Roma-Kulturfestival Dortmund: Festival für Alteingesessene und Neuzuwanderer geht in die nächste Runde

Eröffnung des 3. Roma-Kulturfestivals Djelem Djelem im Depot. Foto: Clara Pingel
Mit der Projektpräsentation „Königreich Nordstadt“ wurde das Festival eröffnet. Fotos (5): Clara Pingel

Dortmund habe vor drei Jahren etwas einzigartiges auf die Beine gestellt.  Etwas, das es nirgendwo auf der Welt gebe. Das sagt Sami Dzemailovski, Projektkoordinator von JURoMA, über das 3. Roma-Kultur-Festival „Djelem Djelem“. Am Freitag gab es den offiziellen Eröffnungsabend im Theater im Depot in der Nordstadt von Dortmund. „Djelem Djelem“ ist die Hymne der Roma. „Djelem, Djelem!“ heißt „Wir gehen, wir gehen!“. Und Sami Dzemailovki bilanziert nach den zwei vorangegangenen Festivals: „Wir sind angekommen!“

Djelem Djelem bereits Tradition – Viel präsentieren und Vorurteile abbauen

Jörg Loose (AWO) begrüßt die Gäste der Eröffnung des 3. Roma-Kulturfestivals Djelem Djelem im Depot. Foto: Clara Pingel
Jörg Loose (AWO) begrüßt die Gäste der Eröffnung des 3. Roma-Kulturfestivals Djelem Djelem.

Ausgemacht war das am Anfang nicht, weiß  Jörg Loose (AWO), der für den noch im Stau steckenden Kulturdezernenten Jörg Stüdemann (aber just Minuten später im Saal des Theater im Depot eintreffen) die Gäste begrüßt. Inzwischen jedoch habe Djelem Djelem alle Hoffnungen auf Erfolg regelrecht übertroffen und die Signalwirkung über Dortmund hinaus gesteigert.

Loose überträgt die Einschätzung seines Kollegen Detlev Becker hinsichtlich einer ebenfalls das dritte Mal wiederholten Aktion für unbegleitete Flüchtlinge – das erste Mal ist die Eröffnung, das zweite Mal gilt es regelmäßig zu nennen und beim dritten Mal ist von Tradition zu sprechen – auf Djelem Djelem. Abermals stünden nun  Tage voller Kultur, Information und spannender Begegnungen vor uns.

Erklärtes Ziel von Djelem Djelem sei es, „die Vielfalt der Roma-Kulturen zu präsentieren, Vorurteile gegenüber dieser Minderheit abzubauen und bestehende Feindbilder zu entkräften und ein Zeichen für eine offene und tolerante Stadtgesellschaft in Dortmund zu setzen. Dieses Ziel hält Loose nicht nur für erreicht: „Wir haben es übertroffen.“

Roma-Kulturzentrum für Roma und das Ruhrgebiet weiter im Blick

Eröffnung des 3. Roma-Kulturfestivals Djelem Djelem im Depot. Foto: Clara Pingel

Das Festival bietet eine faszinierende Mischung aus Alltagsleben, Kunst, Kultur und Sozialem. Dem zugrunde liegt ein einzigartiges und bewährtes Konzept, das sich jedes Jahr neu erfindet.  Zwischen Depot und Nordmarkt breitet sich das Festival immer mehr aus. Als neue Festivalorte sind dieses Mal das „domicil“ und das Torhaus im Rombergpark hinzugekommen.

Stadtdirektor Jörg Stüdemann schiebt weitere positive Informationen hinterher: Im nächstem Jahr  Jahr wollen die Städte  Hagen, Gelsenkirchen und Duisburg bei Djelem Djelem mitmachen. Und in Zusammenarbeit mit dem Verein Romano Than e.V. (Haus der europäischen Roma) werde weiterhin daran gearbeitet ein geeignetes Haus für das ins Auge gefasste Roma-Kulturzentrum  für die Roma und das Ruhrgebiet zu finden.

Noch einen positiven Effekt – nicht zuletzt durch das Roma-Kulturfestival angestoßen – nennt Stüdemann: Das Gespräch, der Austausch mit den aus Südosteuropa zugewanderten Menschen ist besser geworden.

Lesung mit Diskussion: Ruždija Russo Sejdović schreibt auf Romanes

Passend dazu leistet der aus Mazedonien stammende und in Köln lebende, der bei der Auftaktveranstaltung vertretene  Schriftsteller Ruždija Russo Sejdović eine wichtige Arbeit, um die Kultur der Roma nicht nur sichtbarer zu machen, sondern auch verständnisfördernd in deren Sinne zu wirken.

