Festnahmen nach Neonazi-Fackelmarsch gegen Flüchtlingsunterkunft – Friedlicher Gegenprotest

Ein Zeichen für Willkommenskultur und gegen Rechtsextremismus setzten Dortmunder am Samstagabend in der City.
Ein Zeichen für Willkommenskultur und gegen Rechtsextremismus setzten Dortmunder am Samstagabend in der City.

Mit einer kurzfristig angesetzten Kundgebung setzten Antifaschisten und Aktivisten aus der Flüchtlingshilfe am Samstagabend ein Zeichen gegen Rechtsextremismus. Der Grund war, dass am Freitagabend mehr als 20 Neonazis mit Fackeln und Feuerwerkskörpern vor die neue Flüchtlingsunterkunft in Eving gezogen sind und ausländerfeindliche Parole gegrölt haben.

Doppelstrategie der Partei „Die Rechte“zündet nicht – also zündeln sie wirklich

An Silvester fand ein Neonazi-Aufmarsch gegen "Polizeiwillkür" in Hörde statt.
Die Neonazis haben das Flüchtlingsthema seit Monaten zu einem Schwerpunkt erhoben.

Abermals zeigten die Mitglieder der Partei „Die Rechte“ damit, dass ihnen die Aktionsorientierung mehr liegt als die ermüdende kommunalpolitische Arbeit. Seit der Kommunalwahlkandidatur fährt die Partei in Dortmund eine Doppelstrategie.

Allerdings zündet die eigentliche politische Arbeit in Rat und Bezirksvertretungen nicht wirklich – sie besteht nur aus Provokation und versuchter medialer Effekthascherei. Daher verlegen sie sich wieder stärker auf die Straße – und zündeln dort nicht nur sprichwörtlich.

Zum Konzept gehört auch weiterhin die Bedrohung von Demokraten, die sich gegen Neonazis engagieren sowie gegen Dortmunder Journalisten, die teils seit Jahren über die Umtriebe der Rechtsetxremisten berichten.

Neonazis zogen mit Fackeln und Pyrotechnik vor das Flüchtlingswohnheim

Auch die Nordstadtblogger erhielten in dieser Woche als Morddrohungen zu verstehende Todesanzeigen. Um den Neonazis nicht unnötig Raum in der Berichterstattung zu geben – darauf zielen die meisten der Aktionen ohnehin nur ab – haben wir bisher nicht in eigener Sache berichtet. Einen Effekt auf unsere Berichterstattung hat dies nicht.

Allerdings wurden die Neonazis von der Vehemenz überrascht, mit der die Polizei Freitagnacht wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs und wegen der Durchführung einer nicht angemeldeten Versammlung reagierte. Sie war von Mitarbeitern der Einrichtung und Zeugen am Freitag gegen 21 Uhr alarmiert worden, dass dort mindestens 20  – teilweise vermummte – Personen ihr Unwesen trieben.

Vehementer Polizeieinsatz nach nicht genehmigter Demo überraschte die Neonazis

In Eving wurde der Bevölkerung die Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Hauptschule vorgestellt
In Eving wohnen Flüchtlinge in der ehemaligen Hauptschule in der Osterfeldstraße.

Diese Personengruppe hatte  – so der Polizeibericht – sich den Zeugenangaben zufolge vor der Flüchtlingsunterkunft in Dortmund-Eving, teilweise ausgerüstet mit Fackeln, versammelt, ausländerfeindliche Parolen gerufen und vereinzelt Pyrotechnik gezündet.

Als starke Kräfte der Dortmunder Polizei an der Osterfeldstraße eintrafen, war die Personengruppe bereits geflüchtet. Vereinzelt lagen Fackeln auf dem Gehweg. Im Zuge der sofort eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen nahm die Polizei 13 Personen, Angehörige der rechtsextremen Szene, im Nahbereich fest, bestätigte Polizeisprecher Oliver Peiler.

In kürzester Zeit aktivierte die Dortmunder Polizei rund 200 Einsatzkräfte und leitete unverzüglich umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen zur Aufklärung der Geschehnisse ein. Die Beamten stellten zahlreiche Beweismittel, darunter die aufgefundenen Fackeln, die Mobiltelefone der Rechtsextremisten sowie deren Bekleidung sicher. Mehrere Zeugen wurden festgestellt und angehört. Die festgenommenen Rechtsextremisten wurden erkennungsdienstlich behandelt und vernommen.

