Sascha Krolzig als „Schriftleiter“ und Herausgeber angeklagt

Urteil im „N.S. heute“-Prozess: Ein Jahr auf Bewährung und Geldstrafe für den Neonazi

Prozess um „N.S. heute" für dem Landgericht: Rechtsanwalt Björn Clemens und der Angeklage Sascha Krolzig.
Prozess um „N.S. heute“ vor dem Landgericht: Rechtsanwalt Björn Clemens und der Angeklage Sascha Krolzig. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Der in Dortmund wohnende Neonazi Sascha Krolzig ist erneut wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Ein Jahr auf Bewährung sowie eine Geldstrafe in Höhe von 1.300 Euro lautete am 6. Verhandlungstag das Urteil des Schöffengerichts am Landgericht Dortmund. Der mehrfach einschlägig vorbestrafte Neonazi-Funktionär will in die Revision gehen. Verurteilt wurde der Rechtsaußen-Politiker dieses mal nicht wegen einer gehaltenen Rede, sondern als „verantwortlicher Schriftleiter“ und Herausgeber seines Magazins „N.S. heute“.  

Neonazi übt scharfe Kritik an Staatsanwaltschaft und Landgericht

Für Krolzig ist das eine Ohrfeige: Denn der verhinderte Volljurist – wegen seiner Vielzahl von Vorstrafen wurde er nicht zum juristischen Referendariat zugelassen – produzierte sich vor dem und auch im Prozess als juristischer Experte: „Kein einziges Mal wurde auch nur ein strafbarer Satz veröffentlicht“, alles habe „im Einklang mit der Meinungsfreiheit“ gestanden, führte Krolzig aus. Das sah das Gericht allerdings in drei Fällen anders – und begründete dies auch sehr ausführlich.

Der angeklagte Neonazi schoss scharf gegen die Anklagevertreterin.
Der angeklagte Neonazi schoss scharf gegen die Anklagevertreterin. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Insofern war das Urteil eine Klatsche, denn schließlich hatte Sascha Krolzig schon in seinen ersten Worten angekündigt, er wolle den „juristischen Beweis antreten, dass ich mit meinen Worten nicht übertrieben habe. Wir werden Zeile für Zeile die juristischen Fehler aufdecken und richtigstellen“, sagte er mit Blick auf die beiden Anklageschriften, die er als „totalitäre Pamphlete, die den Weg in das Gesinnungsstrafrecht ebnen“, bezeichnete.

Für Krolzig seien die Anklage und auch der Prozess lediglich ein Versuch der politischen Verfolgung:  „Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich eher amüsiert oder schockiert sein sollte, mit welchen Methoden ein Oppositioneller mundtot gemacht werden soll“, so Krolzig, der über Stunden seine Sicht der Dinge ausführte und den Prozess als Bühne nutzte. Die Verhandlung selbst bezeichnete er als „Kafkaesken Scheinprozess“ und sah sich selbst als „Verteidiger der Pressefreiheit“.

Seine Überheblichkeit und Arroganz fielen dem Neonazi auf die Füße

Doch alles Wettern und Wehklagen nutzten nichts – am Ende gab es doch ein Urteil gegen ihn. Und dass, obwohl Krolzig nach eigener Aussage jedes Wort der veröffentlichten Texte abgewogen und mehrfach überprüft habe. Schließlich sei er der Herausgeber des „Rechtsratgebers für Dissidenten und Aktivisten – Das kompakte Nachschlagewerk für die juristische Selbsthilfe!“. 

Sascha Krolzig nutzte die Bühne als Gericht und machte Werbung für seine Medien.
Sascha Krolzig nutzte die Bühne als Gericht und machte Werbung für seine Medien. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Insgesamt dürfte es keine Übertreibung sein, dass in der gesamten BRD nicht mehr als ein Dutzend Menschen geben dürfte, die – ohne Volljurist zu sein – über solche Kenntnisse des politischen Strafrechts verfügen. Und die übersteigen die Kenntnisse der Anklägerin bei weitem“, hatte Krolzig in der Eröffnung gegen die Anklagevertreterin ausgeholt. 

Doch genau diese Überheblichkeit und Arroganz fiel ihm in der sehr ausführlichen Urteilsbegründung auf die Füße: Denn ein möglicher Verbotsirrtum könne für ihn ja nicht gelten, da der Täter bereits deutlich gemacht habe, über ausreichendes Rechtswissen zu verfügen. 

Anklagen wegen Volksverhetzung und der Verbreitung verfassungsfeindlicher Schriften habe er „billigend in Kauf genommen“, weil der „Angeklagte bewusst Grenzen ausgelotet hat“, so der Vorsitzende Richter. Krolzig habe schließlich eine Strafbarkeit für möglich gehalten. Die meisten der Artikel seien von der Meinungsfreiheit gedeckt – drei aber nicht: „Das hat zum Urteil geführt, weil Grenzen überschritten wurden.“

Volksverhetzung, Rassenhass und Umsturzbestrebungen geahndet

In den drei beanstandeten Artikeln erkannte das Gericht Volksverhetzung (§130 StGB) – unter anderem, weil zum Hass gegen Geflüchtete und Migranten sowie zu deren Diskriminierung und Verfolgung aufgestachelt werde.

