Bis Ende 2020 könnte in den Dorstfelder Skandal-Hannibal neues Leben einkehren – Zahl der Wohnungen soll steigen

Menschenleer und verlassen präsentiert sich der Hannibal in Dorstfeld. Foto: Sascha Fijneman
Menschenleer und verlassen präsentiert sich gegenwärtig der Hannibal in Dorstfeld. Fotos: Sascha Fijneman

Bis Ende 2020 könnten wieder Menschen in den Dorstefelder Hannibal einziehen – zumindest dann, wenn die Vorhaben von Intown auch wirklich so umgesetzt werden, wie heute (14. August 2018) vom Unternehmen gegenüber der Stadt Dortmund angekündigt. Die positive Grundstimmung war Planungsdezernent Ludger Wilde nach einem Gespräch zwischen Intown-Chef Sascha Hettrich, dessen beauftragten ArchitektInnen und BrandschutzplanerInnen sowie VertreterInnen der Stadt – darunter Bauordnungsamt und Feuerwehr – anzumerken.

Neuer Nutzungsmix für den Hannibal – Aufwertung der Immobilie und des Umfelds

Der verwaiste Infostand der Eigentümergesellschaft Intown Properties.
Im Erdgeschoss des Kolosses sollen nach der Neueröffnung Dienstleistungsangebote einziehen.

Denn das Unternehmen will den Hannibal nicht 1:1 instandsetzen, sondern modernisieren und weiterentwickeln. Sowohl das Umfeld als auch der Nutzungsmix sollen sich verändern – damit rennt Intown bei der Stadt offene Türen ein.

Denn das Erdgeschoss soll künftig aus der Wohnnutzung rausgenommen werden. Dafür soll es dort Platz für eigene sowie vermietete Serviceangebote und Dienstleistungen geben. Kiosk, Café, Fahrradverleih sowie Start-Up-Einrichtungen in Kooperation mit der Uni könnten dort entstehen. „Den neuen Nutzungsmix finde ich ganz spannend“, kommentierte Wilde die vorgelegten Planungen. 

Darüber wird es – wie bisher – Wohnungen geben. Dort will Intown aber die Zuschnitte ändern, so dass die Zahl der Wohneinheiten von bisher 412 auf 438 steigen könnte. Möglich wird das, weil sich Intown vor allem kleineren –  für Studierende und Alleinstehend – sowie großen Wohnungen verschreiben will. Zudem soll es erstmals 20 barrierefreie Wohnungen geben. „Intown orientiert sich damit an den Bedarfen, die wir in der Stadt haben“, machte Wilde deutlich. 

Künftige Mietpreise noch offen – BestandsmieterInnen sollen vergleichbares Angebot bekommen

Die Gebäude sind verschlossen: Hier geht seit Mitte Februar nichts mehr rein oder raus.
Künftig sollen die Eingänge auf der anderen Gebäudeseite liegen, um eine attraktivere Erschließung zu ermöglichen.

Was diese Wohnungen allerdings künftig kosten sollen, ließ Hettrich in dem Gespräch offen. Auch bei den möglichen Bau- und Investitionskosten ließ sich der Intown-Chef nicht in die Karten schauen.

Dennoch ist davon auszugehen, dass die modernisierten Wohnungen teurer als bisher vermieten werden. „Sie werden sich am Dortmunder Wohnungsmarkt orientieren“, kommentierte Wilde. Einen Einfluss darauf – weder auf die Preise noch wer künftig dort wohnen wird – hat die Stadt nicht. 

Allerdings wiederholte Hettrich laut Wilde in dem Gespräch seine Aussage, dass diejenigen mehr als 100 MieterInnen, die noch nicht gekündigt haben, ein neues Mietangebot zu vergleichbaren Konditionen bekommen sollten. Für den Rest würde es – bei den zu erwartenden Millionen-Investitionen – teurer werden. Denn eine Mietpreisbindung gibt es nicht – und Intown hat sich auch nicht nach Förderungen für den sozialen Wohnungsbau erkundigt, so Wilde.

