Sehr gut besuchte Podiumsdiskussion im Dortmunder Rathaus: TTIP und CETA – Was kommt die auf Kommunen zu?

Auf großes Besucherinteresse stieß die TTIP-Diskussion im Rathaus.
Auf großes Besucherinteresse stieß die TTIP-Diskussion im Rathaus. Fotos: Alex Völkel

130 Gäste waren der Einladung zur Veranstaltung „TTIP – was kommt auf die Kommunen zu? gefolgt, zu der die Stadt Dortmund, die Auslandsgesellschaft NRW e.V., die Gesellschaft der Europäischen Akademien und das Europazentrum NRW ins Dortmunder Rathaus eingeladen hatten.

Nur wenige Amerikaner machen sich Sorgen über das Freihandelsabkommen

Klaus Wegener (AGNRW), Detlef Raphael (Deutscher Städtetag), OB Ullrich Sierau, Gisela von Mutius (Mehr Demokratie e.V.), Dr. Heinz Hetmeier (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie), Prof. Dr. Dietmar Köster (MdEP) und Gerald Baars (WDR).
Klaus Wegener (AGNRW), Detlef Raphael (Städtetag), OB Ullrich Sierau, Gisela von Mutius (Mehr Demokratie), Dr. Heinz Hetmeier (Wirtschaftsministerium), Prof. Dr. Dietmar Köster (MdEP) und Gerald Baars (WDR).

Es drehte sich um Fragen der Transparenz und der Umsetzbarkeit des transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen der EU und den USA, den Erhalt europäischer Standards sowie die Beeinträchtigung der Organisationsfreiheit der Kommunen.

Darüber sprachen an diesem Abend Dr. Heinz Hetmeier (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie), Detlef Raphael (Deutscher Städtetag), Prof. Dr. Dietmar Köster (MdEP) und Gisela von Mutius (Mehr Demokratie e.V.).

Während in Europa das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA weiterhin heftig umstritten ist, scheinen die meisten Amerikaner sich wenig Sorgen zu machen, bemerkte Gerald Baars, WDR-Redakteur und Leiter der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft, in seiner Eingangsmoderation.

„Weil der bilaterale Handel zwischen EU und USA ca. 30 Prozent des Welthandels und die wechselseitigen Investitionen zwischen EU und USA 3/5 der weltweiten Auslands-Investitionsbestände ausmachen, ist dieses Abkommen so wichtig“, schilderte Dr. Heinz Hetmeier in seinem Vortrag.

 Von der Liberalisierung des Handels bis zu Dienstleistungen der kommunalen Daseinsvorsorge

Dr. Heinz Hetmeier (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie)
Dr. Heinz Hetmeier (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie)

In dem geplanten Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA sollen neben der Liberalisierung des Handels auch Dienstleistungen der kommunalen Daseinsvorsorge wie die Wasserversorgung genauso wie die Abfallentsorgung, die Gesundheit, die Bildung oder die Kultur geregelt werden.

„Daseinsvorsorge durch kommunale und öffentliche Einrichtungen hat bei uns eine lange Tradition. Standards dürfen nicht aufgeweicht und ausgehöhlt werden. Wir setzen auf nachhaltige Entwicklung, sozial-gerechte Vergabe und Fairen Handel, auch bei unseren Tochterunternehmen“, so Oberbürgermeister Ullrich Sierau.

„Deshalb haben sich die Kommunen bereits vor einem Jahr über die kommunalen Spitzenverbände positioniert, dass die kommunale Daseinsvorsorge aus dem Abkommen herausgenommen werden soll“.

Köster: Die Kommunale Daseinsfürsorge darf nicht Gegenstand von TTIP und CETA sein

Europa-Parlamentarierer Prof. Dr. Dietmar Köster (SPD)
Europa-Parlamentarierer Prof. Dr. Dietmar Köster (SPD)

Der Europaabgeordnete (SPD) Prof. Dr. Dietmar Köster, forderte den kompletten Ausschluss der Kommunalen Daseinsorge.

„Meine Partei wird CETA (Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada) und TTIP ablehnen, wenn grundlegende Forderungen nicht berücksichtigt und gewisse Standards nicht erfüllt werden“, so Köster.

Detlef Raphael vom Deutschen Städtetag wies darauf hin, dass die kommunale Daseinsvorsorge nur ein Thema in Deutschland, Österreich und Luxemburg sei und wir die anderen europäischen Staaten von der Wichtigkeit der Daseinsvorsorge überzeugen müssten.

