Wird der Hannibal II in Dortmund-Dorstfeld zugemauert? INTOWN will das Gebäude ab 16. Februar schließen lassen

Einen
Aus Sicht der MieterInnen ist die Werbung eine Farce – jetzt soll das Gebäude geschlossen werden. Archivbilder: A. Völkel

Von Joachim vom Brocke

Neue Hiobsbotschaft: Der Hannibal II wird zugemauert. Intown, Eigentümer des im September 2017 behördlich geschlossenen und zwangsweise geräumten Wohnkomplex Hannibal II am Vogelpothsweg in Dorstfeld, will weitere Fakten schaffen und das riesige Gebäude zum 15. Februar 2018 schließen; Versorgungsleitungen wie Wasser und Strom sollen demnach getrennt werden. Möbel oder sonstiges Inventar müssen die Mieter bis zu diesem Termin aus den Wohnungen entfernen.

Rainer Stücker: „Abwärtsspirale spitzt sich zu“

Rainer Stücker vom Mieterverein stand den Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite.
Rainer Stücker vom Mieterverein steht den Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite.

„Ab 16. Februar 2018 sind die Begehung des Objektes und Umzüge nicht mehr möglich“, kündigte Intown in einer eMail an den Mieterverein für Dortmund und Umgebung an und teilte weiter mit: „Versperrt wird ebenso der Zugang zu den Briefkästen.“

Der Hannibal II soll „bauwerksgesichert“ werden durch Verschließen der Fenster und Türen im Erdgeschoss und Verschluss der Tiefgaragenzugänge, was auf ein zumauern der unteren Stockwerke schließen lässt. „Die Abwärtsspirale spitzt sich leider zu“, sagte Rainer Stücker vom Mieterverein.

Doch für die 100 ehemaligen Hannibal-II-BewohnerInnen, die ihre Interessen durch den Mieterverein vertreten lassen, kündigte  Stücker an, die Zulässigkeit der Schließung des Gebäudes rechtlich und gerichtlich prüfen zu lassen. Der Stadt habe Intown mitgeteilt, dass die MieterInnen angeschrieben und über die Schließung informiert worden seien. „Doch das ist bisher nicht so“, sagt der Mieterverein, dem bis gestern kein eingegangenes „Intown“-Schreiben bekannt geworden ist.

Mietrechtlich muss Zugang weiter gestattet werden

752 MieterInnen waren von der Räumung betroffen. Nur mit dem nötigsten - u.a. den Tieren - verließen sie ihr Zuhause.
752 MieterInnen waren von der Räumung betroffen. Nur mit dem nötigsten – u.a. den Tieren – verließen sie ihr Zuhause.

Per eMail hat der Mieterverein Intown in Berlin mitgeteilt, dass für Hannibal-II-Mieter mit bestehendem Mietverhältnis allgemein ein Recht auf Zugang zur eigenen Wohnung bestehe und beachtet werden müsse. Konkret gehe es dabei um Wohnungen, die zur Aufbewahrung von Möbeln und anderem Eigentum genutzt werden.

Rainer Stücker: „Dies ist besonders für Mieter wichtig, die bei Verwandten oder Freunden untergekommen sind und für ihren Besitz noch keinen Platz haben“. Mietrechtlich habe Intown weiter den Zugang zu ermöglichen und ebenso die Flurbeleuchtung und den Fahrstuhlbetrieb sicher zu stellen.

Außerdem vertritt der Mieterverein die Rechtsauffassung, dass auch der Betrieb der Heizungsanlage, die seit dem 31. Dezember 2017 außer Betrieb ist, gewährleistet sein muss, um Schäden an den angemieteten Wohnungen und dem Eigentum der MieterInnen auszuschließen.

Intown hat eine Frist bis zum 22. Januar gesetzt – Klageschrift der Eigentümer ist im Rathaus eingegangen

Über 400 Familien leben im Hannibal. Frühestens in zwei Jahren können sie dort wieder einziehen. Archivbilder: Alex Völkel
Über 400 Familien lebten im Hannibal.

Der Mieterverein spricht Klartext: „Sollte ,Intown’ diesen Zugang nicht bis zum 22. Januar, 16 Uhr, verbindlich zusichern, wird der Mieterverein Mieterinnen und Mieter unterstützen, den Zugang mittels einer einstweiligen Verfügung beim Amtsgericht Dortmund durchzusetzen.“

Die Berliner Eigentümer sind sich in ihrer Mail an den Mieterverein gewiss, dass für die Bewohner „keine unmittelbare und/oder mittelbare Gefahr“ bestanden habe oder bestehe. Weiter halten die Hannibal-II-Besitzer die Räumung des Gebäudes aus brandschutztechnischer Sicht für „unangemessen“ und haben die Stadt Dortmund verklagt. Seit dem 12. Januar liegt der Stadt die Klagebegründung von Intown und das Brandschutzgutachten vor.

Mehr Informationen:

  • Für Mittwoch, 31. Januar 2018, 17 Uhr, plant der Mieterverein eine Mieterversammlung, voraussichtlich in den Räumen der Dasa. Stadtrat Ludger Wilde hat seine Teilnahme zugesagt. 
  • Nach wie vor laufen Bemühungen, die betroffenen Mieter in normale Wohnungen und nicht – wie noch zum Teil – in Übergangsheimen unterzubringen. 
  • Aus der Wohnungswirtschaft liegen 150 Mietangebote aus dem gesamten Stadtgebiet vor, die aber nicht auf jeden individuellen Fall passen. 