Bekleidung wurde als Beweismittel behalten – Heimweg in Plastikanzügen

Polizei-PK Kriminalitätsstatistik für Dortmund 2013
Polizeipräsident Gregor Lange will weiter Druck auf die Dortmunder Neonazis machen.

Die Bekleidung wurde ebenfalls als Beweismittel einbehalten, sodass die Neonazis – um am frühen Samstagmorgen nicht nur in Unterwäsche den Heimweg antreten zu müssen – in Einweg-Plastikanzügen das Polizeigewahrsam verließen. Sie machten daher zum wiederholten Male eine Kundgebung gegen Polizeiwillkür vor dem Polizeipräsidium.

Eine zwischenzeitlich eingerichtete Ermittlungskommission der Dortmunder Polizei arbeitet derzeit auf Hochtouren. Dazu gehören auch weitere Spuren sichernde Maßnahmen im Nahbereich der Flüchtlingsunterkunft.

„Wir tun alles, was uns möglich ist, um diese unerträglichen Provokationen und Einschüchterungen der Rechtsextremisten zu stoppen“, zeigt sich der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange entschlossen: „Gerade die aus ihren Heimatländern vor Not und Elend geflüchteten Menschen bedürfen unseres besonderen Schutzes!“, so der Polizeipräsident.

Friedlicher und ordnungsgemäß angemeldeter Protest gegen Neonazis

Solidarität mit Flüchtlingen standen im Mittelpunkt der Refugees Welcome Demo in Dortmund.
Solidarität mit Flüchtlingen stand im Mittelpunkt der Demo in Dortmund.

Im Gegensatz zu den Naziaktivitäten wurde die Gegendemonstration am Samstag ordnungsgemäß angemeldet.

„Gegen die Brandstifter – Solidarität mit den Geflüchteten“ war das Motto der spontanen Versammlung auf den Katharinentreppen. „Die Aktion beweist einmal mehr, dass Gewalt, Vertreibung und Vernichtung Kern der neonazistischen Politik sind“, machen die Anmelder der Versammlung deutlich.

„Sie versuchen, sich in eine historische Linie mit den Fackelmärschen der SA und dem deutschen Mob zu setzen, der in den 90er Jahren Unterkünfte für Geflüchtete und Häuser von migrantischen Familien anzündete“, heißt es weiter im Aufruf.

Binnen weniger Stunden stand die Veranstaltung – auch die Mobilisierung klappte. Rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzten friedlich und mehrsprachig ein Zeichen für die Willkommenskultur und gegen Rechtsextremismus in der Dortmunder City.

 

Mehr zum Thema gibt es in unserem Themenspezial Rechtsextremismus:

https://www.nordstadtblogger.de/category/rechtsextremismus

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Reaktionen

  1. Die Grünen

    Pressemitteilung der GRÜNEN Dortmund

    “ Der Aufmarsch der Dortmunder Nazis mit Fackeln und Feuerwerk vor der Notunterkunft für Flüchtlinge in Eving erinnert fatal an die rassistischen Pogrome vor Flüchtlingsheimen Anfang der neunziger Jahre in Hoyerswerda und Rostock. Nach Informationen der Presse sollen die Nazis dabei auch versucht haben, in die Notunterkunft zu gelangen. Nach der Anfrage im Rat zu jüdischen Mitbürgerinnen und den Todesanzeigen für Dortmunder Journalisten ist das eine weitere Eskalation der Nazis innerhalb kurzer Zeit. Wir dürfen nicht zulassen, dass als nächstes nun der direkte tätliche Angriff auf Menschen erfolgt.

    Es ist unbegreiflich, dass Staatsschutz und Polizei vom Aufmarsch in Eving nicht im Vorfeld wussten und ihn verhindert haben. Warum schaffen es vierzig Neonazis unbemerkt nach Eving zu kommen und dort als Gruppe Flüchtlinge und Anwohnerinnen zu bedrohen? Nach dem Nazi-Angriff auf das Rathaus im Mai ist dies innerhalb eines Jahres dar zweite schwerwiegende Versagen der Sicherheitsbehörden.

