Aufsichtsrat empfiehlt die sofortige Abberufung von Marcus Polle

Klinikum-Chef muss gehen: Die größte kommunale Klinik braucht einen neuen Geschäftsführer

Marcus Polle (l.) und Roland Spieß mit Gesundheitsdezernentin Birgit Zoerner und OB Thomas Westphal. Foto: Sören Spoo/ Stadt Dortmund
Marcus Polle (l.) und Aufsichtsratchef Roland Spieß mit Gesundheitsdezernentin Birgit Zoerner und OB Thomas Westphal bei der Vertragsunterzeichnung im Juni 2021. Foto: Sören Spoo/ Stadt Dortmund

Die Städtischen Kliniken in Dortmund brauchen einen neuen Chef: Der Aufsichtsrat hat in seiner heutigen Sitzung einstimmig empfohlen, Marcus Polle als Kaufmännischen Geschäftsführer und Vorsitzenden der Geschäftsführung mit sofortiger Wirkung abzuberufen. Nach rund 1,5 Jahren ist schon wieder Schluss. 

Aufsichtsrat empfiehlt die Abberufung – Gesellschafterin wird dem folgen

Die Klinikum Dortmund gGmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt Dortmund. Der Aufsichtsrat ist unter anderem dafür zuständig, Empfehlungen an die Gesellschafterversammlung zu formulieren. Die Gesellschafterversammlung beabsichtigt in diesem Fall, sich der Empfehlung des Aufsichtsrates anzuschließen, teilt die Stadtspitze wortkarg und nur schriftlich mit.

Damit ist es offiziell: Das größte kommunale Krankenhaus sucht wieder einen neuen Chef. Schon zur Einführung hatte Nordstadtblogger geschrieben, dass es einen „Kurzen Prozess“ gab: Kaum hatte der Stadtrat Im Juni 2021 in nicht-öffentlicher Sitzung Marcus Polle zum Nachfolger von Rudolf Mintrop gewählt, folgte schon am Folgetag die Vertragsunterzeichnung.

Der damals 54-Jährige wurde zum neuen Kaufmännischen Geschäftsführer und Vorsitzenden der Geschäftsführung des Klinikums Dortmund berufen, wenn wenn der bisherige Chef Ende des Jahres 2021 in den Ruhestand geht.

„Der Neue“ war zuletzt Kaufmännischer Direktor und 1. Betriebsleiter in Dresden

Im Beisein von Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal und Gesundheitsdezernentin Birgit Zoerner hatten Marcus Polle und Roland Spieß, Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums Dortmund, den Dienstvertrag unterzeichnet. Polle trat sein Amt im Januar 2022 an und folgt in dieser Funktion auf Rudolf Mintrop. Der Vertrag Polles hat eine reguläre Laufzeit von fünf Jahren.

Das Klinikum Dortmund hat fast 5000 Beschäftigte. Archivfoto: Klinikum Dortmund

„Mit Marcus Polle kommt ein ausgewiesener Fachmann der Gesundheitswirtschaft nach Dortmund, der das nötige Maß an Expertise für die Leitung eines Krankenhauses der Maximalversorgung mitbringt und dieses Know-how im Laufe seiner beruflichen Tätigkeit bereits mehrfach nachgewiesen hat. So kann das Klinikum Dortmund seinen erfolgreichen Weg der letzten Jahre weitergehen“, sagte OB Thomas Westphal über den neuen Mann an der Spitze.

Der gebürtige Dortmunder hat Betriebswirtschaft an der Dortmunder Fachhochschule studiert. Im Bereich der Gesundheitswirtschaft begann Polle seine berufliche Laufbahn 1994 als Controller beim Evangelischen Krankenhaus in Schwerte. In den vergangenen Jahren (12/2016 bis 3/2020) arbeitete Marcus Polle als Kaufmännischer Direktor und Vorstandsmitglied beim Deutschen Herzzentrum in Berlin. Seit April 2020 war Polle Kaufmännischer Direktor und 1. Betriebsleiter beim Städtischen Klinikum Dresden.

Große Fußstapfen: Rudolf Mintrop brachte das Klinikum wieder auf Erfolgskurs

Im Januar 2022 trat er in der alten Heimat eine große Aufgabe an: Denn das Klinikum Dortmund ist eines der größten Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen. Als Haus der Maximalversorgung hat das Klinikum fast 5000 Beschäftigte. Mit 25 Kliniken und fünf Instituten bietet das Klinikum Dortmund Spitzenmedizin aller Fachrichtungen mit Ausnahme der Psychiatrie.

