Coronavirus: „Es gibt keinen Grund für Besorgnis oder hysterische Reaktionen – auch nicht in der Berichterstattung“

Im Klinikum-Nord gibt es einer Isolierstationen für Conronafälle. Foto: Nordstadtblogger
Im Klinikum-Nord gibt es eine Isolierstation für Coronafälle. Foto: Nordstadtblogger

Kein Grund zur Panik in Sachen Coronavirus: „Wir haben weiterhin keinen nachgewiesenen Fall in der Stadt Dortmund“, versucht OB Ullrich Sierau mit Blick auf Hamsterkäufe in den Supermärkten zu beschwichtigen. Selbst die Verdachtslage sei „sehr überschaubar“. Daher wird es weder bei Veranstaltungen in städtischen Einrichtungen noch bei der Messe und den Westfalenhallen Absagen geben. Auch die Krankenhäuser und das Gesundheitsamt sehen sich gut gerüstet. Voraussichtlich ab Mittwoch kann das städtische Klinikum auch selbst Laboruntersuchungen von Abstrichen in Sachen Coronaviren vornehmen – dann gibt es binnen von Stunden Gewissheit, nicht mehr erst nach Tagen.

Zeitersparnis: Das Dortmunder Klinikum kann in Kürze selbst auf Coronaviren testen

Seit Montag ist die „zentrale Diagnostikstelle“ beim Gesundheitsamt in Betrieb. Hier können Mediziner*innen unter Vollschutz Abstriche von Personen machen, die möglicherweise Kontakt zu Infizierten hatten.

Dr. Frank Renken, Leiter Gesundheitsamt Dortmund
Dr. Frank Renken ist Leiter des Dortmunder Gesundheitsamtes. Archivfoto: Klaus Hartmann

Aber nur die – wer „nur mal auf Nummer sicher gehen“ wolle, wird hier abgewiesen. Denn nur in Fällen, wo es gravierende Krankheitsbilder gibt, werde das gemacht. 

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„Wer die letzten 14 Tage Dortmund nicht verlassen und auch keinen Kontakt mit Infizierten hatte, kann sich nicht angesteckt haben“, macht Dr. Frank Renken, Chef des Dortmunder Gesundheitsamtes, deutlich. „Noch keinen einzigen nachgewiesenen Übertragungsfall.“ 

Derzeit gibt es nur zwei „Kontaktfälle“ – damit meint die Behörde Menschen, die zu Infizierten Kontakt hatten. Konkret geht es um zwei Personen, die zu einem Corona-Patienten aus Heinsberg Kontakt hatten, bevor die Erkrankung dort bekannt geworden war. Die Labor-Ergebnisse werden morgen oder übermorgen vorliegen, weil die Abstriche bisher mit der „Schneckenpost“ in Labore in Berlin bzw. in Essen geschickt werden müssen.

Das soll sich nun ab Mittwoch ändern. Wenn die Materialien angeliefert werden, kann das Städtische Klinikum auch selbst die Laboruntersuchungen vornehmen, berichtet Rudolf Mintrop, Vorsitzender der Geschäftsführung des Klinikums Dortmund. Dann gibt es die Ergebnisse nach wenigen Stunden – ein echter Zeitgewinn.

Warnung: Die Zahl der Blutspenden in Dortmund geht aus Angst deutlich zurück

Auch er warnte vor übertriebener Panik: Menschen, die Fragen hätten, sollten sich an die Info-Hotline unter anderem der Stadt wenden, nicht aber an die Fachabteilung im Klinikum-Nord. Der diensthabende Arzt habe dort allein am Freitag 60 Anrufe bewältigen müssen – dabei müsste er sich in der Zeit um seine Patient*innen kümmern. 

Rudolf Mintrop ist Geschäftsführer des Städtischen Klinikums in Dortmund.
Rudolf Mintrop ist Geschäftsführer des Städtischen Klinikums in Dortmund. Foto: Alex Völkel

Er unterstrich, dass die Schutzmaßnahmen sich kaum von der bei einer klassischen Influenza unterschieden würden. „Da kann jede Klinik mit umgehen und daher sind wir auch vorbereitet. Wir müssen aufpassen, dass – wenn es zur Verbreitung kommt – wir Kapazitäten für schwere Verdachtsfälle haben“, so Mintrop. Daher würden bloße Verdachtsfälle ohne schwere Symptomatik auch zu Hause isoliert.

„Influenza ist viel gefährlicher, davon redet nur keiner“, betonte der Klinik-Chef. Er machte deutlich, dass je später es mit Corona-Fällen losgehe, desto besser. Denn wenn die normale Grippewelle abgeebbt sei, wären die echten Corona-Fälle deutlich besser zu identifizieren. So oder so:  „Es gibt keinen Grund für Besorgnis oder hysterische Reaktionen – auch nicht in der Berichterstattung“, betonte Mintrop.

