„Islamfeindlichkeit“: SPD und CDU kritisieren die stv. Nordstadt-Bezirksbürgermeisterin Gerda Horitzky (CDU)

Gerda Horitzky ist eine Frau des offenen Wortes. Sie ist – um das Motiv der Stadtbezirkskampagne zu bemühen – „Echt Nordstadt“. Die CDU-Politikerin engagiert sich seit Jahrzehnten für ihren Stadtteil – in ihrer Partei, in politischen Gremien und natürlich vor Ort in der Nordstadt. Doch jetzt sieht sie sich mit massiver Kritik konfrontiert, die bis hin zu Rücktrittsforderungen reicht.

Gerda Horitzky ist für klare Worte bekannt: Statt des Floretts nimmt sie eher den Holzhammer.
Gerda Horitzky ist für klare Worte bekannt: Statt des Floretts schwingt sie eher den Holzhammer. Foto: Völkel

Der Hintergrund: Das katholische St.-Johannes-Hospital hat einer muslimischen Krankenschwester gekündigt, weil sie trotz Verbots auf der Arbeit ein Kopftuch getragen hatte. Das Verhalten der Krankenschwester empfindet die 72-jährige Horitzky als Provokation. (Links zu den Artikeln gibt es am Ende des Beitrags).

Kritik als Privatperson gemacht

„Sie hat neun Jahre kein Kopftuch getragen. Das war in ihrem Arbeitsvertrag auch so geregelt. Und dann kommt sie plötzlich mit einem Kopftuch – ohne Rücksprache. Das ist eine Unverschämtheit“, erneuert sie ihre Kritik im Gespräch mit nordstadtblogger.de. Allerdings – und das macht sie mehrfach deutlich – habe sie als Privatperson und Nordstädterin geschrieben. „Leider Gottes auf CDU-Papier. Das war der größte Fehler“, zeigt sie sich selbstkritisch.

Doch die Kritik entzündet sich viel mehr an der Äußerung, „dass unsere christlichen Konfessionen überall muslimisch unterlaufen werden, zumal wir für Muslime sowieso nur Ungläubige sind“.

Bezirksbürgermeister Jörder: „Äußerungen sind nicht mit dem Amt zu vereinbaren“

Daher gibt viele Reaktionen – von Bürgern, aus ihrer eigenen Partei und von politischen Gegnern vieler Couleur. Denn Horitzky ist nicht nur langjährige  Vorsitzende des CDU-Stadtbezirks, sondern seit wenigen Wochen auch stellvertretende Bezirksbürgermeisterin der Nordstadt.

Die Stadt Dortmund wertet den Leserbrief als persönliche Meinungsäußerung und wollte ihn auf Nachfrage der „Ruhrnachrichten“ nicht kommentieren. „Als stellvertretende Bezirksbürgermeisterin ist Horitzky jedoch eine Vertreterin der Stadt – deshalb seien die Äußerungen mit dem Amt nicht zu vereinbaren“, kommentierte Ludwig Jörder (SPD), Bezirksbürgermeister der Nordstadt, im gleichen Artikel.

CDU-Stadtverband und ihre Stadtbezirksfraktion distanzieren sich von den Äußerungen

BV Nordstadt - Konstituierende Sitzung
Die Alterspräsidentin und der neue Bezirksbürgermeister bei der Konstituierung.

„Mit den in ihrem Leserbrief formulierten Positionen vertritt Gerda Horitzky weder die Haltung des CDU-Kreisverbands, wie unser Vorsitzender Steffen Kanitz bereits deutlich gemacht hat, noch die der CDU-Fraktion in der BV Innenstadt-Nord“, betont Dorian Marius Vornweg.

„Die Probleme der Nordstadt sind nicht an einer bestimmten Bevölkerungsgruppe festzumachen, sondern an Faktoren wie beispielsweiser hoher Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Armutszuwanderung. In unserer Arbeit als CDU-Fraktion setzen wir uns sachlich, konstruktiv und differenziert mit diesen Problemen auseinander“, heißt es in dem Schreiben des frisch gewählten Fraktionssprechers der CDU in der BV Innenstadt-Nord.

