Resolution an den Rat fordert, die Innenstadt-Nord auszuklammern

Suche nach dezentralen Drogenkonsumraum-Standorten – die Nordstadt wehrt sich dagegen

Der Drogenkonsumraum ist derzeit am Grafenhof. Die Stadt will aber einen neuen Standort suchen.
Der Drogenkonsumraum ist derzeit am Grafenhof. Die Stadt will aber einen neuen Standort suchen.

In den Fachausschüssen und im Rat ging es in Sachen Drogenkonsumraum hoch her. Es soll bis zu zwei zusätzliche dezentrale und fußläufig zur City erreichbare Räume geben. Streit gab es darüber, ob auch die Nordstadt bei der Standortsuche berücksichtigt werden soll. Auch dort sollen Standorte – wie in der Innenstadt-Ost und -West – ergebnisoffen geprüft werden. In der Diskussion wurde aber die Bezirksvertretung der Innenstadt-Nord nicht gefragt, was zur scharfen Kritik daran sowie einer Resolution der SPD führte.

„Wir haben schon jetzt erhebliche Belastungen durch Drogenkonsum und -verkauf“

Die meisten Politiker:innen in der Nordstadt sind sauer, dass eine weitere Einrichtung in die Nordstadt soll, die negative Einflüsse auf die Nachbarschaft bzw. das Quartier haben könnte. Darin begründet sich auch die von der SPD eingebrachte Resolution an den Rat, bei der Suche nach dezentralen Standorten die Nordstadt auszuklammern. Sie wurde gegen die Stimmen der Grünen beschlossen. ___STEADY_PAYWALL___

Thomas Oppermann (SPD) Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Die Auswirkungen sind so schlimm, dass man den Drogenkonsumraum nicht in der City haben will”, kritisierte beispielsweise Thomas Oppermann (SPD). Die Nordstadt brauche dann eine solche Einrichtung erst recht nicht: „Nicht noch zudem, was wir ohnehin schon in der Nordstadt haben.” 

„Wir haben schon jetzt erhebliche Belastungen durch Drogenkonsum und Drogenverkauf. Dann müssen wir nicht noch zusätzlich einen Drogenkonsumraum holen, der dann in einem Wohngebiet liegen müsste. Da hatte ich die klare Erwartung, dass der Rat nein gesagt hätte”, kritisierte Oppermann damit auch seinen Oberbürgermeister, der als Zünglein an der Waage gegen die SPD-Fraktion für eine ergebnisoffene Prüfung in allen Innenstadtbezirken votiert hatte.

Die Linke kritisiert das Procedere als „ungeheuerlichen Vorgang“

Sonja Lemke (Die Linke+)
Sonja Lemke (Die Linke) Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Auch Sonja Lemke (Die Linke) war nicht begeistert: „Es wäre was anderes, wenn man versucht, etwas Zusätzliches zu finden, um Leute von Spielplätzen zu holen.”

Doch es gehe darum, die Süchtigen aus der City in die Nordstadt zu verdrängen. „Das sind die, die am meisten jammern, obwohl sie nicht so leiden”, so Lemke. Sie wollten den Raum in die Nordstadt verlagern, wo sich weniger Menschen beschwerten. 

Cornelia Wimmer (Die Linke) Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Ihre Fraktionskollegin Cornelia Wimmer kritisierte den Ratsbeschluss und das Vorgehen von Oberbürgermeister Thomas Westphal als „ungeheuerlichen Vorgang“ – Westphals Stimme gab in der beantragten Auszählung der Stimmen den Ausschlag. Er begründete sein Abstimmungsverhalten damit, dass der OB ja nicht gegen seine eigene Verwaltungsvorlage stimmen könne.  

„Der Drogenkonsumraum soll aus der Innenstadt raus, weil sich Geschäftsleute und einige Anwohner aufregen. Als Geschäftstreibende habe ich die Süchtigen tagsüber und als Besucherin stundenweise. Aber in einem Wohngebiet habe ich sie dann rund um die Uhr”, kritisierte Brigitte Jülich (SPD). „Die Kinder sehen das von morgens bis abends – und die Menschen hier resignieren.” 

Die Grünen hoffen auf eine transparente und ergebnisoffene Standortsuche

Marco Unterauer (Grüne) Leopold Achilles | Nordstadtblogger

Lediglich die Nordstadt-Grünen verwehrten sich nicht grundsätzlich dagegen, auch die Nordstadt bei der Standortsuche zu berücksichtigen. Sehr wohl kritisierten sie, dass die Bezirksvertretung vorab hätte beteiligt werden müssen.

„Der Grünen-Fraktion ist wichtig, dass der Drogenkonsumraum zur Strategie gehört”, sagte Marco Unterauer auf die Bausteine der Suchthilfe.

Für die zusätzlichen Räume solle ohne Vorgaben oder Einschränkungen gesucht werden. „Die Fachverwaltung hat genügend Expertise dafür”, so Unterauer. Die Bezirksvertretungen könnten dann ja über die Vorschläge diskutieren.

Dorian Marius Vornweg (CDU) Foto: Leopold Achilles

Er interpretierte zudem den Ratsbeschluss so, dass nur die beiden zusätzlichen dezentralen Räume fußläufig zur City sein müssten. Den Ersatzstandort für die Haupteinrichtung im Grafenhof könne man stadtweit suchen.

Dorian Marius Vornweg (CDU) betonte gewohnt süffisant, dass das „Grundvertrauen in die Verwaltung, die Kollege Unterauer in Transparenz und Standortsuche hat, ganz erheblich ist. Das hätte auch beim Busbahnhof oder beim Nordausgang am Hauptbahnhof vermittelt werden dürfen.”

Doch dieses Grundvertrauen gebe es aus gutem Grund nicht: „Eine gewisse Skepsis gegenüber dem Verwaltungshandeln ist nicht verkehrt”, so der CDU-Politiker.

Aus fachlicher Perspektive sollte der jetzige Standort erhalten bleiben

Brigitte Jülich (SPD) Leopold Achilles | Nordstadtblogger

Vornweg appellierte, nicht nur über die Standorte zu reden, sondern auch darüber, wer davon profitiere. Das würden am Ende weder die Süchtigen noch die Nachbarn sein, wenn der Standort in die Nordstadt käme.

„Das Vertrauen, dass man den idealen Standort findet”, sah Brigitte Jülich mit Blick auf eine Vielzahl von Standortentscheidungen für problematische Einrichtungen und Infrastruktur wie den Busbahnhof in den letzten Jahren und Jahrzehnten getrübt. Sicher werde die Verwaltung alle Standorte in den drei Stadtbezirken prüfen. „Aber der ideale Standort wird in der Nordstadt sein”, ist sich die SPD-Politikerin sicher – und sähe ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt.

Hannah Rosenbaum (Grüne)
Hannah Rosenbaum (Grüne) Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum (Grüne) brach eine Lanze für ihre Partei und machte deutlich, dass auch sie die Vorlagen und möglichen Vorschläge kritisch hinterfragten. Denn wenn Weisheit und Fachexpertise berücksichtigt worden wären, hätte man den bisherigen Standort am Grafenhof nicht in Frage gestellt.

„Die Fachmeinung ist, dass er dort genau richtig ist – anonym und an sehr zentral gelegener Stelle. Aber da gibt es Menschen, die einen gewissen Einfluss haben”, sagte sie mit Blick auf die scheinbar orchestrierte Kritik aus Politik und Wirtschaft an der Einrichtung. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass er an an einem vergleichbaren Ort bleibt, wo er jetzt ist – in vergleichbarer Qualität.“

BV wünscht sich ein „faires Verfahren nach strengen Kriterien und ein faires Ergebnis“

„Wir erwarten jetzt eine Vorlage zu zwei weiteren Standorten. Es muss keiner in Nord sein –  sie können auch beide in West und Ost sein”, so Rosenbaum.  „Wir sind bereit, über einen konkreten Vorschlag zu diskutieren und dies nicht vorab zu beschränken. Aber der Innenminister muss den Standort genehmigen. Ich habe aber Vertrauen, dass er sich an seine Vorschriften halten wird”, sagte sie mit Blick auf die zahlreichen Einschränkungen für einen möglichen Standort – beispielsweise die Nähe zu Kitas oder Schulen.

Hans-Georg Schwinn (Grüne)
Hans-Georg Schwinn (Grüne) Archivbild: privat

„Ich bin hin und hergerissen. Ich habe Verständnis für die Argumentation mit der Belastung für Wohnquartiere, habe aber auch prinzipiell Vertrauen in Verwaltungshandeln. Aber die Verwaltung hat sich häufig gegen die Nordstadt verhalten”, erklärte Hans-Georg Schwinn (Grüne). „Ich tue mich schwer. 

Er hofft auf ein „faires Verfahren nach strengen Kriterien und auf ein faires Ergebnis“ – den bisherigen Standort am Grafenhof fand er aber gut und richtig. „Wenn es um zusätzliche Angebote geht, sollte man transparent prüfen und auch nicht unsere Nordstadt ausschließen. Aber man kann sich bei aller Transparenz das Ergebnis schon denken.”


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Reaktionen

  1. Cornelia Wimmer

    Ich sehe mich ungenau wiedergegeben: Als „ungeheuerlich“ kritisiert habe ich das erkennbar UNDEMOKRATISCHE des gesamten Vorgangs: Dass man Nordstadtbelange nicht mit den Fraktionen der Nordstadt bespricht sondern ÜBER sie entscheidet. – Die Knappheit der Abstimmung im Rat hätte ein Hinweis darauf sein können, dass man die Diskussion angebrachterweise neu eröffnet, ergebnisoffen (!) und mit den für die Nordstadt Zuständigen.

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