Sorgen hingegen macht man sich im Klinikum wegen einer anderen Folge der Panik: Die Zahl der Blutspenden ist deutlich zurückgegangen. „Alle Dortmunder Kliniken haben einen Versorgungsauftrag für alle Erkrankungen oder Fälle. Durch das Virus sinkt die Spende-Bereitschaft – aber das brauchen wir für die anderen Patienten dringend. Es wäre fatal, wenn die Klinken nicht mehr genügend Blut zur Verfügung haben“, betonte Klinikdirektor Prof. Dr. med. Michael Schwarz.

Die Stadt will vorerst keine Veranstaltungen und Messen absagen (lassen)

Da es bisher weder bestätigte noch Verdachtsfälle gibt, wird es in Dortmund auch keine Veranstaltungsabsagen geben. „Wir bleiben bei der Durchführung, solange es keinen nachgewiesenen Fall gibt –  dann wird es gegebenenfalls eine andere Marschrichtung geben“, so Sierau. 

Sabine Loos ist Hauptgeschäftsführerin der Westfalenhallen-Unternehmensgruppe.. Foto: Alex Völkel
Sabine Loos ist Hauptgeschäftsführerin der Westfalenhallen-Unternehmensgruppe.. Foto: Alex Völkel

„Bei Veranstaltungen in städtischen Einrichtungen machen wir keine Abstriche, außer wenn es Erkrankungen oder Symptome beispielsweise bei Künstler*innen gibt oder wenn natürlich keiner mehr hinkommen will oder kann“, so der OB.

Denn neben den gesundheitlichen gibt es auch immer Haftungs- und Kostenrisiken. Wenn die Stadt Veranstaltungen absagt, muss sie im Zweifelsfall die Kosten übernehmen – anders wenn Teilnehmer*innen von sich aus absagen, die dann selbst Risiko und Kosten tragen.

Das unterstrich auch Sabine Loos, Chefin der Westfalenhallen: „Gesundheit und Sicherheit für Aussteller und Besucher stehen bei uns an oberster Stelle. Daher sind wir auch in Kontakt mit Behörden und Veranstaltern. Derzeit sehen wir keinen Grund, Messen abzusagen.“ 

Auch an den bisher geplanten Konzerten werde die Westfalenhalle festhalten. Um sicher zu gehen, habe man den Reinigungsturnus erhöht, Desinfektionsspender installiert und auch einen ganz guten Vorrat angelegt. Für sechs bis acht Wochen sei man ausgestattet, so Loos. Auch könne man bei Messen – sollte ein akuter Fall auftreten, Tests auf Fieber machen und Betroffene isolieren. Sollte es keine zentrale Ansage vom Land geben, werde man am Programm festhalten und die Lage regelmäßig neu bewerten.

Kritik am Land, weil man dort noch immer nicht in den Krisen-Modus geht

Apropos Land: Die Stadtspitze erneuerte ihre Kritik, dass die Landesregierung noch immer nicht in den Krisenstab-Modus gegangen sei – anders als beispielsweise die Bundesregierung. Dortmunds Gesundheitsdezernentin Birgit Zoerner hatte am Montag am NRW-Städtetag mit den Gesundheitsdezernent*innen teilgenommen.

Dezernat 5: Stadträtin Birgit Zoerner
Gesundheitsdezernentin Birgit Zoerner fordert das Land zum Handeln auf. Archivbild: Klaus Hartmann

„Was die Städte berichtet haben, schreit danach, dass überörtliche Strukturen geschaffen werden. Es ist nicht vernünftig, so dran zu gehen“, erneuerte Zoerner ihre Kritik am Land. Dortmund sei gut aufgestellt und habe funktionierende Krisenstab-Strukturen.

Durch die fehlende Direktive von oben reagierten die Städte sehr unterschiedlich. „Wir brauchen aber einen Krisenstab auf Landesebene für die Kommunikation, die Koordination und gleichförmiges Handeln. Wir brauchen eine bestmögliche Abstimmung, das geht nur im überörtlichen Kontext.“

Das bestätigte auch Matthias Gahlen, Leiter des städtischen Krisenstabs. „Unser Stab ist erprobt und handlungsfähig.“ Ein Krisenstab-Modus werde nicht nur bei Krisen, sondern auch für verbesserte Kommunikation und Austausch benötigt. „Dortmund ist sich sehr bewusst über die Möglichkeiten der Strukturen. Wir haben keine Krise, aber erhöhten Koordinationsbedarf – und das landes- und bundesweit“, so Gahlen. „Der Bund hat es ja gemacht. Wir könnten mit Nachbarn und Oberbehörden besser kommunizieren, wenn es alle in derselben Struktur tun.“

 

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Reaktionen

  1. Gesundheitsamt Stadt Dortmund (Pressemitteilung)

    „Coronavirus“ – Alle Testergebnisse negativ – kein nachgewiesener Fall in Dortmund

    In Sachen „Coronavirus“ lässt sich für Dortmund folgendes Update geben:

    – Die noch ausstehenden Testergebnisse der in Dortmund lebenden Kontaktpersonen der mit dem Coronavirus infizierten Frau aus Unna sind negativ.

