Intown will Pläne für den Hannibal Dorstfeld in zwei Wochen vorlegen – Stadt Dortmund und Polizei weisen Kritik zurück

Menschenleer und verlassen präsentiert sich der Hannibal in Dorstfeld. Foto: Sascha Fijneman
Menschenleer und verlassen präsentiert sich der Hannibal in Dorstfeld. Foto: Sascha Fijneman

„Vor der Sommerpause“ wollte Intown der Stadt Dortmund die Sanierungs— und Brandschutzkonzepte für den im vergangenen Jahr geräumten Hannibal in Dorstfeld vorlegen, wo mehr als 700 Menschen ihr Zuhause verloren. Doch bisher ist nichts bei der Stadt eingegangen. Wir haben bei Intown-Chef Sascha Hettrich nachgehakt, der im Interview im Juni noch vollmundige Ankündigungen gemacht hatte.

Mitte August will Intown die Pläne für den Hannibal in Dorstfeld vorstellen

Intown-Geschäftsführer Sascha Hettrich. Foto: T.C. Wagner
Intown-Geschäftsführer Sascha Hettrich. Foto: T.C. Wagner

Hettrich sieht das Problem allerdings bei der Stadt: Er habe Mitte/Ende Juli um einen Termin beim zuständigen Dezernenten gebeten, um die Pläne zu präsentieren. Doch er habe erst Mitte August einen Gesprächstermin bekommen. Dass es nicht weitergehe, liege somit an der Stadt: „Wir sind auf deren Termine angewiesen.“ 

Kopfschütteln gibt es dazu im Rathaus: „Grundsätzlich ist es natürlich möglich, einen Bauantrag jederzeit ohne ein persönliches Gespräch zwischen Herrn Wilde und Herrn Hettrich einzureichen. Ein Gespräch auf Arbeitsebene hat zudem in der Bauaufsicht im Juni stattgefunden“, betont Stadtsprecher Frank Bussmann. Er bestätigte, dass Dezernent Ludger Wilde – derzeit in Urlaub – mit Hettrich für Mitte August einen Termin vereinbart habe.

Aus der Fachabteilung hieß es hinter vorgehaltener Hand, dass es sogar Sinn gemacht hätte, wenn Intown die Pläne vorab eingereicht hätte. Dann hätte man in dem Gespräch auch schon mögliche Probleme und Unklarheiten thematisieren können. So gehe weiter Zeit verloren, falls die Pläne wirklich schon fertig seien. 

Forderung an Intown: Allein 2017 sind rund 2,9 Millionen Euro an Kosten angefallen

Zu den Details der Planungen und den Baukosten wollte Hettrich sich auf Nachfrage der Nordstadtblogger nicht äußern. Zumindest die vorgeschlagenen Maßnahmen wolle man nach dem Gespräch mit der Stadt auch der Öffentlichkeit vorstellen. „Es sei denn, die Stadt hat etwas dagegen“, so Hettrich.

Auf rund 2,9 Mio. Euro allein im Jahr 2017 beziffert die Stadt die angelaufenen Kosten rund um den Hannibal. Das Geld will die Stadt von Intown zurück. Foto: Völkel

Auch das schwebende Gerichtsverfahren will Hettrich nicht kommentieren – ebenso wenig, wie hoch die Rechnung ausgefallen ist, die die Stadt dem Eigentümer für die Ersatzvornahmen, Räumung, Wachdienste etc. in Rechnung gestellt hat. Klar ist für den Intown-Chef nur, dass die Maßnahmen unverhältnismäßig und unrechtmäßig waren. Doch mehr wolle er jetzt nicht dazu sagen.

Allerdings sind Teile dieser Informationen schon lange öffentlich: „Im Zuge der Ersatzvornahme zur kompletten Räumung des Komplexes Vogelpothsweg 12 – 26 und der seit diesem Zeitpunkt bestehenden Nutzungsuntersagung sind seither unterschiedlichste Aufwendungen in vielen Fachbereichen der Stadtverwaltung angefallen und werden voraussichtlich zukünftig noch anfallen. (…) Demnach fallen gesamtstädtisch im Haushaltsjahr 2017 geschätzte Gesamtaufwendungen in Höhe von bis zu 2,9 Mio. Euro an“, heißt es in einer Drucksache aus dem vergangenen Jahr. Allein für die Ersatzvornahmen und Bauüberwachung fielen mehr als 1,25 Millionen Euro an. Zur „Abwehr von Großschadenereignissen“ waren es knapp 250.000 Euro.

Parallel zu dem Rechtsstreit gehe es nun darum, den Hannibal möglichst zeitnah zu sanieren, um den MieterInnen, die noch einen Mietvertrag haben, eine möglichst schnelle Rückkehr zu ermöglichen und die anderen Wohnungen neu zu vermieten. „Wir kaufen ja schließlich, um zu vermieten“, betonte Sascha Hettrich mehrfach im Interview.