Natürlich hatte der Angeklagte auch die aktuelle Ausgabe der „N.S. heute“ im Gericht ausliegen.
Natürlich hatte der Angeklagte auch die aktuelle Ausgabe der „N.S. heute“ im Gericht ausliegen. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Außerdem wertete das Gericht Teile der in Rede stehenden Artikel als das „Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen“ (§86 StGB).

Hier ging es konkret um die Fortsetzung der völkisch-abstammungsmäßigen Volksgemeinschaft, um Rassenhass und die „Blut und Boden“-Ideologie, die sich auch im „25-Punkte-Programm der NSDAP“ finde.

Zudem bewertete das Schöffengericht auch die Teile von Artikeln als strafbar, wo zur Unterwanderung der Gesellschaft und ihrer Strukturen aufgefordert wurde. Dabei werde in „kämpferisch-aggressiver Form zum Kampf gegen freiheitlich-demokratische Grundordnung aufgerufen“, zum Sturz des Staates und seiner Organe sowie zur Abschaffung der Demokratie.

Das Landgericht rüstete sich schon in der Urteilsbegründung für eine Revision

Insgesamt räumte das Gericht dem Magazin viele Freiheiten ein und begründete sehr dezidiert, warum bestimmte Abschnitte eben nicht vom sehr weit ausgelegten Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt gewesen seien. Es war erkennbar, dass sich das Gericht so schon für eine zu erwartenden Revision wappnen wollte. 

Das Landgericht verurteilte den Neonazi zum einem Jahr auf Bewährung und zu 1300 Euro Geldstrafe.
Das Landgericht verurteilte den Neonazi zu einem Jahr auf Bewährung und zu 1.300 Euro Geldstrafe. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Dazu gehörte auch, dass das Gericht am sechsten Verhandlungstag  – obwohl bereits zwei Wochen zuvor schon Plädoyers und letzte Worte gesprochen worden waren – noch einmal in die Beweisaufnahme ging. Zwei für Krolzig positiv zu wertende ältere Beschlüsse des Amts- und des Landgerichts wurden verlesen. Damit sollte deutlich gemacht werden, dass das Landgericht auch diese bei der Urteilsbegründung gewürdigt habe.

Außerdem berücksichtigten sie, dass die Vorgänge schon lange zurück liegen, der Angeklagte geständig gewesen sei und es eine überlange Verfahrensdauer gegeben habe. Erschwerend werteten sie andererseits die einschlägigen Vorstrafen und das diese strafbaren Veröffentlichungen unter laufender Bewährung erschienen waren. Da es aber so lange mit dem Verfahren gedauert habe – die Artikel waren aus den Jahren 2017 und 2018 – konnten keine Gesamtstrafen mehr mit den damals noch laufenden Urteilen aus Bielefeld und Dortmund gebildet werden. 

Daher gab es damals „keinen Mengenrabatt“ – das Landgericht hatte dafür einen „Härteausgleich“ berücksichtigt. Deshalb wurde die Gesamtstrafe von einem Jahr zur Bewährung ausgesetzt – drei Monate gelten zudem als verbüßt. Er soll zudem 1300 Euro Geldstrafe zahlen – zu monatlichen Raten von je 100 Euro. 

Der selbsterklärte „Dissident“ will das Urteil natürlich nicht akzeptieren

Prozess um „N.S. heute" für dem Landgericht: Rechtsanwalt Björn Clemens und der Angeklage Sascha Krolzig.
Prozess um „N.S. heute“ für dem Landgericht: Rechtsanwalt Björn Clemens und der Angeklage Sascha Krolzig Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Die Prognose, dass sich der Angeklagte „in Zukunft straffrei führen wird“, sorgte für einige der Zuhörer allerdings für Stirnrunzeln. Mit der Rechtskraft des Urteils wird es dennoch dauern. Krolzig hatte schon im Gericht gegenüber den Medienvertretern eine Revision angekündigt. Seine anfängliche Vorwürfe gegen Staatsanwaltschaft (in Krolzigs Worten die „Repressionsbehörde“) und Gericht setzte er anschließend auch vor laufender Kamera fort.

Es sei schließlich von Anfang an „eine politische Strafsache und ein politischer Prozess gewesen – und die führt man nicht, um einen Dissidenten freizusprechen“, so Krolzig. Daher werde er in Revision gehen. „Dann muss sich der Bundesgerichtshof damit beschäftigen“, so Krolzig. 

Allerdings muss das für ihn sein Anwalt machen – der „verhinderte Rechtsanwalt“ kann das selbst nicht, wie das Gericht noch mal deutlich machte. „Das können sie nicht selber machen, das muss ein zugelassener Rechtsanwalt tun“, so der Vorsitzende Richter. Für Krolzig muss sich das abermals wie ein Ohrfeige angefühlt haben…

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