OB und Sozialdezernentin kritisieren die Landesregierung scharf

Das ist die Geflüchteten-Situation in Dortmund im Überblick – Das plant die Stadtspitze

Flüchtlingsunterkunft Braunschweiger Straße
Die Unterkunft an der Braunschweiger Straße war bereits 2015 für Geflüchtete in Betrieb. Nun könnte die „Stand-By-Einrichtung“ binnen vier Wochen reaktiviert werden.

Die Unterbringung von Geflüchteten ist immer ein großer organisatorischer Aufwand. Hinzu kommen immer wieder Streitigkeiten zwischen Land und Kommunen – so auch in Dortmund. Die Stadtverwaltung kritisiert die Landesregierung scharf und fordert mehr Initiative von NRW-Ministerpräsident Wüst.

So ist die aktuelle Geflüchteten-Situation in Dortmund

Mit Stand vom 31. August 2023 leben 9.103 ukrainische Staatsangehörige in Dortmund. Die wenigsten von ihnen leben in einer städtischen Unterkunft. Daher gibt es dort noch Platz. Sozialdezernentin Birgit Zoerner erklärt die Flüchtlingssituation in Dortmund. Aktuell seien 358 Plätze in drei Unterkünften (Grevendiecksfeld, Mergelteichstraße, Nierstefeldstraße) sofort verfügbar, das entspricht einer Auslastung von 50 Prozent. Weitere 900 Plätze könnten in sogenannten „Stand-By-Einrichtungen“ binnen vier Wochen eingerichtet werden.

Stadträtin Birgit Zoerner, Sozialdezernentin der Stadt Dortmund
Sozialdezernentin Birgit Zoerner verkündet die aktuellen Kapazitäten Dortmunds. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

Diese sieben Unterkünfte befinden sich in der Braunschweiger Straße, der Niergartenstraße, im Landhaus Syburg, der früheren Hauptschule am Ostpark, der Leuthardtstraße, der Weißen Taube und der Hauptschule Derne. Die Schwierigkeit bestehe allerdings meist darin gut geschultes Betreuungspersonal zu finden, so Zoerner.

Die Stadt hat im Moment keine Aufnahmeverpflichtung, da man in der Vergangenheit mehr Personen aufgenommen hat, als man laut Gesetz verpflichtet wäre. Die Dortmunder Aufnahmequote liegt aktuell bei 102%. Aufgrund der Ankündigung der Landesregierung jede Woche zwischen 1000 und 1500 Geflüchtete auf die Kommunen aufzuteilen, muss die Stadt in vier Wochen aber im Schnitt 45 Menschen pro Woche aufnehmen.

Neue Zentrale Unterbringungseinrichtung in Dortmund geplant

Für die Unterbringung von Geflüchteten gibt es klare Abläufe. Die Bundesländer müssen je nach Einwohner:innenzahl eine unterschiedlich hohe Anzahl an Menschen aufnehmen. Berechnet wird dieses Verfahren durch den sogenannten „Königssteiner Schlüssel.“ Die Quote für das bevölkerungsreichste Bundesland NRW liegt bei 21,2%.

Erstaufnahmeeinrichtung des Landes NRW in Hacheney
Erstaufnahmeeinrichtung des Landes NRW in Hacheney war 2015 zentraler Punkt für Geflüchtete. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

Die Landeserstaufnahmeeinrichtung Bochum ist für Geflüchtete der erste Ort der Unterbringung. Über die „Zentralen Unterbringungseinrichtungen“ (ZUE) des Landes werden die Menschen schließlich auf die Kommunen verteilt. Jedoch gibt es Unterschiede: Geflüchtete aus der Ukraine werden aufgrund des Sonderstatuses nicht durch dieses System verteilt und haben Wahlfreiheit bei ihrem Wohnort. Dortmund hat in der Vergangenheit viele Menschen aus dem von Russland angegriffenen Land aufgenommen. Diese werden auf die Quote angerechnet, auch deswegen ist Dortmund im Moment nicht in der Bringschuld.

Die Stadt ist im Moment in Gesprächen mit der Landesregierung, um einen weiteren Standort für eine ZUE zu finden. Standortsvorschläge seien bereits vor einigen Monaten gemacht worden, erklärte Sozialdezernentin Zoerner. Allerdings habe man bis dato noch keine endgültige Rückmeldung von Seiten des Landes. Bis die Gespräche abgeschlossen sind, werde man sich nicht zu möglichen Orten äußern.

