Unternehmen werben so engagiert wie nie um den Nachwuchs

DIHK-Ausbildungsumfrage 2023: Immer mehr Betriebe von Azubi-Mangel betroffen

Philipp Seiffert (16) hat sich nach seinem Realschulabschluss für eine Ausbildung zum Industriemechaniker begonnen.
Den Unternehmen in der Region fällt es immer schwerer, Auszubildende zu finden. (Archivbild) Foto: TU Dortmund

Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt bleibt für Unternehmen angespannt. Immer weniger Betriebe finden ausreichend Auszubildende. Mit einem neuen Allzeithoch von 47 Prozent ist knapp die Hälfte der Ausbildungsbetriebe im Bereich der Industrie- und Handelskammern (IHKs) in Deutschland betroffen. Das sind die Ergebnisse der aktuellen Ausbildungsumfrage 2023 der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). An der Umfrage nahmen auch Ausbildungsbetriebe aus der Region der IHK zu Dortmund teil.

„Die Baby-Boomer-Generation geht in Rente, die Generation Z kann dies nicht ausgleichen“

„Doch es gibt auch erfreuliche Entwicklungen: Die aktuellen Zahlen zu Ausbildungsvertragsabschlüssen von Ende Juli sind insgesamt leicht positiv. Unsere IHK-Region mit den Städten Dortmund und Hamm sowie dem Kreis Unna ist ein gutes Beispiel. Hier gab es mit 3.605 Neuverträgen ein Plus von 3,2 im Vergleich zu 2022. Wir hoffen deshalb, dass 2023 mehr Betriebe und Azubis über einen Ausbildungsvertrag zueinander finden als im Vorjahr“, sagt Stefan Schreiber, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Dortmund. ___STEADY_PAYWALL___

Die Gründe für die insgesamt weiter angespannte Lage am Ausbildungsmarkt sind vielfältig. Vor allem schlägt der demografische Wandel durch. Die Jahrgänge dünnen immer weiter aus. Heute gibt es rund 100.000 weniger Schulabgängerinnen und Schulabgänger als noch vor zehn Jahren. Das führt unter anderem dazu, dass bald bis zu 400.000 Beschäftigte mehr den Arbeitsmarkt verlassen, als neue hinzukommen.

„Die Baby-Boomer-Generation geht in Rente, die Generation Z kann dies nicht ausgleichen“, so Schreiber. Es gibt zudem eine Zwischenphase nach dem Schulabschluss, in denen viele junge Menschen noch nicht wissen, was sie machen sollen.“ Die mangelnde berufliche Orientierung ist deshalb ein zweites großes Problem für den Ausbildungsmarkt.

80 Prozent der Unternehmen wollen verstärkt bei Berufswahlorientierung helfen

Um dem entgegenzuwirken, wollen acht von zehn Unternehmen ihr Engagement auf diesem Gebiet intensivieren. Konkret bieten 61 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland mehr Praktikumsplätze und damit praktische Einblicke in den Betriebsalltag an. Auch das Angebot an Veranstaltungen (48 Prozent) und digitalen Möglichkeiten (26 Prozent) steigt. Mehr Ausbildungsbotschafter und Azubiscout-Angebote wollen 16 Prozent der Betriebe nutzen, um zielgruppengerecht für die beruflichen Perspektiven einer dualen Berufsausbildung zu werben.

IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber. Foto: Stephan Schuetze
IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber. Foto: Stephan Schuetze für die IHK Dortmund

„Viele Unternehmen strengen sich sehr an, Nachwuchskräfte zu finden und an sich zu binden“, so Schreiber. Arbeiten in flachen Hierarchien (62 Prozent) und mit moderner IT-Technik (49 Prozent) sind Maßnahmen, mit denen die Betriebe auf die Wünsche der Generation Z eingehen. Finanzielle Anreize, beispielsweise durch Zuschüsse zur Mobilität oder zum Wohnen, wollen 42 Prozent der Unternehmen anbieten.

Die IHK-Ausbildungsbetriebe stellen sich auch immer mehr auf junge Menschen mit Startschwierigkeiten ein. 80 Prozent der Betriebe gaben an, sich auf diesem Gebiet stärker zu engagieren und setzen oft auf mehrere Maßnahmen gleichzeitig. So haben 35 Prozent ein eigenes Nachhilfeangebot im Unternehmen. Mehr als jeder vierte Betrieb (28 Prozent) nutzt zusätzlich die ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) der Bundesagentur für Arbeit.

„Das Engagement der Unternehmen lohnt sich“

Nach den aktuellen bundesweiten IHK-Zahlen zu den diesjährigen Ausbildungsverträgen kann die Wirtschaft etwas hoffen. Bis Ende Juli wurden knapp 207.000 neue Ausbildungsverträge im IHK-Bereich gezählt, das sind 3,7 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. „Das ist ein Silberstreif am Horizont, aber noch lange keine Entspannung“, sagt Stefan Schreiber. „Wichtig ist, dass wir uns weiter gemeinsam engagieren, dass das Interesse an einer Berufsausbildung wieder steigt.“

Die IHKs haben auch deshalb im Frühjahr die erste große deutschlandweite Ausbildungs-Kampagne gestartet. Mit der Offensive „Jetzt #könnenlernen – Ausbildung macht mehr aus uns“ werben IHKs und die DIHK für die duale Ausbildung. Jetzt sei die Politik gefordert, dieses Engagement der Unternehmen zu unterstützen. Die Lehrpläne in den Jahren vor dem Schulabschluss sollten etwa die berufliche Orientierung stärker berücksichtigen.

„Die duale Ausbildung ist der Motor der Fachkräftesicherung in Deutschland und weltweit hoch angesehen“, so Schreiber. „Wir müssen uns gemeinsam anstrengen, dass die duale Ausbildung unter den jungen Menschen an Beliebtheit gewinnt und die Betriebe wieder genügend Auszubildende finden.“

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