    Wir wollen deshalb vom Polizeipräsidenten wissen, was aus der Task Force geworden ist, mit der die führenden Dortmunder Nazis durchgängig beobachtet worden sind. Wir erwarten , dass Polizei und Verwaltung als Konsequenz umgehend ein Sicherheitskonzept für die Flüchtlingsheime erstellen und umsetzen. Der Angriff der Nazis zeigt auch, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in dezentralen Wohnungen sicherer ist als in großen Notunterkünften.

    Der Innenminister ist gefordert, die neuen Ereignisse in die Prüfung eines Verbots der Partei „DIE RECHTE“ als Nachfolgeorganisation des verbotenen Nationalen Widerstands Dortmund einzubeziehen. Wir fordern den Polizeipräsidenten auf, den von den Nazis geplanten Aufmarsch in Dorstfeld am 28. März zu verbieten. Und wir halten es für dringend notwendig, dass die gesamte Stadtgesellschaft ein klares Zeichen der Solidarität mit den bedrohten Journalisten und den Flüchtlingen gibt.“

    Markus Kurth MdB
    Daniela Schneckenburger MdL
    Mario Krüger MdL
    Hilke Schwingeler, Sprecherin des Kreisverbands Dortmund
    Remo Licandro Sprecher des Kreisverbands Dortmund
    Ingrid Reuter, Fraktionssprecherin im Rat der Stadt Dortmund
    Ulrich Langhorst, Fraktionssprecher im Rat der Stadt Dortmund

  2. Ullrich Sierau

      Pressemitteilung der Stadt:

    OB Sierau nach Nazi-Aggression: „Rechtsextremisten sind in Dortmund gesellschaftlich nicht anschlussfähig“

    Oberbürgermeister Ullrich Sierau kündigt nach der Nazi-Aggression vor der Flüchtlingsunterkunft in Eving eine detaillierte Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen in Flüchtlingsunterkünften an.

    „Der braune Pöbel hat sich einmal mehr demaskiert. Wie unter dem nationalsozialistischen Terrorregime in den 1930-er und 1940-er Jahren geht es den Nazis auch heute darum, Menschen zu bedrohen, zu verängstigen und einzuschüchtern. Die Schwächsten zur Zielscheibe zu machen, die aus großer Not zu uns kommen und hier Hilfe, Ruhe und Frieden suchen, ist widerwärtig und verachtenswert“, kommentiert Sierau die Aggression aus dem rechtsextremen Lager vom vergangenen Freitagabend. „Die große Hilfsbereitschaft, die es überall in der Stadt gegenüber den Flüchtlingen gibt, zeigt, dass die Nazis in keiner Weise die Dortmunder Bevölkerung repräsentieren. Rechtsextremisten sind in Dortmund gesellschaftlich nicht anschlussfähig.“

    Sierau betont, dass der Vorfall selbstverständlich Anlass sein wird, die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal zu erörtern und ggf. nachzubessern: „Wir werden den Vorfall jetzt mit der Polizei, den Betreibern und den Sicherheitsdiensten sorgfältig analysieren und dann unsere Schlüsse ziehen. Am morgigen Dienstag wird das Thema auf der Tagesordnung des Verwaltungsvorstandes stehen. Vor dem Hintergrund hat das Sozialamt mittlerweile Betreiber und Sicherheitsunternehmen in allen Flüchtlingseinrichtungen zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen.“

    Jede Flüchtlingseinrichtung wird vor ihrer Belegung u. a. von der Feuerwehr auf ihre Tauglichkeit zur Unterbringung von Menschen hin überprüft. Der Brandschutz ist ein elementarer Bestandteil dieser Prüfung. Zwingend notwendig sind u. a. zwei Rettungswege, eine Brandmeldeanlage und eine ausreichende Anzahl an Feuerlöschern. Diese brandschutztechnischen Voraussetzungen sind in allen Einrichtungen gegeben. Eine 100-prozentige Sicherheit vor verbrecherischen Anschlägen wird es allerdings nie geben.

    Das Vorgehen der Polizei hält Sierau für richtig und angemessen: „Durch ihr schnelles Eingreifen mit großer Personalstärke konnten noch 13 Verhaftungen vorgenommen werden. Dafür bedanke ich mich aus-drücklich. Ich hoffe sehr, dass die eingeleiteten Ermittlungen erfolgreich sind und zu empfindlichen Strafen führen. Der Vorfall zeigt erneut, dass ein Verbot der sog. Partei ‚Die Rechte‘ dringlicher ist denn je.“

  3. Gregor Lange

      Stellungnahme der Dortmunder Polizei bei Facebook:

    Polizeipräsident Lange weist "die vereinzelt geäußerte Kritik" zurück

    Der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange weist heute die vereinzelt geäußerte Kritik am jüngsten Polizeieinsatz nach Aufmarsch von Rechtsextremisten vor der Flüchtlingsunterkunft in Dortmund-Eving zurück.

