Gebäudereiniger-Innung kritisiert die Gründung einer Service-Tochter

Kritik an „Service21“: „Das Vorhaben der Stadt ist ein Schlag ins Gesicht eines Handwerks“

Die Stadt bzw. die Stadtwerke wollen mit „Service21“ in Gebäudereinigung und Sicherheitsdienst selbst aktiv werden.
Die Stadt bzw. die Stadtwerke wollen mit „Service21“ in Gebäudereinigung und Sicherheitsdienst selbst aktiv werden. Foto: depositphotos.com/ Andrey Popov

Klare Worte in Bezug auf die geplante Gründung der Service21 GmbH durch die Stadt Dortmund und DSW21 findet Kai-Gerhard Kullik, Obermeister der Gebäudereiniger-Innung Dortmund. „Das Vorhaben der Stadt ist eine Unverschämtheit”, so der Obermeister. „Schon die Vorwürfe der Stadt sind eine Unterstellung. Uns ist nicht bekannt, dass die Fachbetriebe unserer Innung bisher bei städtischen Aufträgen jemals Anlass zur Klage gegeben hätten – weder bei Reinigungsaufgaben noch bei Sicherungsdiensten.“

„Wer immer nur billig will, darf sich nicht wundern, wenn die Arbeit nicht vernünftig erledigt wird“

„Wir beschäftigen gut ausgebildete Arbeitnehmer zu Mindestlohn-Tarifverträgen, die über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen. Nicht nur die Arbeitsplätze dieser Mitarbeiter werden durch die unnötige Konkurrenz von Service21 gefährdet, sondern auch die Betriebe selbst, denen die Aufträge weggenommen werden“, kritisiert der Innungsobermeister.

Die „ServiceDo“-Beschäftigten sind für Reinigung, Sterilisation, Catering und Logistik zuständig. Foto: Alex Völkel
Bislang gibt es nur im Klinikum mit „ServiceDo“ eine Servicetochter – diese hat noch immer keine Tarifbindung. Das soll bei „Service21“ anders sein. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

„Das Vorhaben der Stadt ist ein Schlag ins Gesicht eines Handwerks, das 5.000 Beschäftigte in der Region hat, eine tragende Säule des Arbeitsmarktes ist und in nicht unerheblichem Maße Gewerbesteuer zahlt. Herr Westphal tut sich damit keinen Gefallen, weil die Steuereinnahmen der Stadt deutlich zurückgehen würden.”

Wenn es Grund zur Klage gebe, dann sei dies die Ausschreibungs- und Vergabepraxis der Stadt, die Billiganbieter bevorzuge statt das heimische, gut ausgebildete Gebäudereiniger-Handwerk zu berücksichtigen. „Wer immer nur billig will, darf sich nicht wundern, wenn die Arbeit nicht vernünftig erledigt wird“, so Kullik.

„Billiganbieter beschädigen seit Jahren das Image unseres Handwerks. Wir lassen uns nicht damit über einen Kamm scheren und wehren uns dagegen, jetzt als Sündenbock für die Versäumnisse der Stadt den Kopf hinzuhalten.” Die Stadt solle sich lieber um den vernünftigen Ausbau der Infrastruktur kümmern als bewährte Arbeitsstrukturen zu kommunalisieren.

Gebäudereiniger-Innung hatte keine Gelegenheit zur Stellungnahme

Kullik unterstreicht, dass die Gebäudereiniger-Innung als Vertretung von 43 Unternehmen bisher offiziell keine Möglichkeit bekommen habe, zu dem Vorhaben der Stadt Stellung zu nehmen. „Es lag und liegt uns bisher keine Einladung zu einem Gespräch vor”, so der Obermeister. „Und wenn das so wäre, dann hätten wir sicher deutlich Nein gesagt. Wir sind aber zu Gesprächen gern bereit.”

Kai-Gerhard Kullik ist Obermeister der Gebäudereiniger-Innung Dortmund.
Kai-Gerhard Kullik ist Obermeister der Gebäudereiniger-Innung Dortmund. Foto: Stefan Mueller für die Innung

Neben dem Wegfall von städtischen Aufträgen für die Innungsbetriebe und den damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen empört Kai-Gerhard Kullik besonders der Eingriff in den Arbeitsmarkt.