Gisela von Mutius befürchtet, dass der ohnehin schon große Privatisierungsdruck auf die Kommunen noch mehr steigt und den Kommunen eine lange Zeit der Unsicherheit bevorsteht.

Scharfe Kritik an der fehlenden Transparenz während der Verhandlungen

Oberste Kritik an den Verhandlungen zu TTIP: die mangelnde Transparenz. Erst durch den starken Druck der Öffentlichkeit sei überhaupt etwas Transparenz in die Verhandlungen gekommen, darin waren sich die Podiumsgäste einig.

Auf großes Besucherinteresse stieß die TTIP-Diskussion im Rathaus.
Auf großes Besucherinteresse stieß die TTIP-Diskussion im Rathaus.

Emotionaler wurde es in der sich anschließenden offenen Diskussion mit dem Auditorium. „Die Auseinandersetzungen zum Thema TTIP sind oft durch eine radikale wenig konstruktive Pro-Anti-Haltung gekennzeichnet.

Dass die Debatte um die kommunale Daseinsvorsorge auf so großes Interesse – auch bei Ratsvertretern gestoßen ist –, zeigt, dass wir als Veranstalter, den Nerv getroffen haben, zumindest eine interessante Fragestellung angeboten haben“, kommentiert Martin Loberg, Geschäftsführer der Auslandsgesellschaft NRW.

Auch die kompetenten Wortbeiträge und Fragen aus dem Publikum u.a. zu den Themen Kultur, Konsequenzen für die Entwicklungsländer oder Hebelwirkungen bzgl. rechtlicher Aspekte zeigten das.

„Für uns ist klar: Wir werden die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen weiter verfolgen und darüber informieren. Z.B. werden wir als Europe Direct Informationszentrum und Europazentrum NRW die Frage der Daseinsvorsorge auf europäischer Ebene nachgehen“, so Loberg.

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Reaktionen

  1. Marco Bülow

    Forderung von SPD-MdB Marco Bülow: TTIP-Verhandlungen abbrechen!

    Zum Transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP erklärt der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Marco Bülow:
    Ich fordere Kanzlerin Merkel und Bundeswirtschaftsminister Gabriel auf, die TTIP-Gespräche abzubrechen, wenn die USA nicht von ihren Positionen abrücken.
    Die deutschen Bundestagsabgeordneten können immer noch nicht die verhandelten TTIP-Dokumente einsehen. Die USA erlauben den deutschen Abgeordneten keinen Einblick. Die USA haben in ihren Botschaften in der EU zwar Leseräume eingerichtet, in denen Zusammenfassungen von Verhandlungsprotokollen ausliegen, die auch die amerikanische Position wiedergeben. Bisher erhielten aber nur Regierungsmitglieder Zugang dazu. Im Gegensatz zu den deutschen Abgeordneten haben US-Abgeordnete einen viel einfacheren und weiteren Zugang zu Dokumenten. Das ist skandalös.
    Deshalb habe ich heute auf Einladung des Vereins „Mehr Demokratie“ mit einigen Bundestagsabgeordneten vor dem Kanzleramt demonstriert. Der Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) wird immer größer.
    Die Amerikaner bewegen sich bei vielen Themen in keinster Weise, weder bei den Dienstleistungen, Transparenz der Verhandlungen, Marktöffnung auf kommunaler Ebene oder bei den Investor-Staat-Schiedsgerichten.

    Frankreich droht mit Abbruch der TTIP-Verhandlungen
    Ich halte es für ein sehr gutes Zeichen und für vollkommen richtig, wenn als erster Minister einer EU-Regierung der französische Handelsminister jetzt mit dem Scheitern von TTIP droht. Das Ministerium hat die Gespräche über das geplante transatlantische Wirtschaftsabkommen TTIP als „völlig intransparent“ kritisiert. In der französischen Regierung wächst der Unmut über den Stand der Verhandlungen. Europa hat in allen Bereichen Zugeständnisse gemacht, aber im Gegenzug keine ernstzunehmenden Vorschläge mehr zurückbekommen. Insgesamt stellten die undurchsichtigen, im Juli 2013 begonnenen Unterredungen ein „Problem für die Demokratie“ dar.
    Ich halte es für falsch, wenn die EU-Kommission um jeden Preis einen Vertrag unterschreiben will, der nicht transparent ist und unserer Demokratie einen großen Schaden zufügen wird. Wir müssen in Europa unsere Werte, Standards und Kultur verteidigen – auch wenn die USA ein wichtiger Partner sind. Ich erwarte deshalb von unserer Bundesregierung ein deutliches Signal und werde Kanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Gabriel diesbezüglich anschreiben.