Mehr Informationen zu dem Thema auf nordstadtblogger.de:

2. UPDATE: Akute Brandgefahr im Hannibal: Fast 800 Menschen verlassen ruhig ihre Wohnungen in Dorstfeld

Kostenlose Wohnungsangebote für die MieterInnen des Hannibals in Dorstfeld – nur 120 nutzten die Notunterkunft

Kostenlose Wohnungsangebote für die MieterInnen des Hannibals in Dorstfeld – nur 120 nutzten die Notunterkunft

Eigentümer verklagt die Stadt Dortmund wegen der Räumung des Hannibal in Dorstfeld – Auszugshilfen für MieterInnen

Nach Räumung des „Hannibal II“-Komplexes: AnwohnerInnen können frühestens in zwei Jahren wieder zurückkehren

Intown trägt jetzt wieder die alleine Verantwortung Hannibal II“ in Dorstfeld – Stadt Dortmund übergibt Schlüsselgewalt

Intown trägt jetzt wieder die alleine Verantwortung Hannibal II“ in Dorstfeld – Stadt Dortmund übergibt Schlüsselgewalt

Im Fall einer Insolvenz: Linke & Piraten fordern städtisches Vorkaufsrecht für den Hannibal II in Dortmund-Dorstfeld

Print Friendly, PDF & Email

Reaktionen

  1. Fritz v. Mulert

    Räumung des Hannibal war falsch!
    Etwas genauer betrachtet scheinen mir Bauordnungsamt und Feuerwehr bei der Brandschutzüberprüfung im September etwas zu weit gegangen zu sein. Es wäre doch sinniger gewesen, die BewohnerInnen mit Brandwachen zu schützen und parallel InTown zur unverzüglichen Umsetzung der erforderlichen Brandschutzmaßnahmen zu verdonnern statt das Gebäude zu räumen. So müssen die MieterInnen nun für das „Versagen“ eines Immobilienhais bluten, welchem letztendlich damit sogar in einer Zeit, in der Wohnraum äußerst knapp ist, das Gebäude für weitere Spekulationen freigezogen wurde, ein Stand den Vermieter normalerweise sonst erst nach langwierigen Räumungsprozessen erreichen. Es stellt sich ja schon die Frage, ob hierbei nicht ein Paradebeispiel zur Entmietung von Gebäuden geschaffen wurde, welches sich weitere Immobilienhaie zu eigen machen könnten. Und ob die Stadt Dortmund die ganzen Kosten, für die sie da erst einmal in Vorleistung getreten ist für die Unterbringung der MieterInnen etc. von Intown erstattet bekommt, ist ja auch erst einmal fraglich.

  2. Grünen-Fraktion Dortmund

    Hannibal: Die Mieter*innen nicht alleine lassen – weitere unbürokratische Hilfen der Stadt nötig

    Ingrid Reuter, Fraktionssprecherin der Dortmunder GRÜNEN zur Stilllegung des Hannibal durch Intown:

    „Die komplette Stilllegung des Hannibal durch den Eigentümer Intown stellt die Mieter*innen erneut innerhalb kürzester Zeit vor kaum lösbare Probleme. Das bestätigt die Einschätzung, dass es sich bei Intown um das klassische Modell eines Immobilienhais handelt, dem seine Mieter*innen vollkommen egal sind. In dieser Situation fordern wir die Stadt auf, den unverschuldet in diese Situation geratenen Mieter*innen wiederum unbürokratisch Hilfe zu leisten, da Intown ihnen keinerlei Unterstützung anbietet.

    Die betroffenen Menschen wissen weder, wie sie in nur acht Tagen die Kompletträumung ihrer Wohnungen organisieren sollen, noch wohin mit den Möbeln. Sollten die Bemühungen des Mietervereins um eine einstweilige Verfügung gegen die komplette Schließung des Hannibals beim Amtsgericht fehlschlagen, muss den Leuten akut geholfen werden.

    Viele ehemalige Bewohner*innen sind immer noch nicht dauerhaft untergekommen, leben bei Freunden, Eltern oder in Übergangsunterkünften. Eine Mitnahme aller Möbel wäre gar nicht möglich. Was bleibt, ist die Unterbringung in Containern oder Lagerboxen auf unbestimmte Zeit. Neben der insgesamt extrem belastenden Situation käme damit eine weitere unzumutbare finanzielle Belastung hinzu.

    Die Stadt hat bisher bereits mit verschiedenen Maßnahmen den Betroffenen bestmöglich geholfen. Die Ersatzvornahme der Stadt gegenüber Intown beläuft sich dabei schon jetzt auf mehrere Millionen Euro. Wenn Intown die Mieter*innen weiterhin im Regen stehen lässt, muss die Stadt nochmal einspringen und zumindest die jetzt entstehenden Kosten für den Abtransport und die Lagerung der Möbel übernehmen und auf die schon bestehende Rechnung für Intown schreiben. Der Streit um die Rückzahlung des Geldes wird für die Stadt mit einem gut aufgestellten Rechtsamt ein langer Prozess mit unklarem Ausgang. Dies jetzt auch den einzelnen Betroffenen des Hannibals zuzumuten, ist keine Lösung. Den Kampf mit dem verantwortungslosen Besitzer können die Mieter*innen allein nicht ausfechten.“

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert