Polizeipräsident nennt aktuelle Zahlen zu Drogenkriminalität in der City

Rat streitet um Drogenkonsumraum: Soll eine neue Einrichtung in die Nordstadt?

Seit August 2023 unterstützt eine zusätzliche Hundertschaft die Dortmunder Polizei im Kampf gegen Drogenkriminalität. Karsten Wickern | Nordstadtblogger

Seit vielen Monaten überragt ein Thema die Debatten von Politik und Stadtgesellschaft: Die Sicherheit, besonders in der Innenstadt. Polizeipräsident Gregor Lange gab in der Febrzar-Ratssitzung einen Zwischenstand bekannt und lobte dabei die positive Entwicklung über die letzten zehn Jahre. Die Ratsfraktionen streiten sich indes, ob die Nordstadt einen neuen Drogenkonsumraum bekommen soll.

Anzahl an Straftaten in den letzten zehn Jahren um fast 28 Prozent gesunken

Viele Dortmunder:innen sind besorgt um ihre Sicherheit. Laut einer Passant:innenbefragung der Stadt geben 27 Prozent an, mit der Sicherheit in der City sehr oder eher unzufrieden zu sein. Im Zuge der Crack-Problematik in der Innenstadt gründeten Stadtspitze und Polizei den „Sonderstab Ordnung und Stadtleben.“ Dazu gehören unter anderem gemeinsame Streifen von Polizei und Ordnungsamt.

Polizeipräsident Gregor Lange
Polizeipräsident Gregor Lange: Kriminalitätsbelastung von Top 5 auf Platz 17. Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange erklärte dazu in der Ratssitzung: „Wir haben Schwerpunkteinsätze, zusammen mit dem Ordnungsamt, der Bundespolizei, dem Zoll und anderen durchgeführt, um an vielen Stellen in der Stadt die Sicherheit dadurch herzustellen, dass wir Kontrolltätigkeit ausüben.“

2014 sei die Kriminalitätssituation in Dortmund noch eine ganz andere gewesen. Damals habe man rund 87.000 Straftaten verzeichnet. In der Kriminalitätsbelastung pro 100.000 Einwohner:innen sei man in den Jahren 2014 und folgende in der Top 5 deutschlandweit gewesen – und somit nahe an der „Champions League“, wie Lange metaphorisch betont. Mittlerweile sei Dortmund mit 63.000 Straftaten im Jahr 2022 auf Platz 17 angelangt.

15.000 zusätzliche Arbeitsstunden für Polizeihundertschaft in der City

Das heiße aber nicht, dass es keine Probleme gebe. Nach dem sukzessiven Abbau der Straftaten über die letzten Jahre sei nach der Pandemie die Problemlage wieder schlimmer geworden. Geschäftstreibende, Anwohner:innen und Besucher:innen der City hätten sich beschwert, berichtet Lange – erst über Jugendkriminalität an der Kampstraße, dann über die offene Drogenszene rund um die Thier-Galerie.

Der Drogenkonsumraum ist derzeit am Grafenhof. Die Stadt will aber einen neuen Standort suchen.
Der Drogenkonsumraum ist derzeit am Grafenhof. Die Stadt will aber einen neuen Standort suchen.

Um der Crack-Situation Herr zu werden, schickte das NRW-Innenministerium eine Hundertschaft nach Dortmund. Dadurch wurden seit August letzten Jahres etwa 15.000 Arbeitsstunden zusätzlich von der Polizei in der City absolviert. 306 freiheitsentziehende Maßnahmen, davon 109 Haftbefehle seien daraufhin durchgeführt worden.

Außerdem habe man 1107 Strafverfahren im Zusammenhang mit Drogendelikten eingeleitet und über 3000 Platzverweise ausgesprochen. Von letzterem sei aber unter anderem auch die Raser- und Tunerszene betroffen gewesen, erklärt der Polizeipräsident.

Lange glaubt nicht, „dass wir dort allein mit repressiven Maßnahmen der Polizei ein Problem lösen können. Das möchte ich ausdrücklich unterstreichen.“ Der Drogenkonsumraum verzeichne allerdings eine deutlich höhere Frequentierung, sodass es eine Verlagerung von offenem Drogenkonsum auf der Straße in die Einrichtung gebe.

Kampfabstimmung über Standort von neuem Drogenkonsumraum

Um die Situation zu verbessern, soll es mehrere neue Drogenkonsumräume geben. In der Beschlussvorlage der Stadtverwaltung heißt es: „Etablierung von bis zu zwei weiteren dezentralen Konsumorten […] in den Innenstadt-Stadtbezirken (IN Nord, West, Ost) als Ergänzung zum Drogenkonsumraum.“ Eine Konsumeinrichtung in der Nordstadt? Für die SPD ein No-Go: Die habe es schon schwer genug, heißt es. Die CDU hingegen will in einem ergebnisoffenen Suchprozess eine neue Immobilie finden.

Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD)
Ausschlaggebende Stimme für einen Drogenkonsumraum in der Nordstadt: Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD). Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Darüber berieten der Sozial- und anschließend der Ausschuss für öffentliche Ordnung. Doch zu einem einheitlichen Ergebnis kam es nicht: Der Sozialausschuss stimmte gegen, der Ausschuss für öffentliche Ordnung für einen Drogenkonsumraum in der Nordstadt. Die finale Entscheidung oblag nun dem Rat.

Die CDU, die Grünen (mit Ausnahme von einem Ratsmitglied) und die FDP/Bürgerliste stimmten für eine solche Einrichtung. SPD, „Die Linke+“, AfD und die Fraktion von „Die Partei“ stimmten dagegen. Ergebnis der Auszählung: 41 zu 41.

Nach kurzer Pause gab der Oberbürgermeister die entscheidende Stimme für den Vorschlag des Ordnungsausschusses – und stellte sich so gegen seine eigene Partei. Damit wird nun auch in der Innenstadt-Nord nach geeigneten Räumlichkeiten gesucht.


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Reaktionen

  1. Paula

    Der Rat beschließt die Planung von „bis zu zwei weiteren dezentralen Konsumorten […] in den Innenstadt-Stadtbezirken (IN Nord, West, Ost)“ . Hat die Stadtverwaltung einen besonderen Kompass? Bei mir gibt es auch noch die Himmelsrichtung „Süd“. Aber da werden wohl zu massive Bürgerproteste befürchtet, in den anderen Stadtbezirken kann man es ja mal versuchen.

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