Demo mit anschließender Menschenkette „als Brandmauer gegen die AfD“

Vor der Europawahl am 9. Juni setzten 3.500 Menschen erneut ein Zeichen gegen Rechts

3.500 Menschen versammelten sich am Samstag (25. Mai 2024) vor dem Adlerturm in Dortmund, um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen.
3.500 Menschen versammelten sich am Samstag (25. Mai 2024) vor dem Adlerturm in Dortmund, um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. Foto: Chimène Goudjinou

Anlässlich der Europawahl am 9. Juni 2024 fand in Dortmund eine Demonstration gegen die AfD und für eine demokratische Stadtgesellschaft statt. Nachdem die Teilnehmenden über den Wall marschierten, bildeten sie zum Schluss der Demonstration eine Menschenkette, die über den Hellweg ging. Laut Polizei demonstrierten rund 3.500 Menschen „friedlich, anmeldekonform und ohne Störungen“ in der Dortmunder Innenstadt.

Erneute Demonstration gegen die AfD und für die Demokratie

„Wir wollen in Dortmund eine Brandmauer gegen Rechts bauen.“ Mit diesen Worten rief der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus alle Dortmunder:innen dazu auf am Samstag (25. Mai 2024) gegen die AfD und für die Demokratie auf die Straße zu gehen.

Ein Appell von Friedrich Stiller vom Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus: „Alle können wählen was sie wollen, aber wählen Sie demokratisch“.
Ein Appell von Friedrich Stiller vom Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus: „Alle können wählen was sie wollen, aber wählen Sie demokratisch“. Foto: Chimène Goudjinou

Deswegen versammelten sich die Teilnehmenden um 11.55 Uhr – also dem sprichwörtlichen „5 vor 12“ – am Adlerturm. Nach Angaben der Polizei kamen 3.500 Menschen am Ostwall vor dem Adlerturm zusammen.

Mit dabei waren unter anderem Bastian Schlange von Correctiv, OB Thomas Westphal, Neven Subotić sowie Friedrich Stiller vom Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus, Tülin Dolutas vom VMDO und Yves Öcking als Vertreter der Klubszene.

Der ehemalige Fußballprofi Neven Subotić sei selbst als Kind vor dem Krieg in Jugoslawien nach Deutschland geflüchtet.
Der ehemalige Fußballprofi Neven Subotić sei selbst als Kind vor dem Krieg in Jugoslawien nach Deutschland geflüchtet. Foto: Chimène Goudjinou

„Heute auf die Straße zu gehen ist ein Zeichen, dass die Werte des deutschen Grundgesetzes zentral für uns, unserer Identität und unser Zusammenleben sind“, sagt der ehemalige Fußballprofi Neven Subotić.

Er selbst sei als Kind vor dem Krieg in Jugoslawien nach Deutschland geflüchtet.

Subotić erinnerte sich daran zurück, wie er und seine Familie nach zehn Jahren in Deutschland, das Land verlassen mussten, da ihre Duldung aufgehoben worden sei. Auch heute noch – berichtet der Ex-Fußballer – „zerstört“ ihn dieses Ereignis. „Dieser Einschnitt im Leben, das ist etwas was als Teil der Remigrationskampagne von der AfD als Erfolg gefeiert wird. Es ist unglaublich welcher Schaden damit in die Welt gerichtet wird“, sagt Subotić.

Stiller appellierte: „Alle können wählen was sie wollen, aber wählen Sie demokratisch“

Noch im Frühjahr sind bundesweit Millionen Menschen, in Dortmund waren es 30.000, gegen die „Remigrations-Pläne“ der AfD auf die Straße gegangen, die vom Recherche-Netzwerk Correctiv aufgedeckt wurden. Jetzt rückt die Europawahl näher und der Arbeitskreis sah das als neuen Anlass wieder auf die Straße zu gehen. Denn die Rechtspopulisten versuchen Europaweit an die Macht zu kommen.

Der Demonstrationszug lief von Ost nach West durch den Hellweg.
Der Demonstrationszug lief von Ost nach West durch den Hellweg. Foto: Chimène Goudjinou

„Alle können wählen was sie wollen, aber wählen Sie demokratisch“, appellierte Friedrich Stiller vom Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus. Doch damit nicht genug, parallel zur Kundgebung gab es auch einen Infostand mit Flyern zur AfD. Dort konnten sich Teilnehmende Informationen über die rechte Partei einholen.