Viele Mietobjekte in Dortmund lässt Intown leer stehen

Allerdings passt das nicht zu dem häufig an den Tag gelegten Verhalten der Eigentümergesellschaften. Denn Objekte stehen mitunter seit Jahren leer – so auch das Wetfalenforum an der Ecke Kamp- und Hansastraße, wo nun bis zum Winter ein neues Nutzungskonzept angekündigt wurde. 

Das Intown-Problemhaus in der Heroldstraße 72 ist nur eins von mehreren, die leer stehen und zugemacht wurden.
Das Intown-Haus in der Heroldstraße 72 ist nur eins von mehreren, die leer stehen und zugemacht wurden.

Auch in der Nordstadt stehen schon drei Objekte – Intown hat in Dortmund  insgesamt 15 Mietwohnungshäuser – leer. Von einer Sanierung ist im Bestand bis dato zumeist nichts zu sehen. Dazu gehört auch ein Gebäude in der Lortzingstraße, das ursprünglich „Kral – dem König der Nordstadt“ gehörte und dieses für seine legalen und illegalen Geschäfte nutzte. 

Aber auch die Häuser Mallinckrodtstraße 58 – seit Jahren als Problemhaus im städtischen Fokus und im öffentlichen Interesse – und Heroldstraße 72 sind geräumt und baulich zugemacht. Von der Maxime „Wir kaufen, um zu vermieten“ ist bei einigen Objekten zumindest wenig zu sehen – ebenso wenig wie von einer Sanierung.

Das will der Geschäftsführer von Intown aber so nicht stehen lassen. „Wir haben für jedes Gebäude einen Geschäftsplan“, hält Hettrich der Kritik entgegen.

Im Gegensatz dazu ignoriert das Unternehmen auch Kaufofferten u.a. der Stadt. „Wir sind Käufer zum Halten, nicht zum Verkaufen“, macht Hettrich seine Strategie deutlich. „Wir haben noch nie ein Objekt verkauft. Außerdem haben wir gewisse Preisvorstellungen“, nennt Hettrich Gründe, warum man sich nicht hat handelseinig werden können.

Polizei weist Kritik zurück: „Wir sind nicht das Räumkommando für eine Firma“

Die Schuld für fehlende Fortschritte sieht das Unternehmen stattdessen bei anderen. Hettrich beklagte die Zustände in der Nordstadt. Außerdem seien mehrere Häuser „besetzt“. Er kritisiert, dass die Polizei diese nicht räumen würde. Offenbar trauten sich die Einsatzkräfte dort nicht hinein – „und wir müssen damit leben“, so der Intown-Geschäftsführer.

Die Feuerwehr musste das "Besetzt"-Banner mit der Drehleiter entfernen.
Intown beklagt „Hausbesetzungen“, um die sich die Polizei nicht kümmert. Die weist das zurück: Besetzungen wie bei der Kirche oder dem Aldi gebe es nicht. Die Firma müsse zivilrechtliche Wege beschreiten.

Diese Kritik weist die Polizei Dortmund allerdings in aller Schärfe zurück: „Hätte die Firma Intown vor ihrer öffentlichen Aussage mit uns gesprochen, wäre es sicherlich nicht zu den falschen Behauptungen des Herrn Hettrich gekommen. Bezüglich seiner Aussagen verweisen wir auf die zahlreichen Aktionen der Stadt und der Polizei Dortmund und die vielen erreichten Erfolge in der Nordstadt“, betont Polizeisprecher Kim-Ben Freigang.

„Uns sind einige Immobilien der Firma Intown in der Nordstadt als verwahrloste Immobilien bekannt die, gemeinsam mit der Stadt noch Anfang diesen Jahres, kontrolliert wurden.“ Zudem macht die Polizei klar, dass das Unternehmen zivilrechtliche Wege beschreiten müsse. Es müsse einen Beschluss eines Gerichts erwirken, bevor die Polizei aktiv werden könne.

Zudem handele es sich nicht um eine Besetzung wie bei der leerstehenden Kirche, wo eine Gruppe ein Haus in einer Nacht-und-Nebel-Aktion gegen den Willen des Eigentümers in Besitz nehme, der dann Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstatte. Die Polizei stehe nicht „auf Fingerschnipp“ für mietrechtliche Klärungen zur Verfügung. „Wenn akute Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, Maßnahmen zur Strafverfolgung oder zur Amtshilfe erforderlich sind, unterstützen wir in diesen Angelegenheiten, in enger Abstimmung, die Stadt Dortmund“m acht Freigang deutlich. „Aber wir sind nicht das Räumkommando für eine Firma.“

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