Rudolf Mintrop ist Geschäftsführer des Städtischen Klinikums in Dortmund.
Rudolf Mintrop stellte als Geschäftsführer das Städtische Klinikum in Dortmund finanziell wieder auf gesunde Füße.

Sein Vorgänger Rudolf Mintrop hinterließ Polle große Fußstapfen: Mintrop war es seit seinem Amtsantritt 2013 sehr erfolgreich gelungen, dass stark angeschlagene Klinikum wieder in die Erfolgsspur zu bringen und so eine Privatisierung abzuwenden. Es ist weiterhin zu 100 Prozent in kommunaler Trägerschaft und ein Grundpfeiler der kommunalen Daseinsvorsorge.

Das Klinikum schrieb sogar schwarze Zahlen und schloss noch 2019, kurz vor Beginn von Corona, mit einem Überschuss von rund 7,6 Millionen Euro ab. Der Umsatz lag bei 420 Millionen Euro. Doch Mintrop drängte es in den Ruhestand und das Privatleben – eigentlich wäre sein Vertrag noch ein Jahr länger gelaufen. 

Führungskräfte beklagten rauen Umgangston und „mangelnde Wertschätzung“

Mit der Entscheidung des Rates im Juni 2021 war es der Stadt gelungen – anders als bei anderen Spitzenjobs bei Stadttöchtern – die Nachfolge beim Chefposten des Klinikums nahtlos zu besetzen. Doch die Freude wehrte nicht lange. Schon binnen weniger Monate gab es zahlreiche Reibereien.

So idyllisch wie auf den PR-Fotos war die Stimmung zwischen Klinikum-Chef Polle und seinen Chefärzten nicht. Foto: Klinikum Dortmund

Mehrere Führungskräfte – darunter die gesamte Kommunikationsabteilung warf im vergangenen Jahr hin – sie war vielfach preisgekrönt. Auch wenn die meiste Kritik hinter verschlossenen Türen erfolgte, waren die Misstöne auch in der Kommunalpolitik zu vernehmen. Berichte über einen rauen Umgangston und „mangelnde Wertschätzung“ machten die Runde.

Doch nicht nur mit der eigenen Kommunikationsabteilung, sondern – viel wichtiger – auch mit einer ganzen Reihe von Chefärzt:innen gab es Vertsimmungen. In mehreren Gesprächen kritisierten diese einen „autoritären Führungsstil“. Diese Stimmen hatten und haben Gewicht. Und da offenbar mehrere Führungskräfte drohten, selbst zu kündigen, zog nun die Politik die Reißleine.

Der Aufsichtsrat machte binnen von 24 Stunden Nägel mit Köpfen

Das Ende für Polle kam überraschend schnell: Im Ältestenrat vor der Ratssitzung am gestrigen Donnerstag kam das Thema außerplanmäßig auf die Agenda. Offenbar ging es zunächst nur darum, die Stimmungslage bei den Fraktionen auszuloten. 

Die war offenbar eindeutig: Bereits am Freitag machte der Aufsichtsrat Nägel mit Köpfen und empfahl einstimmig (!), den Dortmunder Klinikchef abzuberufen. Nun muss die Gesellschafterversammlung – die Stadt ist einige Eigentümerin – nachziehen. Das ist aber – so die Meldung auf dem OB-Büro – nur Formsache. Sie wird dieser Empfehlung folgen. Damit braucht Dortmund eine: neue:n Chef:in für das Klinikum.

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Reaktionen

  1. Wolfgang Blietz

    Klasse!! Das Herzzentrum Berlin hat ihn wie anschließend auch das Klinikum Dresden raus geworfen und nun, nach nur 1,5 Jahren auch Dortmund…zu Recht.

  2. Windspiel

    Endlich!!!!! Bleibt nur zu hoffen, dass dieser Mensch nirgendwo mehr eine Anstellung bekommt. Mittlerweile sollte sich herumgesprochen haben, auf welchen (kranken) Charakter man trifft. Menschenverachtung, Schüren von Misstrauen und Abschätzung waren leider auf der Tagesordnung.
    Augen auf bei der Auswahl der Führungskräfte!