Das Gebäude soll neben den Investitionen in den Brandschutz und die Substanz auch optisch aufgewertet werden. Zudem sollen die Eingänge von der West- auf die Ostseite des Gebäudekomplexes (in Richtung der Bahnstation) verlegt werden. Die Außenanlagen werden in diesem Zuge ebenfalls aufgewertet und neu gestaltet. „Das macht Sinn“, lobt Wilde die vorgelegten Planungen.

Stadt sieht Lösungen beim Brandschutz – Arbeiten könnten im Sommer 2019 beginnnen

Der Unmut der BewohnerInnen bricht sich verständlicherweise Bahn.
Der Unmut der (ehemaligen) BewohnerInnen brach sich verständlicherweise Bahn.

Doch noch längst liegen nicht alle Antworten auf dem Tisch. Es gibt noch offene Fragen – insbesondere beim Brandschutz. „Die Brandschutzthemen haben wir angerissen, aber noch nicht abschließend beraten“, so Wilde. „Man muss aber wirklich sagen, dass keine unlösbaren Probleme da sind“, ist der Planungsdezernent zuversichtlich. 

Bis zum Jahresende will Intown die im Vorfeld abgestimmten Bauanträge einreichen. Dann könnte die Stadt bis Mitte nächsten Jahres die nötigen Genehmigungen erteilen. Intown könnte dann im Sommer 2019 mit den Bauarbeiten beginnen – das Unternehmen geht hier nach Aussage der Stadt von 16 Monaten aus. 

Das deckt sich mit den Zeitplanungen der Stadt. „Das ist durchaus realistisch“, so Wilde. Daher könnten – sollte alles gut laufen – Ende 2020 die ersten MieterInnen in den nun seit Herbst 2017 verlassenen Koloss einziehen. „Bei der Modernisierungsmaßnahme sind wir uns einig. Wir als Stadt würden uns freuen, wenn er mit neuer Nutzungsqualität bis Ende 2020 ans Netz geht“, so Wilde.

Gerichtlicher Streit wird weiter ausgetragen – noch 43 Familien in städtischen Unterbringungen

Hinterlassenes Chaos zeugt von Hast und Eile der Räumung. Foto: privat
Hinterlassenes Chaos zeugt von Hast und Eile der Räumung  sowie auch von Einbrüchen. Foto: privat

Wer nun glaubt, dass Stadt und Intown mittlerweile „ziemlich beste Freunde“ geworden sein könnten, sieht sich getäuscht. Denn die gerichtliche Auseinandersetzung über die Zwangsräumung und die damit verbundenen Kosten geht weiter. Die Gerichte werde sich allerdings wohl erst im kommenden Jahr damit auseinandersetzen. Es geht um viel – und um Millionen.

Denn die Stadt möchte sich einen Großteil der Kosten für die sogenannten Ersatzvornahmen von Intown wiederholen. Das Unternehmen hingegen hält das Verwaltungshandeln für überzogen und könnte Mietausfälle geltend machen. Über die Forderungen hüllen sich beide Seiten in Schweigen.

Kosten für die zwischenzeitliche Unterkunft der obdachlos gewordenen Hannibal-MieterInnen kann und wird die Stadt nicht gegenüber Intown geltend machen. Dies seien in den Augen des Gesetzgebers „freiwillige Leistungen“, berichtet Wilde. 

Aktuell befinden sich noch 43 der ehemals 412 Haushalte in städtischen Unterbringungen. Allerdings „nur noch“ fünf in Übergangseinrichtungen – der Rest wohnt vorübergehend in 38 städtischen Wohnungen. „Die Zahl wird kontinuierlich kleiner“, zieht der Dezernent eine Zwischenbilanz. Allein im September werden neun Familien in private Wohnungen umziehen. 

Wie hoch die Kosten insgesamt ausgefallen sind, darüber will Wilde im September die politischen Gremien informieren. Eine entsprechende Vorlage wird in Kürze auf den Weg gebracht werden.

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