  2. Horst Sellge

    Das Engagement des SPD MdB, Marc Bülow, in der Diskussion gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA ist nicht hoch genug einzuschätzen und auch zu würdigen.
    Ist er doch einer der wenigen SPD Politiker, der sich entgegen der Fraktionsorder öffentlich gegen die Verträge einbringt.
    Die Gründe für die Ablehnung von TTIP und CETA sind zwischenzeitlich den interessierten Bürgern hinreichend bekannt und bedürfen nicht mehr der weiteren Erläuterung. Hier geht es einfach darum festzustellen, dass sich die Mehrheit unserer Parlamentarier in Berlin wie auch Brüssel immer noch nicht über die negativen Folgen der Verträge im Klaren zu sein scheint. Sie belegen damit ihre Inkompetenz. Traurig dabei ist, dass gerade die nicht hinreichend informierten Parlamentarier über diese Verträge abstimmen werden.
    Unterwerfen sie sich der“ Fraktionsloyalität“, leben damit ihrem Regierungsgehorsam als brave Parteisoldaten aus, um damit als Abnicker zum Stimmvieh zu mutieren? Haben diese Politiker vergessen von wem sie für was gewählt worden sind?
    Ihr Verhalten trägt zur Politikverdrossenheit bei und findet in der immer geringer werden Wahlbeteiligung ihren Ausdruck.

  3. Dietmar Köster SPD-MdEP

    SPD-Europaabgeordnete Prof. Dr. Dietmar Köster sieht Abbruch der Verhandlungen naheliegend:
    TTIP-Leaks – „Europas VerbraucherInnenschutz ist keine Verhandlungsmasse!“

    Die Veröffentlichung einiger konsolidierter Verhandlungstexte zu TTIP offenbart besorgniserregende Ansichten der USA, die europäischen Positionen fundamental gegenüberstehen. Der SPD-Europa-Abgeordnete Dietmar Köster sieht die Befürchtungen von Millionen Bürgerinnen und Bürgern bestätigt:

    „Von wegen Hysterie, die Befürchtungen sind begründet!“, so der Europaabgeordnete, der nach gründlicher Durchsicht der öffentlich-gewordenen Unterlagen vor allem die Gefahr sieht, dass die Amerikaner vehement auf europäischen Marktzugang für gen- und hormonmanipulierte Lebensmittel drängen. „Damit stellt die US-Position das in Europa geltende Vorsorgeprinzip in Frage. Die US-Verhandlungsführerinnen und -führer rütteln an Grundrechten Europas. Das geht definitiv zu weit“, stellt Köster klar.

    Als Druckmittel nutzen die USA ausgerechnet den Zollabbau für Autos und Autoteile, eine europäische Kernforderung. „Europäische Standards sind keine Verhandlungsmasse. Allein die Idee eines Tauschhandels ist absurd“, so Köster weiter.

    Verfahren sind die Verhandlungen auch beim Thema Schiedsgerichte. Der Vorschlag der Kommission für einen öffentlichen Investitionsgerichthof wurde von Seiten der USA offenbar nicht ernsthaft diskutiert. „Was die Kommission uns als Verhandlungserfolg verkauft hat, ist in Wahrheit nur heiße Luft“ sagt Köster, der weiter außerstaatliche Schiedsmechanismen in jeglicher Form ablehnt: „Eine Sonderjustiz im Interesse großer Unternehmen ist nicht zu akzeptieren.“

    Die TTIP-Leaks haben einmal mehr bewiesen, wie wichtig der öffentliche Druck in den Verhandlungen ist. „Die veröffentlichten Geheimpapiere zeigen, dass es in den Verhandlungen nur darum geht, Standards abzubauen und die Demokratie zu beschädigen. Der Abbruch der Verhandlungen ist naheliegend „, betont Köster.

  4. Marco Bülow (SPD MdB)

    Gemeinsamer Brief an Bundespräsident Lammert und die Bundesregierung: Abgeordnete fordern transparenten TTIP-Leseraum – TTIP-Verhandlungstexte müssen zukünftig öffentlich gemacht werden

    Der Umgang mit den TTIP-Unterlagen im Leseraum des Bundeswirtschaftsministeriums ist noch immer noch nicht transparent. Verschiedene Bundestagsabgeordnete** fordern deshalb in einem Brief an Bundespräsident Lammert und an die Bundesregierung deutliche Verbesserungen beim Umgang mit den TTIP-Unterlagen im TTIP-Leseraum für Bundestagsabgeordnete im Bundeswirtschaftsministerium. In allen Verfahrensschritten müssen die TTIP-Verhandlungen einer transparenten und demokratischen Kontrolle unterliegen und die Verhandlungstexte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

