Auch in der zweiten Instanz blieb eine Anwohnerklage erfolglos

Die polizeiliche Videobeobachtung in der Münsterstraße darf fortgeführt werden

Seit Mai 2021 läuft die Videobeobachtung in der Münsterstraße. Foto: David Peters

Die polizeiliche Videobeobachtung in der Münsterstraße ist rechtmäßig. Auch in der zweiten Instanz ist eine Klage von einem Anwohner erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat dessen Beschwerde gegen eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zurückge­wiesen.

18 Polizei-Kameras überwachen 270 Meter Münsterstraße

Die Proteste gegen die Überwachung blieben auch in der zweiten Instanz erfolglos. Foto: Thomas Engel

Ein rund 270 Meter langer Abschnitt der Münsterstraße in der Dortmunder Nordstadt wird von der Polizei mit insgesamt 18 festinstallierten Videokameras überwacht, um der dortigen Straßenkriminalität zu begegnen. 

Der Antragsteller, ein Dortmunder Bürger, sah sich hierdurch in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt und beantragte beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, der Polizei die Videoüber­wachungsmaßnahmen durch einstweilige Anordnung zu untersagen. 

Das Verwal­tungsgericht hat den Antrag mit Verweis auf die Kriminalitätsbelastung abgelehnt. Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Mit dem Be­schluss hat der Senat die Beschwerde nun zurückgewiesen.

Straßenabschnitt ist „anfällig für Delikte der Straßenkriminalität“

„Die Videoüberwachung stellt zwar einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informatio­nelle Selbstbestimmung aller Personen dar, die die überwachten Bereiche passieren oder sich dort aufhalten. Die Maßnahmen sind aber voraussichtlich vom nordrhein-westfälischen Polizeigesetz gedeckt“, begründet der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts seine Entscheidung.

Die erste Kamera in der Münsterstraße hängt - 17 weitere werden noch dieses Jahr folgen. Foto: Alex Völkel
18 Kameras hat die Polizei installiert, um 270 Meter Münsterstraße zu überwachen. Foto: Alex Völkel

Das Gesetz erlaubt die Videoüberwachung ein­zelner öffentlicher Orte, an denen wiederholt Straftaten begangen wurden und deren Beschaffenheit die Begehung von Straftaten begünstigt, solange Tatsachen die An­nahme rechtfertigen, dass an diesem Ort weitere Straftaten begangen werden. 

„Nach den von der Polizei vorgelegten Kriminalitätsstatistiken ist die Belastung mit typi­schen Delikten der Straßenkriminalität (Diebstahl, Raub, Körperverletzung, Dro­gendelikte, aber auch sexuelle Nötigung etc.) seit Jahren auf diesem Abschnitt der Münsterstraße um mehr als das Hundertfache höher als im übrigen Gebiet der Stadt Dortmund“, so das Gericht in seiner Begründung. Die videoüberwachten Bereiche seien aufgrund ihrer örtlichen Gegebenheiten anfällig für Delikte der Straßenkriminalität. 

Die Überwachung des „Nordpol“ war kein Thema mehr

Der „Nordpol“ ist mittlerweile ausgezogen. Leopold Achilles | Nordstadtblogger

„Soweit die Polizei bisher im Schnitt etwas mehr als 15 Minuten von der per Video entdeckten Tat bis zum Ein­treffen benötigt hat, erweist sich dies vor dem gesetzlichen Erfordernis des unverzüg­lichen Eingreifens möglicherweise als zu lang“, so das OVG in Münster.

„Der Polizeipräsident hat aber auf diese von der Polizei selbst getroffene Feststellung Maßnahmen verfügt, die erwar­ten lassen, dass Einsatzkräfte zukünftig schneller vor Ort sein werden. Dies genügt jedenfalls im Eilverfahren den hieran zu stellenden Anforderungen“, heißt es aus Münster.

Die Frage, ob die Polizei Dortmund mit den Videokameras auch einen in der Münsterstraße ansässigen Treff der linken Szene erfassen darf, musste das Gericht nicht mehr entscheiden, nachdem das Lokal „Nordpol“ zwischenzeitlich an einen anderen Ort in der Nordstadt umgezogen ist. Der Beschluss ist unanfechtbar. (Aktenzeichen OVG: 5 B 303/21 – I. Instanz: VG Gelsenkirchen 17 L 1531/20)

Dortmunder Polizeipräsident freut sich über die OVG-Entscheidung

„Um dem Wunsch nach mehr Sicherheit nachzukommen, den Anwohnerinnen und Anwohner ebenso wie Gewerbebetreibende zu Recht haben, hat die Polizei Dortmund 2021 mit der Videobeobachtung in diesem Bereich begonnen. Dass das OVG die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme nun mit seinem Urteil bestätigt, ist auch eine Bestätigung für unser Bestreben, das Leben in der Münsterstraße und der gesamten Nordstadt sicherer und lebenswerter zu machen. Und das mit allen Mitteln, die uns der Rechtsstaat zur Verfügung stellt“, kommentiert Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange.

