Beurhausstraße nach den Vorstellungen der Grünen autofrei und zur Fahrradstraße, aus der „Betonwüste der Chemnitzer Straße wird eine grüne Oase im Saarlandstraßenviertel“. Der Innenkreisel des Borsigplatzes soll wiederbelebt werden und die Evinger Straße soll Radwege erhalten. Und auch für die anderen Stadtbezirke gibt es viele Ideen für Veränderungen.

Der Borsigplatz soll seine Potenziale nutzen und seine grüne Mitte

„Man kann viel reden über grüne Visionen, mehr Bäume und Raum für Fuß- und Radverkehr. Viel einprägsamer ist es, wenn man Bilder dazu hat. Daher wollen wir die Visionen mit ,vorher-nachher-Bildern’ visuell erfahrbar machen“, stellte Reuter die Visualisierungen vor – für jeden Stadtbezirk gibt es ein Beispiel.

Hannah Rosenbaum (Grüne) ist Bezirksbürgermeisterin der Nordstadt.
Hannah Rosenbaum (Grüne) ist Bezirksbürgermeisterin der Nordstadt. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Dabei wurde bewusst eine markante oder beispielhafte Ecke ausgesucht. „Wenn man alle zwölf zusammennimmt, sieht man grundsätzliche Ideen. Beispiele für Dinge, die man ändern sollte und die die Grünen ändern wollen, um die Stadt lebenswerter zu machen“, so Reuter.

Nordstadt-Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum stellte ihre Pläne für den Borsigplatz vor: „Ein Platz von überregionaler Bedeutung, dessen Potenziale nicht genutzt werden“, so Rosenbaum auch mit Blick auf die große Grünfläche. Derzeit verbinde man ihn nur mit Stau und der Frage, wie man ihn gerade mit dem Fahrrad sicher überqueren könne. 

Gerade mit Blick auf die erwartete Verkehrsentlastung durch die Nordspange wollen die Grünen den Fußgänger:innen und Radfahrer:innen mehr Raum einräumen und den Platz „ansprechender und lebenswerter gestalten“. Auch die Grünfläche in der Mitte biete sich an, diese zu bespielen. „Wir könnten uns vorstellen, die Fläche zugänglich zu machen und eine Querung zur Mitte zu schaffen“, so Rosenbaum.

„Kein grüner Platz, sondern eine Straße, die grauer kaum sein kann“

Christiane Gruyters (Grüne) ist Bezirksbürgermeisterin der Innenstadt-Ost.
Christiane Gruyters (Grüne) ist Bezirksbürgermeisterin der Innenstadt-Ost. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Völlig andere Voraussetzungen hatte Christiane Gruyters, Bezirksbürgermeisterin der Innenstadt-Ost, zu präsentieren: „Kein grüner Platz, sondern eine Straße, die grauer kaum sein kann“, sagte sie mit dem Blick auf die Chemnitzer Straße Ecke Saarlandstraße. Zumindest bisher gibt es da keinen einzigen Baum.

Dafür sieht man jede Menge parkende Autos: „Fast alles Querparker – der Bürgersteig ist nicht breit genug für Fußgänger:innen. Wenn sie sich begegnen, huscht man zwischen Autos. Das ist in der Corona-Pandemie besonders aufgefallen“, macht sie die Voraussetzungen deutlich. Zudem geht davon eine große Gefahr für den Radverkehr aus: „Wenn man runter fährt, fährt man mittig – es gibt eine große Gefahr durch ausparkende Autos.“ 

„Bei der Vision sind die Bäume sehr auffällig und mehr Platz für Fahrräder und Außengastronomie, die bisher nicht möglich ist. Für Fahrräder, Fußgänger und für die Lebensqualität bedeutet das eine große Aufwertung. Ich fände es toll, wenn’s umgesetzt werden könnte“, macht die Bezirksbürgermeisterin deutlich – wohl wissend, dass der Widerstand durch den fast vollständigen Verlust der Parkmöglichkeiten enorm sein würde. 

Quartiersgaragen sollen künftig eine größere Rolle spielen

Daher würden Quartiersgaragen neue Bedeutung bekommen, auch wenn dies im Vergleich zum (fast) kostenlosen Anwohner:innenparken deutlich höhere Kosten bedeuten würde. „Irgendwann müssen wir mal anfangen – parkende Autos dürfen nicht hemmen, endlich etwas fürs Klima und bessere Aufenthaltsmöglichkeiten zu tun“, so Christiane Gruyters.

Ingrid Reuter ist Fraktionssprecherin der Grünen-Ratsfraktion in Dortmund.
Ingrid Reuter ist Fraktionssprecherin der Grünen-Ratsfraktion in Dortmund. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Auch Ingrid Reuter schlug in die Kerbe, dass die Innenstadt durch die „grünen Visionen“ zum Wohnen attraktiver würden. In der Innenstadt haben wir immer das Problem mit parkenden Autos. Schon in der Arndtstraße als Fahrradstraße war die Aufregung sehr groß. Erstaunlicherweise wird jetzt längs geparkt – irgendwie funktioniert es“, so Reuter. 

