Schwere Schlappe vor Bundesverwaltungsgericht: Leipzig kippt die umstrittene Wettbürosteuer der Stadt Dortmund

Mit der Vergnügungssteuersatzung will die Stadt die Ausbreitung von Wettbüros und Spielhallen eindämmen. Schaper
Mit der Vergnügungssteuersatzung wollte die Stadt die Ausbreitung von Wettbüros und Spielhallen eindämmen.

Schmerzhafte Schlappe vor Gericht: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die umstrittene Wettbürosteuer der Stadt Dortmund gekippt. Die Ausgestaltung in der jetzigen Form sei unzulässig, urteilten die Bundesrichter. Die Stadt verfolgt mit der Steuer zwei Ziele: Die Eindämmung von Wettbüros und zusätzliche Einnahmen für den Stadtsäckel.

Neue Vergnügungssteuersatzung wurde von drei Wettbürobetreibern beklagt

Mit der 2014 neu eingeführten Vergnügungssteuersatzung besteuert die Stadt das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Wettbüros. Das sind Einrichtungen, die neben der Annahme von Wettscheinen das Mitverfolgen der Wettereignisse, u.a. durch Liveübertragung, ermöglichen. Steuerschuldner ist nach der Satzung der Betreiber des Wettbüros.

Bemessungsgrundlage ist die näher definierte Veranstaltungsfläche. Der Steuersatz beträgt für jeden Kalendermonat 250 Euro je 20 Quadratmeter Veranstaltungsfläche. Drei Kläger, die in Dortmund Wettbüros betreiben, wandten sich gegen ihre Heranziehung zu der Steuer.

Sie sollen – abhängig von der Größe der Veranstaltungsfläche ihrer Wettbüros – 1.000 und 1.250 Euro monatlich zahlen. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen und das Oberverwaltungsgericht Münster haben die Klagen abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ihnen nunmehr stattgegeben.

Das Urteil kann die Stadt Dortmund bis zu 1,4 Millionen Euro kosten

Die Stadt hatte die Steuer nach der Fläche der Wettbüros berechnet, nicht nach dem Umsatz. Das wurde beanstandet.
Die Stadt hatte die Fläche, nicht den Umsatz zu Grunde gelegt. Das wurde beanstandet. (Foto: Wikipedia)

Achselzucken bei der Stadt. „Wir haben verloren. Wir warten die schriftliche Begründung ab und werden damit umzugehen wissen“, sagte Dortmunds Kämmerer Jörg Stüdemann auf Nachfrage.  400.000 bis 500.000 Euro hatte die Stadt als Einnahme pro Jahr erzielt und war damit hinter den selbst gesteckten Erwartungen von bis zu 800.000 Euro per anno zurückgeblieben.

Auch zukünftig werde es eine solche Steuer geben: „Wir wissen, wie sie konditioniert sein muss, damit sie künftig Bestand hat: Dazu gab es schon Hinweise aus mündlichen Verhandlung.“ Die Wettbürosteuer sei eine wichtige, aber vom Ertrag her eine Bagatellsteuer, versuchte Stüdemann den Schaden zu relativieren.

Ob sie komplett oder teilweise zurückgezahlt werden müssen, ist noch zu klären. Je nach dem müsste die Stadt zwischen 300.000 und 1,4 Millionen Euro zurückzahlen. Dies war die Summe der Erlöse in den vergangenen drei Jahren.

Rechtmäßigkeit der Steuer nicht strittig, sondern die Bemessungsgrundlage

„Der von der Stadt gewählte Flächenmaßstab verletzt die Steuergerechtigkeit. Den sachgerechtesten Maßstab für eine Vergnügungssteuer bildet der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand, hier also der Wetteinsatz“, urteilten die Leipziger Richter.

Ordnungsdezernentin Diane Jägers bemühte sich, daher die Rechtmäßigkeit der Steuer herauszustellen: „ Es geht nur um die Bemessungsgrundlage“, betonte sie. Die Stadt müsse eine wirklichkeitsnähere Bemessungsgrundlage nehmen – statt der Fläche der Wettbüros solle künftig der Ertrag als Bemessungsgrundlage dienen.

Dass es bei der Steuer unterschiedliche Sichtweisen gibt, wurde beim Verwaltungsvorstand deutlich: „Der Bearbeitungsaufwand muss in vernünftigem Maß zum Ertrag stehen. Sonst brauchen wir gegebenenfalls mehr Manpower – die Steuer muss sich auch rechnen“, sagte Kämmerer Stüdemann aus kaufmännischer Sicht.

Ein Argument, welches für die Ordnungs- und Rechtsdezernentin Diane Jägers aber sekundär ist: „Die ordnungspolitische Dimension ist wichtig“, erinnerte sie an den Grund zur Einführung der Steuer. Sie soll – wie auch andere Maßnahmen – die Einrichtung von Wettbüros unattraktiver machen bzw. ganz verhindern.

Die Urteile in der Übersicht:

  • BVerwG 9 C 7.16 – Urteil vom 29. Juni 2017
    Vorinstanzen:
    OVG Münster 14 A 1599/15 – Urteil vom 13. April 2016
    VG Gelsenkirchen 2 K 5800/14 – Urteil vom 12. Juni 2015
  • BVerwG 9 C 8.16 – Urteil vom 29. Juni 2017
    Vorinstanzen:
    OVG Münster 14 A 1648/15 – Urteil vom 13. April 2016
    VG Gelsenkirchen 2 K 280/15 – Urteil vom 12. Juni 2015
  • BVerwG 9 C 9.16 – Urteil vom 29. Juni 2017
    Vorinstanzen:
    OVG Münster 14 A 1728/15 – Urteil vom 13. April 2016
    VG Gelsenkirchen 2 K 626/15 – Urteil vom 12. Juni 2015
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