Zwischen Gewalt und Hoffnungsschimmern: Kulturort Depot zeigt zum siebten Mal World Press Photo Ausstellung

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Frauen auf Sansibar lernen Schwimmen. Foto: Anna Boyiazis

Von Leonie Krzistetzko

Ein Mann, der in Flammen steht, Frauen, denen die Brust gewaltsam flachgebügelt wird, Opfer des Attentats in Las Vegas. Die Fotografien des 61. Wettbewerbs der World Press Photo Foundation sind keine leichte Kost. Doch dazwischen gibt es auch Hoffnungsschimmer.

World Press Photo Foundation will Menschen mit bedeutsamen Themen verbinden

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World Press Photo Ausstellung 2018 im Kulturort Depot. Foto: Lena Arsenovic/dofoto

Es ist das siebte Mal, dass die World Press Photo Ausstellung im Depot an der Immermannstraße gastiert. Vom 9. Juni bis zum 1. Juli zeigt sie die 42 SiegerInnen des internationalen Wettbewerbs für Pressefotografie; sie kommen aus 21 verschiedenen Nationen.

Bis 2020 ist das Depot als Ausstellungsort vertraglich gesichert, sagt Wolfgang Bödeker von der DEW21. Das Stromversorgungsunternehmen sponsert die Ausstellung in Dortmund seit ihrem Startschuss 2011.

Insgesamt wurden im diesjährigen Wettbewerb, der von der Non-Profit-Organisation World Press Photo Foundation organisiert wird, 73.044 Fotos von 4.548 Fotografen aus 125 verschiedenen Ländern eingesandt. Das Ziel der Organisation: Die Welt mit den Geschichten zu verbinden, die von Bedeutung sind.

Neu in diesem Jahr ist die Kategorie Umwelt. Dies sei notwendig gewesen, da in der Kategorie Natur vermehrt Fotografien zu den Themen Umweltverschmutzung und Umweltschutz eingesandt worden seien, sagt Carla Vlaun von der niederländischen World Press Photo Foundation.

World Press Photo des Jahres 2018 gibt den Unruhen in Venezuela ein Gesicht

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World Press Photo des Jahres 2018. Foto: Ronaldo Schemidt, Agence France Presse

Nur wenige Schritte vom Eingang der Ausstellung entfernt steht das World Press Photo des Jahres 2018 von Ronaldo Schemidt, „Venezuela Crisis.“ Darauf: Ein Mann mit Gasmaske, der in Flammen steht. Es ist der 28-jährige José Víctor Salazar Balza, Protestant gegen Venezuelas Staatspräsidenten Nicolás Maduro.

„Der Fotograf Ronaldo Schemidt hat einfach drauflos geschossen, als der Gastank eines Motorrads explodiert ist. Er hat Feuer gefühlt, das immer näher kam. Erst hat er nur die Flamme gesehen und dann den Mann“, sagt Carla Vlaun.

Zu den diesjährigen GewinnerInnen gehören auch zwei Deutsche. Thomas P. Peschak (2. & 3. Preis Einzelfoto in der Kategorie „Umwelt“, 2. Preis Einzelfoto in der Kategorie „Natur“, 3. Preis Fotoserien in der Kategorie „Natur“) und Jesco Denzel (1. Platz Einzelbild in der Kategorie „Zeitgeschehen“).

Während sich Peschak in seinen Arbeiten mit der Natur auf den Galapagosinseln und den Auswirkungen des Klimawandels auf Populationen beschäftigt, zeigt Denzel, wie eine Fischersiedlung in Lagos, Nigeria, für die wirtschaftliche Expansion verschwinden soll.

Fotos der World Press Photo erzählen Geschichten, die wachrütteln

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Die brutale Praktik des Brustbügelns in Kamerun wird angeblich zum Schutz des Kindes durchgeführt. Foto: Heba Khamis

Jedes Foto steht für eine Geschichte. Sei es David Becker, der das Attentat von 2017 in Las Vegas beleuchtet und den Opfern ein Gesicht gibt, oder Heba Khamis, die die Praxis des Brustbügelns in Kamerun dokumentiert. Dort werden jungen Frauen heiße Steine auf die Brust gedrückt, bis diese flach wird. Eine grausame Praxis, die von den Müttern als Tat der Liebe angesehen wird: So wollen sie ihre Töchter vor Vergewaltigungen schützen.

Khamis ist eine der fünf weiblichen Gewinnerinnen des Wettbewerbs. Das könnte mit der niedrigen Bewerberquote von Frauen im Wettbewerb zusammenhängen. „Unter den Bewerbern finden sich jährlich nur etwa 15 oder 16 Prozent Frauen. Wir versuchen noch herauszufinden, wieso dem so ist. Betrachtet man Kriegs- oder Krisenberichterstattung, so mag diese Zahl vielleicht repräsentativ sein, in anderen Sparten ist sie es aber nicht“, so Carla Vlaun.

Was die meisten Fotos der Ausstellung eint – sie bedrücken und rütteln die BetrachterInnen wach, legen den Fokus auf das, was in der Welt schiefläuft.

Fotoserie von Ami Vitale zeigt Pflege von Elefantenkälbern

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Verwaiste Elephanten werden in Nordkenia gepflegt. Foto: Ami Vitale, National Geographic

Aber auch Positives findet sich in der Ausstellung wieder. Bilder, die zeigen, dass Menschen etwas verbessern wollen. Darunter: Eine Fotoserie von der US-amerikanischen Fotografin Ami Vitale, die zeigt, wie verlassene und verwaiste Elefantenkälber von lokalen Verbänden in Nordkenia gepflegt werden, um sie zu retten und auswildern zu können.

Auch zeigt die Serie „Finding Freedom in the Water“ der Fotografin Anna Boyiazis ein Projekt, das es Frauen auf Sansibar ermöglicht, in körperbedeckenden Schwimmanzügen schwimmen zu lernen. Zuvor war es ihnen aus kulturellen und religiösen Gründen verboten.

Auch in diesem Jahr gibt es passend zur Ausstellung ein vielfältiges Rahmenprogramm, das von Podiumsdiskussionen, über Vorträge, bis hin zum Dokumentarfilm „Augenblicke: Gesichter einer Reise“ reicht. Die Programmpunkte sind, bis auf den Besuch des Films (regulär 7 Euro, 6 Euro ermäßigt), kostenlos.

Explizite Szenen: Besuch der Ausstellung erst ab 14 Jahren empfohlen

Der Eintritt für die Ausstellung kostet regulär sechs Euro und vier Euro ermäßigt. Da viele der Bilder explizite Szenen zeigen, auf denen Tod und Gewalt zu sehen ist, empfiehlt die World Press Photo Foundation einen Besuch erst ab 14 Jahren.

Weitere Informationen:

  • Programm der einzelnen Ausstellungstage, hier:
  • Am 8. Juni um 21 Uhr ist der Film „Augenblicke: Gesichter einer Reise“ zu sehen. Eintritt: regulär 7 Euro, 6 Euro ermäßigt.
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