„Wir sind seit Jahrzehnten darum bemüht, in der Region Ausbildungsplätze anzubieten, um damit unseren Fachkräftebedarf zu decken und jungen Menschen die Chance auf einen guten Berufsstart zu ermöglichen. Der Beruf des Gebäudereinigers ist ein Ausbildungsberuf mit dreijähriger Lehrzeit und Meisterausbildung.“

„Wir betreiben eine eigene Ausbildungsstätte, bieten Sprachkurse für Migranten an, um den Fachkräftebedarf unserer Betriebe zu decken. Gerade in der aktuellen Lage, in der das Handwerk dringend gut ausgebildete Fachkräfte braucht, droht uns nun durch die Initiative der Stadt eine Abwanderung der Arbeitnehmer in den vermeintlich sicheren öffentlichen Dienst.”

Dabei sei, so Kullik, das ganze nur Augenwischerei, denn die Tariflöhne im Gebäudereiniger-Handwerk seien deutlich höher als die gesetzlichen Mindestlöhne, die hingegen von „Service21“ unterlaufen werden könnten.

Kritik an der Stadtspitze: „Hausaufgaben nicht gemacht“

„Bevor man solche Überlegung anstellt, sollte man seine Hausaufgaben machen und sich zumindest gründlich informieren”, fordert Kai-Gerhard Kulik und empfiehlt den Verantwortlichen dringend die Lektüre eines Gutachtens des Landesinnungsverbandes des Gebäudereiniger-Handwerks für das Land NRW in Köln. Es zeige, dass der Wechsel von privatwirtschaftlichen Reinigungsunternehmen hin zu kommunalen Eigenleistungen keinesfalls kostengünstiger sei.

Darüber hinaus erinnert der Obermeister daran, dass es bereits 2004 einen ähnlichen Konflikt mit den damaligen Dortmunder Diensten (DoDi) gegeben habe, die mit Ein-Euro-Jobbern in den Markt der Maler und Lackierer drängten. Dank der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der ARGE (Arbeitsgemeinschaft im JobCenter Dortmund GmbH) wurde der Konflikt jedoch einvernehmlich zugunsten des Handwerks beigelegt.

„Ich denke, wir sollten aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen”, schließt der Obermeister. „Wir als Gebäudereiniger-Handwerk haben immer den Schulterschluss mit der Stadt gesucht, wenn es darum ging, etwas für die Region zu tun, haben Langzeitarbeitslose oder Menschen ohne Berufsabschluss erfolgreich wieder in sozialversicherte Beschäftigungsverhältnisse gebracht. Wir sollten an dieses erfolgreiche Miteinander anknüpfen.“

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Reaktionen

  1. Hayek

    Was will man erwarten von einer Stadt, die eine eigene Werbeagentur betreibt und gleichzeitig von sich behauptet, ein guter Standort für die Kreativwirtschaft zu sein? Sozen doing Sozen-Things. Am liebsten würden die ja ohnehin gleich alles verstaatlichen – äh – vergemeinschaften 😉

  2. Gründung von »Service21«: DSW21 sucht Gespräch mit IHK und Handwerkskammer (PM)

    Die Dortmunder Stadtwerke AG (DSW21) sucht in der Diskussion über die geplante Gründung der Gesellschaft »Service21« das Gespräch mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund und der Handwerkskammer Dortmund. „Wir bedauern, dass es zu Irritationen und Missverständnissen gekommen ist, die dazu führen, dass im Vorfeld der Ratsentscheidung eine öffentliche Kontroverse über die Medien ausgetragen wird“, sagt Harald Kraus, Arbeitsdirektor von DSW21. Er hat sich daher für kommende Woche mit Spitzenvertretern von IHK und Handwerkskammer zu einem Gespräch verabredet.