Eröffnung des 3. Roma-Kulturfestivals Djelem Djelem im Depot. Foto: Clara Pingel

Gewiss neu für manche Besucherinnen und Besucher ist: Sejdović ist  mit anderen auf dem Weg, einen wichtigen Beitrag für die Etablierung einer Schriftsprache – die es für Romanes nicht gibt – beizusteuern. Die Roma haben freilich auch ihre Geschichten.

Jedoch werden diese mündlich von Generation weitergegeben. Ruždija Russo Sejdović schreibt auf Romanes. Seine Bücher erscheinen in Romanes (mit einer Leseanleitung)  und Serbisch. Bald sollen sie, ist über das Gespräch, das Moderator Bastian Pütter (bodo.ev) mit dem Autor führt, zu erfahren, auch in deutscher Sprache zu haben sein.

Sejdović liest aus  „Der Eremit“.  Im Buch „Der Eremit“ werden in mehreren Kurzgeschichten die Themen Identität, Heimat und Ausgrenzung aufgegriffen und auf literarische Weise verarbeitet. Ruždija Russo Sejdović schreibt in zum Teil autobiographischen Kurzgeschichten über seine Kindheit im ehemaligen Jugoslawien, das Zusammenleben der Menschen unterschiedlichster Herkunft und über die Roma mit ihren Sorgen und Hoffnungen.

Ein theatralischer Höhepunkt des Eröffnungsabends ist die multimediale Projektpräsentation „Königreich Nordstadt“. Diese einfallsreich inszenierte Performance (Künstlerische und pädagogische Leitung Manuela Wenz und Lena Leniger, kulturpflanzen e. V. mit Tanz-, Foto- und Videodarbietungen wird sichtlich hoch engagiert mit überwältigender Spielfreude, selbstbewusst  und mit Sinn für Humor von Kindern aus der Dortmunder Nordstadt auf die Bühne gebracht. Lebensgeschichten von Kindern aus der Dortmunder Nordstadt werden erzählt.

„Wir haben ein eigenes inneres magisches Königreich, das aus unserer Kindheit stammt. Aus einer Zeit, als Bäume noch riesengroß waren, Mama und Papa wie ein herrschendes Königspaar wirkten. Damals… Auch heute suchen wir die Widerspiegelung des inneren Königreichs im Leben, um die äußere und die innere Welt zu verbinden.
In diesem Projekt von Kulturpflanzen e.V. erforschen Roma Kinder und andere junge Einwohner der Nordstadt diese geheimen Pfade ins Königreich: gefährliche Orte, verborgene Nischen, magische Plätze.“ (aus der Konzeption)

Feurig aufspielende Straßenmusiker und leckere Balkanspezialitäten zum Ausklang

Eröffnung des 3. Roma-Kulturfestivals Djelem Djelem im Depot. Foto: Clara Pingel

Ein praller Eröffnungsabend, schon bewährt, begleitet von feurig aufspielenden bulgarischen Straßenmusikern aus Dortmund. Beendet das Angebot leckerer Balkanspezialitäten dazu die Auftaktveranstaltung, liegt das Entree  – ein fiktiver Stadtrundgang durch Dortmund (eine tolle Idee, nur leider etwas akustisch beeinträchtigt)  – in der Depot-Halle schon drei Stunden zurück.

Zu sehen war die Projektpräsentation „Königreich Nordstadt“. Das ist eine Performance mit Tanz-, Foto- und Videodarbietungen der Lebensgeschichten von Kindern aus der Dortmunder Nordstadt.

Eine Besonderheit in diesem Jahr: Schon vor der offiziellen Eröffnung am 2. September im Theater im Depot durften sie die wohl berühmteste Balkan Brass Band der Welt Fanfare Ciocârlia im Jazzclub Domizil begrüßen, die uns mit ihrem „heavy, heavy monster sound“ (Londoner Times) in die richtige Stimmung für eine Woche Roma Kulturfestival bringen wird.

Das 3. Roma-Kulturfestival Djelem Djelem bietet nun noch bis zum 11. September ein durchaus üppiges zu nennendes und facettenreiches Programm.

Die weiteren Höhepunkte des Djelem Djelem-Programms in der kommenden Woche:

Völlig überfüllt war der Große Saal der Auslandsgesellschaft, wo am Donnerstagabend eine Podiumsdiskussion zum Start von "Djelem Djelem" stattfand.
Es wieder Podiumsdiskussionen und Workshops bei „Djelem Djelem“ geben. Fotos (4): Alex Völkel

Montag, 5. September, 18 Uhr, „Aktiv, weiblich, Romni“, Roma Frauen im Gespräch. Eine Podiumsdiskussion mit Sabina Salimovska (Berlin), Elena Predjuka (Dortmund) und Fatima Hartmann (Moderation, Köln) in der Auslandsgesellschaft NRW an der Steinstraße. Eintritt frei.