„Die Demokratie in Deutschland ist in Gefahr. Die AfD und andere Rechtsextreme wollen sie zerstören, hier und in Europa“, schreibt der Arbeitskreis. Erst kürzlich bestätigte das Oberverwaltungsgericht NRW, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ einstufen darf.

Seine Entscheidung begründete das Gericht damit, dass tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die AfD Bestrebungen verfolgt, die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind. Nach der Kundgebung marschierten die Teilnehmenden begleitet durch eine Brass Band über den Ostwall bis zur Einmündung des Ostenhellwegs.

Menschenkette durch die Dortmunder City als Brandmauer gegen Rechts

Der Demonstrationszug lief von Ost nach West durch den Hellweg. Auf dem Weg bespielten verschiedene Music Acts die vorbeilaufende Demonstration und Passant:innen. Als der Demonstrationszug dann am Ende des Westenhellwegs angekommen ist, verteilten Helfer:innen des Arbeitskreises Flatterbänder mit dem Aufdruck „Bunt statt Braun“ an die Teilnehmenden.

Mit einem Flatterband markierten die Demonstrant:innen eine durchgehende Kette über den ganzen Hellweg.
Mit einem Flatterband markierten die Demonstrant:innen eine durchgehende Kette über den ganzen Hellweg. Foto: Chimène Goudjinou

Mit dem Flatterband markierten die Demonstrant:innen eine durchgehende Kette über den ganzen Hellweg.Die Menschenkette löste sich gegen 14 Uhr auf.

Im Anschluss hat der Arbeitskreis dann noch geplant zum Adlerturm zurück zu gehen um dort ein „Chill out“ zu machen. Doch kam nur eine Handvoll Menschen zurück und so wurde die Versammlung vorzeitig beendet.

Quelle:

  • Zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW zur Einstufung der AfD als rechtsextremer Verdachtsfall und der Begründung des Verfassungsschutzes geht es hier lang: www.ovg.nrw.de

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Reaktionen

  1. Ulrich Sander (VVN-BdA) zitiert Tülin Doluta

    Ansonsten Unausgesprochenes führte Tülin Doluta vom Verein migrantischer Organisationen VMDO aus:
    „Habt keine Angst! Wir Migrantinnen und Migranten bleiben hier. Wir lassen euch nicht mit der AfD allein! Hier ist unser Zuhause. Das Grundgesetz ist unser Grundgesetz. …. In Gefahr gerät unsere Demokratie erst dann, wenn wir gleichgültig werden. Wenn wir die Würde des Menschen aus den Augen verlieren. Wenn wir abstumpfen gegenüber dem Unrecht und dem Leid, das anderen angetan wird. Vielleicht existiert die Festung Europa auch schon in unseren Köpfen und Herzen. Gehen uns die im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlinge noch nah? Betrifft es uns, wenn die Polizei in unserer Stadt einen schwarzen Jugendlichen erschießt? Verschließen wir die Augen vor den aktuellen Massenabschiebungen? Diese Fragen kann jeder für sich beantworten. Aber uns allen muss klar sein: Die Gleichgültigkeit darf nicht siegen!“

  2. Presseerklärung zur Demonstration am 25. Mai ’24 „Wir haben die Wahl“ (PM)

    Pfarrer Friedrich Stiller und Georg Deventer, Leiter der Versammlung am 25, Mai 2024 in Dortmund, erklären:

    „Die Demonstration am Samstag war ein großer Erfolg für die demokratische Stadtgesellschaft. 4000 Dortmunderinnen und Dortmunder haben mit Kundgebung, Demonstration und Menschenkette erneut ein klares Zeichen gesetzt, dass diese Stadt BUNT statt braun ist. Sie haben deutlich gemacht, welche Gefahren von der Partei ausgehen, die eben keine Alternative für Deutschland ist, sondern mit ihrer völkisch-nationalistischen Ideologie die Demokratie untergräbt und Migrant*innen die Menschenrechte abspricht.

    Bei der Europawahl am 9. Juni muss sich der Protest an der Wahlurne auswirken. Alle können wählen, was sie wollen, aber die demokratischen Kräfte müssen gestärkt werden. Wir haben die Wahl!

    Die Menschenkette wurde über den ganzen Hellweg geschlossen, also über 1,3 Kilometer. Das ist einmalig in Dortmund. Es zeigt: Die Brandmauer gegen die AfD steht in Dortmund! Allen in der Kette danken wir für die fröhliche und ausgelassene Stimmung.

    Sehr viele Menschen mit ihren unterschiedlichen Weltanschauungen und politische Positionen waren beteiligt. Die gemeinsame Basis ist Artikel Eins des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wir stehen zusammen ein für Demokratie und Rechtsstaat, Freiheit und Menschenrechte. Der Tag war insofern auch eine nachgeholte Feier zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes. (Der Arbeitskreis hat das Jubiläum auch in einer eigenen Erklärung am 23. Mai 24 gewürdigt.)

    Der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus fühlt sich als Abbild der toleranten und weltoffenen Stadtgesellschaft durch die große Unterstützung ermutigt, weiter voranzugehen beim Einsatz gegen die Demokratiefeinde. Wir bitten alle Bürger*innen, uns auch in Zukunft zu unterstützen.

    Zu danken ist Oberbürgermeister Thomas Westphal, Neven Subotic, Bastian Schlange von CORRECTIV und den anderen Redner*innen für ihre engagierten Beiträge. Besonders danken wir den Musiker*innen, die am Hellweg für tolle Atmosphäre gesorgt haben, und den Glocken von St. Reinoldi, die uns unterstützt haben. Wir danken Yves Oecking für Bühne und Technik und den zahlreichen Ordner*innen aus vielen Mitgliedsorganisationen, die sich ehrenamtlich engagiert haben.“

    Dortmund, den 26.5.24, Friedrich Stiller und Georg Deventer, Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus

  3. Cornelia Wimmer

    Ja, die Erfolge der AfD sind beunruhigend. Wo kommen sie her? Rücken zuhauf Menschen in ihrem Denken und Empfinden wie ferngesteuert nach rechts? Ein mentaler Prozess, mit mental wirkenden Mitteln – Kundgebungen, Demonstrationen – zu beeinflussen?
    Unwahrscheinlich. – Wahrscheinlicher sind Gründe, die in der Lebenswirklichkeit der Menschen zu suchen sind: Immer mehr soziale Strukturen – Daseinsvorsorge genannt – bröckeln und brechen und halten nicht mehr. Rasant zunehmende Armut und schwierige finanzielle Bedingungen zunehmend auch im Mittelstand. – Wohnungsnot. Lehrermangel. Krankenhäuser am Limit oder jenseits davon. Pflegeheime von Gnaden des Marktes abhängig. Eine Bahn die den europaweit den Spott auf sich zieht und die Fahrgäste zum Wahnsinn treibt. Dazu eine gesellschaftliche Atmosphäre die, nicht nur in den sozialen Medien – von gehässiger Verunglimpfung geprägt ist. Gab es je so viele Polit-Schimpfwörter wie derzeit? Und zunehmend Menschen, die der Meinung sind, man könnte sich nicht mehr angstfrei äußern?
    All das ist abstellbar. Und zwar wesentlich von Regierungsseite. Man kann die Politik, die einem erheblichen Teil der Menschen untragbare Belastungen und prekäre Perspektiven zumutet, ändern. Dann gibt’s eben keine rund 90 Milliarden (nach NATO-Kriterien) für die Rüstung und keine – bereits angekündigten- verschärften Kürzungsrunden. Dann muss man in Talkshows gesittet miteinander streiten und nicht den einzigen Opponenten mit dauerndem Ins-Wort-fallen unhörbar machen. Dann wird man einen Kongress stattfinden lassen und nicht Einreise- und Sprechverbote selbst für ehemalige europäische Spitzenpolitiker und unbescholtene sachverständige Fachleute verhängen.
    All das geschieht und es verstümmelt Demokratie. Es geschieht aus dem Regierungslager heraus. Nach rechts zu zeigen und „die da! Weg mit ihnen!!“ zu brüllen, verstellt den Blick auf das eigene Wirken und das soll es wohl auch.
    Auch im möchte keine Rechten. Ich möchte eine inklusive Gesellschaft, in der Wohnungslosigkeit und Dauer-Arbeitslosigkeit und misslungene Bildungswege keine hinzunehmenden Selbstverständlichkeiten sind (Oder hat sich einer der Dortmunder Wohnungslosen aufgerappelt, seine Schlafmatte zusammengerollt und sich in die Menschenkette gestellt? Sicher nicht). Ich möchte einen Debattenraum, in dem sich die Menschen angstfrei austauschen und für Strittiges Lösungswege finden. –Das ist machbar. Wer meint, es sei nicht machbar oder müsse nicht angegangen werden, darf sich als Förderer rechter Kräfte betrachten. Wenn sich die Politik nicht ändert, die gesellschaftliche – materielle und mentale – Fragmentierung zunimmt, werden rechte Kräfte weiteren Zulauf bekommen. – Mit und ohne Fahnen, Demos und Menschenketten.

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