    Dazu Marco Bülow: „Ich kann nicht verstehen, dass wir als Abgeordnete über die Inhalte schweigen müssen und auch eine Expertise durch spezialisierte Mitarbeiter*innen oder Fachexperten*innen nicht zugelassen ist. Die TTIP-Texte sind in einem bürokratischen und teilweise sehr fachspezifischen Englisch geschrieben. Im Leseraum gibt es auch keine Vergleichsmöglichkeiten weiterer Beschlüsse, Verordnungen und Verträge. Bei einem Verstoß gegen die vereinbarten Regelungen droht mir sogar eine Strafe. Das spricht alles nicht für Transparenz und beschneidet auch mein demokratisches Recht als Bundestagsabgeordneter – als gewählter Vertreter der Bevölkerung – meine Tätigkeit vernünftig und angemessen auszuüben.“

    Die Bundestagsabgeordneten fordern deshalb folgende Veränderungen beim Umgang mit den TTIP-Unterlagen im Leseraum des Wirtschaftsministeriums: Die Abgeordneten müssen die Texte und Anhänge in Papierform und ins Deutsche übersetzt vorgelegt bekommen. Die Begleitung durch Mitarbeiter*innen muss ebenso erlaubt werden, wie die Möglichkeit, juristische und Fach-Expertise in Anspruch zu nehmen. Auch müssen andere Dokumente, auf die verwiesen wird, vorliegen (Anhänge etc.). Vor allem müssen zukünftig alle Bürgerinnen und Bürger Zugang zu allen relevanten TTIP-Dokumenten haben.

    **Folgende Bundestagsabgeordnete haben diesen Brief unterschrieben:

    Marco Bülow, SPD
    Klaus Ernst, DIE LINKE
    Michael Gross, SPD
    Dieter Janecek, Bündnis 90/Die Grünen
    Katja Kipping, DIE LINKE
    Cansel Kiziltepe, SPD
    Hilde Mattheis, SPD
    Cornelia Möhring, DIE LINKE
    Ewald Schurer, SPD

  5. Dietmar Köster SPD-MdEP

    Bundestag muss bei CETA beteiligt werden – CETA nicht durch die Hintertür durchsetzen

    Gemeinsame Presseerklärung des Europaabgeordneten Prof. Dr. Dietmar Köster und des Bundestagsabgeordneten Marco Bülow

    Es wäre ein Skandal, wenn der Bundestag und der Bundesrat nicht bei der Ratifizierung von CETA mitentscheiden könnten, so wie es in der Europäischen Kommission momentan diskutiert wird. CETA ist ein gemischtes Abkommen. Die nationalen Parlamente dürfen deshalb auf keinen Fall außen vor gelassen werden. Es ist wichtig, dass die Bundesregierung jetzt ein Signal für eine Parlamentsentscheidung gesetzt hat. Innerhalb der Gesellschaft und in der SPD müssen wir jetzt intensiv über CETA diskutieren, da auch bald darüber entschieden wird.

    Es darf dabei nicht passieren, dass alle über das Handelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) streiten, aber still undheimlich, ohne Debatte das wenig beachtete Handelsabkommen mit Kanada (CETA) zur Realität wird. Das müssen wir auf jeden Fall verhindern.

    Das Freihandelsabkommen TTIP ist aus unserer Sicht gescheitert. Es wird völlig intransparent verhandelt. TTIP hat schwerwiegende Folgen für die die Arbeitnehmer*innen und Verbraucher*innen, für die Daseinsvorsorge und beinhaltet Sonderrechte für Großkonzerne und ein absurdes Sonderklagerecht. Die übergroße Mehrheit der Bevölkerung einschließlich kleiner und mittelständiger Unternehmen befürchtet zu Recht negative Auswirkungen durch TTIP. Daher sind die Verhandlungen konsequenter Weise abzubrechen.

    Große Risiken drohen nun auch durch das ausverhandelte CETA-Abkommen. CETA könnte – wie auch TTIP – dasVorsorgeprinzip aushöhlen und beispielsweise den Weg für die leichtere Zulassung gentechnisch veränderter Produkte in der EU ebnen. Ebenso bestehen erhebliche Risiken für das Selbstbestimmungsrecht der Kommunen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge und für die demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten der Parlamente. Da etwa 80 Prozent der US-amerikanischen Unternehmen in Europa Niederlassungen in Kanada besitzen, besteht die große Gefahr, dass sie ihreInteressen an der Erschließung neuer Märkte über CETA durchsetzen werden. Sollte CETA in Kraft treten, könnten sie von dort aus auch ohne TTIP die EU-Mitgliedsstaaten zum Beispiel mit einem Sonderklagerecht auf Schadensersatz verklagen. Das heißt: Viele US- amerikanische Unternehmen brauchen TTIP gar nicht. Ihnen reicht CETA.