Zu wenig Plätze von der Landesregierung zur Verfügung gestellt

Der Städtetag NRW forderte von Ministerpräsident Wüst mindestens 70.000 Landesplätze für Geflüchtete pro Jahr. Der Kompromiss am Ende: 35.000, aber auch diese Zahl wird nicht eingehalten. Aktuell sind nur zwischen 30.000 und 31.000 Plätze verfügbar. Zum Vergleich: 2015 standen zwischen 70.000 und 80.000 Landesplätze zur Verfügung. Oberbürgermeister Thomas Westphal kritisierte diese Entscheidung und kommentierte, die Landesregierung habe sich „vom Spielfeld der Lösungssuche verabschiedet.“

Oberbürgermeister Westphal kritisierte das Vorgehen der Landesregierung. Foto: Anja Cord für Nordstadtblogger.de

Ein weiterer Kritikpunkt der Stadt sind die Vorratshaltungskosten, die von den Kommunen getragen werden. Der Oberbürgermeister fordert Lösungen, denn „nur dann versteht die Bevölkerung, dass wir das auf dem richtigen Weg gemeinsam hinkriegen. Alles andere erzeugt dann eher Unsicherheiten und das wollen wir alle nicht.“

Von Problemen mit der Bevölkerung geht Sozialdezernentin Birgit Zoerner allerdings nicht aus. 2015 habe man durch Bürgerinformationen und runde Tische „eine gute Struktur geschaffen, um Fragen und Ängsten zu begegnen“

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Reaktionen

  1. GRÜNE begrüßen Finanzspritze vom Land: Dortmund erhält 21,6 Mio. Euro zusätzlich (PM)

    Dortmund kann sich über zusätzliches Geld für Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden freuen. Insgesamt werden nach einem Beschluss des Landtags 808 Millionen Euro für die Kommunen in NRW zur Verfügung gestellt.

    Die ausgezahlte Summe setzt sich zu einem Teil aus weitergeleiteten Bundesmitteln (215 Millionen Euro) und zu einem Teil aus Mitteln aus dem Sondervermögen des Landes „Bewältigung der Krisensituation in Folge des russischen Angriffskriegs” (593 Millionen Euro) zusammen. Für die Stadt Dortmund bedeutet das 21,6 Millionen Euro(davon 18,1 Millionen Euro aus dem Sondervermögen des Landes) mehr für die menschenwürdige Unterbringung und Versorgung schutzsuchender Menschen.

    “Wir stehen an der Seite Dortmunds und aller anderen Kommunen, die bei der Unterbringung und Integration von Geflüchteten derzeit Herausragendes leisten”, sagt Michael Röls-Leitmann, Landtagsabgeordneter aus Dortmund. “Die bereits im September getroffene gemeinsame Vereinbarung von Landesregierung und Kommunalen Spitzenverbänden zeigt, dass das Land und die Kommunen ihrer Verantwortung gerecht werden.”

    Die Landesregierung sowie die kommunalen Spitzenverbände hatten Gespräche zur Entlastung der Kommunen bei den Kosten der Unterbringung und Integration von Geflüchteten aufgenommen und sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt. Gleichzeitig wurden Forderungen an den Bund vereinbart, ab dem Jahr 2024 ein dynamisches und auskömmliches Finanzierungssystem für die Unterbringung, Versorgung und Integration Geflüchteter einzurichten.

    „Das ist ein wichtiges Signal des Landes an die Kommunen“, so Dr. Christoph Neumann, Fraktionssprecher der Grünen im Rat der Stadt Dortmund. „Dortmund übernimmt – wie viele andere Städte auch – viel Verantwortung bei der Unterbringung von Menschen, die bei uns Schutz vor Krieg, Terror und Verfolgung suchen. Für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe müssen den Städten allerdings die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Die jetzt zusätzlich bereitgestellte Summe leistet dazu einen Beitrag und setzt zugleich ein Zeichen, dass die Probleme der Kommunen ernst genommen werden.“

    Mehr als 220.000 Menschen aus der Ukraine sind inzwischen in Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden. Rund 100.000 Kinder mit offiziellem Flüchtlingsstatus werden in nordrhein-westfälischen Schulen unterrichtet. Unzählige Menschen in NRW ermöglichen haupt- und ehrenamtlich die Integration auch in Kindertagesstätten und Vereinen.

    Gleichzeitig steigt die Zuwanderung aus anderen Ländern weiter an. Allein im vergangenen Jahr haben das Land und die Kommunen über 40.000 Asylsuchende aus weiteren Ländern aufgenommen und untergebracht.

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