    – Die seit Montag geöffnete neue Stelle zur „Corona-Testung“ im Gesundheitsamt war und ist nachgefragt. Am ersten Tag wurden dort rund 25, gestern 20 und heute 17 Tests durchgeführt.

    Die Ergebnisse der 25 am Montag durchgeführten Tests liegen jetzt vor: alle sind negativ.

    – Mit aktuellem Stand von jetzt gibt es in Dortmund keinen nachgewiesenen Fall einer Infektion mit dem Coronavirus.

    – Für Fragen und Informationen sowie eine eventuelle Anmeldung zur Testung ist die „Corona-Hotline“ der Stadt Dortmund unter Telefon 50-13150 von montags bis freitags 7 bis 18 Uhr erreichbar.

  2. Kinder-Vorsorge in der Corona-Krise: Pflichttermine für U-Untersuchungen können zeitnah nachgeholt werden (Pressemitteilung)

    Kinder-Vorsorge in der Corona-Krise: Pflichttermine für U-Untersuchungen können zeitnah nachgeholt werden

    In Zeiten von Kontaktbeschränkungen und der Gefahr von Ansteckungen mit dem Corona-Virus meiden Eltern in Dortmund auch die Vorsorgeuntersuchungen für ihre Kinder beim Kinderarzt. Da die Gesundheitsangebote im Kindesalter für eine gesunde Entwicklung jedoch sehr wichtig sind, gelten ab sofort Ausnahmeregelungen für einige der so genannten U-Untersuchungen bei Kindern und Jugendlichen. „Um die Entwicklung der Kinder kontinuierlich zu begleiten, sollten die U-Untersuchungen und Impfungen in Absprache mit dem Kinderarzt jedoch unbedingt zeitnah nachgeholt werden“, sagt AOK-Serviceregionsleiter Jörg Kock.

    Die für die Früherkennungsuntersuchungen U6 (10. bis 12. Lebensmonat), U7, U7a, U8 und U9 für Kinder im Alter zwischen zwei und fünf Jahren normalerweise vorgeschriebenen festen Termine und Terminabstände wurden vorübergehend aufgehoben. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband haben wegen der Corona-Krise in Sonderregelungen andere Untersuchungszeiträume und Toleranzzeiten vereinbart. „Eltern können nun in Absprache mit den Kinderärzten die Untersuchungen und Impfungen gegebenenfalls verlegen, sollten diese jedoch möglichst zeitnah nachholen“, so Kock. Für die Untersuchungen U2, U3, U4 und U5 gibt es hingegen keinerlei Änderungen.

    Wenn in den nächsten Wochen bei einem Kind eine U-Untersuchung angesetzt ist, sollten sich Eltern am besten direkt mit ihrer Kinderarztpraxis in Verbindung setzen, um einen passenden Termin für die Untersuchungen und für Impfungen zu vereinbaren. Für die Nachweise zu den Untersuchungen im Gelben Heft im Zusammenhang mit den Bonusprogrammen der Krankenkassen ergeben sich keinerlei Nachteile, wenn ein späterer Termin in Anspruch genommen wird. Die Festlegungen zu veränderten Bedingungen für die U-Untersuchungen sollen vorerst bis Ende September 2020 beibehalten werden.

    Die AOK NordWest übernimmt nach der U9 zusätzlich noch die Kosten für die beiden wichtigen Vorsorgeuntersuchungen U10 und U11. Bei der U10 sollen Entwicklungsstörungen wie Schulleistungsstörungen oder Störungen der motorischen Entwicklung bei Kindern im Alter von sieben bis acht Jahren erkannt werden. Und für neun- bis zehnjährige Kinder zahlt die AOK NordWest die U11. Hier sollen ein möglicher problematischer Umgang mit Suchtmitteln erkannt und gesundheitsbewusstes Verhalten unterstützt werden. Da die Untersuchungszeiträume direkt ineinander übergehen, ist hier keine Fristverlängerung vorgesehen.

    Weitere Informationen zu Kinder-Vorsorgeuntersuchungen unter http://www.aok.de/nw Stichwort ‚Vorsorgeuntersuchungen für Babys und Kinder‘.

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