Engagierte Kämpferin für die Interessen der Nordstadt

Allerdings lebt Vornweg nicht in der Nordstadt – anders als Horitzky. Die 72-Jährige ist hier geboren und aufgewachsen. Sie liebt die Nordstadt und engagiert sich für sie. Seit Jahrzehnten pflegt sie gute Kontakte zu Migranten, wird eingeladen und setzt sich für sie ein. Aber sie setzt sich mitunter auch durchaus kritisch mit ihnen auseinander. So hat sie  –  schon lange bevor sie das neue Amt bekam – gemeinsam mit einem Iman zusammen ein muslimisches Lokal eingeweiht, ebenso wie mit einem orthodoxen Geistlichen ein griechisches Restaurant. Auch zu aktuellen und ehemaligen Mitgliedern des Integrationsrates pflegt ein gutes Verhältnis.

SPD-Ortsvereinsvorsitzender legt der CDU Konsequenzen nahe

Doch nach ihren jüngsten Äußerungen ist dies vergessen:  „Wenn Frau Horitzky ernsthaft öffentlich von muslimischer Unterwanderung spricht und nach eigenen Angaben keine Kopftücher mehr sehen will, ist das eine sprachliche Entgleisung von besonderem Ausmaß“, kommentiert der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Dortmund-Nord, Andreas Cierpiol.  „Gerda Horitzky repräsentiert mit dieser Meinung nicht mehr die Menschen in der Dortmunder Nordstadt, sondern zeigt „eine Islamfeindlichkeit von höchster Qualität“, heißt es weiter.

Die CDU sei jetzt aufgerufen, Konsequenzen aus diesem skandalösen Verhalten zu ziehen, fordert der Sozialdemokrat. „Da werde ich mich nicht einmischen. Ich kann der Union nur ans Herz legen, dafür zu sorgen, dass diese Meinung nicht als die der CDU wahrgenommen wird und überdies keinen Zuspruch in den eigenen Reihen findet. Wie sie das bewerkstelligt ist Aufgabe der CDU“, schließt Cierpiol.

„Ich will nur das Beste für meinen Stadtbezirk“, betont Horitzky. Die Vorwürfe, dass sie ausländerfeindlich sei, treffen sie hart. Bei einer so geradlinigen Frau, die austeilt und auch einstecken kann, will das schon etwas heißen.

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Reaktionen

  1. Simone Weidinger

    Es hilft niemandem, Kritik an der schlechten Situation in der Nordstadt zu tabuisieren, wo es doch so offensichtlich ist, dass dieser Stadtteil immer mehr abstürzt. Ich habe selbst von 1993 bis 2012 dort gewohnt und den sich verschlechternden Zustand des Stadtteils beobachtet. Die Nordstadt eignet sich ganz sicher nicht für Projektionen romantischer multikultureller Phantasien. Wer das versucht, hat nie dort gelebt.

    • Iman Al Buhra

      Es geht nicht um die Tabuisierung von Problemen, die sich in der Nordstadt finden. Vielmehr ist die von Frau Horitzky benutzte Wortwahl, um ihre Meinung kund zu tun, nicht sachlich kritisch gewesen, sondern eher eine bestimmte Gruppe diffamierend und zum Schuldner an den Problemen der Nordstadt durch sie stilisiert worden. Ohne den konkreten Bezug auf ihre Person hätte ich den Brief für das Schreiben eines rechten Politikers oder PI Fans gehalten. Wer solche „Feindbilder“ produziert oder befördert, der betreibt populistische Hetze gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen. Der Staat garantiert seinen Bürgern die Religionsfreiheit. Als Politikerin sollte Frau Horitzky dies bewußt sein.

  2. Iman Al Buhra

    Die Multikulturealität ist nicht das Problem der Nordstadt, sondern der Umstand, dass im Norden sehr viele Menschen an oder sogar unter der Armutsgrenze leben. Armut führt zu Verwahrlosung und das sieht man dem Stadtteil an. Menschen mit höhrem Einkommen ziehen über kurz oder lang weg. Hinzu kommt, dass in der Vergangenheit Drogenabhängige, die sich zuvor auf öffentlichen Plätzen der Innenstadt aufhielten, in die Nordstadt gedrängt und dann dort vergessen wurden. Ihr Vorhandensein hat wiederrum jene angelockt, die mit dieser Vereldung ihr Geld verdienen.

  3. Tom Heinig

    Icj verstehe das Problem garnicht, warum muss man diese Aussage mit der Nordstadt in Verbindung bringen ?
    Wenm es so vereinbart war dort ohne kopftuch zu arbeiten, muss man da auch ohne arbeiten und punkt.
    Sollte jedem normalen Menschen egal welcher Religion eigentlich einleuchten. Und wenm ein Gericht dieses bestätigt, sollte es auch jeder Politiker bestätigen dürfen
    Die Krankenschwester hatte halt eine andere Rechtsvorstellung.

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