Digitale Teilhabe und Kompetenz durch Hardware-Upcycling: Albert-Schweitzer-Realschule nimmt an Pilotprojekt Teil

„#digitalmiteinander“ – so lautete das Motto des Digitaltages 2020. Der Digitaltag war erstmalig ein bundesweiter Aktionstag zur gemeinsamen Gestaltung des digitalen Wandels. Alle sollten in die Lage versetzt werden, sich souverän und sicher, selbstbewusst und selbstbestimmt in der digitalen Welt zu bewegen. Die Stadt Dortmund beteiligte sich ebenfalls am Digitaltag mit einem besonderen Pilotprojekt des Umwelt- und Schulverwaltungsamtes.

Hintergrund: Gesellschaft schwimmt in Hardware

In Privathäusern, Firmen und Institutionen häufen sich Mediengeräte (PCs, Laptops und andere, die scheinbar zu langsam oder sogar vermeintlich defekt sind). Computerhardware wird häufig aufgrund steigender Hardwareanforderungen von Software oder der fehlenden (Treiber-)Unterstützung von älterer Hardware durch Betriebssysteme entsorgt. ___STEADY_PAYWALL___

Für neues Gerät landet altes zumeist auf dem Müll. Foto: Thomas Engel

Gleichzeitig besteht durch die Notwendigkeit von Sicherheits- und Kompatibilitätsupdates ein Handlungsdruck, die Systeme mit aktueller bzw. gepflegter Software zu betreiben. Eine verbreitete und ökologisch schwerwiegende Folge hiervon: Massen von Computern und Notebooks landen im Müll und werden zu Elektroschrott.

Doch das muss nicht sein. Erst No-Tech, dann Old-Tech und dann erst Hightechlösungen, so lautet die suffiziente Daumenregel. Denn rohstoff- und energieintensive digitale Lösungen erschaffen oft neue Probleme an anderer Stelle. „Wir fragen uns intensiv: Welche Wege gäbe es zu digitaler Nachhaltigkeit? Eine Antwort, die wir gefunden haben: Hardwareupcycling!“, sagt Christian Nähle vom Umweltamt der Stadt Dortmund. 

Pilotprojekt: „Digitale Teilhabe und Kompetenz durch Hardware-Upcycling“

Die Wiederverwendbarkeit von älterer Hardware wird mit „Freier Software“ (Begriffserläuterung im Infoblock am Ende des Textes) erheblich verbessert, die Nutzungsdauer verlängert. Ein Freies Betriebssystem (z.B. Linux) bietet die Möglichkeit bis zu 20 Jahre alte Mediengeräte im Allta oder in ganz verschiedenen Arbeitsumgebungen einzusetzen. Mediengeräte in Kombination mit Freier Software zu nutzen ist ein einfacher Einstieg für alle, die auch digital am gesellschaftlichen Wandel arbeiten.

Oft wird viel zu schnell weggeworfen. Foto: EDG

„Es ist höchste Zeit, in anderen Kreisläufen zu denken.“ meint auch der Medienkünstler Daniel Schlep, der dieses Jahr als Referent für den Förderverein Dienstleistungszentrum Energieeffizienz und Klimaschutz e.V. tätig ist, dessen Geschäftsführung bei Christian Nähle im Umweltamt liegt.

Daniel Schlep hat die Übergabe von zehn Endgeräten (Standrechner + Monitore + Tastaturen + Mäuse + Kabel) für die Albert-Schweitzer-Realschule vorbereitet, um Schüler*innen für ihre digitale Teilhabe auszurüsten. Die nötige Kompetenz mit den Geräten umzugehen, gibt Daniel Schlep den Schüler*innen ebenfalls in einer Schulung nach den Sommerferien mit auf den Weg und sagt anlässlich des Pilotprojekts: 

„Nicht neue Geräte, sondern neues Wissen braucht die Welt. Es ist generell wichtig, den langfristig sinnvollen Umgang mit vorhandenen Geräten zu lehren. Freie Software ist in diesem Zusammenhang der Schlüssel. Mit dem Pilotprojekt schaffen wir Kompetenz, Kreativität und Kritikfähigkeit im Umgang mit Mediengeräten.“

