CORONA: Suppenküchen und Gast-Haus Dortmund ändern Ausgabe und Angebot – Essen wird durchs Fenster gereicht

Kana-Suppenküche in Zeiten der Corona-Krise. Katja und Lisa reichen am Fenster des Lokals in der Mallinckrodtstraße Suppe an hungrige Menschen. Die Räumlichkeiten selbst sind geschlossen. Foto: Klaus Hartmann

Von Susanne Schulte

Die Ansteckungsgefahr durch das Corona-Virus bringt die Arbeit der Dortmunder Suppenküchen ins Stocken. Bei Kana auf der Mallinckrodtstraße servieren die Helfer*innen ab heute das Essen durch ein Fenster zu den Gästen auf der Straße; die Suppenküche Wichern hat ganz dicht, da das komplette Wichernhaus geschlossen ist und das Gasthaus versorgt seine Gäste morgens und abends mit Lunchpaketen durch eine Klappe. Alle Verantwortlichen tun ihr Möglichstes, die Hilfe aufrechtzuerhalten ohne das Risiko für die Ehrenamtlichen, die zum großen Teil ihren 60. Geburtstag bereits gefeiert haben, und die Gäste, die häufig nicht in bester gesundheitlicher Verfassung sind, zu steigern.

Kana: Eintopf im Plastikbecher für den Sofortverzehr oder zum Mitnehmen – Verpackungen werden eingesammelt

Die Suppenküche Kana in der Nordstadt besteht seit 25 Jahren. Das Gasthaus an der Mallinckrodtstraße
Die Suppenküche Kana in der Nordstadt besteht seit fast 30 Jahren. Foto: Klaus Hartmann

„Beim Essen sitzen immer 60 bis 80 Menschen gleichzeitig an den Tischen“, sagt Bernd Büscher von Kana. Dann kämen noch die Helfer*innen dazu. „Das sind dann schon mal zusammen 100 Leute. Das können wir weder Mitarbeiter*innen noch Besucher*innen zumuten.“ 

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Gestern, am Montag , den 16. März, habe man überlegt, komplett zu schließen, habe aber erst einmal diese Lösung bevorzugt. So gibt es die Suppe im Plastikbecher zum Sofortverzehr oder zum Mitnehmen durchs Fenster gereicht. Kaffee und Tee werden nicht ausgeschenkt. Vor dem Haus steht lediglich ein Wasserspender. Auch auf den Kuchen müssen die Gäste verzichten. „Wahrscheinlich gibt es noch eine Scheibe Brot zur Suppe.“

Nach der Essenausgabe werde man die Straße abgehen, um eventuelle fortgeworfene Becher einzusammeln, so Büscher. Ob diese Lösung der Essensausgabe praktikabel sei, werde sich zeigen. 

Vorräte habe man noch genug und für das Kochen und die Ausgabe „brauchen wir gerade auch nicht die großen Teams“, verweist er darauf, dass alle Helfer*innen ehrenamtlich arbeiten und selbstverständlich zu Hause bleiben können, wenn sie das wünschen. Das Notprogramm werde so lange Bestand haben, wie es sich ohne Probleme durchhalten lasse.

Gasthaus: Seit Montag Lunchpakete statt warmes Essen – Geldspenden für Verpackungen willkommen

Das Gast-Haus an der Rheinischen Straße. Foto: Archiv

Auch am Gast-Haus an der Rheinischen Straße erhalten die Gäste ihr Essen durch eine Klappe gereicht. „Der Gastraum ist geschlossen“, sagt Svea Schleiken, für die Verwaltung immer noch vor Ort. Die Gründe sind die gleichen wie bei Kana: Die Ehrenamtlichen sind zum großen Teil lebensälter, die Besucher*innen gesundheitlich angeschlagen. 

So habe man bereits am Montag mit einer kleinen Mannschaft hunderte Brötchen und Schnittchen geschmiert, Obst und Gemüse dazu gepackt und die Lunchpakete ausgegeben. „Warmes Essen gibt es nicht mehr.“

Geschäftsführerin Katrin Lauterborn hat mit der entsprechenden Stelle bei der Stadt gesprochen, um zu klären wie es weitergehen kann. „Für uns ehrenamtliche Vereine ist es sehr schwierig. Immerhin stellen wir die Daseinsvorsorge sicher.“ Jetzt sei die Kommune gefordert, die Versorgung der Gäste professionell sicherzustellen.

Die Bäckereien versorgten das Gast-Haus bislang noch sehr gut. Wie viel Lebensmittel zusammenkämen, sehe man erst am Donnerstag nach der üblichen Fahrt zum Rewe-Zentrallager. Geldspenden würden aber sehr gerne genommen. Die brauche man vor allem für den Kauf von Lunchpaket-Verpackungen und Pappbechern. Wie Bernd Büscher von Kana und Ralf Nigmann von der Wichern-Suppenküche befürchtet Katrin Lauterborn, dass an die Gäste dieser Einrichtungen in Zeiten der Corona-Grippe zuletzt gedacht werde.

