Nach Ziegelstein-Attacke auf das Kulturcafé im Klinikviertel:

Amtsgericht spricht mildes Urteil für einen der Angreifer auf das links-alternative „Taranta Babu“

Nach dem Angriff auf das „Taranta Babu“ mussten die zerstörten Scheiben gesichert werden. Foto: Leopold Achilles

Im Prozess gegen einen der „Taranta Babu“-Angreifer haben Staatsanwaltschaft und Amtsgericht Milde walten lassen: Der zuvor nicht straffällig gewordene Duisburger wurde zu 80 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt und gilt somit nicht als vorbestraft. Kritik am Urteil war unmittelbar nach dem Prozess zu vernehmen.

Angriff auf die links-alternative Einrichtung im Oktober

Mehrere Scheiben wurden von den Tätern beschädigt bzw. eingeschlagen.
Mehrere Scheiben wurden von den Tätern beschädigt bzw. eingeschlagen. Leopold Achilles | Nordstadtblogger

Ende Oktober 2022 haben zwei maskierte Täter – ausgestattet mit Ziegelsteinen – zwei Schaufenster und zwei kleinere Scheiben des bekannten Buchladens im Klinikviertel eingeworfen. Die Angreifer rechneten allerdings nicht damit, dass um Mitternacht noch Personal und Gäste im hinteren Bereich waren.

Sofort hatten die noch anwesenden Gäste die Verfolgung aufgenommen. Einer der Täter stolperte dabei und konnte dadurch bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten werden. Der zweite Angreifer hingegen konnte bis heute nicht ermittelt werden.

Prozess am Dortmunder Amtsgericht wirft Fragen auf

Der Fall wurde vor dem Dortmunder Amtsgericht verhandelt. Karsten Wickern | Nordstadtblogger

Die Aktenlage war eindeutig, die Schuld des Angeklagten ohne Zweifel, und dennoch konnte sich der Täter erst nach Prozessunterbrechung und Rücksprache mit seinem Anwalt zu einem kurzen Geständnis überwinden.

Zahlreiche Unterstützer:innen des „Taranta Babu“ waren gekommen, um den Prozess zu begleiten. Für Unverständnis sorgte die Nicht-Thematisierung des Motivs des Angreifers, der selbst dazu keine Angaben machen wollte. Nach einer kurzen Verhandlung das Urteil: 80 Tagessätze à 40 Euro.

In der Vergangenheit wurde das Café und Literaturhaus immer wieder Ziel von Neonazi-Angriffen – auch einen Tag nach der Tat erhielten Mitarbeiter:innen Drohanrufe: „Es ist noch nicht vorbei!“


Kommentar: Klare Ausgangslage, aber kein Wort zum Motiv. Wie kann das sein?

Von Julius Obhues

Eine Zugehörigkeit zur rechtsextremen Szene konnte dem Täter nicht nachgewiesen werden. Sein Vorstrafenregister war und bleibt leer. Trotzdem: Eine solche Strafe für einen höchstwahrscheinlichen Einschüchterungsversuch gegen eine politisch links-gerichtete Einrichtung ist ein Faustschlag ins Gesicht für die Betreiber:innen.

Es bleibt zu bezweifeln, dass das purer Vandalismus war. Eher wirkt es wie ein gezielter Angriff, wenn ein in Duisburg wohnender Täter – mit Sturmhaube maskiert – mitten in der Nacht ein linkes Kulturcafé angreift. Hinzu kommen die Drohanrufe am nächsten Morgen. Die Frage nach dem Motiv ist mehr als berechtigt und hätte vor Gericht thematisiert werden müssen. Doch so blieben viele Fragen offen. 

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Reaktionen

  1. Marc

    Dran bleiben!
    Warum spielte der rechte Hintergrund der Täter keine Rolle im Prozess?
    Warum hat die Polizei trotz jahrelanger Ermittlungsarbeit immer noch keine Ergebnisse? Das TarantaBabu wird ja nun schon seit etlichen Jahren von Nazis bekämpft, Sachen werden beschädigt, es gibt Drohanrufe,, Schmierereien an der Fssade, etc.
    Was muss noch geschehen, bevor die Polizei ernsthafte Ermittlungen anstellt und das TarantaBabu endlich vor rechtem Terror beschützt wird?

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