Die neue Schau ist vom 4. Juni bis 22. Oktober 2023 zu sehen

„Talking ‘bout my generation“: Ausstellung im Schulmuseum erzählt vom Aufbruch der Jugend

Juliane Rückert, Wissenschaftliche Volontärin im Westfälischen Schulmuseum, und Hans Schreiber, Leiter des Archivs für populäre Musik im Ruhrgebiet e.V., geben Einblick in die neue Ausstellung.
Juliane Rückert, Wissenschaftliche Volontärin im Westfälischen Schulmuseum, und Hans Schreiber, Leiter des Archivs für populäre Musik im Ruhrgebiet e.V., geben Einblick in die neue Ausstellung. Foto: Maximilian Theissig / Schulmuseum

Aufbruch und Abkehr von strengen gesellschaftlichen Regeln, Forderungen nach mehr Freiheit und Proteste für Selbst- und Mitbestimmung: In den „wilden“ 1960er- und 70er-Jahren distanzierten sich Schüler*innen und Student*innen von der Erwachsenengeneration, nicht nur durch ihr anderes Erscheinungsbild. Im Lehrplan fand naturwissenschaftliches Wissen immer mehr Raum, Themen wie gewaltfreie Erziehung und sexuelle Aufklärung kamen auf. Vor allem das Jahr 1968 steht für die politischen und geschichtlichen Ereignisse, aber auch für pädagogische, modische und musikalische Veränderungen.

Zeitreise in die 60er- und 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts

Wie war es, in dieser Ära des Aufbruchs zur Schule zu gehen? Welche (schul-)politischen Reformen gab es? Darum geht es in der Ausstellung „Talking ‘bout my generation – Der Aufbruch der Jugend in den 1960er- und 70er-Jahren“, die vom 4. Juni bis 22. Oktober im Westfälischen Schulmuseum zu sehen ist.

Der Rundgang durch die Sonderausstellung beginnt in den 1960er-Jahren, der Zeit des „Wirtschaftswunders“. Sogenannte Stellvertreterkriege wie der Vietnamkrieg bewegten die Gesellschaft. Die Generation der „Babyboomer“ wollte die weitgehend tabuisierte Zeit des Nationalsozialismus aufarbeiten. Das Jahr 1968 gilt als Höhepunkt der (Jugend-)Protestbewegungen dieser Zeit.

Junge Menschen stellten die gesellschaftlichen Regeln immer mehr in Frage. Sie betonten ihren Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit auch durch andere Frisuren und Kleidung – so wurde beispielsweise der Minirock stark diskutiert.

Auch Musik von Bands wie „The Beatles“ oder „The Rolling Stones“ beeinflusste die Jugendlichen in den 1960er-Jahren und prägte diese Ära. Die erste Mondlandung 1969 löste ein großes technisches Interesse und eine Begeisterung für die Raumfahrt aus.

Die entstehende Hippie-Kultur beeinflusste die Wohn- und Modetrends

Ausgaben der Zeitschrift „Bravo“ von 1968 und Erstausgabe der EMMA (1977)
Ausgabe der Zeitschrift „Bravo“ von 1968 Foto: Charlotte Herzog

Die Zeitreise führt weiter in die 1970er-Jahre, als die entstehende Hippie-Kultur die Wohn- und Modetrends beeinflusste. Florale Motive und Moden wie die Schlaghose wurden immer beliebter. Gesellschaftliche, politische und kulturelle Ereignisse wie die Ölkrise oder die Verbrechen der terroristischen Vereinigung RAF prägten die späten 1960er- und vor allem die frühen 1970er-Jahre.

Zugleich wollten sich Jugendliche und junge Erwachsene während der aufkommenden „Discowelle“ mit Besuchen in den Clubs und Discotheken von ihren Alltagssorgen ablenken und ein Gefühl von Freiheit erleben. Individualität und Demokratie wurden zu wichtigen Werten, für die zunehmend junge Menschen auf die Straße gingen und sich bei Protestaktionen für ihre Rechte und Freiheiten einsetzten.

Schulreformen: Objekte erzählen von neuen Lehrmitteln und dem erweiterten Lehrplan

Ausgaben der Zeitschrift „Bravo“ von 1968 und Erstausgabe der EMMA (1977)
Erstausgabe der EMMA (1977) Foto: Charlotte Herzog

Ein Artikel des Pädagogen Georg Picht über die sogenannte „Bildungskatastrophe“ attestierte deutschen Schüler*innen eine im internationalen Vergleich schlechte Bildung.

Auch vor diesem Hintergrund wurde 1969 die Einrichtung der Gesamtschulen im Modellversuch beschlossen. Weitere Schul- und Bildungsreformen wie das „Hamburger Abkommen“ wurden angestoßen.