Wichern-Suppenküche: Morgen bleibt zum ersten Mal seit der Gründung die Küche kalt

Zum ersten Mal seit der Gründung vor 15 Jahren bleibt die Küche im Wichernhaus kalt. Foto: Susanne Schulte/Archiv

Zum ersten Mal nach der Gründung vor 15 Jahren gibt es morgen, am Mittwoch, in der Wichern-Suppenküche nichts auf den Teller. Das komplette Haus an der Stollenstraße ist für den Publikumsverkehr geschlossen.

Ralf Nigmann, der mit seinem Team immer mittwochs erst in der Küche, dann im großen Saal ehrenamtlich arbeitet, hat das Angebot noch nie absagen müssen – weder an Weihnachten, noch an Silvester oder an anderen Feiertagen: Mittwochs war Suppenküchentag.

Vorräte verkämen nicht, so Nigmann. Frisch habe man diese Woche noch nichts eingekauft, und was in der Tiefkühltruhe liege, liege da sicher. Auch das Essen der großen ehrenamtlichen Köch*innen- und Servierer*innen-Truppe anlässlich des 15. Jahrestages der Gründung ist nun fraglich geworden. „Den Tisch hatte ich für den 27. April bestellt.“

Tafel: Bis auf zwei Nordstadt-Ausgabestellen sind alle Filialen geschlossen

Schüler der Schule am Hafen helfen in der Tafel an der Haydnstraße
Die Dortmunder Tafel gibt derzeit nur noch an der Haydnstraße und der Osterlandwehr Lebensmittel aus. Foto: Klaus Hartmann/Archiv

Auch die Tafel hat ihre Arbeit zum Teil eingestellt. Persönlich war für die Nordstadtblogger bislang niemand zu sprechen. Auf der Tafel-eigenen Seite im Internet ist zu lesen, dass Lebensmittel nur noch an der Haydnstraße und der Osterlandwehr ausgegeben würden.

Alle anderen Filialen seien geschlossen zum Schutz der Kund*innen und der Mitarbeiter*innen. Das Ausweisbüro werde geschlossen. Verlängerungen könnten per Post, Mail oder Fax erfolgen. Neue Ausweise würden bis auf Weiteres nicht ausgestellt. Auch die Kinderprojekte seien vorerst gestrichen.

 

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Reaktionen

  1. bodo e.V. (Pressemitteilung)

    Wohnungslosenhilfe nicht allein lassen
    „Wohnungslosenhilfe ist kritische Infrastruktur!“

    Der Kampf gegen Covid-19 hat massive Auswirkungen auf die Wohnungslosenhilfe. Immer mehr Hilfsorganisationen müssen auf den Notbetrieb umschalten oder ganz aufgeben. Auch die Arbeit des bodo e.V. ist von den weitreichenden Schutzmaßnahmen betroffen.

    Die Lage für Betroffene ist ernst. „So richtig und wichtig die Einschränkung des öffentlichen Lebens ist ‑ die Maßnahmen treffen Wohnungslose doppelt“, sagt Oliver Philipp, Vertriebsleiter von „bodo“. Sie haben häufig ein schwächeres Immunsystem und sind anfälliger für Erkrankungen. „Wer aber keine Wohnung hat, kann nicht einfach zuhause bleiben und abwarten.“

    Zwar gibt es ein enges Netz an Versorgungseinrichtungen. Orte wie das Gast-Haus in Dortmund oder die Suppenküchen werden aber häufig über die Arbeit von Ehrenamtlichen gestemmt ‑ und diese gehören wegen ihres Alters oft genug selbst zur Risikogruppe. „Wir können das nicht weiter verantworten“, sagt Gast-Haus-Geschäftsführerin Katrin Lauterborn. „Und wir erwarten, dass die Stadt die Versorgung übernimmt.“

    Das Gast-Haus ist geschlossen, Helferteams verteilen seit dem Wochenende Essenspakete durch eine Durchreiche. Auch die Kana Suppenküche kann Essen nur noch in Mitnahmebehältern ausgeben. In den Einrichtungen kommen täglich zwischen 200 und 300 Mahlzeiten auf den Tisch. Auch der bodo e.V. behält die Sozialberatung in seinen Anlaufstellen in einem Notbetrieb aufrecht. „Wir werden weiterhelfen, wo wir können und so lange wir können“, so Philipp.

    Was aber bleibt: „Unseren VerkäuferInnen drohen existenzielle Einnahmen wegzubrechen. Wir versuchen, die Verluste aufzufangen ‑ dazu brauchen wir aber Hilfe.“ Der Verein freut sich über Spenden, alle Infos sind zu finden unter http://www.bodoev.de.

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