    Der Polizeipräsident bedankt sich hingegen ausdrücklich bei den zahlreichen engagierten Polizeibeamtinnen und -beamten, die seit Monaten begleitet von einer extrem hohen Einsatzbelastung gegen immer aggressiver auftretende rechtsextremistische Gruppierungen in unserer Stadt vorgehen.

    „Unsere Dortmunder Polizistinnen und Polizisten leisten einen wichtigen Beitrag für die demokratische Gesellschaft. Mir ist dabei wichtig, erneut darauf hinzuweisen, dass der Rechtsextremismus alleine mit polizeilichen Mitteln nicht erfolgreich bekämpft werden kann. Insbesondere da, wo die perfide Einschüchterungsstragie der Neonazis unterhalb der Strafbarkeitsschwelle bleibe, sei die gesamte Gesellschaft gefordert.“ betont Gregor Lange

    Die im Anschluss an rechtsextreme Einschüchterungen und Provokationen immer wieder „reflexartig“ geäußerte Kritik an der Polizei bezeichnete Lange heute als „kontraproduktiv“. Sie sei auf Dauer geeignet, die Polizeibeamten bei ihrem wichtigen Einsatz gegen Rechts zu demotivieren.
    Rechtsextremisten sind darauf aus, die Gesellschaft zu spalten.

    „Eine „Rund-um-die-Uhr-Bewachung“ von Rechtsextremisten durch die Polizei ist auf Grundlage der geltenden Gesetze rechtlich nicht zulässig.“, stellt Polizeipräsident Lange klar.

    Gregor Lange weiter: „Mir ist aus der Politik keine Gesetzesinitiative bekannt, die der Polizei zu mehr Überwachungsmöglichkeiten verhelfen soll.“ Ich appelliere heute erneut an alle demokratischen Kräfte, im Schulterschluss mit der Polizei ihre Beiträge gegen den Rechtsextremismus in Dortmund zu leisten. Ich habe bereits in der letzten Woche die Spitze der Stadt und der Justiz zu einer Sicherheitskonferenz eingeladen.“

  4. Thorsten Hoffmann, CDU MdB

      Pressemitteilung:

    CDU-MdB Thorsten Hoffmann verurteilt kriminelle Einschüchterungsversuche von Rechtsextremen

    Die Dortmunder Neonazi-Szene bleibt ein massiver Gefahrenherd. Vergangene Woche hatten mehrere Journalisten, die kritisch über die Rechtsextremen berichten, fiktive Todesanzeigen erhalten. Einige Tage später skandierten Neonazis ausländerfeindliche Parolen vor einem Flüchtlingsheim im Stadtteil Eving. Diese Handlungen sind keine Einzelfälle und stellen lediglich den traurigen Höhepunkt einer immer skrupelloseren Hetze der Dortmunder Rechtsextremen dar.

    „Ich verurteile diese kriminellen Akte aufs Schärfste. Die Neonazi-Szene meiner Heimatstadt radikalisiert sich zunehmend und schreckt nicht davor zurück, Journalisten, Flüchtlinge und die Bürger dieser Stadt im Allgemeinen öffentlich zu bedrohen. Der Terror der Rechten ist ein Angriff auf alle Dortmunder und unsere demokratische, pluralistische, weltoffene Stadt. Wir müssen mit aller Härte des Rechtsstaates gegen solch abstoßenden Aktionen vorgehen“, kommentiert der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Thorsten Hoffmann.

    Gleichzeitig bekräftigt der Polizeihauptkommissar a.D. seine Forderung nach einem Verbot der Partei Die Rechte: „Dieser Zusammenschluss fungiert im Ruhrgebiet als Nachfolgeorganisation des Nationalen Widerstands Dortmund, der aufgrund seiner menschenverachtenden und gewaltverherrlichenden Ideologie 2012 verboten wurde. Hier muss das das nordrhein-westfälische Innenministerium dringend tätig werden.“

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