  3. Klaus Nagel

    Wann endlich fällt es den einstellenden Entscheidungsträgern auf, dass dieser Mensch immer nur für eine recht kurze Zeit eine neue Beschäftigung findet ? Es sollte zumindest Anlass genug sein, (auch) ihn nach den wirklichen oder vermeintlichen Wechselgründen zu fragen. Mein Eindruck als ehemaliger Personalchef unter Herrn Polle: er kann weder mit Menschen, noch führen, zudem verhält er sich rücksichtslos. Ich habe erlebt, wie er viele seiner ihm untergebenen Leitungen in der Verwaltung vergrault hat. Dieses setzte er auch nach Beendigung meiner Tätigkeit fort, was aber in meinem Fall andere Gründe hatte. Ich bin mir der Tragweite meiner Bewertung bewusst und gebe diese nicht leichtfertig.

  4. Christian

    Bin ich der Einzige, der gerade viele Fragen zur Qualität des generellen Berufungsprozesses hat? Der Lebenslauf von Herrn Polle wirft schon konkrete Fragen auf, zudem ist das Führungsverständnis und Führungsverhalten doch in einem Bewerbungsprozess sehr leicht abklopfbar bzw. überprüfbar und entsprechend auch hinterfragbar.

  5. Windspiele Dresden

    Herr Polle hat auf eigenen Wunsch für das Klinikum Dortmund, Dresden wieder verlassen. Es stimmt also nicht das er in Dresden rausgeworfen wurde, so ehrlich muss man schon sein.

  6. Niko

    In meiner beruflichen Laufbahn (als Führungskraft) habe ich keinen fragwürdigeren Vorgesetzen erlebt. In jeglicher Hinsicht. Und das schon vor einigen Jahren. Bleibt zu hoffen, dass es nun in der Branche angekommen ist: Herr Polle ist als Führungskraft ungeeignet. Völlig.

  7. Georg Metzger

    Toll für alle:
    – Bei einem 5 Jahresvertrag nach 30 % der Laufzeit außer Diensten. Was für ne Abfindung! Gewonnen für 70 % der Laufzeit!
    – Die Besitzstände der Besitzstandsverteidiger im Klinikum werden in den nächsten Jahren leichter zu verteidigen sein, bis sich dann der/die Nachfolger/-in an die harten, aber systemisch impertinenten, dem Klinikum in seiner Zielsetzung schadenden Brocken mit offenem Ergebnis herantraut. Gewonnen bis dahin!
    – Die Trägerin, die Stadt Dortmund, kann bald wieder den bestmöglichen Nachfolger auswählen. Gewonnen, bis wieder einer diesem Ruf erliegt!

    Was für eine win-win-win Situation.

  8. Doc

    Sein Wirken am Klinikum Dresden war auch mit allen hier schon genannten Attributen besetzt. Man war froh, als er endlich von selbst ging. Hinterlassen hat er eine Welle von Kündigungen, die das Klinikum heute noch schmerzen und so ohne weiteres nicht zu ersetzen sind. Auch seine „Fachkompetenz“ war ernüchternd. Mit seinen „Ergebnissen“ hat er das Klinikum mehr zurückgeworfen als voran gebracht. Für das Klinikum vertane Zeit und belastend für viele Kolleginnen und Kollegen, welche sich für das Dresdener Klinikum und vor allem dessen Patienten einsetzen bzw. eingesetzt haben.

  9. I.Weiss

    Wahrscheinlich ein guter SPD PARTEI Soldat oder warum wurde Herr Polle seinerzeit am Klinikum DO eingestellt?
    Na ja ,lediglich mit einem FH- Diplom ausgestattet, hohe 6. stellige Jahreszahlungen an Gehalt zu erhalten ist bemerkenswert….. Und jetzt eine saftige Abfindung?
    Die Verantwortlichen in der Politik brauchen ja auch nicht zahlen….

  10. Michi

    Der Mann hat doch erst einmal einen Vertrag erfüllt, ansonsten vorzeitig gegangen oder gegangen worden. Die Gründe waren immer die gleichen, absolute soziale Inkompetenz. Ich kenne Herrn Polle aus Dresden und habe selten jemanden getroffen, der die Regeln im menschlichen miteinander derart mit Füßen getreten hat. Darüber hinaus ein Meister darin, sich erfolgreiche Maßnahmen zuschreiben zu lassen und Misserfolge auf andere abzuwälzen. was er wirklich kann ist nicht beurteilter, war nie lange genug an einem Ort. Ist mir schleierhaft, wie man als Verantwortlicher so einem Menschen ein Krankenhaus anvertrauen kann, die Problematik ist doch für jeden sichtbar der sehen will…

  11. Strasser

    In Dresden hatten wir mit Herrn Polle sehr schmerzhafte Erfahrungen und mussten als sehr erfahrene Chefärzte despektierliche Beleidigungen hinnehmen. Endlich gelang es uns mit vereinten Kräften den Klinikträger von der unhaltbarerer der Personalien zu überzeugen. Unsere „Pollenallergie“ bleibt erhalten.