Polizeipräsident Gregor Lange
Polizeipräsident Gregor Lange Foto: Alexander Völkel

Im Mai vergangenen Jahres startete der Betrieb von 18 Kameras auf den rund 270 Metern im Bereich der Hausnummern 50 bis 99. Die videoüberwachten Bereiche seien aufgrund ihrer örtlichen Gegebenheiten anfällig für Delikte der Straßenkriminalität. „In Zahlen ausgedrückt heißt das: Allein hier im Bereich der Hausnummern 50 bis 99 gab es 2020 330 Straftaten, darunter Diebstahls-, Rauschgift- und Körperverletzungsdelikte“, erklärte Gregor Lange. „Ein viel zu hohes Niveau.“

Aus diesem Grund habe er im vergangenen Jahr entschieden, das in der Nordstadt bewährte Konzept aus Präsenz, Schwerpunkteinsätzen mit zivilen Einsatztrupps und Bereitschaftspolizei, EK Nordstadt sowie intensiver Zusammenarbeit mit Netzwerkpartnern und Justiz um diese technische Komponente zu ergänzen. 

Der Kampf gegen Drogen soll weiter intensiviert werden

„Wir nutzen ein rechtsstaatliches Mittel, um die Arbeit zu intensivieren, die wir hier seit Jahren betreiben. Die Drogenszene im Bereich der Münsterstraße ist uns schon lange ein Dorn im Auge und wir werden im Kampf dagegen – und damit für das Sicherheitsgefühl der Menschen – nicht nachgeben. Im Gegenteil: Ich sehe es als unsere Aufgabe und Pflicht an, immer wieder aufs Neue zu prüfen, welche Maßnahmen in diesem Kampf geeignet sind und wie wir die bereits bestehenden erweitern können“, so Lange.

Die Schwerpunkteinsätze der Polizei in der Nordstadt zeigen immer mehr Wirkung.
Die Schwerpunkteinsätze der Polizei in der Nordstadt zeigen immer mehr Wirkung. Foto: Alexander Völkel

Die Videobeobachtung ist für Lange eine ebensolche Erweiterung: „Unsere ohnehin in der Nordstadt angesiedelten Präsenzkräfte können nun durch die mit der Videobeobachtung gewonnen Erkenntnisse noch gezielter agieren, kennen Personenbeschreibungen und Fluchtwege.“ 

Genau schaut die Polizei aber auch auf andere Orte in der Nordstadt, die für den Handel mit Drogen bekannt sind – um Verdrängungseffekten sofort vorzubeugen. „Ziel ist und muss es sein, die Drogenszene hier mit allen uns dafür zur Verfügung stehenden Kräften aufzulösen.“

Rückgang der Straftaten um 37 Prozent – 50 Prozent weniger Straßenkriminalität 

Mit den vielfältigen Bemühungen von Polizei und Stadt gemeinsam mit weiteren wichtigen Netzwerkpartnern aus Verwaltung und Zivilgesellschaft ist es in den letzten sieben Jahren gelungen, das für Familien, Gewerbetreibende und Besucherinnen und Besucher der Nordstadt stark belastende Kriminalitätsniveau deutlich zu senken. Die Polizei registrierte von 2014 bis 2021 einen Straftatenrückgang von 17.441 um 37 Prozent auf 10.869. 

Signifikante Rückgänge verzeichnet die Polizeiliche Kriminalstatistik auch für die Bereiche der Straßenkriminalität (Rückgang um mehr als 50 Prozent seit 2015), der Gewaltkriminalität (Minus 32 Prozent seit 2014) sowie bei den Raubdelikten in der Nordstadt (Minus 65 Prozent seit 2014). 

Diese Rückgänge verzeichnete die Polizei allerdings größtenteils schon ohne Videobeobachtung. Gleichzeitig etablierte sich die Aufklärungsquote bezogen auf die Gesamtkriminalität in der Nordstadt über die letzten Jahre kontinuierlich bei einem Wert von über 60 Prozent – ein vergleichbar hoher Wert.

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