Lesung und Diskussion zu „Eure Heimat ist unser Albtraum“ und „Talk im DKH“ mit Ahmet Toprak und Reyhan Sahin

Volles Haus beim letzten „Talk im DKH“ mit Deniz Yücel Ende November. Bei den Diskussionsveranstaltungen im Dezember stehen die Themen Integration und Sexismus im Vordergrund. Foto: Alex Völkel

In dieser Woche lädt das Dietrich-Keuning-Haus (DKH) zu einer interessanten Lesung mit anschließender Diskussion. Am Mittwoch, 11. Dezember 2019, sind die Herausgeber*in Hengameh Yaghoobifarah sowie die Autor*innen Nadia Shehadeh und Enrico Ippolito im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kulturell Leben“ zu Gast in Dortmund, um über Herkunft, Normativität und Rassismus zu diskutieren. Am Freitag, den 20. Dezember, wird der Dortmunder FH-Professor Ahmet Toprak beim „Talk im DKH“ mit den Gästen über die Integration junger, muslimischer Männer diskutieren. Als Grundlage hierfür dient sein neu erschienenes Buch „Muslimisch, männlich, desintegriert“. Außerdem wird die Rapperin Reyhan Şahin, vielen besser bekannt als Lady Bitch Ray, erwartet. In ihrem neuen Buch „Yalla, Feminismus!“ spricht sie Klartext zum Thema Sexismus und Macho-Attitüde im Hip Hop.

Vom Leben als „Andere“ – Perspektiven zum völkisch-verklärten Heimatbegriff 

Das Buch enthält Essays von verschiedenen Autor*innen.

In „Eure Heimat ist unser Albtraum“ versammeln Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah schonungslose Perspektiven auf rassistische und antisemitische Strömungen in der Gesellschaft. In diesem Manifest gegen die Normalisierung eines völkisch verklärten Konzepts von Heimat halten sie Deutschland den Spiegel vor:

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Witzig, wütend und wortgewandt erzählen die hier versammelten Autor*innen vom Leben als „Andere“. Der Essayband ist ein Aufruf, sich für eine Gesellschaft der Vielen stark zu machen. Denn die hier geschilderten Erfahrungen von Unterdrückung, Ausgrenzung und Rassismus gehen alle etwas an.

Die Veranstaltung wird um 19 Uhr beginnen, der Einlass ab 18.30 Uhr. Anmeldungen zur Veranstaltung „Kulturell Leben“ sind aus organisatorischen Gründen unter: veranstaltungsorganisation@stadtdo.de wünschenswert. Der Eintritt ist frei. 

Mit der Veranstaltungsreihe KulturellLeben laden das Dietrich-Keuning-Haus, der Planerladen e.V. und das Multikulturelle Forum e.V. Interessierte regelmäßig mit Lesungen, Gesprächen oder Filmabenden dazu ein, die kulturelle Vielfalt der Gesellschaft und der Stadt kennen und schätzen zu lernen.

Integration, Tradition, Erziehung – Ahmet Toprak geht bisherige Tabuthemen an 

Ahmet Toprak ist am 20. Dezember zu Gast beim „Talk im DKH“. Foto: Thomas Engel

Nach dem Rekord-Talk mit Deniz Yücel, bei dem rund 800 Zuschauer*innen die Agora des DKH füllten, sind auch im Dezember wieder hochkarätige Gäste zum „Talk im DKH“ geladen. Ahmet Toprak und Reyhan Sahin haben ihre aktuellen Bücher „Muslimisch, männlich, desintegriert“ und „Yalla, Feminismus!“ im Gepäck und versprechen einen spannenden Abend.

FH-Professor Toprak setzt sich in seinem Buch mit der Integration bzw. Desintegration junger muslimischer Männer in Deutschland auseinander. Er beleuchtet das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven.

Er spricht die Verfehlungen der bisherigen Integrationspolitik ebenso an wie die Erziehung in traditionell-muslimisch dominierten Familien, zeigt, dass oft zu hohe gesellschaftliche Erwartungen in Bezug auf Integration bestehen, legt die Probleme von Bildungsdefiziten und Armut offen.

Topraks Buch sorgt für kontroverse Diskussionen

Er kritisiert die traditionellen Rollenbilder von Mann und Frau, geht auf den Balanceakt ein, den der Spagat zwischen zwei unterschiedlichen kulturellen Welten für die Betroffenen bedeutet und versucht Lösungen und Alternativen aufzuzeigen, Handlungsempfehlungen zu bieten, wie Integration in Zukunft besser gelingen kann.

Das kontroverse Thema verspricht einen spannenden Abend im DKH. Denn die einen werfen Toprak vor, mit seiner Kritik an traditioneller Erziehung und der damit zusammenhängenden geschlechterspezifischen Rollenverteilung, Rechtspopulisten und Nationalisten Wasser auf die Mühlen ihres vereinfachten Schwarz-Weiß-Denkens der kulturellen Unvereinbarkeit des Abend- und des Morgenlandes zu gießen.

Gleichzeitig sehen andere die Notwendigkeit, bisherige Tabuthemen anzusprechen. Hierdurch könne man lernen, wie man in Zukunft auf ein besseres Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft hinarbeiten kann. Außerdem sei es ein Beitrag dazu, diese Themen eben nicht der Wahlkampfpropaganda von rechtsaußen zu überlassen, sondern gesamtgesellschaftlich über neue Wege der Integration nachzudenken.

Reyhan Şahin: Einsame Kämpferin für Frauenrechte in der deutschen Hip Hop-Szene

Reyhan Şahin Foto: Wikipedia

Von gleichem Kaliber wird der Talk mit der Rapperin Reyhan Şahin aka Lady Bitch Ray, die sich in „Yalla, Feminismus!“ dem Thema Sexismus im deutschen Hip Hop widmet. Sie kämpft gegen die klischeehafte Gangster-Attitüde, die sich anachronistischer Frauenbilder bedient, um cool und männlich zu wirken.

Der inflationäre Gebrauch von Bezeichnungen wie Schlampe oder Bitch ist fast schon zum guten Ton in der Szene geworden, um das eigene Bad Boy-Image zu untermauern. Şahin sieht sich jedoch nicht als Teil der bürgerlich-akademischen Feminismusbewegung, der ihrer Meinung nach allzuoft der Migrationshintergrund fehle. 

Sie ist als Rapperin selbst ein Teil der kulturellen Szene und kann von eigenen Erlebnissen berichten, hat aber für ihr Buch auch intensive Recherchen durchgeführt. Ihre Stellungnahmen und auch ihre musikalischen Texte, mit denen sie bewusst explizit aus der Sicht weiblicher Sexualität ein Gegenstück zum männlichen Chauvinismus setzt, sorgen durchaus für Kontroversen.

Idol für den Feminismus oder kalkulierte Selbstdarstellung?

Auf der einen Seite wird sie als Vorbild weiblicher Emanzipation gefeiert, auf der anderen Seite wirft man ihr Selbstdarstellung vor. Aber es geht der Künstlerin in ihrem Werk auch nicht darum, es irgendwem recht machen zu wollen, sondern ein Umdenken und die gesellschaftliche Debatte anzustoßen.

Mit diesem Anliegen ist sie beim „Talk im DKH“ sicherlich an der richtigen Adresse. Die Veranstaltung beginnt am 20. Dezember um 19 Uhr, der Einlass ab 18.30 Uhr. Der Eintritt ist wie immer frei. Aus organisatorischen Gründen wird auch hier um Anmeldung gebeten. Zur Anmeldung gehts hier. Die musikalische Begleitung des Abends übernimmt Pianistin Ester Festus. 

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