Es müsse daher auch darum gehen, Quartiersgaragen stärker voranzubringen. „Sicherlich müssen wir uns auch Gedanken machen, die Gebühren auch für das Anwohner:innenparken zu erhöhen. Wir müssen es attraktiver machen, kein Auto zu haben. Das sind Push- und Pull-Faktoren“, so die Sprecherin der Ratsfraktion. Die Quartiersgaragen würden heute viel wichtiger: „Heute sind die Menschen eher bereit als vor 20 Jahren, einen Stellplatz zu mieten – auch mit Blick auf die Ladeinfrastruktur.“

Beispiel Bodelschwingh: Auch in den Dörfern soll sich etwas tun

Den Gegenentwurf zu den Problemen in der Innenstadt lieferte Axel Kunstmann, Bezirksbürgermeister von Mengede. „Die Innenstadtprobleme haben wir überhaupt nicht auf dem Dorf – im Gegenteil.“ Der Stadtbezirk hat sich für die Vision die Deininghauser Straße in Bodelschwingh ausgesucht.

Axel Kunstmann (Grüne) ist Bezirksbürgermeister von Mengede.
Axel Kunstmann (Grüne) ist Bezirksbürgermeister von Mengede. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Im alten Dorf – entlang der Hauptstraße – gibt es aber auch Probleme mit parkenden Wagen. „Vor einigen Monaten haben wir einen Antrag des Seniorenbeirats gehabt, weil da die Autos auf den Fußwegen parken. Sie kommen mit Rollatoren nicht durch und die Straße ist sehr viel befahren“, verweist Kunstmann mit Blick auf die Autobahnnähe. 

Allerdings weiß er aus der Praxis, wie schwierig es ist, überhaupt einen Zebrastreifen bzw. eine Ampel zu bekommen. Dennoch will man sich vor Ort davon nicht abhalten lassen, Vorschläge für Begleitgrün, Aufpflasterungen und Radwege zu machen – schließlich würde das für viele Menschen Verbesserungen bedeuten, auch wenn das auf den ersten Blick rechtliche Probleme, Kosten oder begrenzte Planungskapazitäten gebe.

Die Grünen wissen, dass sie um politische Unterstützung werben müssen

„Es geht uns darum zu zeigen, wie es aussehen könnte“, sagte Reuter. Wohl wissend, dass sie dafür um politische Unterstützung in den anderen Fraktionen werben müsse – auch beim Projektpartner CDU. Allerdings gehe es nicht darum, genau diese Beispiele so umzusetzen. 

Mehr Rücksicht auf den Radverkehr fordern die Umweltverbände bei Bauarbeiten. Foto: Alex Völkel

„Es sind ja nur zwölf Beispiele für viele Straßen, wo es sinnvoll wäre. In den Visionen haben wir ganz unterschiedliche Dinge verwirklicht – es geht um einen Baukasten und Ideen. Wenn wir über eine Umgestaltung einer Straße reden, dann können wir es gleich richtig machen“, so die Sprecherin der Grünen-Ratsfraktion.

Und das „gleich richtig“ werde in den Beispielen deutlich: Mehr Grün, mehr Bäume und die Reduzierung der Fahrstreifen zu Gunsten von Fuß- und Radverkehr. „Wir wissen ja wie schwierig es ist, dass allein in der Politik durchzusetzen.“

Dabei gehe es auch um Kommunikation und Dialog: „Wir wollen zeigen, dass eine Umgestaltung positive Effekte haben kann und wie schön das sein könnte, wenn wir weniger Autoverkehr haben“, betont die Bezirksbürgermeisterin der Nordstadt.

Und ihre Amtskollegin aus der östlichen Innenstadt macht deutlich, dass dies nicht nur ökologische, sondern auch soziale und rechtliche Dinge tangiere: „Es geht auch um Barrierefreiheit. Das dürften wir nicht auf die lange Bank schieben, sonst kommen wir irgendwann in Schwierigkeiten“, sagte Christiane Gruyters auch mit Blick auf Rechtsansprüche und Vorschriften.

Das sind die zwölf Beispiele aus den Stadtbezirken:

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Reaktionen

  1. Bebbi

    Grüne Langweilige. Die Zeiten, als Grüne für mehr standen, als Verwaltung des Ist-Zustandes sind in Dortmund lange vorbei. Ich sehr vor allem Placebo-Maßnahmen wie Fahrradstraßen und Gefährliches wie Poller mitten auf der Fahrbahn* und Holländische Kreuzungen**. Unbeantwortet bleibt die Frage, wo die Autos hin verschoben werden oder mit welcher Maßnahme die Grünen erreichen wollen, dass es diese nicht mehr gibt. Selbst bei den klassischen Radfördermaßnahmen werden es nicht weniger Kfz in den Städten. https://www.zukunft-mobilitaet.net/172916/analyse/wiver-dortmund-relative-erfolgsfaelle-strategischer-verkehrsplanung-und-verkehrspolitik-in-europa/

    * die Dinger bleiben gefährlich, auch wenn man damit geschützte Radweg schaffen will – es geht nicht um geschützte Radfahrer:innen, denn an den Hauptunfallstellen ändert sich nichts.
    ** Es gibt keine Studie, die den Nutzen belegt, vielmehr verschiebt sie nur Konfliktpunkte, anstatt sie zu beseitigen

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