Jahrestag der Kirchturmsbesetzung in Dortmund: Justiz ermittelt noch immer – Neonazis wollen demonstrieren

Mit der Besetzungsaktion in der Reinoldikirche gelang ihnen ein PR-Coup. Aber die Aktion hatten sie geklaut. Bild: Marcus Arndt
Mit der geklauten Besetzungsidee auf der Reinoldikirche gelang den Neonazis ein PR-Coup. Bild: Marcus Arndt

Es war eine abgekupferte Aktion – dennoch verfehlte sie ihre Wirkung nicht: Die kurzzeitige Besetzung des Kirchturms der Reinoldikirche in Dortmund durch Neonazis für rund einem Jahr. Die Schlagzeilen war den Aktivisten der Partei „Die Rechte“ sicher, obwohl sie die Idee geklaut hatten. Am Jahrestag wollen sie erneut in der Innenstadt eine Aktion machen. Dabei läuft die juristische Aufarbeitung der Vorjahresaktion noch.

Gegen Pfarrerin wird wegen Körperverletzung durch Kirchenglockenklingeln ermittelt

Zwei unterschiedliche Verfahren sind anhängig: Gegen elf Beschuldigte aus der rechtsextremen Szene wird wegen des Verdachts der Nötigung und des Hausfriedensbruchs ermittelt. Sie waren in die Kirche eingedrungen und hatten auf dem Turm Pyrotechnik abgefackelt und ein islamkritisches Banner gehisst.

Aber auch gegen Hausherrin Susanne Karmeier wird noch ermittelt: Als Zeichen gegen die Neonazi-Propaganda hatte die evangelische Pfarrerin geistesgegenwärtig reagiert und die mächtigen Glocken von St. Reinoldi eingeschaltet. Die Parolen der Neonazis waren daher unten auf dem Weihnachtsmarkt nicht zu hören.

Dies war den Kirchturmsbesetzern zwar kein sprichwörtlicher Dorn im Auge, wohl aber ein Klingen in den Ohren. Weil die Polizei die Neonazis in Handschellen abführte, konnten diese ihre Ohren nicht zuhalten. Daher erstatteten die Eindringlinge Anzeige wegen Körperverletzung.

Die Rechtsvertretung der Pfarrerin hatte im Sommer den Antrag auf Einstellung des Verfahrens gestellt, seit dem aber nichts mehr gehört. Doch eingestellt ist das Verfahren nicht, wie Staatsanwältin Sonja Frodermann auf Nachfrage der Nordstadtblogger berichtet.

Neonazis wollen am 15. Dezember ab 19 Uhr in der Innenstadt demonstrieren

Nach der Aktion klickten die Handschellen - aber große Strafen sind nicht zu erwarten. Foto: Tomasz Niemic
Nach der Aktion klickten die Handschellen – aber große Strafen sind nicht zu erwarten. Foto: Tomasz Niemic

Das Verfahren läuft ebenso weiter wie das gegen die Neonazis. Diese wollen daher am Freitag, 15.12. 2017, ab 19 Uhr eine Kundgebung in der Innenstadt machen.  Anmelder ist Michael Brück, der stellvertretende Landesvorsitzende der Partei „Die Rechte“. Das Motto lautet: „Licht ins Dunkel bringen: Unsere Solidarität gegen Eure Repression! Gegen die Kriminalisierung  der friedlichen Reinoldikirchbesetzung“.

„Es werden 30 bis 50 Teilnehmer erwartet und die Versammlung soll in der Dortmunder Innenstadt stattfinden“, bestätigte die Polizei auf Nachfrage. Es hat aber noch kein Gespräch mit dem Anmelder gegeben.

Daher ist zum genauen Ablauf und vor allem der Örtlichkeit noch keine Klarheit. Mit einer Kundgebung an der Reinoldikirche ist allerdings nicht zu rechnen: Rund um die Kirche gibt es Buden des Weihnachtsmarktes.

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HINTERGRUND: Die Neonazi-Partei „Die Rechte“, der Hass gegen Flüchtlinge und die Sorge vor Rechtsterrorismus

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Reaktionen

  1. Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus

    Vielfalt statt Einfalt: Aufruf zu Mahnwachen in der Dortmunder Innenstadt –
    Naziaufmarsch in der Innenstadt am 15.12. um 19 Uhr

    Wieder einmal will die Partei „Die Rechte“ kurz vor Weihnachten die Weihnachtsstimmung der Dortmunder Bürgerinnen und Bürger öffentlich stören! Nachdem ihre Taktik der Hausbe- suche an der Polizei scheiterte, haben sie im letzten Jahr provokativ den Turm der Dortmun- der Stadtkirche besetzt. Nach etlichen Misserfolgen in der letzten Zeit wollen sie daran mit einer Kundgebung in der Dortmunder Innenstadt erinnern. Ihr irreführendes Motto lautet: „Licht ins Dunkel bringen: Unsere Solidarität gegen eure Repression! Gegen die Kriminalisie- rung der friedlichen Reinoldi- Kirchturmbesetzung.“

    Als wenn die braunen Herrschaften je Licht gebracht oder Solidarität gefördert hätten! Im- mer, wenn sie herrschten, senkte sich das Dunkel der Gewalt, des Hasses und des Rassismus über die Menschen. Es gilt weiter, was Demokraten schon 2016 den Nazis entgegenhielten: „Den Rechtsextremisten ist nichts heilig – eine Kirche ebenso wenig wie das friedliche Zusam- menleben der Menschen in der Stadt. Die Besetzung stellt einen skrupellosen Missbrauch des Kirchengebäudes und eine tiefe Respektlosigkeit dar. Demgegenüber werden wir weiter am Dialog mit Menschen anderer Religionen und Kulturen festhalten. „Wir alle sind Dortmund“ – in diesem Geist treten wir Rechtspopulismus und Rechtsextremismus entgegen.“ ( Ev. Kirchenkreis 17.12. 2017) Nicht zuletzt zeigten ihnen die Glocken von Reinoldi, dass sie hier unerwünscht sind.

    Auch in diesem Jahr wollen wir solche Provokationen nicht stehen lassen. Denn wir wissen, dass diese „Besetzung“ eher ein Überfall war, ihrer einfältigen Propaganda diente und in keiner Weise friedlich war. Wir wollen gegen die Verdrehung von Fakten und die Instrumen- talisierung unserer Institutionen und Werte Mahnwachen organisieren.

    Wir laden alle ein, sich am 15. 12.2017 um 19:00 Uhr mit uns auf dem Friedensplatz zu tref- fen und an den notwendigen Stellen zu demonstrieren.

    Der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus

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