Kommunales Wahlrecht für AusländerInnen: „Integration gelingt nur über politische Beteiligung und Mitbestimmung“

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Der Integrationsrat fordert das Kommunalwahlrecht für Ausländer, die seit fünf Jahren legal hier leben.

Der Rat der Stadt Dortmund unterstützt mehrheitlich die Resolution des Integrationsrates an das Land NRW zur Einführung des kommunalen Wahlrechts für AusländerInnen. Ziel ist es, allen AusländerInnen, die seit mindestens fünf Jahren legal hier wohnen, ein kommunales Wahlrecht zu geben. Bisher sind nur EU-BürgerInnen auf kommunaler Ebene wahlberechtigt.

Bereits in 15 EU-Staaten gibt es das kommunale Wahlrecht für AusländerInnen

Im Rat warb Aysun Tekin, Vorsitzende des Dortmunder Integrationsrates, für ihre Resolution an das Land. „Integration gelingt nur über politische Beteiligung und Mitbestimmung. Die Ungleichbehandlung von Nicht-Deutschen kann nicht länger hingenommen werden.“

Viele AusländerInnen lebten seit Jahren und Jahrzehnten hier – „sie leben und lieben das weltoffene Dortmund. Sie möchten sich mit ihren Ideen und Vorstellungen einbringen – auch in der Kommunalpolitik.“

„In 15 EU-Staaten gibt es das kommunale Wahlrecht schon. Deutschland hinkt hinterher. Doch Chancen erfordern rechtliche Gleichstellung“, so Tekin. „In diesem Sinne hoffe ich, dass sie ein eindeutiges Signal setzen. Das ist gut für die Stadt Dortmund und gut für die Demokratie.“

SPD unterstützt das Wahlrecht auch für Nicht-EU-AusländerInnen

Bis zu fünf Wahlzettel können Dortmunder am 25. Mai in die Wahlurne stecken.
Nicht nur EU-AusländerInnen, sondern alle sollen das Wahlrecht bekommen.

Die SPD sprach sich für die Resolution aus: „Wer hier lebt, soll auch am kommunalen Leben und Wählen teilnehmen können“, so Michael Taranczewski.

„Bisher haben wir für EU-Ausländer das Kommunalwahlrecht. Warum nicht für alle?“ Mit Blick auf die CDU forderte der SPD-Politiker, „mal über den eigenen Schatten zu springen und denjenigen, die so lange hier leben und sich ordentlich verhalten, dieses Wahlrecht zu geben“.

„Wir haben Verständnis für das Anliegen. Wir finden das gut, dass Menschen, die sich etabliert haben, am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Aber sie können sich einbürgern lassen“, entgegnete Christiane Krause (CDU).

Das Grundgesetz lasse es nicht zu, dass Ausländer das aktive und passive Wahlrecht bekämen. Eine erfolgreiche Integration und eine erfolgreiche Einbürgerung lasse dann auch das Wahlrecht zu. „Ein rein kommunales Wahlrecht wollen wir nicht“, so Krause.

„Wer echte Integration will, kann beim Wahlrecht nicht haltmachen“

Eine Position, die Ulrich Langhorst (Grüne) nicht teilt: Langhorst: „Wir haben 90.000 nicht-deutsche Menschen in Dortmund. 57.000 dürfen nicht an den Kommunalwahlen teilnehmen. Es ist ein absolutes Manko“, so Langhorst.

„Wer echte Integration will, kann beim Wahlrecht nicht haltmachen. Alles andere ist nicht glaubwürdig. Daher schließen wir uns der Resolution des Integrationsrates an“, sagte der Grüne.

„Wahlrecht ist wichtig für erfolgreiche Integration und gesellschaftliche Teilhabe“, betonte auch Nursen Konak (Linke & Piraten). „Gleiche Rechte und Chancengleichheit sind Voraussetzung für gelingende Integration.“

Doppelte Staatsbürgerschaft statt kommunalem Wahlrecht?

Für Andreas Urbanek (AfD) stellte die Resolution einen Verstoß gegen das Grundgesetz dar. Seine Fraktion sprach sich gegen das kommunale Wahlrecht und auch gegen die doppelte Staatsbürgerschaft aus.

Anders die FDP: „Mein Wunsch ist, dass AusländerInnen wählen dürfen“, sagte Lars Rettstadt (FDP/Bürgerliste).  Allerdings sei er gegen singuläres kommunales Wahlrecht.

Er sprach sich stattdessen erneut für die doppelte Staatsbürgerschaft aus und unterstützte daher die Resolution nicht. „Aus Respekt werden wir uns enthalten und nicht ablehnen. Wir haben die gleichen Ziele, weil für die doppelte Staatsbürgerschaft eintreten.“

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Reaktionen

  1. Torsten Sommer

    Da alle Menschen, wenn sie auf Dauer an einem Ort Leben, umfassend von allen örtlichen Gesetzen und Regelungen betroffen sind und diesen unterliegen, müssen sie bei den Entscheidungen über all diese Gesetze und Regelungen miteinbezogen werden.
    Das kommunale Wahlrecht nach der „Lebensmittelpunktregelung“* auszugestalten ist nur ein erster Schritt dazu. Das Recht an Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden teilzunehmen, muss ebenfalls im ersten Schritt erfolgen.
    Dieser erste Schritt ist rechtlich möglich und wird selbst von eher konservativen Verfassungsrechtlern als unproblematisch angesehen.
    Vergleiche dazu auch die entsprechende Anhörung im Landtag NRW vom 1. 9. 2014 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/Webmaster/GB_I/I.1/video/on_demand_stream.jsp?id=8960

    Einen entsprechenden Vorstoß zur Umsetzung wird es noch vor der Sommerpause im Landtag NRW geben. Zumindest die Piratenfraktion NRW wird einen entsprechenden Antrag einbringen. Aber auch Grüne und SPD scheinen dem nicht abgeneigt zu sein.

    Konsequent wäre danach die komplette Koppelung des Wahlrechts (auch bei Landtags- und Bundestagswahlen) an eine „Lebensmittelpunktregelung“.
    Das ist rechtlich nicht ganz so einfach auszugestalten.
    Während im Land NRW der Landtag das Landtagswahlrecht wahrscheinlich verfassungs- und grundgesetzkonform ausgestalten könnte, wäre spätestens für ein Wahlrecht auf Bundesebene eine Anpassung des Grundgesetzes notwendig.

    * „Lebensmittelpunktregelung“ bedeutet, dass nicht mehr die Staatsangehörigkeit über den Zugang zur Wahl oder zu Bürgerbegehren, -entscheiden bzw. Volksbegehren, etc. entscheidet, sondern der auf Dauer angelegte Lebensmittelpunkt des Menschen. Meint, wenn ich z. B. seit 5 Jahren in Dortmund wohne, darf ich in Dortmund auch den Rat, die Bezirksvertretungen, den Landtag und den Bundestag wählen.
    Halt da, wo mein Leben seinen Mittelpunkt hat, wo ich wohne, lebe, arbeite, Steuern zahle (ob ich will oder nicht), etc.

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