    Ebenso ist nicht hinnehmbar ist, dass auf EU-Ebene beschlossen werden kann, CETA vorläufig anzuwenden. Damit würden nationale Volksvertretungen vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Hoheit nationaler Parlamente wäre damit u.U. untergraben und CETA könnte nur schwer wieder rückgängig gemacht werden. Es ist auch nicht klar,welche Teile von CETA in die Kompetenz der EU oder in die ihrer Mitgliedsstaaten fielen. Wir sind der Überzeugung: CETA ist ein gemischtes Abkommen. Wir fordern deshalb eindringlich dazu auf, dass CETA auch nicht in Teilen ohne Debatte und ohne Beteiligung der nationalen Parlamente in Krafttreten darf, so wie es anscheinend von der Europäischen Kommission geplant wird.

    Gerade die SPD ist jetzt aufgefordert dazu beizutragen, dass sich die öffentliche Diskussion auf CETA konzentriert und diese Debatte jetzt stattfindet, da hier aktuell eine Entscheidung ansteht. Wir regen daher eine gemeinsame Sitzung der SPD- Bundestagsfraktion mit der SPD-Gruppe im Europaparlament und eventuellauch den SPD-Experten aus den Landtagsfraktionen an. Auf Bundes- und Landesebene müssen wir diese Debatte in den Parlamenten jetzt zügig führen,bevor die Übersetzung von CETA im Juni veröffentlicht werden soll und die SPD im September ihren Parteikonvent durchführt.

    Wir müssen von Anfang an Bürgerinnen und Bürger, Initiativen und Verbände im Diskussionsprozess bei den Freihandelsabkommen anhören und ihre Bedenken ernst nehmen. Geheime Verhandlungen führen zu Recht zu weiterem Misstrauen in diePolitik. Das schadet auch unserer Demokratie.

  6. Marco Bülow (SPD MdB)

    CETA, TTIP stoppen und Oettinger gleich mit!

    Laut eines Protokolls einer internen Sitzung von EU-Vertretern, das dem Recherchezentrum Correctiv vorliegt, will die EU-Kommission versteckte Kameras in den TTIP-Leseräumen installieren. Außerdem sprach sich EU Digitalkommissar Oettinger am Wochenende gegen ein Mitspracherecht der Parlamente bei CETA aus.

    Dazu erklärt der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow:

    Die beiden Nachrichten zu TTIP und CETA vom Wochenende schlagen dem Fass den Boden aus. Es ist ein offener Affront gegen gewählte Volksvertreter*innen, wenn die EU-Kommission wirklich Kameras in den TTIP-Leseräumen installieren lassen möchte. Nicht die Parlamentarier sind das Problem, sondern das undemokratische und intransparente Gebaren der EU-Kommission.

    Dazu passt dann nur allzu gut, dass der deutsche EU-Kommissar Oettinger die Parlamente bei Handelsabkommen einfach ganz außen vor lassen möchte. Junckers Vorgehen war schon nicht in Ordnung, dass jetzt auch noch ein deutscher Kommissar eine solch undemokratische Meinung vertritt, finde ich mehr als problematisch.

    Oettinger bezeichnet CETA als „modernstes Abkommen aller Zeiten“, ich bezeichne Oettinger als unmodernsten Kommissar, den wir zu bieten haben. Genau so ein Verhalten führt dazu, dass sich immer mehr Bürger*innen von der EU abwenden. Wollen wir ihr Vertrauen zurückgewinnen brauchen wir nicht weniger Demokratie und Transparenz, sondern mehr.

    Ich werde weiterhin entschieden gegen die intransparenten Handelsabkommen TTIP und CETA kämpfen und mich dafür einsetzen, dass kein Handelsabkommen mehr so aussieht. Die Handelsabkommen der Zukunft müssen transparent sein, Einwirkung von Zivilgesellschaft und Parlamenten zulassen, soziale und ökologische Standards erhöhen nicht abbauen und vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen helfen.

    Ich habe zu dem Thema auch eine Folge meines Videoblogs „120 Sekunden Bülow“
    veröffentlicht. Sie ist hier zu finden: https://www.youtube.com/watch?v=70s6hBPZup0.

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