„Danke, Doc Klaus!“: Nach 15 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit – Leiter der Gast-Haus-Praxis verabschiedet sich

Auf dem Foto (v.l.): Dr. Thomas Lenders, Jens Feigel, Hans-Georg Kubitza, Ulrike Ulrich, Heinrich Bettenhausen, Elga Roesner und Dr. Klaus Harbig
Abschied in Corona-Zeiten (v.l.): Dr. Thomas Lenders, Jens Feigel, Dr. Hans-Georg Kubitza, Dr. Ulrike Ulrich, Heinrich Bettenhausen, Elga Roesner und Dr. Klaus Harbig.

Der von allen liebevoll genannte „Doc Klaus“, Dr. Klaus Harbig, zieht sich nach über 15 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit als Arzt im Gast-Haus zurück. Als Gründungsvater der dortigen Gemeinschaftspraxis übergab er im Dezember offiziell, aber in kleiner Runde die Praxisleitung an seinen Nachfolger Dr. Hans-Georg Kubitza. Der ist als Facharzt für Allgemeinmedizin seit 2018 im Mobilen Medizinischen Dienst der Einrichtung ehrenamtlich tätig und gehört seit einem Jahr zum Vorstand des Gast-Hauses.

Pensionierter Internist bereicherte das Gast-Haus mit seinem selbstlosen Engagement

Archivfotos (3): Thomas Engel

Doc Klaus kam über Umwege ins Gast-Haus: zuvor hatte er ohne Erfolg drei anderen Vereinen seine ehrenamtlichen Dienste angeboten. Als in Rente gegangener Internist, wollte er sich ehrenamtlich für Menschen einsetzen, die aufgrund ihrer jeweiligen Lebenssituation nicht an der Gesellschaft teilhaben können, denen es gesundheitlich nicht gut geht und die dringend medizinische Hilfe benötigen. ___STEADY_PAYWALL___

Für den damaligen Vorstandsvorsitzenden des Gast-Hauses, Werner Lauterborn, war diese Anfrage von Doc Klaus „wie eine Oster- und Weihnachtsbescherung zusammen“, so der heutige Ehrenvorsitzende. An drei Tagen in der Woche sollten die Gäste sich ärztlich behandeln lassen können. 

Was zunächst im Seelsorgeraum und darin ausgesprochen spartanisch ausgestattet begann, in den ersten Tagen auch nur sehr zögerlich von den Gästen angenommen wurde – es entwickelte sich schon bald zu einer kleinen, sehr gut besuchten medizinischen Sprechstunde für Wohnungslose, Obdachlose und andere Bedürftige. Von Anfang an war Elga Roesner mit dabei, die Doc Klaus stets als Assistenzkraft zur Seite stand. Mit dem Zustrom von Patient*innen kamen weitere Ärzte sowie Pflege- und Assistenzkräfte als Mitstreiter*innen hinzu.

Alle werden in Gemeinschaftspraxis behandelt – gleich, ob mit Krankenkassenkarte oder ohne

Das Besondere in Dortmund für Heinrich Bettenhausen: „Eine solche Gemeinschaftspraxis für Wohnungslose, Obdachlose und Menschen in prekären Lebenssituationen ist einzigartig.“

„Wir sind sehr stolz auf das, was unser Doc Klaus hier mit seiner sehr ruhigen und kompetenten Art geschaffen hat. Seit 2013 haben wir dank seines Engagements eine 100 Quadratmeter große Praxis für unsere Gäste, die wir in diesem Jahr sogar noch mit zusätzlichen Behandlungsräumen für die Fachärzte erweitern konnten“, so Heinrich Bettenhausen, Vorsitzender des Gast-Hauses (wir berichteten).

„Ein solche Gemeinschaftspraxis für Wohnungslose, Obdachlose und Menschen in prekären Lebenssituationen ist einzigartig“, lobt der Facharzt für Gynäkologe, was einst Vision von Harbig war und nun (in etwa) Realität ist: Fünfzehn Ärzte mit unterschiedlichen Fachrichtungen, drei Psycholog*innen/Psychiater*innen und zehn Fach- und Assistenzkräfte gehören mittlerweile dem Praxisteam an.

Sie allesamt bringen sich ehrenamtlich ein. Ihr Motiv: den gesundheitlichen Zustand von Menschen in Armut zu verbessern. Hier in der Gemeinschaftspraxis werden Gäste/Patient*innen behandelt, erhalten Hilfe und Unterstützung. Egal, ob sie eine Krankenkassenkarte haben oder nicht. Genau das wollte Doc Klaus, als er vor über 15 Jahren anfing.

Gesundheitsgefälle „in einer Wohlstandsgesellschaft wie Deutschland“ – es macht betroffen

Klaus Harbig, Gründer seit 13 Jahren ehrenamtlich tätig in der Arztpraxis des Gast-Haus
15 Jahre Ehrenamt und Engagement in der von ihm gegründeten Arztpraxis des Gast-Hauses: Dr. Klaus Harbig

„Dass es so vielen Menschen in einer Wohlstandsgesellschaft wie Deutschland aufgrund ihrer Herkunft und/oder ihrer Lebensbedingungen gesundheitlich nicht gut geht, macht mich nach wie vor noch sehr betroffen“, nimmt Dr. Klaus Harbig seine motivationale Kraft mit in den Ruhestand. Schlecht vorstellbar, dass von ihm zukünftig in der Stadt nichts mehr zu hören sein wird.

Was ihn immerhin mit Erfüllung zurückblicken lassen mag: Vor allem auch seinem Engagement ist es unzweifelhaft zu verdanken, dass nunmehr viele obdach- und wohnungslose Menschen über die Praxis, die seit einigen Jahren zum Mobilen Medizinischen Dienst gehört, erreicht und behandelt werden können.

Heinrich Bettenhausen lässt keine Zweifel: „Wir vom Gast-Haus danken Doc Klaus für seinen unermüdlichen Einsatz und seine geballte Fachkompetenz, die er stets sehr menschlich und einfühlsam vermitteln konnte.“ Doch er muss realistisch bleiben: „Gerne hätten wir diesen Leitungswechsel in einem größeren Rahmen gefeiert, aber das holen wir auf jeden Fall noch nach. Erst einmal müssen in dieser sehr schwierigen Zeit alle gesund bleiben“. Merke: da war auch ein Versprechen drin.

 

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