  12. Kathrin

    Kenne Herrn Polle als versierten Krankenhausfachmann, der zielgerichtet und mitnehmend die richtigen Dinge umgesetzt hat. Im Klinikum Dresden ist in den beiden Jahren unter seiner Führung viel erreicht und umgesetzt worden, das Ergebnis des Klinikums hat sich nach einer langen Durststrecke von 12 Mio. Euro Verlust im Jahr 2019 auf ein positives Ergebnis im Jahr 2021 verbessert. Dies ist schon beachtlich gut und kann von jedem nachgelesen werden.

  13. Frank

    Das Klinikum Dortmund als kommunaler Maximalversorger steht wie andere Kliniken vor schwierigen Zeiten. Die München Klinik prognostiziert für dieses Jahr einen Verlust von 90 Mio. Euro, was in Dortmund am Jahresende stehen wird, muss sich zeigen. Eigentlich sollte die Stadt Dortmund froh sein, einen umsetzungsstarken Manager an Bord zu haben, hat sich nun aber für die Unterstützung der Veränderungsverweigerer entschieden.

  14. Stefan

    Als Führungskraft habe ich ihn motivierend, mitnehmend und wertschätzend erleben dürfen. Er ist klar strukturiert und verbindlich, notwendige Schritte und Entwicklungen werden gemeinsam erarbeitet. Er setzt sich für seine Leute ein, kommt bei Führungskräften nicht immer vor. War eine klasse Zeit. Aber die notwendigen Veränderungen als auch unpopuläre Entscheidungen muss man im Team auch unterstützen, was vielleicht nicht immer gegeben ist.

  15. Beatrix, Gerlings

    Krankenhäuser sind nicht vergleichbar mit Unternehmen wie Autohersteller, IT-Betriebe, Konsumartikel-Hersteller und allen anderen, marktwirtschaftlichen Regeln unterworfenen, Betrieben.
    Seit der „Gesundheitsreform“ mit ihren Fallpauschalen sind die VerwaltungsKRÖPFE in Krankenhäusern aufgestockt worden.
    Manager mit unangemessenen Gehältern im Krankenhaus gibt es seitdem mindestens drei, wo früher einer/eine beschäftigt war.
    Der Mangel an Pflegekräften und Ärzten hat sich seitdem verschärft.
    Nur wer es schafft, seine Arbeit mit und am Patienten nach der Formel:
    Leistung = Arbeit x Zeit zu bewältigen, bleibt dieser Tätigkeit treu.
    Andere hören auf oder werden krank oder …
    Denn die Arbeit mit Patienten hat eine andere Formel:
    Leistung=Arbeit x Empathie x Zeit.
    Doch Empathie passt nicht in Manager-Tätigkeit!
    Die Geldsummen, die der Abfindungsvertrag für H. Polle vorsieht, ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die im Krankenhaus medizinisch oder logistisch Hand in Hand zum Wohle der Patienten arbeiten!!
    Es ist ein Skandal, dass dieser Mann, der offensichtlich, soziologische gesehen, nicht gesellschaftsfähig ist, so viel Geld für seine Unfähigkeit bekommen soll.

  16. Thorsten

    Ja es stimmt, die Jahresergebnisse des Dresdner Klinikums waren während der Tätigkeit von Herrn Polle in 2020 und 2021 besser als die 2 Jahre davor. Allerdings konnte das Klinikum in dieser Zeit auch von Coronahilfen in erheblicher Millionenhöhe profitieren. Ein absoluter Glücksumstand für die Bilanz. Ein Effekt der sich ab 2022 nicht fortsetzte und dem Klinikum wieder ein verlustreiches Jahr bescherte. Von einem wirtschaftlich positiven Wirken von Herrn Polle kann hier garantiert nicht die Rede sein. Plausibel voranbringende Maßnahmen, die er mit seinem Wirken umgesetzt haben soll, sucht man auch vergebens.

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