Objekte aus der Sammlung des Westfälischen Schulmuseums erzählen von den neuen Lehrmitteln und dem erweiterten Lehrplan zu dieser Zeit. So wurde aus den USA der Trend der „New Math“ übernommen und mithilfe bunter Klötzchen die Mengenlehre vermittelt.

Fremdsprachen wurden nun im Sprachlabor gelernt. Wegen des erhöhten Verkehrsaufkommens wurde die Verkehrserziehung immer wichtiger und fand Eingang in die Schulfibeln. Auch die Abkehr vom traditionellen Familienmodell spiegelte sich in den Schulbüchern.

Sexualkunde-Atlas (Leske Verlag, 1969)
Sexualkunde-Atlas (Leske Verlag, 1969) Foto: Charlotte Herzog

Die Sonderausstellung entführt junge und ältere Besucher*innen in die ereignis- und folgenreiche jüngere Vergangenheit.

Ausstellungseröffnung: „Talking ‘bout my generation“ eröffnet am Sonntag, 4. Juni, um 15 Uhr mit einer öffentlichen Kuratorinnenführung sowie einem Vortrag von Hans Schreiber (Leiter des Archivs für populäre Musik im Ruhrgebiet e.V.) und einem Auftritt der Band „WILD CHILD“ mit Musik der 1960er- und 70er-Jahre. Bitte anmelden unter (0231) 61 30 95. Der Eintritt ist frei.

Mehr Informationen:

  • Talking ‘bout my generation – Der Aufbruch der Jugend in den 1960er- und 70er-Jahren
  • Westfälisches Schulmuseum, An der Wasserburg 1, 44379 Dortmund
  • 4. Juni bis 22. Oktober 2023
  • Eintritt frei
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Reaktionen

  1. Jugendliche rocken das Schulmuseum – Ferien-Musikworkshop mit Songs der 60er- und 70er-Jahre (PM)

    Das Westfälische Schulmuseum bleibt während der Sommerferien (22.6. bis 4.8.) geschlossen. In der letzten Ferienwoche allerdings haben Jugendliche unter der Leitung von Sigrid Ristow und Uwe Thielker bei einem Ferien-Musikworkshop von DORTMUND MUSIK die Möglichkeit, dort Songs aus den 1960er und 1970er-Jahren zu erarbeiten. Der Workshop findet vom 31. Juli bis zum 4. August täglich von 11 bis 16 Uhr statt und knüpft an die aktuelle Ausstellung „Talking ‚bout my generation – Der Aufbruch der Jugend in den 1960er und 70er Jahren“ an. Die Teilnehmenden gestalten ein musikalisches Programm rund um Hippies, Disco-Fieber und Co., das während der 23. DEW21-Museumsnacht auf der Bühne präsentiert wird. Der Workshop ist kostenlos. Eine Anmeldung ist erforderlich unter 0231 / 61 30 95.

  2. Schulmuseum entführt in die 1960er- und 1970er-Jahre: Talk, Lesung und Quiz zur Ausstellung „Talking ’bout my generation“ (PM)

    Die politischen und kulturellen Umbrüche der 1960er- und 1970er-Jahre hinterlassen bis heute Spuren in unserer Gesellschaft – davon erzählt derzeit die Ausstellung „Talking ’bout my generation – Der Aufbruch der Jugend in den 1960er und 70er-Jahren“ im Westfälischen Schulmuseum in Marten (An der Wasserburg 1).

    Die Schüler*innen damals distanzierten sich von den Erwachsenen; im Fokus standen gewaltfreie Erziehung, die Aufarbeitung der NS-Verbrechen und sexuelle Aufklärung. Zu einer Zeitreise in diese Jahre lädt das Schulmuseum am Sonntag, 15. Oktober, 15 bis 17 Uhr: Unter dem Titel „The Kids Are Alright“ sind zwei Zeitzeugen zu Gast.

    Zu Gesprächen und Lesungen eingeladen sind Rüdiger Wulf, ehemaliger Leiter des Westfälischen Schulmuseums Dortmund, der aus seinen Erinnerungen „Vor 50 Jahren“ vorträgt. Außerdem eingeladen ist Hans Schreiber, Leiter des Archivs für populäre Musik im Ruhrgebiet e.V.. Er berichtet von seiner Zeit als Roadie im Jaguar Club in Herford und den mitreißenden Rhythmen der Beat- und Rockbands.

    Die Veranstaltung endet mit einem Pub Quiz, bei dem die Besucher*innen ihr Wissen über die 1960er- und 1970er-Jahre unter Beweis stellen können. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei, jedoch wird eine Anmeldung empfohlen: (0231) 613095.

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