Dienstag, 6. September, 19 Uhr, „Vom Traum zur Realität“. im Kino sweetSixteen im Depot wird der Dokumentationsfilm in den Originalsprachen deutsch, rumänisch, türkisch mit deutschen Untertitel gezeigt. Eintritt frei.

Mittwoch, 7. September, 18.30 Uhr, Diskussion im Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstraße, „Zur Lebens- und Arbeitssituation der Roma in Dortmund“ mit den städtischen Gesellschaften EDG (Entsorgung Dortmund), der DOGEWO21 (Wohnen) und dem Haus der europäischen Roma, Romano Than mit Musik vom Romeo Franz Ensemble.

Das Roma-Kulturfestival Djelem Djelem geht Anfang September in die dritte Runde.
Das Roma-Kulturfestival Djelem Djelem geht Anfang September in die dritte Runde.

Donnerstag 8. September, von 9.30 bis 18 Uhr im Theater im Depot Fortbildung und Podiumsdiskussion zum Thema „EU-Zugewanderte und Geflüchtete: Fragen des deutschen und europäischen Aufenthalts- und Sozialrechts“. Ab 16 Uhr ist der Nachmittag frei zugänglich für alle Interessierten. Kostenbeitrag zur Fortbildung: 20 Euro, Anmeldung erforderlich unter m.joekale@awo-dortmund.de

18 Uhr Halle im Depot: Eröffnung der Foto-Ausstellung „Roma“ in Kooperation mit dem Freelens Verband. Eintritt frei, außer bei der Museumsnacht am 17. September.

Freitag, 9. September, 18 Uhr, Blockparty mit Gipsy Mafia feat. Castro, SBK Basement und Style Revolution. Gipsy Mafia ist eine 2006 gegründete Roma-Hip-Hop-Gruppe aus dem serbischen Zrenjanin, SBK Baseman ein Zusammenschluss mehrerer Rapper, DJ’s und Produzenten sowie Neso, Dino und Deki, die das HipHop Tanztrio „Style Revolution“ bilden. Der Eintritt ist frei.

Ein besonders starkes Zeichen: Die Roma-Flagge "weht digital" auf dem U-Turm.
Ein besonders starkes Zeichen: Die Roma-Flagge „weht digital“ auf dem U-Turm in Dortmund.

Samstag, 10. September, 21 Uhr: Balkanparty mit DJ Click (Frankreich) und dem „Projekt Rakija“ (Bosnien/Niederlande) im Dietrich-Keuning-Haus.

Sonntag, 11. September, um 13.30 Uhr startet ein Demonstrationszug für Vielfalt, Toleranz und Solidarität und gegen Antiziganismus vom Stollenpark zum Nordmarkt, begleitet von der Balkan Brass Band. Ab 14 Uhr startet auf dem Nordmarkt ein Familienfest mit internationalen Spezialitäten, Indoangeboten und viel Musik. Der Eintritt ist frei.

18 Uhr: im Torhaus Rombergpark gibt es ein Konzert mit dem „Lulo Reinhardt Duo“. Lulo Reinhardt, Gitarre und Ulli Krämer, Percussion. Eintritt. 8 Euro, ermäßigt 6,50 Euro. Karten gibt’s bei DORTMUNDticket, Max-von-der-Grün-Platz 5.

19 Uhr Filmabend „Gadjo Dilo – Geliebter Fremder“ im sweetSixteen-Kino im depot. Der Eintritt ist frei.

Für die Kinder von Deutschen und Neuzuwanderern gab es viele Spielangebote.
Für die Kinder von Deutschen und Neuzuwanderern wird es viele Spielangebote geben.

Mehr Informationen: 

  • Djelem Djelem, ein Lied, ist die internationale Hymne der Roma. Bevor das Lied zur internationalen Hymne der Roma wurde, war es ein traditionelles Roma-Liebeslied, das während der 1960er Jahre bei den serbischen Roma sehr beliebt war.
  • Djelem Djelem wird veranstaltet vom AWo-Unterbezirk Dortmund, dem Kulturdezernat und dem Jugendamt der Stadt, Carmen e.V. Junge Roma Aktiv, Theater im Depot, der Auslandsgesellschaft NRW, dem Planerladen e.V., Quartiersmanagement Nordstadt, Dietrich-Keuning-Haus, dem Jazzclub domicil sowie zahlreichen weiteren Partnern und Förderern.
  • www.depotdortmund.de 
  • www.awo-dortmund.de

Mehr zum Roma-Kulturfestival Djelem Djelem 2015 auf nordstadtblogger.de:

Mehr zum ersten Roma-Festival im Jahr 2014:

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