    Zum Hintergrund: »Service21« soll als gemeinsame Gesellschaft von DSW21 (95 %) und Stadt Dortmund (5 %) gegründet werden. Die Beschäftigten sollen, entlohnt nach einem von ver.di ausgehandelten Tarif, Wach- und Sicherheitsdienstleistungen ausschließlich für Einrichtungen der Stadt und städtischer Unternehmen übernehmen. Der Vorteil einer solchen, in den Konzern Stadt integrierten und inhousefähigen Gesellschaft wäre, dass die Stadt Aufträge direkt vergeben und, so Harald Kraus, „natürlich auch viel direkter durchgreifen kann“. Das mache „in manchen sensiblen Bereichen und bei vielen kurzfristig erforderlichen Absprachen absolut Sinn“.

    Der Arbeitsdirektor von DSW21 betont ausdrücklich die entscheidende Passage in der Beschlussvorlage für den Rat: Danach wird der Tätigkeitsschwerpunkt von »Service21« zu Beginn bewusst auf der Betreuung weniger und eher kleinerer städtischer Einrichtungen wie den stadteigenen Museen (Aufsichts- und Kassendienste), dem Theater (Pforten- und Empfangsdienst, Alarmdienst) sowie dem Institut für Vokalmusik (»Klangvokal«) liegen.

    Außerdem sollen der Schließdienst und Überwachungsaufgaben an Dortmunder Kindertagesstätten wahrgenommen werden, um Kindern, Erzieher*innen und Besuchern*innen eine sichere An- und Abreise – insbesondere bei Verkehrseinschränkungen durch Baustellen – zu gewährleisten. Die Kita-Lotsen, die diese Aufgabe seit rund zwei Jahren wahrnehmen, zumeist Studierende, sind auch heute schon bei DSW21 beschäftigt.

    Erst zu einem späteren Zeitpunkt könnten weitere Aufgabenbereiche in der Zuständigkeit der städtischen Fachbereiche und Eigenbetriebe hinzukommen. Auch die Ausweitung auf Dienstleistungen im Bereich der Reinigung und Pflege von Gebäuden sei frühestens mittelfristig eine Perspektive.

    „Wir hätten früher auf die Beteiligten zugehen und die Idee besser erklären sollen“, räumt Harald Kraus ein. Er ist aber sicher, dass sich die derzeit strittigen Punkte in sachlichen und konstruktiven Gesprächen ausräumen lassen.

  3. Obermeister der Gebäudereiniger-Innung: „Gespräche ja, aber nicht ohne uns“ (PM)

    Obermeister der Gebäudereiniger-Innung Dortmund begrüßt Gesprächsbereitschaft von DSW21, vermisst aber Einladung an die Innung als Vertreter der betroffenen Handwerksunternehmen.

    Einen Schritt in die richtige Richtung sieht Kai-Gerhard Kullik, Obermeister der Gebäudereiniger-Innung Dortmund, in der Stellungnahme von Harald Kraus, dem Arbeitsdirektor von DSW21. „Wir haben das Bedauern zur Kenntnis genommen und sehen die Ankündigung von Gesprächen als ein erstes Entgegenkommen der Stadt,” so der Obermeister. „Es kann aber nicht sein, dass die betroffenen Unternehmen nicht in die Gespräche eingebunden werden.“

    Konkret bemängelt der Obermeister die Einladung von Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer unter offensichtlichem Ausschluss der Innung. „Bei uns ist bisher keine Einladung zu Gesprächen eingegangen. Als Arbeitgebervereinigung des Gebäudereiniger-Handwerks sind wir die Vertreter derjenigen, die die Gründung von Service21 direkt trifft und die die Auswirkungen der Entscheidung zu tragen haben. Da wird gerade wieder Politik über unsere Köpfe hinweg gemacht“, so der Obermeister. „Weder die IHK noch die Handwerkskammer können unsere Position so vertreten wie wir selbst. Es sieht so aus, als sollten wir mit Absicht erneut übergangen werden.“

    Die Innung, so Kullik, sei zu den von Harald Kraus angekündigten sachlichen und konstruktiven Gesprächen bereit, erwarte allerdings ohne Wenn und Aber einbezogen zu werden. „Wir werden dies auch noch einmal in einem persönlichen Schreiben an Herrn Kraus zum Ausdruck bringen“, so Kai-Gerhard Kullik. „Unsere Position ist klar: Gespräche ja, aber nicht ohne uns.“

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