Bedarf in Dortmund erkennbar: Pilotprojekt soll ausgeweitet werden

Die Rektorin der Albert-Schweitzer-Realschule Christel Stegemann freut sich über den Beginn des Projekts und erläutert: „In Zeiten des Distanzlernens sind digitale Endgeräte eigentlich eine unverzichtbare Voraussetzung. Weil aber die mediale Neuausstattung unserer Albert-Schweitzer-Realschule erst zum Jahreswechsel realisiert wird, gibt es noch keine Leihgeräte für die Schüler*innen, die eine gleichberechtigte digitale Teilhabe erst möglich machen.“

Foto: Susanne Schulte/Archiv

Das Projekt stifte somit einen ganz speziellen Nutzen in der Corona-Krise. Hier würden sich Aspekte wie digitale Teilhabe, Nachhaltigkeit, sozialer Ausgleich in überzeugender Weise vermischen und in vollem Einklang mit dem Schulprogramm stehen. „Ein schöner Auftakt eines Projektes, das unbedingt einer starken Ausweitung bedarf, um selber nachhaltig zu wirken im Sinne sozialer Gerechtigkeit gerade in Corona-Zeiten.“

Ein Bedarf über das Pilotprojekt hinaus ist in Dortmund leicht erkennbar. Deshalb freut sich Christian Nähle ganz besonders, dass die AfB gGmbH seit kurzem Mitglied des Fördervereins Dienstleistungszentrum Energieeffizienz und Klimaschutz e.V. ist. Die AfB gGmbH ist nach eigenen Angaben Europas größtes gemeinnütziges IT-Unternehmen. 

Sie schafft als IT-Refurbisher durch Aufarbeitung und Verkauf gebrauchter IT- und Mobilgeräte Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung und ist Spezialist für IT-Recycling und -Remarketing. Sie übernimmt gebrauchte IT von Unternehmen, die sie nach zertifizierter Datenlöschung für die Wiederverwendung aufarbeiten. So erweitert die AfB gGmbH den Produktlebenszyklus, schont natürliche Ressourcen und reduziert Emissionen. Die Partner der AfB gGmbH profitieren von professionellen Dienstleistungen, Kennzahlen für ihren Nachhaltigkeitsbericht und attraktiven Benefits für ihre Mitarbeiter*innen.

Dortmunder*innen können einander helfen – Aufruf an Unternehmen

Unternehmen können ihre Geräte von der AfB gGmbH abholen lassen, anstatt sie zu entsorgen. Zehn Prozent der Geräte, die von der AfB gGmbH zur Wiedernutzung aufbereitet werden, können von Dortmunder Schulen kostenfrei als Lerngegenstand zur Schulung des Nachhaltigkeitsdenkens in der Umweltpädagogik und z.B. im Technikunterricht eingesetzt werden. Außerdem können die Geräte von den Schüler*innen zu Hause genutzt werden.

Auch Privatpersonen können sich über den Förderverein mit Gerätespenden beteiligen. Für Rückfragen steht Ihnen der Geschäftsführer des Fördervereins Dienstleistungszentrum Energieeffizienz und Klimaschutz e.V., Christian Nähle, zur Verfügung (cnaehle@stadtdo.de, 50 – 2 87 74).

 

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Freie Software

Die Eigenschaft „frei“ in Freier Software hat weder mit Kostenlosigkeit einer Software zu tun, noch gibt sie einen Hinweis auf die Marktfähigkeit einer Software („Ist das Produkt gut?“). Frei bedeutet im Zusammenhang mit Freier Software:

  • Die Freiheit, ein Programm für jeden Zweck auszuführen. („Ich darf machen.“)
  • Die Freiheit, die Funktionsweise eines Programms zu untersuchen, und es an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. („Ich darf lernen.“)
  • Die Freiheit, Kopien weiterzugeben und damit meinen Mitmenschen zu helfen. („Ich kann mit anderen zusammenarbeiten.“)
  • Die Freiheit, ein Programm zu verbessern, und die Verbesserungen an die Öffentlichkeit weiterzugeben, sodass die gesamte Gesellschaft profitiert. („Ich bin mündig.“)
  • Sofern diese Freiheiten nicht vorliegen, wird von proprietärer Software gesprochen, d.h. die Software befindet sich im Eigentum von jemandem und ist kein Gemeingut.

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